OLG Köln, Urteil vom 07.09.2012, Az. 6 U 86/12
§ 5a Abs. 2 und Abs. 3 Nr. 2 UWG
Das OLG Köln hat entschieden, dass es bei der Angabe der Identität eines Unternehmens in einer Zeitungswerbung nicht schädlich ist, wenn der Rechtsformzusatz e.K. fehlt. Es komme darauf an, dass das Unernehmen seine Identität nicht verschleiere und für den Verbraucher ohne Umschweife zu kontaktieren sei. Abkürzende und von der im Handelsregister verzeichneten vollständigen Firma abweichende Unternehmensbezeichnungen seien dabei unschädlich, wenn an der Identität des Unternehmens kein Zweifel bestehe. Zum Volltext der Entscheidung:
Oberlandesgericht Köln
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das am 19.04.2012 verkündete Urteil der 31. Zivilkammer des Landgerichts Köln – 31 O 633/11 – wird zurückgewiesen.
Die weiteren Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zu tragen.
Dieses Urteil und das Urteil des Landgerichts sind vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I.
Der Beklagte betreibt einen Einzelhandel mit Elektro- und Elektronikgeräten in M.. Der klagende Wettbewerbsverband nimmt ihn nach einer Zeitungswerbung vom 14.09.2011 (Anlage 2, in Hülle Bl. 8 d.A.), in der das anbietende Unternehmen (unter Angabe von Postanschrift, Telefon- und Faxnummer) mit „Y XXL U.“ bezeichnet wurde, auf Unterlassung in Anspruch, weil er diese Identitätsangabe ohne den Rechtsformzusatz „e.K.“ für unzureichend hält. Mit dem angefochtenen Urteil, auf das Bezug genommen wird, hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Im Berufungsrechtszug verfolgt der Kläger seinen an der konkreten Verletzungsform orientierten erstinstanzlichen Klageantrag weiter. Er vertieft unter Hinweis auf die englische und französische Sprachfassung der Regelung in Art. 7 Abs. 4 lit. b der Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken sowie Entscheidungen der Oberlandesgerichte Hamm, München und Hamburg seinen Standpunkt, dass bei einer als Aufforderung zum Kauf anzusehenden Werbung stets der volle Handelsname, also die zwingend einen Rechtsformzusatz enthaltende Firma des anbietenden Unternehmens angegeben werden müsse. Der Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil.
II.
Die zulässige Berufung bleibt in der Sache ohne Erfolg. Der Senat teilt die eingehend begründete Auffassung des Landgerichts, dass eine unlautere geschäftliche Handlung des Beklagten gemäß § 5a Abs. 2 und Abs. 3 Nr. 2 UWG – des einzigen als Grundlage für das Unterlassungsbegehren des Klägers in Betracht kommenden Unlauterkeitstatbestandes – unter den Umständen des Streitfalles nicht festgestellt werden kann.
Zu Recht hat das Landgericht in der streitbefangenen Werbung für näher spezifizierte Waren allerdings eine Aufforderung zum Kauf (§ 5a Abs. 3 UWG) gesehen, bei der das werbende Unternehmen unter anderem (Nr. 2) zu Angaben über seine Identität verpflichtet ist. Welche identifizierenden Angaben im Rahmen dieser (Art. 7 Abs. 4 der Richtlinie 2005/29/EG in nationales Recht umsetzenden) Vorschrift gemacht werden müssen, bedarf indessen der Bewertung im Einzelfall unter Berücksichtigung aller tatsächlichen Umstände einschließlich der Art des verwendeten Kommunikationsmediums und der anderweitigen Erreichbarkeit ergänzender Informationen (vgl. EuGH, GRUR 2011, 930 – Ving Sverige AB [Rn. 51, 53 f.]; Senat, Beschluss vom 09.01.2012 – 6 W 3/12).
Entscheidend ist, ob der Werbetreibende seine Identität verschleiert oder sich die Identifizierung des Unternehmens hinreichend aus den Umständen ergibt, so dass der Verbraucher ohne Schwierigkeiten Kontakt mit ihm aufnehmen kann (Senat, a.a.O.; vgl. Götting / A. Nordemann, UWG, § 5a Rn. 140 f.; Köhler / Bornkamm, UWG, 30. Aufl., § 5a Rn. 33). Abkürzende und von der im Handelsregister verzeichneten vollständigen Firma abweichende Unternehmensbezeichnungen sind unschädlich, wenn an der Identität des Unternehmens kein Zweifel besteht (vgl. zu diesem Kriterium bei der Parteibezeichnung im Zivilprozess BGH, NJW-RR 2008, 582; Zöller / Vollkommer, ZPO, 29. Auflage, vor § 50 Rn. 7 m.w.N.). Den Verbrauchern Auskunft über Gesellschafts- oder Haftungsverhältnisse beim Anbietenden zu geben, ist nicht Aufgabe der Identitätsangabe. Etwas anderes folgt nicht etwa aus der Erwähnung des Handelsnamens in Art. 7 Abs. 4 lit. b der Richtlinie; denn diese ist – wie zumal die französische Fassung („l’identité du professionnel, par exemple sa raison sociale“) deutlich macht – beispielhaft zu verstehen und schreibt nicht die genaue, dem Handelsregister entsprechende Wiedergabe der Firma einschließlich eines Rechtsformzusatzes wie „e.K.“ verbindlich vor, sofern es dessen im Einzelfall nicht bedarf, um das anbietende Unternehmen eindeutig zu identifizieren.
So liegt es hier: An der Identität des unter der angegebenen Adresse ansässigen Unternehmens sind unter den konkreten Umständen des Streitfalles begründete Zweifel nicht ersichtlich. Dass der Beklagte wegen fehlender Angabe des Rechtsformzusatzes „e.K.“ mit einem anderen tatsächlich existierenden Unternehmen verwechselt werden könnte, legt der Kläger selbst nicht nachvollziehbar dar; aus dem Umstand, dass der auf den bürgerlichen Namen des Inhabers zurückgehende Firmenbestandteil „U.“ dem Namen eines nahe gelegenen anderen Ortsteils der Gemeinde M. entspricht, folgt nichts anderes.
Soweit das Oberlandesgericht Hamm im Anschluss an die Kommentierung von Peifer (in: Fezer, UWG, 2. Aufl., § 5a Rn. 50) mit Beschlüssen vom 11.08.2011 – 4 W 66/11 – (Anlage 9, Bl. 124 ff. d.A.) sowie vom 13.10.2011 – 4 W 84/11 – (Anlage 10, Bl. 127 ff. d.A.) und ihm folgend das Oberlandesgericht München mit (Protokoll-)Urteil vom 20.10.2011 – 29 U 2357/11 – (Anlage 8, Bl. 119 ff. d.A.) sowie das Oberlandesgericht Hamburg mit Beschluss vom 20.10.2011 – 5 W 134/11 – (MD 2012, 55 f. = Anlage 11, Bl. 132 f. d.A.) ausgesprochen haben, dass bei einer Aufforderung zum Kauf durch ein Handelsunternehmen in jedem Fall immer dessen vollständige Firma und die Rechtsform angegeben werden müssten, lagen dem Fallgestaltungen zu Grunde, in denen auch die Angabe der Adresse unzureichend war, so dass insgesamt keine zweifelsfreie Identifizierung des betreffenden Unternehmens möglich war, sondern Verwechslungen drohten oder die Zustellung von für den Anbieter bestimmten Schreiben weitere Ermittlungen erfordert hätte (weitergehend nunmehr: OLG Hamm, Urteil vom 12.06.2012 – 4 U 41/12 – auf S. 11 f. der Urteilsabschrift). Solche Umstände liegen im Streitfall nicht vor. Die vom Senat mit dem Landgericht für die hier gegebene Konstellation vertretene Auffassung erscheint vor diesem Hintergrund nicht schlechthin unvereinbar mit derjenigen der Oberlandesgerichte Hamm, München und Hamburg in den von ihnen entschiedenen Fällen. Gleichwohl hat der Senat entsprechend der Anregung des Klägers die Revision zugelassen, weil angesichts der allgemein gehaltenen Begründung jener Judikate zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung, jedenfalls aber zur Aufstellung von Leitsätzen für die Anwendung des § 5a Abs. 3 Nr. 2 UWG und damit zur Fortbildung des Rechts hinreichender Anlass für eine Entscheidung des Revisionsgerichts besteht.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Vorinstanz:
LG Köln, Az. 31 O 633/11