OLG Koblenz: Kein Erlöschen des Widerrufsrechts bei Wunsch nach sofortiger Bereitstellung eines DSL-Anschlusses

veröffentlicht am 17. Februar 2011

OLG Koblenz, Beschluss vom 27.05.2010, Az. 2 U 1331/09
§§ 305, 307, 308 Nr. 4, 309 Nr. 10 BGB

Das OLG Koblenz hat in einem Hinweisbeschluss entschieden, dass eine Widerrufsbelehrung bei Onlinebestellung eines DSL-Anschlusses unzulässig ist, wenn sie einen Hinweis enthält, dass das Widerrufsrecht erlischt, wenn der Kunde die Möglichkeit der sofortigen Bereitstellung des Anschlusses auswählt. Der Kunde könne als Wunschtermin „schnellstmöglich“ auswählen oder ein konkretes Datum angeben, welches mindestens 28 Tage in der Zukunft liege. In den AGB unter dem Punkt Online-Widerrufsbelehrung weise die Beklagte darauf hin, dass das Widerrufsrecht vorzeitig erlösche, wenn „mit der Ausführung der Dienstleistung mit Ihrer ausdrücklichen Zustimmung vor Ende der Widerrufsfrist begonnen hat oder Sie diese selbst veranlasst haben (z. B. wenn Sie uns mit der sofortigen Bereitstellung des DSL-Anschlusses beauftragen etc.)“. Der Klammerzusatz sei unzutreffend, weil ein Erlöschen des Widerrufsrechts erst dann in Betracht komme, wenn mit der tatsächlichen Ausführung der Dienstleistung vor Ablauf der Widerrufsfrist begonnen werde, nicht schon mit der Beauftragung. Das Gericht führte zu diesem Punkt und zur zwischenzeitlich geänderten Gesetzeslage hinsichtlich der Musterwiderrufsbelehrung Folgendes aus:


Zitat:

§ 312 d Abs. 3 Nr. 2 a. F. BGB hat für das Widerrufs- und Rückgaberecht bei Fernabsatzverträgen bestimmt, dass das Widerrufsrecht bei einer Dienstleistung erlischt, wenn der Unternehmer mit der Ausführung der Dienstleistung mit ausdrücklicher Zustimmung des Verbrauchers vor Ende der Widerrufsfrist begonnen hat oder der Verbraucher dies selbst veranlasst hat.

§ 312 d Abs. 3 n. F. BGB regelt nunmehr, dass das Widerrufsrecht bei einer Dienstleistung auch dann erlischt, wenn der Vertrag von beiden Seiten auf ausdrücklichen Wunsch des Verbrauchers vollständig erfüllt ist, bevor der Verbraucher sein Widerrufsrecht ausgeübt hat.

Das Landgericht hat im Hinblick auf die Änderung der Gesetzeslage und Erklärung der Beklagten, dass sie sich nach dem Inkrafttreten der Neuregelung nicht mehr der bis zum 03.08.2009 geltenden Regelung berühme und im Übrigen nur den Gesetzestext zum Widerrufsrecht mit einen Beispiel, wie in der BGB-Informationspflichten-Verordnung (BGB-InfoV) empfohlen, angeben habe, den Unterlassungsanspruch teilweise, d.h. soweit es Altverträge vor Eintritt der Gesetzesänderung betrifft, für begründet erachtet. Die Kammer hat eine Wiederholungsgefahr verneint und dabei die Erklärung des Prozessbevollmächtigten des Klägers in der mündlichen Verhandlung vom 10.09.2009 (GA 222) berücksichtigt, dass die Beklagte die Belehrung über das Widerrufsrecht im Hinblick auf die Gesetzesänderung verändert habe. Vor dem Hintergrund der Gesetzesänderung sei aber nicht zu erwarten, dass die Beklagte die von ihr bis dahin verwandte Widerrufsbelehrung nach Änderung der Gesetzeslage in neu abgeschlossene Verträge mit einbeziehe.

Die Berufung der Klägerin beanstandet, dass das Landgericht fälschlicherweise die Wiederholungsgefahr verneint habe, weil die Verwendung einer unzulässigen Allgemeinen Geschäftsbedingung grundsätzlich die Wiederholungsgefahr indiziere.

Der Angriff der Berufung der Klägerin verfängt nicht. Der Klägervertreter hat selbst eingeräumt, dass am 04.08.2009 eine Überprüfung der Internetseiten der Beklagten ergeben habe, dass die Belehrung des Widerrufsrechts im Hinblick auf die Gesetzesänderung verändert worden sei. Eine Wiederholungsgefahr besteht nicht. Die Beklagte musste deshalb auch keine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben.

Berufung der Beklagten (GA 322 ff.)

Die Berufung der Beklagten wendet sich gegen die unter Androhung von Ordnungsgeld bzw. Ordnungshaft ausgesprochene Unterlassungsverfügung, soweit es die Verwendung der Online-Widerrufsbelehrung für Altverträge vor Eintritt der Gesetzesänderung des § 312 d BGB betrifft.

Zur Begründung führt das Landgericht aus, dass für Altverträge weiterhin die Gefahr bestehe, dass sich die Beklagte auf diese Klausel stütze. Die Widerrufsbelehrung sei falsch, weil die Belehrung sich nicht nur auf den Gesetzestext in § 312 d Abs. 3 Ziffer 3 BGB a.F. beziehe, sondern in Klammern ein Beispiel aufgeführt habe, wonach das Widerrufsrecht vorzeitig erlöschen soll, wenn der Kunde die Beklagte mit der sofortigen Bereitstellung des DSL-Anschlusses beauftragt habe. Dieser Hinweis sei allerdings unzutreffend, da das Widerrufsrecht nicht mit einem Auftrag zur sofortigen Bereitstellung erloschen sei, sondern erst dann, wenn – sofern man die Erteilung des Auftrages zur sofortigen Bereitstellung als ausdrückliche Zustimmung werte – die Beklagte mit Ausführung der Dienstleistung vor Ablauf der Widerrufsfrist begonnen habe. Insoweit sei dieser Zusatz auch geeignet, Kunden, die eine sofortige Bereitstellung wünschten, von der Ausübung ihres Widerrufsrechts abzuhalten, da der Eindruck erweckt werde, dass ein Recht in diesem Fall nicht mehr bestehe.

Diese Ausführungen werden von der Berufung der Beklagten ohne Erfolg angegriffen. Die Widerrufsbelehrung war aus den vom Landgericht dargestellten Gründen falsch. Zwar blieb es der Beklagten entsprechend der BGB-Informationsverordnung unbenommen, zu dem Gesetztext ein Beispiel zu bilden. Dieses Beispiel musste dann aber auch der gesetzlichen Lage entsprechen. Der Hinweis, dass das Widerrufsrecht erloschen sei, wenn der Kunde die Beklagte mit der sofortigen Bereitstellung des DSL-Anschlusses beauftragt habe, war fehlerhaft. Ein Erlöschen des Widerrufsrechts konnte erst mit der Ausführung der Dienstleistung eintreten. Nach Auffassung des Senats besteht durchaus die Gefahr, dass sich die Beklagte für Altverträge weiterhin auf die vermeintliche Wirksamkeit dieser Klausel beruft.

Die Beklagte greift die vom Landgericht vorgenommene Kostenteilung zu jeweils 50 % ohne Erfolg an (BB 5, GA 326 f.) Richtig ist zwar, dass die Klage bezüglich des Klageantrags zu Ziffer II.7) nur teilweise Erfolg hatte, soweit es die Unterlassungsverfügung in Bezug auf die Verwendung der Widerrufsbelehrung für Altverträge betraf. Die Klage hatte jedoch bezüglich der Abmahnkosten erstinstanzlich ebenfalls teilweise Erfolg, im Berufungsverfahren hätte die Klägerin, wie ausgeführt, diesbezüglich vollen Erfolg. Das Landgericht hat im Rahmen der Kostenentscheidung nach § 91 a, 92 Abs. 1 ZPO jedoch auch zu berücksichtigen, dass die Klägerin ohne Eintritt des erledigenden Ereignisses zu Ziffer I des Klageantrags sowie des Klageerweiterungsantrags zu 2) voll obsiegt hätte und hinsichtlich des Klageerweiterungsantrags zu 1), da offener Ausgang einer Beweisaufnahme, die Kosten hälftig in Ansatz zu bringen waren. Insgesamt stellt sich die Kostenverteilung von jeweils 50 % als vertretbar dar.“

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