OLG Karlsruhe: Patentlizenzvertrag über nicht angemeldetes Patent ist anfechtbar

veröffentlicht am 17. September 2012

OLG Karlsruhe, Urteil vom 11.07.2012, Az. 6 U 114/11
§ 142 Abs. 1 BGB

Das OLG Karlsruhe hat entschieden, dass ein Lizenzvertrag über die Verwertung eines Patents (hier: Proteinkonzentrat zur Nahrungsmittelergänzung) wirksam angefochten werden kann, wenn es tatsächlich nicht zu einer Anmeldung des Patents kommt. Typischer Inhalt eines Patentlizenzvertrags sei die Einigung über die Einräumung des Nutzungsrechts an einer bestimmten, unter Schutz gestellten oder zum Schutz angemeldeten Erfindung, wofür regelmäßig eine Vergütung versprochen werde. Dies sei vorliegend der Fall. Daher sei die Klägerin verpflichtet gewesen, die Beklagte über die erfolgte Rücknahme der Patentanmeldung aufzuklären. Dass sie das nicht getan habe, rechtfertige die von der Beklagten erklärte Anfechtung des Vertrags wegen arglistiger Täuschung. Rückvergütungsansprüche habe die Klägerin gegen die Beklagte nicht, da die Benutzung einer technischen Lehre, die weder durch ein Patent noch durch eine veröffentlichte Patentanmeldung geschützt sei, jedermann frei stehe. Zum Volltext der Entscheidung:

Oberlandesgericht Karlsruhe

Urteil

I.
Auf die Berufung der Beklagten wird das Teil-Urteil des Landgerichts Mannheim vom 13.09.2011 – 2 O 252/10 – im Kostenpunkt aufgehoben und im Übrigen wie folgt geändert:

Die Klage wird abgewiesen.

II.
Die Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.

III.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

IV.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

V.
Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Die Klägerin macht gegen die Beklagte im Wege der Stufenklage vertragliche Ansprüche auf Auskunft und Zahlung aus eigenem, hilfsweise aus abgetretenem Recht geltend.

Die Klägerin befasst sich mit dem Vertrieb von diätetischen Lebensmitteln. Ein Gesellschafter der Klägerin, Herr PD Dr. med. X, entwickelte ein Nährstoffprofil für ein Proteinkonzentrat, das für Protein-Drinks zur Nahrungsergänzung verwendet werden kann. Er reichte am 04.05.2004 eine Patentanmeldung für ein Proteinkonzentrat zur Nahrungsergänzung ein. Anspruch 1 lautet:

„Proteinkonzentrat zur Nahrungsmittelergänzung, bestehend aus mindestens 80 Gewichtsprozent Aminosäuren, die als freie Aminosäuren, Oligopeptide, Polypeptide und/oder höhermolekulare Proteine vorliegen, wobei mindestens 30 Gewichtsprozent, bezogen auf das Gesamtgewicht an Aminosäuren, aus verzweigtkettigen Aminosäuren bestehen und das Gewichtsverhältnis von Isoleucin : Leucin gleich 1 : 1,4 bis 1 : 2,5 und das Gewichtsverhältnis von Isoleucin : Valin gleich 1 : 1 bis 1 : 2 ist.“

Die unter dem Az. 10 2004 … geführte Anmeldung nahm er am 01.08.2005 zurück.

Herr PD Dr. X reichte am 23.08.2005 eine neue deutsche Patenanmeldung ein, die beim DPMA unter dem Az. 10 2005 … geführt wurde. Anspruch 1 ist dort wie folgt gefasst.

Verwendung einer Proteinzusammensetzung zur Behandlung pathologisch bedingter Proteinmangelzustände, wobei die Proteinzusammensetzung Aminosäuren, die als freie Aminosäuren, Oligopeptide, Polypeptide und/oder höhermolekulare Proteine vorliegen, aufweist und mindestens 30 Gesichtsprozent, bezogen auf das Gesamtgewicht an Aminosäuren, aus verzweigkettigen Aminosäuren besteht und das Gewichtsverhältnis von Isoleucin : Leucin gleich 1 : 1,4 bis 1 : 2,5 und das Gewichtsverhältnis von Isoleucin : Valin gleich 1 : 1 bis 1 : 2 ist.“

Eine PCT-Anmeldung von Herrn PD Dr. X, die die Priorität der deutschen Anmeldung vom 23.08.2005 in Anspruch nimmt, liegt als Anlage K 4b vor. Deren Anspruch 1 lautet:

„Diätetische Zusammensetzung zur Behandlung physiologischer und/oder pathologischer Proteinmangelzustände mit einer Proteinzusammensetzung, die bezogen auf 100 g mindestens 27,5 g, vorzugsweise 30 Gewichtsprozent der verzweigtkettigen Aminosäuren Valin, Leucin und Isoleucin enthält und das Gewichtsverhältnis von Isoleucin : Leucin gleich 1 : 1,4 bis 1 : 2,5 und das Gewichtsverhältnis von Isoleucin : Valin gleich 1 : 1 bis 1 : 2 ist.“

Diese Anmeldung gilt wegen Nichtzahlung der erforderlichen Gebühren als zurückgenommen.

Zeitgleich reichte Herr Dr. Y eine europäische Patentanmeldung ein, die beim EPA unter dem Az. EP 05018276.5 geführt wurde. Die zugehörige PCT-Anmeldung, in der als Anmelder und Erfinder Herr Dr. Y genannt ist, liegt als Anlage K 4a vor. Der Anspruch 1 lautet:

„Diätetische Zusammensetzung zur Behandlung physiologischer Proteinmangelzustände mit einer Proteinzusammensetzung, die bezogen auf 100 g mindestens 27,5 g, vorzugsweise 30 Gewichtsprozent der verzweigtkettigen Aminosäuren Valin, Leucin und Isoleucin enthält und das Gewichtsverhältnis von Isoleucin : Leucin gleich 1 : 1,4 bis 1 : 2,5 und das Gewichtsverhältnis von Isoleucin : Valin gleich 1 : 1 bis 1 : 2 ist.“

Herr Dr. H. ist Geschäftsführer der N GmbH & Co. KG. Für diese Gesellschaft war Herr PD Dr. X als Berater tätig.

Die Beklagte stellt Proteine und ähnliche Erzeugnisse her und zeigte sich interessiert daran, das Proteinkonzentrat herzustellen. Sie unterschrieb am 30.08.2005 die als Anlage K 8/B 4 vorgelegte Vereinbarung und übermittelte das von ihr unterschriebene Exemplar an Herrn PD Dr. X und an die Klägerin. Herr Dr. X unterzeichnete die Vereinbarung am 14.03.2006. Zu diesem Zeitpunkt war Frau S. Geschäftsführerin der Klägerin. Herr PD Dr. X war Gesellschafter.

Nach dem Vertrag sollte die Beklagte Drinks aus einem von PD Dr. X entwickelten Proteinkonzentrat zur Nahrungsergänzung herstellen. Abnehmer sollte die N GmbH & Co. KG sein. Der Klägerin sollte ein Teil des Netto-Endverkaufspreises zustehen. Die Beklagte nahm die Produktion der Proteindrinks im März 2006 auf und verkaufte sie an die N GmbH & Co. KG. Für das Jahr 2006 stellte sie dieser Rechnungen von insgesamt mindestens 734.636,90 Euro. An die Klägerin zahlte sie für das Jahr 2006 127.156,32 Euro.

Mit Schreiben vom 19.02.2007 erklärte die Beklagte die außerordentliche Kündigung, hilfsweise die ordentliche Kündigung des Vertrags zum 31.12.2007. Auf Anlage K 12 wird verwiesen. PD Dr. X wies die Kündigung zurück (Anlage K 13).

Die Klägerin und Herr PD Dr. X erhoben am 05.07.2007 Klage vor dem Landgericht Mannheim, 2 O 167/07, mit der sie Auskunftsansprüche aus dem Vertrag geltend machten. Die Klageschrift wurde der Beklagten am 11.07.2007 zugestellt. Mit Schriftsatz vom 04.10.2007, der der Klägerin am 09.10.2007 zugestellt worden ist, beantragte die Beklagte Klageabweisung, erklärte die Anfechtung des Vertrags wegen arglistiger Täuschung und widerrief die auf den Vertragsschluss gerichtete Erklärung wegen fehlender Vertretungsmacht von PD Dr. X. Der Rechtsstreit wurde an das Landgericht Nürnberg-Fürth (dortiges Az. 3 O 7826/07) verwiesen. Die dortigen Kläger haben die Klage in der mündlichen Verhandlung zurückgenommen.

Die Klägerin hat behauptet, Herr PD. Dr. X sei alleiniger Erfinder des Proteinkonzentrats und daher auch materiell Berechtigter hinsichtlich der Patentanmeldung von Dr. Y. Gegenstand des Vertrags gemäß Anlage B 4 sei nicht die Patentanmeldung, sondern die Erfindung an sich. Herr PD Dr. X habe für die Klägerin handeln können. Dass die erste Anmeldung zurückgenommen wurde, berechtige die Beklagte daher nicht zur Anfechtung des Vertrags. Auch ein Grund für eine fristlose Kündigung liege nicht vor. Schließlich sei die ordentliche Kündigung nicht berechtigt, weil die Beklagte weiterhin das vertragsgegenständliche Proteinkonzentrat produziere. Herr PD Dr. X habe mit der als Anlage K 19 vorgelegten Abtretungsvereinbarung seine Ansprüche an sie abgetreten.

Die Klägerin hat im Wege der Stufenklage aus eigenem Recht, hilfsweise aus abgetretenem Recht beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin Auskunft über die bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung getätigten Verkäufe des unter Verwendung des Nährstoffprofils, welches in der Patentanmeldung mit der Nr. 102004… sowie der Patentanmeldung mit der Nr. PCT/EP 2006/… dargestellt ist, hergestellten Proteingetränks und die jeweiligen Netto-Endverkaufspreise zu erteilen und darüber Rechnung zu legen;

2. die Beklagte zu verurteilen, erforderlichenfalls die Richtigkeit und Vollständigkeit der nach dem Antrag Nr. 1 zu erteilenden Auskunft und Rechnungslegung an Eides Statt zu versichern;

3. die Beklagte zu verurteilen, nach erteilter Auskunft gem. Antrag Nr. 1 an die Klägerin einen Betrag in Höhe von 25 % der zu beziffernden eingenommenen Netto-Endverkaufspreise aus im Antrag Nr. 1 genannten Proteingetränken nebst Zinsen hieraus in Höhe von acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;

hilfsweise:

4. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Kläger und Herrn PD Dr. Hans X jeglichen Schaden zu ersetzen, der diesen aus der unberechtigten Verwendung des im Antrag Nr. 1 genannten Nährstoffprofils seit dem Jahr 2007 entstanden ist oder noch entstehen wird, höchst hilfsweise eine Bereicherung aus der Verwendung des im Antrag Nr. 1 angegebenen Nährstoffprofils seit 2007 herauszugeben.

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt.

Die Beklagte hat die Zuständigkeit des Landgerichts Mannheim gerügt. Sie hat geltend gemacht, das Nährstoffprofil sei gemeinsam von PD Dr. X und Dr. Y entwickelt worden. Der Vertrag gemäß Anlage B 4 sei aufgrund ihres Widerrufs und der von ihr erklärten Anfechtung von Anfang an nichtig.

Das Landgericht hat die Beklagte durch Teil-Urteil verurteilt, der Klägerin Auskunft über die bis zum 31.12.2007 getätigte Verkäufe des unter Verwendung des Nährstoffprofils, welches in den Patentanmeldungen mit den Nummern 102004… und PCT/EP 2006/… dargestellt ist, hergestellten Proteingetränks und die jeweiligen Netto-Endverkaufspreise zu erteilen und darüber Rechnung zu legen. Der Anspruch ergebe sich aus dem Lizenzvertrag i.V. mit § 242 BGB. Der Vertrag sei weder wirksam angefochten noch außerordentlich gekündigt worden. Herr Dr. X sei nicht verpflichtet gewesen, die Beklagte von sich aus über die Rücknahme der Patentanmeldung zu informieren. Selbst wenn man das anders sehen wolle, stehe einer Anfechtung der Beklagten der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung entgegen, weil ihre Rechtsstellung durch die – unterstellte – arglistige Täuschung nicht beeinträchtigt gewesen sei. Zudem hätte eine Anfechtung ohnehin nur ex nunc gewirkt. Ein wichtiger Grund, der eine außerordentliche Kündigung hätte rechtfertigen können, habe nicht vorgelegen. Im Übrigen hat das Landgericht den Klageantrag zu 1, soweit die Klägerin Ansprüche aus eigenem Recht geltend macht, abgewiesen. Der Vertrag sei jedenfalls durch die ordentliche Kündigung der Beklagten zum 31.12.2007 beendet worden. Das gelte unabhängig davon, ob die Beklagte auch darüber hinaus entsprechende Proteindrinks produziert habe. Zugleich hat es den Rechtsstreit mit Beschluss vom gleichen Tag hinsichtlich der mit der Klage hilfsweise geltend gemachten Anträge Ziffer 1 bis 3 aus abgetretenem Recht sowie den wiederum hilfsweise geltend gemachten Antrag Ziffer 4 ausgesetzt. Für diese Anträge sei das Landgericht Mannheim örtlich nicht zuständig. Die in § 12 des Vertrags getroffene Gerichtsstandsvereinbarung sei in Bezug auf PD Dr. X unwirksam. Die Verweisung erfolge erst nach Rechtskraft des Teil-Urteils.

Gegen dieses Urteil, auf das wegen aller Einzelheiten Bezug genommen wird, richtet sich die Berufung beider Parteien.

Die Beklagte ist der Ansicht, Herr Dr. X sei verpflichtet gewesen, die Rücknahme der ursprünglichen Patentanmeldung zu offenbaren. Der Berufung auf diese Anfechtung könne auch nicht der Einwand unzulässiger Rechtsausübung entgegengehalten werden. Die spätere Patentanmeldung von Dr. X bleibe hinter der ursprünglichen Anmeldung zurück. Auf die Patentanmeldung von Dr. Y komme es nicht an. Die von ihr erklärte Anfechtung wegen Arglist sei wirksam und wirke ex tunc.

Die Beklagte beantragt:

Unter Abänderung des Teilurteils des Landgerichts Mannheim vom 13.09.2011, 2 O 252/10, wird die Klage vollständig abgewiesen.

Die Klägerin tritt der Berufung der Beklagten entgegen.

Zu ihrer eigenen Berufung macht sie geltend, der Vertrag sei auch nicht durch eine ordentliche Kündigung beendet worden. In der vorliegenden Konstellation greife der Rechtsgedanke des § 545 BGB. Die Beklagte verhalte sich widersprüchlich und rechtsmissbräuchlich, wenn sie sich auf eine ordentliche Kündigung berufe, zugleich aber den vertragsgemäßen Gebrauch des Nährstoffprofils über den vermeintlichen Beendigungszeitpunkt hinaus fortsetze.

Wegen des weiteren Parteivortrags wird auf die Schriftsätze und die Anlagen Bezug genommen. Die Akten des LG Nürnberg-Fürth (3 O 7826/07) lagen vor und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

II.

Die Berufungen beider Seiten sind zulässig. Die Berufung der Beklagten hat in der Sache Erfolg. Der Klägerin stehen die mit der Klage verfolgten Ansprüche gegen die Beklagte weder aus eigenem noch aus abgetretenem Recht zu. Die Berufung der Klägerin bleibt erfolglos.

A. Berufung der Beklagten

1.
Die Frage, ob das Landgericht seine örtliche Zuständigkeit zu Recht bejaht hat, kann offen bleiben, weil die Berufung nach § 513 Abs. 2 ZPO nicht darauf gestützt werden kann, dass das Gericht des ersten Rechtszugs seine Zuständigkeit zu Unrecht angenommen hat. Ob ausnahmsweise etwas anderes gilt, wenn die Bejahung der Zuständigkeit des Gerichts erster Instanz objektiv willkürlich ist, bedarf hier keiner Entscheidung. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass das Landgericht seine Zuständigkeit willkürlich bejaht hat.

2.
Die mit der Klage geltend gemachten vertraglichen Ansprüche sind nicht begründet, weil die Beklagte den Vertrag gemäß Anlagen K 8/B 4 wirksam angefochten hat. Die Ausübung des Anfechtungsrechts führt dazu, dass der Vertrag als von Anfang an nichtig anzusehen ist (§ 142 Abs. 1 BGB).

a)
Bei dem Vertrag handelt es sich um einen Lizenzvertrag, dessen Gegenstand eine zum Patent angemeldete, im Vertrag konkret bezeichnete Erfindung sein sollte. Typischer Inhalt eines Patentlizenzvertrags ist die Einigung über die Einräumung des Nutzungsrechts an einer bestimmten, unter Schutz gestellten oder zum Schutz angemeldeten Erfindung, wofür regelmäßig eine Vergütung versprochen wird. Der Vertrag gemäß Anlagen K 8/B4 geht über einen bloßen Vertrag über die Herstellung und den Vertrieb eines bestimmten Produkts hinaus und enthält jedenfalls auch die für einen Lizenzvertrag typischen Regelungen. Der gegenteiligen Auffassung der Klägerin vermag der Senat nicht zu folgen.

aa)
Für die Einordnung als Lizenzvertrag spricht bereits, dass § 1 des Vertrags darauf abstellt, dass das von Herrn Dr. X entwickelte Proteinkonzentrat zum Patent angemeldet worden ist. In § 3 des Vertrags wird der Beklagten das Recht eingeräumt, Protein-Drinks nach dem Nährstoffprofil des Herrn Dr. X ausschließlich herzustellen. Der Beklagten wurde damit, wie sich aus dem Zusammenhang der Regelungen in §§ 1 bis 3 des Vertrags ergibt, das Recht zur Benutzung der beanspruchten Erfindung unter Ausschluss von Dritten eingeräumt. Das ist der typische Inhalt eines ausschließlichen Lizenzvertrags. Zudem hat sich die Beklagte verpflichtet, an die Klägerin 20 bis 25 % des Netto-Endverkaufspreises zu zahlen (§ 6). Eine derart hohe Vergütung wäre allenfalls zu erwarten, wenn es sich entweder um ein patentrechtlich geschütztes oder aber um ein geheimes Produkt (Know-how) handelte. Letzteres scheidet jedoch aus, da die Entwicklung Gegenstand einer Patentanmeldung war. Dass eine Vergütung in dieser Höhe für die Berechtigung versprochen wird, ein Produkt herzustellen, das grundsätzlich auch jeder Dritte herstellen kann und darf, ist nicht von vornherein ausgeschlossen, aber unwahrscheinlich. Ein Verständnis des Vertrags als Lizenzvertrags wird ferner dadurch nahegelegt, dass Herr Dr. X, der Inhaber der Patentanmeldung, neben der Klägerin an dem Vertrag beteiligt sein sollte. Es ist nicht ersichtlich – und wird von der Klägerin auch nicht dargetan – welchen Sinn diese Beteiligung haben sollte, wenn der Vertrag nur die Herstellung des Produkts durch die Beklagte im Auftrag der Klägerin und den Vertrieb über die N GmbH & Co. KG zum Gegenstand haben sollte.

bb)
Der Einwand der Klägerin, die Patentanmeldung sei in § 1 des Vertrags nur erwähnt, um das Produkt, das die Beklagte für die Klägerin herstellen sollte, zu bezeichnen, erscheint schon deshalb wenig überzeugend, weil sich aus der Patentanmeldung keine genauen Angaben über ein Produkt ergeben, sondern hinsichtlich des Anteils von Aminosäuren am Gesamtgesicht des Proteinkonzentrats und hinsichtlich des Anteils verzweigtkettiger Aminosäuren am Gesamtgewicht an Aminosäuren nur Mindestwerte. Damit ergibt sich aus § 1 des Vertrags als solchem nicht die genaue Zusammensetzung des Produkts, das die Beklagte herstellen sollte.

cc)
Bei dieser Sachlage käme eine Einordnung des Vertrags als bloßer Vertrag über die Herstellung und den Vertrieb des Produkts nur dann in Betracht, wenn die Klägerin mit der erforderlichen Substanz Umstände vorgetragen hätte, aus denen sich ergeben könnte, dass die Parteien gleichwohl darin übereinstimmten, dass es sich bei ihrer Vereinbarung nicht um einen Lizenzvertrag handeln sollte. An einem solchen Vortrag fehlt es. Die Klägerin beschränkt sich insoweit auf die nicht näher erläuterte Behauptung, der Hinweis auf die Patentanmeldung in § 1 habe lediglich der Identifizierung des herzustellenden Nährstoffprofils dienen sollen. Das genügt, wie ausgeführt, schon deshalb nicht, weil die ursprüngliche Patentanmeldung teilweise nur Angaben zu Mindestwerten enthält, der Beklagten also keine genaue Rezeptur vermittelte. Im Übrigen fehlt es auch an konkretem Vortrag der Klägerin dazu, welche Eigenschaften das Produkt der Beklagten hatte. Die Anlage K 19 ist hierfür nicht ausreichend. Damit ist auch die Vernehmung des von der Klägerin als Zeugen für einen abweichenden Vertragsinhalt genannten Dr. X nicht veranlasst.

Nur ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass die Klägerin selbst in der Klageschrift davon gesprochen hat, es sei bei den Verhandlungen um die Verwertung der Erfindung des Herrn PD Dr. X „unter dem Schutz der von ihm zuvor vorgenommenen Patentanmeldung mit der Nr. 10 2004 …“ gegangen, ferner davon, die Beklagte habe den „Entwurf einer Lizenzvereinbarung“ übersandt. Zudem hat sie die vereinbarte Vergütung als „Lizenzgebühren“ bezeichnet. Selbst in der Berufungsbegründung bezeichnet die Klägerin den Vertrag gemäß Anlage K 8 als „Lizenzvereinbarung“.

b)
Aus der Einordnung des Vertrags als Lizenzvertrag über die unter der Nr. 10 2004 … zum Patent angemeldete Erfindung ergibt sich, dass die Klägerin und PD Dr. X als Verhandlungspartner der Beklagten verpflichtet waren, diese über die zum 01.08.2005, während der Verhandlungen über den Vertragsschluss erfolgten Rücknahme der Patentanmeldung aufzuklären. Dass sie das nicht getan haben, rechtfertigt die von der Beklagten erklärte Anfechtung des Vertrags wegen arglistiger Täuschung. Die Auffassung des Landgerichts, eine solche Aufklärungspflicht setzte weiter voraus, dass aus Sicht des Herrn Dr. X konkrete Anhaltspunkte dafür bestanden, dass sich die Beklagte zur Abgabe eines Vertragsangebots entschlossen hatte, teilt der Senat nicht. Das Vertragsangebot, das in der Übermittlung des von der Beklagten unterzeichneten Formulars an die Klägerin und an Dr. X zu sehen ist, kam für diese nicht überraschend. Die Klägerin hat bereits in der Klageschrift ausgeführt, dass schon seit geraumer Zeit zwischen den Verhandlungen zwischen den Parteien geführt wurden. Ob der Vertragsentwurf von der Beklagten oder von der Klägerin bzw. von Dr. X formuliert wurde, ist insoweit nicht ausschlaggebend.

Allerdings ist der Klägerin und Dr. X keine aktive Täuschungshandlung zur Last zu legen. Eine arglistige Täuschung kann jedoch auch in der Weise erfolgen, dass Tatsachen verschwiegen werden. Zwar besteht keine allgemeine Pflicht, nachteilige Umstände zu offenbaren, die für die Entschließung des anderen Teils von Bedeutung sein können. Aufzuklären ist aber über die Umstände, die für die Entschließung so wesentlich sind, dass der andere Teil nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrsanschauung redlicherweise Aufklärung erwarten durfte. Nach dieser Maßgabe waren die Klägerin und Dr. X hier verpflichtet, die Beklagte von sich aus über die Rücknahme der Patentmeldung zu informieren. Die Interessen eines Lizenznehmers sind ganz entscheidend betroffen, wenn die Patentanmeldung, die Gegenstand des Lizenzvertrags sein soll, entfällt. Mit dem Wegfall der Patentanmeldung geht die für den Lizenznehmer vertragswesentliche Aussicht, dass das Lizenzprodukt Patentschutz erlangt und bis dahin zumindest der eingeschränkte Schutz nach § 33 PatG besteht, verloren.

Eine Pflicht zur Aufklärung über den Wegfall der Patentanmeldung kann grundsätzlich auch dann nicht verneint werden, wenn die Seite, die als Lizenzgeber auftreten soll, inzwischen eine andere Patentanmeldung eingereicht hat. Es versteht sich keinesfalls von selbst, dass ein Lizenzvertrag, der – entsprechend dem damals bestehenden Entwurf – eine bestimmte, konkret bezeichnete Patenanmeldung zum Gegenstand hat, dahin auszulegen ist, dass an die Stelle der bezeichneten Patentanmeldung eine andere, im Vertrag nicht erwähnte Patentanmeldung tritt. Der potentielle Lizenznehmer setzte sich daher dem Risiko einer rechtlichen Auseinandersetzung mit dem Lizenzgeber darüber aus, ob sich der inzwischen geschlossene Vertrag auf diese neue Patentanmeldung bezieht, obwohl der Vertrag ausdrücklich eine andere, inzwischen entfallene Patentanmeldung nennt. Das ist ihm grundsätzlich nicht zuzumuten.

Mit Rücksicht darauf könnte eine Pflicht, auf die Rücknahme der Patentanmeldung hinzuweisen, die nach den bisherigen Verhandlungen Gegenstand des Lizenzvertrags sein sollte, allenfalls dann verneint werden, wenn nach den Umständen des Einzelfalls ausnahmsweise kein Zweifel daran bestehen kann, dass der Vertrag, über den die Parteien verhandeln, dahin auszulegen ist, dass er anstelle der im Vertrag ausdrücklich bezeichneten, aber entfallenen Patentanmeldung die inzwischen eingereichte Patentanmeldung erfasst. Eine solche Ausnahme mag in Fällen zu erwägen sein, in denen sich der Austausch der Patentanmeldung als bloße Formalie darstellte, etwa weil keine oder nur unwesentliche inhaltliche Abweichungen der Ansprüche festzustellen wären und Unterschiede hinsichtlich des Prioritätszeitpunkts nicht vorlägen oder keine Rolle spielten. Diese Voraussetzungen können im Streitfall jedoch nicht angenommen werden.

aa)
Eine Berufung auf die PCT-Anmeldung auf den Namen von Dr. Y (Anlage K 4a) oder die dort erwähnte deutsche Anmeldung vom 23.08.2005, deren Priorität in der PCT-Anmeldung in Anspruch genommen wird, scheidet von vornherein aus. Nach dem Vertrag sollte es um eine Patentanmeldung von Dr. X gehen, der – neben der Klägerin, deren Gesellschafter er ist – persönlich Vertragspartner werden sollte. Würde an die Stelle einer Patentanmeldung von Dr. X die Patentanmeldung eines Dritten treten, könnte dies von vornherein nicht als bloße Formalie angesehen werden. Der Hinweis der Klägerin, Dr. Y sei als Geschäftsführer der N GmbH & Co. KG – der als Abnehmerin des Produkts vorgesehenen Gesellschaft – an dem Geschäft beteiligt, weshalb ein Gleichlauf der Interessen gesichert sei, greift nicht durch. Die Interessen der Beklagten wären in erheblichem Umfang beeinträchtigt, wenn Gegenstand des Lizenzvertrags, über den die Parteien verhandelten, nicht eine Patentanmeldung ihres Vertragspartners, sondern die Patentanmeldung eines Dritten sein sollte. Dr. Y hätte jederzeit als Geschäftsführer der N GmbH & Co. KG ausscheiden und eigene Wege gehen können. Zudem sah der Vertrag in seinem § 4 vor, dass die Beklagte nicht nur an die N GmbH & Co. KG, sondern auch an Dritte liefern sollte, die ihr von der Klägerin benannt würden, so dass mit Interessenkonflikten hätte gerechnet werden müssen. Die Befugnis der Beklagten zur Nutzung der Erfindung wäre nicht hinreichend gesichert gewesen, wenn Inhaber der Patentanmeldung oder des auf diese Anmeldung erteilten Patents ein Dritter gewesen wäre.

bb)
Aber auch die Anmeldung auf den Namen von Dr. X, die am 23.08.2005 – und damit noch vor der Unterzeichnung des Vertrags durch die Beklagte – erfolgte (Anlage BK 1) war nicht geeignet, ohne weiteres an die Stelle der im Vertrag konkret bezeichneten Anmeldung aus dem Jahr 2004 zu treten. Das ergibt sich bereits daraus, dass diese Anmeldung sich nur auf die Verwendung einer näher bezeichneten Proteinzusammensetzung „zur Behandlung pathologisch bedingter Proteinmangelzustände“ bezog. Sie hatte damit eine andere Lehre als die zurückgenommene Patentanmeldung zum Gegenstand. Gegenstand des Vertrags mit der Beklagten sollte nicht die Herstellung von Arzneimitteln, sondern von Nahrungsergänzungsmitteln sein. Damit war von vornherein ausgeschlossen, dass diese Patentanmeldung zu dem von der Beklagten erhofften Patentschutz für das von ihr herzustellende Produkt führen könnte.

cc)
Die PCT-Anmeldung vom 23.08.2006 auf den Namen von Dr. X (Anlage K 4b) hat in diesem Zusammenhang schon deshalb außer Betracht zu bleiben, weil sie bei Vertragsschluss im März 2006 noch nicht vorlag, sondern erst einige Monate später erfolgte.

c)
Die Beklagte hat im Vorprozess vor dem LG Nürnberg-Fürth mit Schriftsatz vom 04.10.2007 die Anfechtung wegen arglistiger Täuschung erklärt. Sie hat dort ausgeführt, sie habe „erst kürzlich“ erfahren, dass die im Vertrag genannten Patentanmeldung zum Zeitpunkt, in dem sie den Vertrag unterzeichnet hatte, nicht mehr bestand. Nachdem die Klägerin sich hierzu nicht geäußert hat, ist zugrunde zu legen, dass die Beklagte die Anfechtungsfrist gewahrt hat.

d)
Die Ausübung des Anfechtungsrechts durch die Beklagte kann auch nicht als rechtsmissbräuchlich angesehen werden.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann eine Anfechtung trotz Vorliegens einer arglistigen Täuschung ausnahmsweise treuwidrig sein. Auch die Anfechtung wegen arglistiger Täuschung steht unter dem Vorbehalt von Treu und Glauben (BGH WM 1977, 343 unter Berufung auf RGZ 128, 116, 121; BGH WM 1983, 1055; GRUR 1999, 650; WM 2000, 2103). Die Anfechtung ist deshalb dann ausgeschlossen, wenn die Rechtslage des Getäuschten durch die arglistige Täuschung nicht beeinträchtigt worden ist. Maßgeblich ist dabei der Zeitpunkt der Abgabe der Anfechtungserklärung (BGH WM 1977, 343; WM 2000, 2103). Danach wurde ein Ausschluss des Anfechtungsrechts etwa angenommen, wenn eine fehlende Genehmigung des Handelns eines Vertreters inzwischen erfolgt war (BGH WM 1977, 343), wenn ein Patent inzwischen erteilt wurde (BGH GRUR 1999, 650 – Krankenhausmüllentsorgungsanlage), oder wenn eine fehlende Baugenehmigung inzwischen vorliegt (BGH WM 1983, 1055, 1056; s. außerdem BGH NJW 1992, 2346).

Im Oktober 2007, als die Beklagte die Anfechtung des Vertrags wegen arglistiger Täuschung erklärt hat, gab es zwar, wie insoweit zugunsten der Klägerin unterstellt werden kann, die deutsche Anmeldung vom 23.08.2005 und die PCT-Anmeldung vom 23.08.2006 auf den Namen von Dr. X. Es kann jedoch nicht angenommen werden, dass dadurch eine Beeinträchtigung der Rechtslage der Beklagten entfallen wäre.

aa)
Hinsichtlich der deutschen Patentanmeldung ergibt sich das bereits daraus, dass diese, wie bereits erwähnt, nur eine Verwendung der dort näher bezeichneten Proteinzusammensetzung zur Behandlung pathologisch bedingter Proteinmangelzustände zum Gegenstand hat. Da sich der Vertrag zwischen der Klägerin und Dr. X und der Beklagten auf die Herstellung von Proteinzusammensetzungen als Nahrungsergänzungsmittel bezog, konnte diese Anmeldung von vornherein nicht zu dem von den Vertragsparteien angestrebten patentrechtlichen Schutz führen.

bb)
Nichts anderes gilt für die PCT-Anmeldung gemäß Anlage K 4b. Eine erhebliche Beeinträchtigung der Interessen der Beklagten ergibt sich insoweit bereits daraus, dass die Patentanmeldung vom August 2006 datiert, während die im Vertrag genannten Patentanmeldung vom März 2004 stammte. Schon diese ganz erhebliche zeitliche Verschiebung schließt die Annahme aus, ein „Austausch“ der im Vertrag ausdrücklich genannten Patentanmeldung durch die PCT-Anmeldung könne als bloße Formalie angesehen werden, die für die Beklagte keine Nachteile mit sich bringt. Die Aussichten, patentrechtlichen Schutz für eine technische Lehre zu erlangen, hängen maßgeblich davon ab, zu welchem Zeitpunkt die Anmeldung erfolgt, denn danach richtet sich, welcher Stand der Technik für die Beurteilung der Schutzfähigkeit zu berücksichtigen ist. Im Streitfall zeigt sich die Bedeutung des Zeitpunkts der Anmeldung in aller Deutlichkeit: Produzierte die Beklagte – nach der Behauptung der Klägerin – eine Proteinzusammensetzung, die von den Merkmalen der zum Patent angemeldeten Lehre Gebrauch machte, stünde dies der Erteilung eines erst im August 2006 angemeldeten Patents entgegen. Die Beklagte hat das Produkt bereits im März 2006 vertrieben. Die darin liegende offenkundige Vorbenutzung stünde der Gewährung patentrechtlichen Schutzes entgegen. Träfe dagegen die Behauptung der Beklagten zu, ihr Produkt falle nicht unter die Lehre der PCT-Anmeldung, ergäbe sich bereits daraus, dass diese Anmeldung für sie wertlos wäre.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass die PCT-Anmeldung gemäß Anlage K 4b die Priorität der deutschen Anmeldung gemäß Anlage BK 1 in Anspruch nimmt. Die Inanspruchnahme dieser Priorität setzte voraus, dass es sich jeweils um dieselbe Erfindung handelte. Das scheidet jedoch aus, weil die in der PCT-Anmeldung beanspruchte Lehre unter zwei Gesichtspunkten gegenüber der Lehre erweitert ist, für die in der deutschen Anmeldung Schutz beansprucht wird: Zum einen soll nach der PCT-Anmeldung eine diätetische Zusammensetzung zur Behandlung auch von physiologischen Proteinmangelzuständen geschützt werden, während die deutsche Anmeldung nur die Verwendung zur Behandlung pathologisch bedingter Proteinmangelzustände vorsieht. Zum anderen ist in der PCT-Anmeldung vorgesehen, dass die Proteinzusammensetzung zu mindestens 27,5 g, bezogen auf 100 g, aus verzweigtkettigen Aminosäuren besteht, während in der deutschen Anmeldung Schutz nur für ein Produkt beansprucht wird, bei dem die Proteinzusammensetzung zu mindestens 30 Gewichtsprozent, bezogen auf das Gesamtgewicht an Aminosäuren, verzweigtkettige Aminosäuren enthält.

e)
Die Beklagte war nach alledem berechtigt, den Vertrag wegen arglistiger Täuschung anzufechten. Die Anfechtung führte dazu, dass der Vertrag mit Wirkung ex tunc entfallen ist. Aus der Entscheidung des Bundesgerichtshofs v. 13.07.1982 (X ZR 50/81) ergibt sich nichts anderes. In dieser Entscheidung hat der Bundesgerichtshof ausgesprochen, dass die Rückwirkung eines Rücktritts vom Vertrag nach § 326 BGB a.F. für den Fall zu verneinen ist, dass der Vertrag bereits durchgeführt worden ist. Er hat diesem Fall ausdrücklich den Fall der Anfechtung wegen arglistiger Täuschung gegenübergestellt, für den er mithin Rückwirkung angenommen hat. Dieser Auffassung folgt der Senat. Eine Ausnahme von der gesetzlich vorgesehenen Rückwirkung der Anfechtung, wie sie für vollzogene Arbeits- und Gesellschaftsverträge vertreten wird, kommt hier nicht in Betracht.

f)
Auf die zwischen den Parteien streitige Frage, ob der Beklagten ein Recht zur fristlosen Kündigung des Vertrags zustand, kommt es nicht an.

3.
Hat die Beklagte den Vertrag wirksam angefochten, stehen weder der Klägerin noch Dr. X aus dem Vertrag Ansprüche zu.

4.
Ohne Erfolg bleibt die Berufung der Klägerin darauf, die von ihr geltend gemachten Ansprüche ergäben sich in analoger Anwendung von § 545 BGB daraus, dass die Beklagte auch nach der von ihr erklärten Kündigung nach dem Lizenzvertrag produziert und vertrieben habe.

Es kann offen bleiben, ob eine entsprechende Anwendung von § 545 BGB in Bezug auf einen Lizenzvertrag in Betracht kommt, was nach Ansicht des Senats erheblichen Zweifeln begegnet. Auf die genannte Vorschrift kann sich die Klägerin jedenfalls deshalb nicht berufen, weil die Beklagte – worauf das Landgericht zutreffend hingewiesen hat – durch ihre Verteidigung gegen die Klage schon im Vorprozess vor dem LG Nürnberg-Fürth deutlich gemacht hat, dass sie mit einer Fortsetzung des Lizenzvertragsverhältnisses nicht einverstanden ist.

5.
Die Klägerin kann der Berufung der Beklagten schließlich nicht mit Erfolg entgegenhalten, sie habe jedenfalls einen Anspruch auf Schadensersatz oder auf Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung. Danach kann die Klage auch mit dem Hilfsantrag keinen Erfolg haben.

a)
Ansprüche auf Schadensersatz nach § 139 PatG scheiden aus, weil der Klägerin oder Herrn Dr. X bis heute kein Patent erteilt worden ist.

b)
Die Klägerin hat auch die Voraussetzungen für einen Anspruch auf angemessene Entschädigung nach § 33 PatG oder nach Art. 67 EPÜ i.V. mit Art II § 1a IntPatÜG nicht dargetan. Nach diesen Bestimmungen kann der Anmelder von demjenigen, der den Gegenstand der Anmeldung benutzt hat, obwohl er wusste oder wissen musste, dass die von ihm benutzte Erfindung Gegenstand der Anmeldung war, eine nach den Umständen angemessene Entschädigung verlangen.

aa)
Auf die deutsche Anmeldung von 2004 kann ein solcher Anspruch nicht gestützt werden, weil diese zurückgenommen worden ist (§ 58 Abs. 2 PatG).

bb)
Auf die deutsche Anmeldung von 2005 kann ein solcher Anspruch ebenfalls nicht gestützt werden, weil die Beklagte von deren Gegenstand keinen Gebrauch gemacht hat. Sie hat keine Proteinzusammensetzung zur Verwendung bei pathologisch bedingten Proteinmangelzuständen hergestellt und vertrieben.

cc)
Schließlich kann ein solcher Anspruch auch nicht auf die PCT-Anmeldung vom 23.08.2006 gestützt werden. Die Beklagte hat im ersten Rechtszug wiederholt vorgetragen, dass die für die Aufrechterhaltung dieser Anmeldung erforderlichen Gebühren nicht gezahlt worden sind, weshalb die Anmeldung als zurückgenommen gelte. Die Klägerin hat dieses Vorbringen nicht bestritten. Damit kommt ein Anspruch auf Entschädigung gem. Art. 67 EPÜ i.V. mit Art. II §§ 1, 1a IntPatÜG nach Art. 67 Abs. 4 EPÜ nicht in Betracht.

c)
Die Klägerin hat gegen die Beklagte auch keinen Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung. Die Benutzung einer technischen Lehre, die weder durch ein Patent noch durch eine veröffentlichte Patentanmeldung geschützt ist, steht jedermann frei. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Entscheidung „Steuervorrichtung“ des Bundesgerichtshofs (BGHZ 185, 341). Die Klägerin hat schon nicht mit der zu fordernden Substanz dargetan, dass es sich bei der von Dr. X zum Patent angemeldeten Lehre um eine Erfindung handelt, unter welchen Aspekten sich also das von ihm entwickelte Nährstoffprofil vom Stand der Technik unterscheidet. Der Umstand allein, dass Patentanmeldungen erfolgten, genügt insoweit nicht. Zudem fehlt es an Anhaltspunkten dafür, dass der Beklagte schon vor der Offenlegung der PCT-Anmeldung gemäß Anlage K 4b die Möglichkeit eingeräumt wurde, gerade die dort beanspruchte Lehre zu benutzen. Es ist nicht einmal dargetan, dass die Klägerin oder Dr. X die Beklagte über den Inhalt der PCT-Anmeldung informiert haben. Der Beklagten war das Nährstoffprofil, nachdem sie Proteindrinks herstellen sollte, schon zuvor bekannt gegeben worden, was sich bereits daraus ergibt, dass sie die Produktion bereits im März 2006 aufgenommen hat.

B. Berufung der Klägerin

Aus den Ausführungen unter A ergibt sich, dass die Berufung der Klägerin keinen Erfolg haben kann.

C. Ergebnis und Nebenentscheidungen

Auf die Berufung der Beklagten ist das Urteil des Landgerichts im Kostenpunkt aufzuheben und wie aus dem Tenor ersichtlich abzuändern. Nachdem feststeht, dass der Klägerin gegen die Beklagte keine Ansprüche zustehen, entscheidet der Senat nicht nur über die 1. Stufe, sondern weist die Klage insgesamt ab. Stellt sich, nachdem das Landgericht auf eine Stufenklage lediglich über die erste Stufe entschieden hat, im Berufungsverfahren heraus, dass es an jeglicher Grundlage auch für die Ansprüche der weiteren Stufen fehlt, kann das Berufungsgericht die weiteren Stufen durch einheitliches Endurteil abweisen. Das Beharren auf einer erstinstanzlichen Entscheidung über die weiteren Stufen widerspräche in einer solchen Situation dem Grundsatz der Prozessökonomie (BGH NJW 1985, 2405 [2407]). Der Hinweis der Klägerin auf die Entscheidung BGH NJW-RR 1994, 379 trifft die hier zu entscheidende Konstellation nicht. Es geht nicht um die Frage, ob das Teilurteil erster Instanz unzulässig war. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 91 Abs. 1 ZPO. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Gründe für die Zulassung der Revision (§ 543 Abs. 2 ZPO) liegen nicht vor.

I