OLG Hamm: Keine Deckelung von Vertragsstrafen bei Abmahnungen, die vor dem 02.12.2020 zugegangen sind

veröffentlicht am 11. April 2023

Vertragsstrafendecklung
OLG Hamm, Hinweisbeschluss vom 24.10.2022, Az. I-4 U 146/22

§ 13a Abs. 3 UWG

Das OLG Hamm hat in einem Hinweisbeschluss darauf hingewiesen, dass die Deckelung von Vertragsstrafen gem. § 13a Abs. 3 UWG nicht auf Abmahnungen – nd damit auch nicht auf darauf beruhende Vertragsstrafenvereinbarungen – anzuwenden ist, die vor dem 02.12.2020 bereits zugegangen sind. Da der Berufungskläger die Berufung nicht zurückgenommen hat, wurde die Berufung vom Senat mit Beschluss vom 29.11.2022 zurückgewiesen und in diesem Beschluss auf den Hinweisbeschluss inhaltlich Bezug genommen. Der Gegenstandswert wurde mit 4.000 EUR bemessen. Zum Volltext der Entscheidung:


Oberlandesgericht Hamm

Beschluss

In dem Rechtsstreit

hat der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 24.10.2022 durch … beschlossen:

Der Senat weist darauf hin, dass beabsichtigt ist, die Berufung der Beklagten gem. § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil der Senat einstimmig davon überzeugt ist, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordern und eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.

Gründe:

Die Berufung der Beklagten gegen das am 13.05.2022 verkündete Urteil der 2. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Münster (Az. 22 O 1098/21) ist ohne Erfolgsaussicht.

Es ist nicht ersichtlich, dass die angefochtene Entscheidung auf einer Rechtsverletzung beruht (§ 546 ZPO) oder nach § 529 ZPO zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen (§ 513 Abs. 1 ZPO).

I.
Das Landgericht hat zutreffend festgestellt, dass dem Kläger ein Anspruch auf Zahlung der begehrten Vertragsstrafe in Höhe von 4.000,00 € aus der – vom Kläger mit Schreiben vom 12.03.2020 angenommenen – strafbewehrten Unterlassungserklärung vom 02.03.2020 i. V. m. §§ 339 Satz 2, 315 BGB, § 15a Abs. 2 UWG zusteht.

Die hiergegen vorgebrachten Berufungsangriffe der Beklagten hat der Senat eingehend geprüft, im Ergebnis aber nicht für durchgreifend befunden.

1.
Die Parteien haben im März 2020 unstreitig eine wirksame Vertragsstrafenvereinbarung getroffen.

Allein hierauf kommt es für den geltend gemachten Zahlungsanspruch an, weil durch den Unterlassungsvertrag ein neuer, vom gesetzlichen Unterlassungsanspruch aus § 8 Abs. 1 UWG zu unterscheidender vertraglicher und durch die (nunmehr geltend gemachte) Vertragsstrafe gesicherter Unterlassungsanspruch begründet worden ist (vgl. Köhler/Bornkamm/Feddersen/Bornkamm/Feddersen, 40. Aufl. 2022, § 13 UWG, Rn. 166, 197 mwN.; Senatsurteil vom 17.05.2022 – 4 U 84/21).

2.
Das Landgericht hat weiterhin zutreffend festgestellt, dass die mit der Klageerwiderung vom 08.12.2021 erklärte Anfechtung wegen arglistiger Täuschung über die Abmahnbefugnis bzw. Aktivlegitimation sowie die zugleich erklärte Kündigung des Unterlassungsvertrages nicht durchgreifen. Der Geltendmachung der Vertragsstrafe steht ferner nicht der Einwand des Rechtsmissbrauchs entgegen.

a)
Die mit der Klageerwiderung vom 08.12.2021 erklärte Anfechtung wegen arglistiger Täuschung führt nicht dazu, dass die auf den Abschluss der Vertragsstrafenvereinbarung gerichtete Willenserklärung der Beklagten gem. §§ 119, 142 Abs. 1 BGB nichtig ist.

aa)
Ungeachtet dessen, dass mangels konkreten Sachvortrags hierzu nicht feststellbar ist, ob die Anfechtung binnen der Jahresfrist des § 124 Abs. 1 BGB erfolgt ist, kann Grundlage der Anfechtung vorliegend allein die durch § 123 Abs. 1 Alt. 1 BGB eröffnete Möglichkeit sein, eine auf einer arglistigen Täuschung beruhende Willenserklärung anzufechten. Voraussetzung für eine Anfechtung ist dabei eine Täuschung über Tatsachen (vgl. Grüneberg/Ellenberger, 81. Aufl. 2022, § 123 Rn. 2 ff.; Senatsurteil vom 17.12.2020 – 4 U 66/20, Rn. 7 mwN., zit. nach juris). Hierzu ist erforderlich, dass sich die behauptete Täuschung durch Vorspiegeln oder Entstellen

von Umständen auf objektiv nachprüfbare Angaben bezieht und nicht lediglich subjektive Werturteile oder marktschreierische Anpreisungen vermittelt werden (vgl. BGH, Urteil vom 05.12.2006 – XI ZR 341/05, NJW 2007, 357, Rn. 30 mwN., zit. nach juris).

bb)
Die Beklagte sieht sich durch die Ausführungen des Klägers in der – dem Senat nicht vorliegenden – Abmahnung insoweit arglistig getäuscht, als der Kläger darin falsche Angaben zu seiner Abmahnbefugnis bzw. Aktivlegitimation gemacht habe. Die Beklagte behauptet hierzu allerdings nicht etwa konkret, die in der Abmahnung genannten Mitgliederzahlen oder die darin aufgeführten gerichtlichen Entscheidungen, welche die Aktivlegitimation des Klägers bejahen, seien unzutreffend, sondern meint im Ergebnis lediglich, der Kläger habe insoweit zu Unrecht den Eindruck erweckt, „bei seiner Aktivlegitimation handele es sich um eine eindeutige und unstreitige Tatsache“, während diese tatsächlich von verschiedenen Gerichten unterschiedlich beurteilt werde. Im Ergebnis handelt es sich insoweit daher nicht um einen Streit über Tatsachen, sondern über die Äußerung unterschiedlicher Rechtsauffassungen (vgl. Senatsurteil vom 17.12.2020 – 4 U 66/20, aaO.).

b)
Die Beklagte ist auch nicht zur Kündigung der Unterlassungsvereinbarung berechtigt.

aa)
Nach der Rechtsprechung des BGH (vgl. Urteil vom 14.02.2019 – I ZR 6/17, GRUR 2019, 638, Rn. 12, 33 ff. mwN., zit. nach juris – Kündigung der Unterlassungsvereinbarung), der der Senat folgt, kann ein rechtsmissbräuchliches Verhalten bei einer Abmahnung einen wichtigen Grund für die Kündigung (§ 314 BGB) einer auf der Abmahnung beruhenden Unterlassungsvereinbarung darstellen mit der Folge, dass der Geltendmachung der Vertragsstrafe den Einwand des Rechtsmissbrauchs (§ 242 BGB) entgegenhalten kann.

bb)
Die der Unterlassungsvereinbarung zugrunde liegende Abmahnung des Klägers war allerdings weder unter dem Gesichtspunkt rechtsmissbräuchlich, dass der Kläger zwischen aktiven und passiven Mitgliedern unterscheidet (vgl. BGH, Urteil vom 18.05.2006 – I ZR 116/03, GRUR 2006, 873, Rn. 20, zit. nach juris – Brillenwerbung), noch unter dem Gesichtspunkt, dass der Kläger – wie die Beklagte behauptet – gegen eigene Mitglieder nicht in gleicher Weise vorgeht wie gegen Nichtmitglieder.

(1)
Nach der Rechtsprechung des BGH (vgl. Urteil vom 17.09.1998 – I ZR 117/96, WRP 1999, 424, Rn. 27 – Bonusmeilen; Urteil vom 06.04.2000 – I ZR 294/97, GRUR 2001, 178, Rn. 8 ff. – Impfstoffversand an Ärzte; Urteil vom 17.08.2011 – I ZR 148/10, GRUR 2012, 411, Rn. 19 ff. –Glücksspielverband; Urteil vom 05.10.2017 – I ZR 172/16, GRUR 2017, 1281, Rn. 15 – Großhandelszuschläge, jew. mwN. und zit. nach juris), der der Senat folgt, ist es grundsätzlich nicht ohne Weiteres missbräuchlich, wenn der anspruchsberechtigte Verband nur gegen einen oder einzelne von mehreren Verletzern vorgeht. Denn es steht dem Verletzer frei, seinerseits gegen die anderen Verletzer vorzugehen. Allerdings kann es im Einzelfall missbräuchlich sein, wenn ein Verband grundsätzlich nur gegen Außenstehende und nicht gegen eigene Mitglieder vorgeht, vielmehr deren Wettbewerbsverstöße planmäßig duldet (vgl. BGH, Urteil vom 23.01.1997 – I ZR 29/94, GRUR 1997, 681, Rn. 34 – Produktwerbung; Urteil vom 17.08.2011 – I ZR 148/10, GRUR 2012, 411, Rn. 21 – Glücksspielverband, jew. mwN. und zit. nach juris; Köhler/Bornkamm/Feddersen/Feddersen, aaO., § 8c UWG, Rn. 38 mwN.). Denn die Klagebefugnis der Verbände liegt nicht nur im Interesse der betroffenen Mitglieder, sondern auch im öffentlichen Interesse. Andererseits gibt es keine Obliegenheit eines Verbands, auch gegen eigene Mitglieder vorzugehen, auf die sich der außenstehende Dritte berufen könnte. Daher ist auch in solchen Fällen zu fragen, ob der Verband überwiegend sachfremde, für sich gesehen nicht schutzwürdige Interessen und Ziele verfolgt und diese als die eigentliche Triebfeder und das beherrschende Motiv der Verfahrenseinleitung erscheinen (so auch OLG Hamburg, Urteil vom 11.08.2011 – 3 U 145/09, GRUR-RR 2012, 21 [23 f.] mwN.). Dabei sind die Gesamtumstände zu berücksichtigen. So ist bspw. ein Missbrauch anzunehmen, wenn ein Verband mit seinem ausschließlichen Vorgehen gegen Nichtmitglieder bezweckt, neue Mitglieder zu werben, die dann Schutz vor Verfolgung durch den Verband genießen (vgl. BGH, Urteil vom 17.08.2011 – I ZR 148/10, GRUR 2012, 411, Rn. 23 mwN., zit. nach juris – Glücksspielverband; Köhler/Bornkamm/Feddersen/Feddersen, aaO., § 8c UWG, Rn. 38 mwN.).

(2)
Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger in dieser Art und Weise grundsätzlich nur gegen Außenstehende vorgeht und Verstöße seiner Mitglieder planmäßig duldet, um so letztlich neue Mitglieder zu werben, die dann Schutz vor Verfolgung durch ihn genießen, sind dem Vorbringen der Beklagten, das sich im Wesentlichen in Rechtsprechungszitaten erschöpft, die jedoch keinen konkreten Sachvortrag, geschweige denn entsprechende Beweisantritte ersetzen, allerdings ebenso wenig zu entnehmen wie eine Auseinandersetzung mit dem erstinstanzlichen Vorbringen des Klägers, der die ihm vorgeworfene „Bevorzugung“ von Mitgliedern – gestützt auf konkret benannte Verfahren – stets in Abrede gestellt hat.

cc)
Etwas anderes ergibt sich auch nicht allein aus dem Umstand, dass der Kläger nicht auf der Liste qualifizierter Wirtschaftsverbände gem. § 8b UWG steht. Ungeachtet dessen, dass § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG in der seit dem 01.12.2021 geltenden Fassung und damit auch § 8b UWG gem. § 15a Abs. 1 UWG auf den vorliegenden Fall überhaupt nicht anwendbar sind, weil die Klage bereits seit dem 15.06.2021 rechtshängig ist und der Kläger im Übrigen keinen gesetzlichen Unterlassungs- sondern einen vertraglichen Anspruch auf Zahlung einer Vertragsstrafe geltend macht, sind dem Senat die Gründe dafür, dass der Kläger nicht auf der Liste qualifizierter Wirtschaftsverbände gem. § 8b UWG steht, nicht bekannt. Auch ist hierzu nichts vorgetragen.

dd)
Letztlich hat das Landgericht zutreffend ausgeführt, dass der Umstand, dass Vorstandsmitglieder und Mitarbeiter des Klägers aufgrund ihrer für diesen geleisteten Tätigkeiten ein – möglicherweise auch ansehnliches – Einkommen erzielen, nicht ausreicht, um darauf schließen zu lassen, dass dieser überwiegend sachfremde, für sich gesehen nicht schutzwürdige Interessen und Ziele verfolgt und diese als die eigentliche Triebfeder und das beherrschende Motiv des Verfahrens erscheinen.

Nicht jedes Bestreben eines Verbands, durch die Gestaltung seines Vorgehens gegen Wettbewerbsverstöße auch Einnahmen in Form von Abmahnkostenerstattungen oder Vertragsstrafen zu erzielen, ist ein Indiz für ein missbräuchliches Vorgehen. Dies gilt zumindest, solange der angebliche Vereinszweck nicht als vorgeschobenes Mittel zur Verwirklichung der Einnahmeerzielung angesehen werden muss. Gibt es eine Vielzahl von Wettbewerbsverstößen, setzt eine effektive Durchsetzung des Lauterkeitsrechts eine damit korrespondierende Vielzahl von Abmahnungen und –soweit keine Unterlassungserklärungen abgegeben werden – gerichtlicher Verfahren voraus. Nimmt ein Verband seine Aufgabe ernst, zieht eine Vielzahl von Wettbewerbsverstößen daher zwangsläufig eine entsprechende Anzahl von Abmahnungen und ggf. gerichtlicher Verfahren nach sich. Solange nicht weitere Umstände hinzutreten, können deshalb allein die Zahl von Abmahnungen und Unterlassungsklagen sowie damit erzielte Überschüsse den Vorwurf des Rechtsmissbrauchs nicht begründen. Andernfalls wäre der Kläger gezwungen, seine Marktüberwachung nach einer bestimmten Anzahl von Abmahnungen oder erwirkter Vertragsstrafen einzustellen, sobald er seine darauf entfallenen Kosten gedeckt hätte.

Eine den Verdacht des Rechtsmissbrauchs begründende Gewinnerzielungsabsicht folgt vor diesem Hintergrund auch (noch) nicht aus der vorgetragenen Höhe der Vergütung des Vorstands des Klägers sowie der weiteren Mitarbeiter. Die Personalkosten eines Verbands können nur dann als ein Indiz für einen Rechtsmissbrauch i. S. v. § 8 Abs. 4 Satz 1 UWG a. F. (nunmehr § 8c UWG) gewertet werden, wenn ihre Höhe den konkreten Verdacht rechtfertigt, der eigentliche Zweck des Vereins liege nicht in der Verfolgung von satzungsgemäßen Interessen, sondern in der Generierung von Einnahmen für (überhöhte) Personalkosten. Dafür kommt es nicht auf die absolute Höhe der Personalkosten an, sondern auf deren Verhältnis zu den Aufwendungen für satzungsgemäße Zwecke im Übrigen. Den damit skizzierten Rahmen verlassen die streitgegenständlichen Zahlungen zur Überzeugung des Senats (noch) nicht (vgl. BGH, Urteil vom 04.07.2019 – I ZR 149/18, GRUR 2019, 966, Rn. 35, 44-46 mwN., zit nach juris – Umwelthilfe).

3.
Die Beklagte hat gegen die Vertragsstrafenvereinbarung verstoßen, indem sie – wie das Landgericht zu Recht festgestellt hat – auf der Verkaufsplattform Amazon ein „VITO Professional – Bit und Bohrerset – 128-teilig Holz, Stein und Metall, Zubehör Bit und Bohrer Koffer Set VIBB128“ und ein „VITO Professional Multifunktionswerkzeug Drehwerkzeug mit 218-tlg Zubehör-Set, Schnellspannbohrfutter und biegsame Welle, Mini Schleifer Schleifmaschine inkl. Werkzeugkoffer“ zum Kauf angeboten hat, ohne das Muster-Widerrufsformular und Informationen darüber zur Verfügung zu stellen, ob der Vertragstext nach dem Vertragsschluss von ihr selbst gespeichert wird und ob sie dem Kunden den Vertragstext zugänglich macht.

a)
Daran, dass es sich bei den vom Kläger vorgelegten Screenshots um die in Rede stehenden Angebote der Beklagten auf der Verkaufsplattform Amazon handelt, hat der Senat keinen durchgreifenden Zweifel, zumal die Beklagte selbst nicht behauptet, dass die Angebote ver- bzw. die Screenshots gefälscht seien.

b)
Der Senat verkennt dabei nicht, dass der Kläger nach allgemeinen Grundsätzen die Darlegungs- und Beweislast für den von ihm behaupteten Verstoß gegen die Vertragsstrafenvereinbarung trägt. Einer Beweisaufnahme hierzu bedurfte es entgegen der Ansicht der Beklagten gleichwohl nicht, weil das diesbezügliche Vorbringen des Klägers gem. § 138 Abs. 2 und 3 ZPO als unstreitig zu behandeln ist.

Soweit die Beklagte auf S. 43 der Klageerwiderung vom 08.12.2021 bestritten hat, dass „das Anlagenkonvolut K3-1 und K3-2 den am 02.09.2021 bestehenden Zustand tatsächlich“ wiedergebe, handelt es sich hierbei um ein unbeachtliches (vgl. bspw. BGH, Urteil vom 04.04.2014 – V ZR 275/12, NJW 2015, 468, Rn. 8 ff.; Urteil vom 11. März 2010 – IX ZR 104/08, NJW 2010, 1357, Rn. 16, jew. mwN. und zit. nach juris), weil unsubstantiiertes einfaches Bestreiten.

aa)
Zunächst kommt es nicht darauf an, welche Fassung die beanstandeten Angebote der Beklagten möglicherweise am 02.09.2021 hatten. Der Kläger begründet seinen Vertragsstrafenanspruch nicht mit einem Verstoß vom 02.09.2021, sondern mit einem am 06.05.2021, also mehrere Monate zuvor festgestellten Verstoß.

bb)
Aber auch dann, wenn man zugunsten der Beklagten unterstellt, dass es sich insoweit lediglich um einen Tippfehler handelt, ergibt sich nichts anderes.

(1)
Gem. § 138 Abs. 2 ZPO hat sich eine Partei grundsätzlich über die vom Gegner behaupteten Tatsachen zu erklären. Sie darf sich also, wenn der Gegner seiner Erklärungslast nachgekommen ist, nicht mit einem bloßen Bestreiten begnügen, sondern muss erläutern, von welchem Sachverhalt sie ausgeht. Der Umfang der erforderlichen Substantiierung richtet sich dabei nach dem Vortrag der darlegungsbelasteten Partei. Je detaillierter dieser ist, desto höher ist die Erklärungslast gem. § 138 Abs. 2 ZPO. Ob ein einfaches Bestreiten als Erklärung gem. § 138 Abs. 2 ZPO ausreicht oder ob ein substantiiertes Bestreiten erforderlich ist, hängt somit vom Vortrag der Gegenseite ab (st. Respr., vgl. BGH, Urteil vom 04.04.2014 – V ZR 275/12, NJW 2015, 468, Rn. 11 mwN., zit. nach juris). Eine über ein einfaches Bestreiten hinausgehende Substantiierungslast trifft die nicht darlegungsbelastete Partei im Regelfall nur dann, wenn der darlegungspflichtige Gegner außerhalb des von ihm darzulegenden Geschehensablaufs steht und die maßgeblichen Tatsachen nicht kennt, während sie der anderen Partei bekannt und ihr ergänzende Angaben zuzumuten sind (BGH, Urteil vom 13.01.2011 – III ZR 146/10, NJW 2011, 1509, Rn. 20 mwN., zit. nach juris).

(2)
Gemessen an diesen Grundsätzen stellen sich das einfache Bestreiten des Verstoßes durch die Beklagte sowie ihr neues, jedoch nur fragmentarisches Vorbringen aus der Berufungsbegründung, sie habe „die Rechtstexte jederzeit vollständig hinterlegt“, als unzureichend dar. Der Kläger hat durch Vorlage der als Anlagkonvolut K3-1 bis K3-3 zur Akte gereichten Screenshots verbunden mit dem – durch die Kopfzeile der Screenshots belegten – Sachvortrag, der Ausdruck stamme vom 06.05.2021 und dem Vorbringen, die Beklagte habe an diesem Tag erneut gegen die Unterlassungsvereinbarung verstoßen, substantiiert und im Rahmen der ihm als außerhalb der internen Geschehensabläufe des Unternehmens der Beklagten stehender Person zur Verfügung stehenden Möglichkeiten zum Verstoß gegen die Vertragsstrafenvereinbarung vorgetragen.

Dem hätte die Beklagte, der die Abläufe innerhalb ihres Geschäftsbetriebes im Gegensatz zum Kläger bekannt sind, ebenso substantiiert entgegentreten und konkret vortragen müssen, wann genau vor dem 06.05.2021 sie die Angebote erstellt und hierbei die als fehlend beanstandeten „Rechtstexte“ wo genau und in welcher Form entweder in der Person ihres Geschäftsführers oder durch einen hiermit beauftragten Dritten „hinterlegt“ haben will, so dass es dem Kläger nicht (mehr) möglich war, die Angebote am 06.05.2021 aufzurufen und nach Anfertigung eines Screenshots auszudrucken. Hieran fehlt es (vgl. zum Ganzen auch Senatsurteil vom 17.05.2022 – 4 U 84/21).

4.
Das Verschulden wird vermutet (vgl. Köhler/Bornkamm/Feddersen/Bornkamm/Feddersen, aaO., § 13a UWG, Rn. 28 mwN.)

5.
Die Erwägungen des Landgerichts zur Höhe der Vertragsstrafe sind nicht zu beanstanden und entsprechen der Praxis des Senats in vergleichbaren Fällen.

Insbesondere steht § 13a Abs. 3 UWG der Festsetzung einer den Betrag von 1.000,00 € übersteigenden Vertragsstrafe nicht entgegen, weil die Vorschrift gem. § 15a Abs. 2 UWG nicht auf Abmahnungen – und damit auch nicht auf darauf beruhende Vertragsstrafenvereinbarungen– anzuwenden ist, die vor dem 02.12.2020 bereits zugegangen sind.

Die Übergangsregelung in §15a Abs. 2 UWG soll sicherstellen, dass für Abmahnungen, die noch vor dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Stärkung des fairen Wettbewerbs dem Schuldner eines Unterlassungsanspruchs zugegangen sind, nicht die strengen Anforderungen der §§ 13 sowie 13a Abs. 2 und 3 UWG gelten. Vielmehr ist die bis zu diesem Zeitpunkt geltende Regelung in § 12 Abs. 1 UWG a. F. anzuwenden (vgl. Köhler/Bornkamm/Feddersen/Köhler, aaO., § 15a UWG, Rn. 6). Der Umstand, dass hiermit zugleich sichergestellt wird, dass gegen den Abmahnenden kein Gegenanspruch auf Ersatz der für die Rechtsverteidigung erforderlichen Kosten nach § 13 Abs. 5 Satz 1 UWG geltend gemacht werden kann (vgl. Köhler/Bornkamm/Feddersen/Köhler, aaO., § 15a UWG, Rn. 6), führt nicht dazu, dass die Deckelung der Vertragsstrafe nach § 13a Abs. Abs. 3 UWG auf alle Vertragsstrafeforderungen anzuwenden ist, die seit Inkrafttreten der Regelung geltend gemacht werden. Dies stellte einen rückwirkenden Eingriff des Gesetzgebers in bestehende Vertragsverhältnisse dar. Anhaltspunkte dafür, dass ein solcher Eingriff mit der Einführung des § 13a Abs. 3 UWG beabsichtigt war, obwohl hiergegen offenkundig nicht unerhebliche verfassungsrechtliche Bedenken bestehen (vgl. Art.14 GG), sind nicht ersichtlich (vgl. Senatsurteil vom 25.08.2022 – 4 U 120/21).

Danach kann die Berufung im Ergebnis keinen Erfolg haben.

II.
Der Beklagten wird gem. § 522 Abs. 2 Satz 2 ZPO Gelegenheit gegeben, binnen zwei Wochen ab Zustellung dieses Hinweises Stellung zu nehmen und mitzuteilen, ob die Berufung durchgeführt oder aus Kostengründen zurückgenommen werden soll.

 

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