OLG Hamm: Eine verdeckt suchmaschinenoptimierte Website verstößt gegen das Wettbewerbsrecht

veröffentlicht am 8. März 2010

Rechtsanwalt Dr. Ole DammOLG Hamm, Urteil vom 18.06.2009, Az. 4 U 53/09
§§ 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 1; 3; 4 Nr. 10 UWG

Das OLG Hamm hat entschieden, dass eine Website, die versteckte Elemente zur Suchmaschinenoptimierung enthält, wettbewerbswidrig sein kann. So wurde es der Antragsgegnerin untersagt, „Dateien mit der Begriffskombination “A B“ mit dem weiteren Begriff “SEO“ oder “Shopbetreiber“ oder “F“ oder “Betreiber“ oder “Modul“ zu erzeugen oder zu unterhalten und so im Internet zugänglich zu machen, dass Suchmaschinen auf diese zugreifen können und sie im Ranking auflisten, wenn die Dateien nicht über einen sichtbaren Inhalt verfügen, wie geschehen mit den Suchergebnissen gemäß Anlagen ASt 1 bis ASt 4 der Antragsschrift.“

Der Antragsteller war Suchmaschinenoptimierer („SEO“) und Betreiber des Internetforums *Internetadresse1″. In diesem Forum bot er Beratung und Unterstützungsleistungen für seine Mitglieder an, bei denen es sich um Betreiber von Online-Shops handelte. Die Antragsgegnerin betrieb eine Personensuchmaschine (*Internetadresse2*). Diese Suchmaschine stellte Interneteinträge von Personen aus dem Internet zusammen und fasste diese auf einer Personenseite zusammen. Beide Parteien boten ihre Dienste kostenlos an. Ziel war es jeweils, möglichst viele „Klicks“, also Besuche auf ihrer Internetseite, zu generieren, um auf diese Weise für Werbepartner attraktiv zu werde. Sie boten beide entgeltlich Werbebanner auf ihren Seiten an. Der Antragsteller hatte bei einer Google-Recherche mit seinem Namen und den Schlüsselbegriffen „Support“ oder „F“ festgestellt, dass die Internetseiten der Antragsgegnerin auf den ersten Plätzen erschienen. Wurden die Treffer dann angeklickt, erschienen indes bloße Leerseiten, die keinen Text enthielten.

Rechtlich gesehen bestünde, so der Senat, ein Verfügungsanspruch wegen Verstoßes gegen § 4 Nr. 10 UWG. Nach dieser Regelung handele im Sinne von § 3 UWG unlauter, wer Mitbewerber gezielt behindere. Behinderung sei dabei jede Beeinträchtigung der wettbewerblichen Entfaltungsmöglichkeiten, wenn der Zweck verfolgt werde, den Mitbewerber an seiner Entfaltung zu hindern und ihn dadurch zu verdrängen. Sei eine solche Zwecksetzung nicht festzustellen, müsse die Behinderung jedenfalls derart sein, dass der beeinträchtigte Mitbewerber seine Leistung am Markt durch eigene Anstrengungen nicht mehr in angemessener Weise zur Geltung bringen könne, was aufgrund einer Gesamtwürdigung des Einzelfalles und einer umfassenden Interessenabwägung festzustellen sei (BGH GRUR 2001, 1061 – Mitwohnzentrale.de; GRUR 2004, 877 – Werbeblocker; Piper/Ohly, UWG, § 4 Rn. 10/8 f.). Ein absichtliches Handeln oder eine positive Kenntnis der Behinderung werde nicht vorausgesetzt. Erfasst würden vielmehr auch Maßnahmen, die bei objektiver Betrachtung unmittelbar auf die Beeinträchtigung der wettbewerblichen Entfaltungsmöglichkeit eines Mitbewerbers gerichtet seien („objektive Finalität“; vgl. Köhler, in Hefermehl u.a., UWG, § 4 Rn. 10.10). Bei einer Einflussnahme auf Suchmaschinen zum Abfangen von Kunden liege eine unlautere Behinderung der fremden Seite in der Regel nicht vor. Ein bloßes Hinlenken zur eigenen Seite, das auch von einer anderen Werbung ablenke, werde grundsätzlich als wettbewerbskonform angesehen. Insofern müssten besondere zusätzliche Umstände vorliegen, um derartige Maßnahmen als unlauter anzusehen (z.B. Ausnutzen des fremden Rufs als Vorspann, Irreführung des Nutzers; vgl. Köhler, a.a.O., § 4 Rn. 10.31).

Solche seien vorliegend zu bejahen. Denn es würden von der Antragsgegnerin nicht nur Allgemeinbegriffe benutzt, die mit ihrem Angebot nichts zu tun hätten. Dies mag noch als zulässig angesehen werden (vgl. Köhler, a.a.O., § 4 Rn. 10.31 m.w.N.). Vielmehr würden zum einen konkrete fremde Namen in den Seiten geführt, um so eine Umleitung von der fremden Seite auf die eigene Seite zu erreichen. Vor allem würden hierfür Techniken eingesetzt, die nicht mehr als Suchmaschinenoptimierung, sondern als eine nicht mehr tolerable Suchmaschinenmanipulation anzusehen seien (vgl. hierzu bereits Senat a.a.O). Das sei der Fall, weil zum einen die Namen von Konkurrenten und anderen Personen für die Suchmaschinenoptimierung eingesetzt würden, zum anderen vor allem auch, weil für den Nutzer nicht sichtbare Seiten, die nur für die Suchmaschine „sichtbar“ seien , installiert würden, um in den Suchlisten ein höheres Ranking zu erzielen (vgl. hierzu auch Ott, MMR 2006, 222, zur Verwendung fremder Marken in verstecktem Text, unter Hinweis auch auf die Megatags-Entscheidungen des BGH MMR 2006, 812; MMR 2007, 648). Der Antragsteller habe nach seiner Anhörung rund 26.000 davon festgestellt, ohne dass dem unmittelbar widersprochen worden sei. Das Schreiben von Text in der Hintergrundfarbe („versteckter Text“, „Hidden Text“), so dass der Text nur für Suchmaschinen, nicht aber für den Internet-Surfer auf dem Bildschirm erkennbar sei, gehöre zu den insofern bekannten Manipulationstechniken. Dies führe im Streitfall konkret dazu, dass die Antragsgegnerin unter Einsatz des Namens des Antragstellers mit den genannten Techniken die Internetnutzer auf ihre Seite umleite. Hierdurch werde erreicht, dass bei gezielter Suche nach dem Forum des Antragsstellers es dann auch zu einem „Klick“ für die Antragsgegnerin komme. Auf diese Weise werde die Antragsgegnerin für Werbepartner infolge manipulativer Maßnahmen, die unlauter seien, besonders attraktiv gemacht. Die „Besuche“ beim Antragsteller würden demgegenüber beeinträchtigt. Dabei komme es, wie oben ausgeführt, auch keineswegs auf die von der Antragsgegnerin bestrittenen subjektiven Umstände an, nämlich dass es ihr nicht darum gegangen sei, den Antragsteller in seiner Entfaltung zu hindern, ihn zu benachteiligen oder ihn zu verdrängen.

I