OLG Karlsruhe: Zum Verbot von Mogelpackungen beim Lebensmittelvertrieb

veröffentlicht am 3. Dezember 2012

Rechtsanwalt Dr. Ole DammOLG Karlsruhe, Urteil vom 22.11.2012, Az. 4 U 156/12 – rechtskräftig
§ 3 UWG, § 4 UWG, § 7 Abs. 2 EichG, § 11 Abs. 1 Nr. 1 LFGB

Das OLG Karlsruhe hat entschieden, dass es zu unterlassen ist, Frischkäsesorten in den Verkehr zu bringen oder zu bewerben, wenn die Verpackung mit einer Höhe von ca. 5,9 cm (mit Deckel) einen Inhalt von 125 g Frischkäse aufweise und der von einer seitlich und an der Unterseite vorhandenen Pappummantelung umgebene Plastikbecher im Inneren an einer Seite eine ca. 1,0 cm tiefe, ca. 3,5 cm breite Einbuchtung aufweist und insgesamt nach unten abgerundet ist. Aus der Pressemitteilung des OLG Karlsruhe vom 28.11.2012:

„Das Produkt wurde so vertrieben, dass eine Innenverpackung (wie auf dem Bild unten links) von einer zylinderförmigen Außenverpackung umgeben war (wie auf dem Bild unten rechts).

Frischkäse

Das Landgericht Offenburg hatte die Klage der Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs zunächst abgewiesen, ihre Berufung zum Oberlandesgericht hatte Erfolg. Der Senat hat festgestellt:

Die Klägerin habe einen Unterlassungsanspruch nach dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) in Verbindung mit §§ 7 Abs. 2 EichG und 11 Abs. 1 Nr. 1 LFGB (Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch). Durch das Anbieten, in den Verkehr Bringen und Bewerben der Produkte handele die Beklagte unlauter. Die verwendete Verpackung verstoße gegen das Eichgesetz. Nach § 7 Abs. 2 EichG müssten Fertigpackungen so gestaltet und gefüllt sein, dass sie keine größere Füllmenge vortäuschen als in ihnen enthalten sei. Sinn des Gesetzes sei es, im Interesse der Marktteilnehmer den Markt im Sinne des § 4 Nr. 11 UWG zu regeln. Ein Verstoß gegen das Eichgesetz stelle zugleich ein wettbewerbswidriges Verhalten und eine irreführende geschäftliche Handlung im Sinne des UWG dar. Durch das Eichgesetz solle eine Täuschung durch die Verpackung selbst verhindert werden, der Verbraucher solle davor geschützt werden, dass bei ihm aufgrund des äußeren Erscheinungsbildes einer Fertigpackung der Eindruck erweckt werde, er könne das Produkt in einer Menge erwerben, die dem äußeren Erscheinungsbild der Verpackung in etwa entspreche, obwohl diese tatsächlich wesentlich weniger enthalte. Maßstab sei dabei, welche Vorstellung der durchschnittlich informierte und verständige Verbraucher, der dem Produkt die der Situation angemessene Aufmerksamkeit entgegenbringe, über den Inhalt der jeweiligen Verpackung aufgrund deren äußerer Gestaltung entwickele, und ob diese Vorstellung vom tatsächlichen Inhalt der Verpackung abweiche.

Ein nennenswerter Teil der Verbraucher ginge hier aufgrund der konkreten Ausgestaltung der Verpackung von einer größeren Füllmenge aus als tatsächlich in ihr enthalten sei. Da der Verbraucher Einbuchtung und Verjüngung des inneren Plastikbehälters vor dem Öffnen nicht wahrnehmen könne, werde die Fehlvorstellung entwickelt, dass Volumen und Gewicht der Füllmenge dem äußeren Erscheinungsbild entsprächen. Der Eindruck einer größeren Füllmenge werde noch verstärkt durch Konkurrenzprodukte, die trotz größeren Füllgewichts eine kleinere Verpackung aufwiesen. Die beiden Gewichtsangaben auf der Banderole der Verpackung und auf der Deckelfolie stünden der Eignung zur Irreführung nicht entscheidend entgegen. Die Verpackung sei insgesamt nicht so ausgestaltet, dass der situationsadäquat aufmerksame Verbraucher die Gewichtsangabe zwangsläufig wahrnehme. Es bestehe vielmehr die Gefahr, dass ein erheblicher Anteil der Verbraucher bei einem entsprechenden Einkauf die Gewichtsangabe entweder nicht zur Kenntnis nehme oder dennoch die Entscheidung alleine nach dem optischen Größeneindruck fälle.

Die Revision ist nicht zugelassen worden.“

Update: Die gegen das Berufungsurteil gerichtete Nichtzulassungsbeschwerde wurde vom BGH (Beschluss vom 15.08.2013, Az. I ZR 234/12) zurückgewiesen.

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