OLG Köln: Einzelne Daten aus einer fremden Datenbank dürfen übernommen werden

veröffentlicht am 22. Januar 2009

Rechtsanwalt Dr. Ole DammOLG Köln, Urteil vom 14.11.2008, Az. 6 U 57/08
§§ 87 a, 87 b, 97 Abs.1 UrhG, §§ 3, 4 Nr. 9 a, 4 Nr. 10, 5, 8 Abs. 1 Nr. 1 UWG

Das OLG Köln hat darauf hingewiesen, dass unter Umständen einzelne Datensätze aus einer Datenbank entnommen werden dürfen. Zwar wurde eine „wiederholte und systematische Vervielfältigung“ tatbestandlich ausdrücklich bejaht; allerdings scheiterte der behauptete Urheberrechtsverstoß in qualitativer und quantitativer Hinsicht. Von insgesamt 6.000 Bewertungsdaten hatte die Beklagte lediglich 10 Prozent übernommen und nur 1,5 Prozent der in der Datenbank registrierten Zahnärzte.  Auch im qualitativen Sinne sei der behauptete Eingriff in die klägerische Datenbank nicht im Rechtssinne wesentlich. Die Wesentlichkeitsgrenze sei zumindest überschritten, wenn sich in dem übernommenen Teil der Datenbank auch eine wesentliche Investition des Herstellers niederschlage, was aber hier nicht der Fall sei, weil die Beklagte, die bereits über eine Datenbank verfügte, nur die Daten selbst verwertet habe und deren Beschaffung nicht zu den im Sinne der §§ 87 a ff. UrhG wertbildenden Investitionen gehören. Die Berufung hatte demgemäß Erfolg.

Oberlandesgericht Köln

Urteil

Der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln hat auf die mündliche Verhandlung vom 14.11.2008 durch … für Recht erkannt:

1.
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 6.2.2008 verkündete Urteil der 28. Zivilkammer des Landgerichts Köln – 28 O 417/07 – abgeändert und im Hauptausspruch wie folgt neu gefasst:

Die Klage wird abgewiesen.

2.
Die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen hat die Klägerin zu tragen.

3.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin kann jedoch die Vollstreckung des Kostenerstattungsanspruches durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

4.
Die Revision wird nicht zugelassen.

Begründung

I.
Wegen des Sachverhaltes wird gem. § 540 Abs.1 S.1 Ziff.1 ZPO auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.

Mit ihrer Berufung, mit der sie ihr Ziel der Klageabweisung weiter verfolgt, beanstandet die Beklagte u.a., die von der Klägerin angelegte Datensammlung stelle keine Datenbank dar, weil es an den hierfür notwendigen wesentlichen Investitionen fehle. Die Kosten der Datenerhebung und erstmaligen Überprüfung ihrer Richtigkeit im Vorfeld seien nicht zu berücksichtigen und weitere Kosten seien in nennenswertem Umfang nicht angefallen. Zu Unrecht sei die Kammer auch davon ausgegangen, dass sie die Bewertungsdaten aus der Internetseite der Klägerin übernommen habe. Tatsächlich seien die Daten – wie bereits erstinstanzlich vorgetragen – von ihr selbstständig erfasst worden. Soweit sich in diesen Bewertungen der Zahnärzte auf ihrer Internetseite dieselben orthographischen Fehler wie in der Datensammlung der Klägerin fänden, beruhe das darauf, dass die Patienten ihr gegenüber keine neuen Bewertungen abgegeben, sondern ihr die ursprünglichen Bewertungen übersandt hätten. Entgegen der Auffassung der Kammer seien die Daten auch auf der Grundlage des Vortrags der Klägerin nicht „wiederholt und systematisch“ vervielfältigt worden, weil die Summe von 233 Bewertungsdaten, die in beiden Datenbänken identisch seien, angesichts der Gesamtzahl von 6.000 Eintragungen hierfür nicht ausreiche.

Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil. Sie hat nach Erörterung der Antragsfassung in der mündlichen Berufungsverhandlung den Klageantrag dahingehend gestellt, die Beklagte zu verurteilen, es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zur Höhe von 250.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zur Dauer von sechs Monaten, zu vollstrecken an den Geschäftsführern der Beklagten, zu unterlassen, die auf den Internetseiten … der Klägerin dargestellten und durch die Klägerin gespeicherten Bewertungsdaten über die registrierten Zahnärzte ohne vorherige Zustimmung der Klägerin selbst oder durch Dritte zu vervielfältigen und/oder wiederzugeben, wie auf der Internetseite … geschehen, wenn dies geschieht, wie aus den Anlagen K 6 und K 8 ersichtlich;

hilfsweise die auf den Internetseiten der Klägerin dargestellten Bewertungen über Zahnärzte im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs auf ihrer Internetseite anzuzeigen, ohne auf die Internetseite der Klägerin als Quelle hinzuweisen, wie aus den Anlagen K 6 und K 8 ersichtlich.

II.

Die Berufung ist zulässig und begründet.

1.
Mit ihrem Hauptantrag beanstandet die Klägerin eine Verletzung ihrer Rechte als Datenbankherstellerin aus §§ 87 a, 87 b, 97 Abs.1 UrhG. Der Antrag ist unbegründet, weil die der Beklagten vorgeworfenen Handlungen eine Verletzungshandlung gem. § 87 b UrhG nicht darstellen. Das ergibt sich schon auf der Grundlage des Vortrags der Klägerin. Einer Beweisaufnahme zu der bereits in erster Instanz aufgestellten Behauptung der Beklagten, sie habe die Bewertungsdaten nicht aus der Datenbank der Klägerin übernommen, sondern von den Patienten bzw. mit deren Einverständnis von den betroffenen Zahnärzten generiert, bedarf es daher nicht.

a)
Der Internetauftritt der Klägerin enthält eine Datenbank im Sinne des § 87 a Abs. 1 S. 1 UrhG, also eine „Sammlung von Werken, Daten oder anderen unabhängigen Elementen, die systematisch oder methodisch angeordnet und einzeln mit Hilfe elektronischer Mittel oder auf andere Weise zugänglich sind und deren Beschaffung, Überprüfung oder Darstellung eine nach Art oder Umfang wesentliche Investition erfordert“. Das von der Klägerin betriebene Bewertungssystem über Zahnarztleistungen stellt im Sinne der vorstehenden Legaldefinition eine Sammlung von Werken, Daten oder anderen unabhängigen Elementen dar, die systematisch oder methodisch angeordnet und einzeln mit Hilfe elektronischer Mittel oder auf andere Weise zugänglich sind. Das ergibt sich im Einzelnen aus den ab Seite 9 unter 1a) bis Seite 11 Mitte der angefochtenen Entscheidung zutreffend dargelegten Gründen, auf die der Senat zustimmend Bezug nimmt.

b)
Ebenso zutreffend hat die Kammer die gemäß § 87 a Abs. 1 UrhG erforderliche Wesentlichkeit der Investitionen zur Beschaffung, Überprüfung oder Darstellung der einzelnen Daten bejaht.

Investitionen im Sinne der Bestimmung sind die Aufwendungen für die Darstellungen des Datenbankinhaltes einschließlich insbesondere der Kosten für den Erwerb des hierfür erforderlichen Computerprogramms (vgl. Schricker-Vogel, Urheberrecht, 3. Auflage, § 87 a Rz. 29). Demgegenüber gehören die Kosten für die Generierung, also die Erhebung der Daten, die sodann in die Datensammlung eingestellt werden sollen, als Kosten für eine vorgelagerte Tätigkeit nicht zu den Investitionen gerade in die Datenbank, weil der Schutzzweck der §§ 87 a ff UrhG auf die Datenbank als solche und nicht ihren Inhalt gerichtet ist (EuGH GRUR 2005, 244 – „BHB Pferdewetten“; Schricker-Vogel, a.a.O. Rz. 28 ff.; Wandtke/Bullinger/Thum § 87 a Rz 28). Dementsprechend hat die Kammer die Kosten nicht berücksichtigt, die durch die Erhebung der Daten selbst entstanden sind (vgl. Seite 12 oben des Urteils).

Die zu stellenden quantitativen Anforderungen sind gering: Die Wesentlichkeitsschranke hat nach Auffassung von Thum (a.a.O. Rz 25) den Sinn, solche Datensammlungen herauszufiltern, die sich als ganz unbedeutende Zusammenstellung darstellen. Es sollen daher lediglich „Allerweltsinvestitionen“ in kleine Datenbanken nicht ausreichen (vgl. auch Vogel a.a.O. Rz 27). Für die Frage nach der Höhe der Anforderungen an Investitionen muss letztlich der Gesichtspunkt entscheidend sein, dass über das Kriterium der Wesentlichkeit der Investition ein angemessener Ausgleich geschaffen wird zwischen dem Datenbankschutz auf der einen und der Freiheit des Informationszugangs auf der anderen Seite (Dreier UrhG 2. Aufl. § 87 a Rz. 14). Ausgehend hiervon ist die Wesentlichkeit mit der Kammer zu bejahen.

Die Klägerin hat hierzu vorgetragen, sie habe mit der Erstellung, Betreuung und kontinuierlichen Weiterentwicklung der von ihr verwendeten Datenbanksoftware das Unternehmen Z. beauftragt. Allein für die Konzeption der Datenbank habe sie 20 Std. à 200,00 € (4.000,00 EUR) aufgewandt, anschließend seien etwa 5.000,00 EUR für Programmierung, Integration, Qualitätskontrolle etc. der Bewertungsbank aufgewendet worden. Es komme hinzu, dass die einzelnen eingehenden Anträge auf ihre Einstellungsfähigkeit überprüft werden müssen. Die Beklagte hat die Beauftragung des englischen Unternehmens bestritten und behauptet, das „Softwaregerüst“, in dem die Daten gespeichert würden, könne als „feeware“ kostenlos bezogen werden. Die individuelle Erstellung der Datenbanksoftware löse Kosten von 3.500,00 EUR bis 4.000,00 EUR aus. Der von der Beklagten eingeräumte Umfang, zu dem auch noch der durch die Kontrolle der eingehenden Daten auf ihre Berücksichtigungsfähigkeit entstehende Aufwand von nach Auffassung der Beklagten nur 5 – 10 Min/Tag gehört, belegt die Wesentlichkeit der Investitionen.

c)
Entgegen der Auffassung des Landgerichts hat die Beklagte mit der behaupteten Übernahme von Bewertungsdaten aus ihrer Datenbank ihre Rechte im Sinne des § 87 b Abs.1 UrhG nicht verletzt.

Nach Satz 1 dieser Bestimmung hat die Klägerin als Datenbankherstellerin das ausschließliche Recht, die Datenbank insgesamt u.a. zu vervielfältigen oder öffentlich wiederzugeben. In dieses Recht hat die Beklagte nicht eingegriffen, weil nicht die gesamte Datenbank von ihr übernommen worden ist.

§ 87 b Abs. 1 S. 1 UrhG erfasst aber auch einen „nach Art oder Umfang wesentlichen Teil der Datenbank“. Wann ein wesentlicher Teil im Sinne dieser Bestimmung vorliegt, lässt sich dem Wortlaut des Gesetzes nicht entnehmen. Nach der Rechtsprechung des EuGH (GRUR 05, 244, 250 – „BHB-Pferdewetten“) reicht eine Wesentlichkeit sowohl in quantitativer als auch in qualitativer Hinsicht aus. Unter beiden Gesichtspunkten ist indes nicht ein wesentlicher Teil der klägerischen Datenbank verbreitet oder öffentlich wiedergegeben worden.

In quantitativer Hinsicht ist allein auf das Verhältnis zwischen dem Umfang der in der Datenbank enthaltenen und der entnommenen Daten abzustellen (EuGH a.a.O. Rz. 69 f). Danach sind die Anforderungen nicht erfüllt. Das gilt auch dann, wenn man mit der Klägerin nicht nur die identisch, sondern auch die nur fast identisch angeblich übernommenen Daten zu Grunde legt. Es ergibt sich dann eine Gesamtsumme von (233 + 117 =) 350 Einträgen. Diese beziehen sich auf lediglich 12 Zahnärzte. Nach dem zweitinstanzlichen Vortrag der Klägerin, die in der Klageschrift noch eine Anzahl von 3.900 angegeben hatte, verfügt sie über 3.500 Bewertungsdaten und sind bei ihr etwa 800 Zahnärzte registriert. Damit hat die Beklagte nach diesem Vortrag der Klägerin 1/10 ihrer Bewertungsdaten übernommen und betreffen diese 1,5 % der bei ihr registrierten Zahnärzte. Schon auf der Grundlage dieser Zahlen ist nicht in quantitativer Hinsicht ein wesentlicher Teil der klägerischen Datenbank übernommen worden. Es kann daher offen bleiben, ob die Klägerin sich nicht an dem Vortrag in ihrer erstinstanzlichen Replik vom 5.11.2007 auf S. 14 festhalten lassen muss, wonach in ihrer Datenbank 6.000 Bewertungsdaten enthalten sind.

Auch im qualitativen Sinne ist der behauptete Eingriff in die klägerische Datenbank nicht im Rechtssinne wesentlich. In qualitativer Hinsicht bezieht sich die Wesentlichkeit „auf die Bedeutung der mit der Beschaffung, der Überprüfung oder der Darstellung des Inhalts des Gegenstands der Entnahme- und/oder Weiterverwendungshandlung verbundenen Investition unabhängig davon, ob dieser Gegenstand einen quantitativ wesentlichen Teil des allgemeinen Inhalts der geschützten Datenbank darstellt. Ein quantitativ geringfügiger Teil des Inhalts einer Datenbank kann, was die Beschaffung, die Überprüfung oder die Darstellung angeht, eine ganz erhebliche menschliche, technische oder finanzielle Investition erfordern“ (so EuGH a.a.O., Rz 71). Die Wesentlichkeitsgrenze ist danach jedenfalls dann überschritten, wenn sich in dem übernommenen Teil der Datenbank auch eine wesentliche Investition des Herstellers niederschlägt (vgl. Vogel a.a.O., Rz 14; Dreier Rz 7; ähnlich Möring/Nicolini/ Decker § 87 b Rz 7). Das ist hier nicht der Fall, weil die Beklagte, die bereits über eine Datenbank verfügte, nur die Daten selbst verwertet haben soll und deren Beschaffung, wie oben unter II 1 b dargelegt worden ist, nicht zu den im Sinne der §§ 87 a ff UrhG wertbildenden Investitionen gehören. Nach Auffassung von Vogel (a.a.O. Rz 13) ist bei der gebotenen Berücksichtigung der jeweiligen Umstände des Einzelfalls maßgeblich, ob die Amortisation der Datenbank beeinträchtigt wird. Auch das kann bei der bloßen Übernahme der Daten und nicht des Index und des Thesaurus, die die Struktur der Datenbank ausmachen, nicht angenommen werden. Die Beklagte soll lediglich einen in quantitativer Hinsicht nicht wesentlichen Teil der Daten übernommen haben. Das kann zwar nach der vorstehend wiedergegebenen Auffassung des EuGH einen qualitativ wesentlichen Eingriff darstellen, aber nur dann, wenn wie der EuGH formuliert hat, „die Beschaffung, die Überprüfung oder die Darstellung dieses Teils der Daten eine ganz erhebliche menschliche, technische oder finanzielle Investition erfordern“. Hieran fehlt es. Im übrigen würde das Erfordernis der Wesentlichkeit im Ergebnis unterlaufen, wollte man in der Übernahme eines quantitativ unwesentlichen Teils der Daten ohne weiteres einen relevanten Eingriff in qualitativer Hinsicht sehen.

Eine Verurteilung der Beklagten kann auch nicht mit der Kammer auf die letzte in Betracht kommende Alternative, nämlich § 87 b Abs. 1 S. 2 UrhG, gestützt werden. Danach reicht die Vervielfältigung oder öffentliche Wiedergabe von nach Art und Umfang unwesentlichen Teilen der Datenbank dann aus, wenn sie wiederholt und systematisch erfolgen und diese Handlungen einer normalen Auswertungen der Datenbank zuwider laufen oder die berechtigten Interessen des Datenbankherstellers unzumutbar beeinträchtigen.

Eine wiederholte und systematische Vervielfältigung ist allerdings schlüssig vorgetragen: Es steht die Übernahme der Bewertungsdaten über 12 Zahnärzte in Rede. Die Beklagte hat sich mit dem als Anlage K 4 vorgelegten Schreiben an die Zahnärzte gewandt und ihnen vorgeschlagen, ihre bei der Klägerin gespeicherten Bewertungen auf sie, die Beklagte, zu übertragen. Dieses Vorgehen belegt, dass die Übertragung nicht durch einen einmaligen Akt, sondern jeweils nach Eingang der positiven Antwort der Angeschriebenen erfolgt ist, was sich als wiederholte und systematische Vervielfältigung darstellt. Die beanstandete Auswertung läuft auch der normalen Auswertung der Datenbank zuwider. Die nach der Behauptung der Klägerin übernommenen Daten sind weiter Teil einer Datenbank, und nicht lediglich deren Elemente: Das Wesen der von der Klägerin errichteten Datenbank macht die Zuordnung der Bewertungen zu den einzelnen Zahnärzten aus. Sind deswegen – wie hier behauptet – die Bewertungsdaten sowie die Daten der bewerteten Zahnärzte übernommen worden, dann sind Teile der Datenbank übernommen worden.

Gleichwohl muss die Berufung Erfolg haben. Nach der Rechtsprechung des EuGH (a.a.O. Rz 86 ff, 89) setzt ein Verstoß gegen die § 87 b Abs.1 S. 2 UrhG entsprechende Regelung in Art. 7 Abs. 5 der Datenbankrichtlinie (96/9/EG) voraus, dass die entnommenen Daten in der Summe die Wesentlichkeitsgrenze überschreiten. Die Bestimmung hat in der auch für das Verständnis der harmonisierten Norm des § 87 b Abs. 1 S. 2 UrhG maßgeblichen Auslegung durch den EuGH – wie dieser a.a.O. Rz 86 ausdrücklich ausgeführt hat – nur das Ziel, eine Umgehung des Verbotes aus Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie, der § 87 b Abs. 1 S. 1 UrhG entspricht, zu verhindern. Eine Umgehung kommt aber nur in Frage, wenn auch die Wesentlichkeitsgrenze überschritten ist. Konsequenterweise hat der EuGH a.a.O. in RZ 89 zur Auslegung von Art. 7 Abs. 5 der Richtlinie wörtlich ausgeführt (Unterstreichungen nur hier):

„Somit sind mit ‚Handlungen …, die einer normalen Nutzung … (einer) Datenbank entgegenstehen oder die berechtigten Interessen des Herstellers der Datenbank unzumutbar beeinträchtigen‘, unzulässige Verhaltensweisen gemeint, die darauf gerichtet sind, durch die kumulative Wirkung von Entnahmehandlungen die Gesamtheit oder einen wesentlichen Teil des Inhalts der durch das Schutzrecht sui generis geschützten Datenbank wieder zu erstellen und/oder der Öffentlichkeit durch die kumulative Wirkung von Weiterverwendungshandlungen die Gesamtheit oder einen wesentlichen Teil des Inhalts einer Datenbank zur Verfügung zu stellen, und die dadurch die Investition der Person, die diese Datenbank erstellt hat, schwerwiegend beeinträchtigen.“

An diese von dem EuGH aus der Entstehungsgeschichte der Richtlinie hergeleiteten Auslegung sieht sich der Senat gebunden. Sie führt zur Abweisung der Klage, weil die Beklagte aus den dargelegten Gründen auch in der Summe keine Eingriffe vorgenommen hat, die in quantitativer oder qualitativer Hinsicht wesentliche Teile der Datenbank der Klägerin erfassen.

2.
Der Hilfsantrag hat ebenfalls keinen Erfolg.

a)
Durch die Einführung des Hilfsantrages hat die Klägerin im Berufungsverfahren die Klage erweitert. Die darin liegende Klageänderung ist gem. § 533 ZPO zulässig. Die Beklage hat sich hierzu auf eine Verhandlung eingelassen und so gem. §§ 267, 525 ZPO in die Klageänderung eingewilligt (§ 533 Ziff. 1 ZPO). Zudem wird der Hilfsantrag auf Tatsachen gestützt, die der Senat ohnehin gem. § 529 ZPO seiner Entscheidung zugrunde zu legen hat (§ 533 Ziff. 1 ZPO).

b)
Die mit dem Hilfsantrag geltend gemachten wettbewerbsrechtlichen Ansprüche bestehen sämtlich nicht.

aa)
Die Klägerin rügt einen Verstoß gegen §§ 3, 4 Nr. 9 a UWG mit der Begründung, die Quellenangabe „Patientenbefragung – geprüft durch Arzt und Betreiber“ führe zu vermeidbaren Herkunftstäuschungen. Es fehlt indes bereits an der für einen Schutz aus ergänzendem wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutz erforderlichen (vgl. nur Hefermehl/Köhler/Bornkamm UWG, 26. Aufl., § 4 Rz 9.24 m.w.N.) wettbewerblichen Eigenart der von der Klägerin unterhaltenen Datenbank. Die Idee, Zahnarztpatienten eine Plattform anzubieten, über die sie günstigere Kostenpläne für eine erforderliche Behandlung erhalten und auf denen sie die bei einem gewählten Zahnarzt erfahrene Behandlung bewerten können, ist als solche frei und nicht schutzfähig. Dass die Datenbank der Klägerin mit Besonderheiten ausgestattet wäre, die für den Nutzer auf einen bestimmten Betreiber hindeuten, ist weder vorgetragen, noch ersichtlich. Das gilt auch für die einzelnen von der Datenbank der Klägerin abrufbaren Daten.

bb)
Ohne Erfolg stützt sich die Klägerin auf §§ 3, 4 Nr. 10 UWG mit der Begründung, die Beklagte erlange einen Wettbewerbsvorteil, weil die Zahl der Bewertungen für den Betreiber der Datenbanken von hoher Bedeutung sei. Mit dieser Begründung kann eine gezielte Behinderung nicht dargelegt werden. Eine gewisse Behinderung ist dem Wettbewerb immanent. Eine als gezielte Behinderung unlautere Wettbewerbshandlung liegt nur dann vor, wenn bei objektiver Würdigung aller Umstände die Maßnahme in erster Linie nicht auf die Förderung der eigenen wettbewerblichen Entfaltung, sondern auf die Störung der fremden wettbewerblichen Entfaltung gerichtet ist (vgl. BGH WRP 07, 951 Rz 22 – „Außendienstmitarbeiter“; WRP 05, 881, 884 – „The colour of Elégance“). Daran fehlt es. Es geht der Beklagten auch auf der Grundlage des Klägervortrages in erster Linie um ein Partizipieren an den von ihr gesammelten Daten, und nicht darum, sie an der Verwertung ihrer Datenbank zu hindern.

cc)
Schließlich ist der Hilfsantrag auch nicht aus §§ 3, 5, 8 Abs. 1 Abs. 3 Nr. 1 UWG begründet. Es kommt allerdings in Betracht, dass einzelne Nutzer wegen der vorstehend unter aa) zitierten Quellenangabe irrig annehmen könnten, die Patientenbefragung sei durch die Beklagte geprüft. Indes kann ohne jeglichen Vortrag der Klägerin, die den Streitgegenstand der Irreführung selbst nicht in das Verfahren eingebracht hat, nicht festgestellt werden, worin eine etwaige wettbewerbliche Relevanz dieses Irrtums liegen könnte. Insbesondere ergibt sich aus dem Vortrag der Klägerin nicht, dass die Daten tatsächlich unrichtig erfasst wären.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs.1 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr.10, 711 ZPO.

Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor. Die der Entscheidung zugrundeliegenden Rechtsfragen sind durch den EuGH geklärt. Das gilt auch für die Frage der Auslegung von § 87 b Abs. 1 S. 2 UrhG Die Anwendung dieser Rechtsfragen auf den vorliegenden Einzelfall hat nicht im Sinne des § 543 Abs. 2 Ziff. 1 ZPO grundsätzliche Bedeutung. Ebenso ist aus diesem Grunde eine Entscheidung des Bundesgerichtshofes weder zur Fortbildung des Rechts noch zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich (§ 543 Abs. 2 Ziff. 2 ZPO).

Streitwert für das Berufungsverfahren: 50.000 EUR.

I