OLG Köln, Urteil vom 05.11.2010, Az. 6 U 67/10
§ 37 HGB
Das OLG Köln hat entschieden, dass eine Firma („X G GmbH & Co. KG“) im Rechtsverkehr eine auf sie eingetragene Marke als Firmenschlagwort benutzen darf, wenn die Art und Weise der Benutzung nicht den Verkehr zu der Annahme verleitet, es handele sich um die vollständige Firmierung. Dies sei auch bei Angabe der Marke zusammen mit Adresse und Kontaktdaten (Telefon, E-Mail) dann nicht der Fall, wenn die Markenbezeichnung in Fettdruck, Großbuchstaben und in einer im Vergleich zum sonstigen Text deutlich größeren Schrift präsentiert werde und an der Markenbezeichnung ein grafisches Element angebracht sei. Da Firmenbezeichnungen nur aus Worten bestünden, könne durch die grafische Gestaltung nicht der irrige Eindruck der vollständigen Bezeichnung entstehen. Zum Volltext der Entscheidung:
Oberlandesgericht Köln
Urteil
1.)
Die Berufung der Klägerin gegen das am 23.3.2010 verkündete Urteil der 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Köln – 81 O 205/09 – wird zurückgewiesen.
2.)
Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.
3.)
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin kann jedoch die Vollstreckung des Kostenerstattungsanspruches durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Voll-streckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.
4.)
Die Revision wird nicht zugelassen.
Begründung
I.
Die Parteien stehen sich als Anbieter von Schiefer-Produkten, insbesondere Dachabdeckungen, gegenüber. Zu Gunsten der Beklagten ist die Wortmarke „PARDUR“ eingetragen. Die Klägerin beanstandet, dass die Beklagte in insgesamt fünf konkreten Verletzungsformen nicht ihre vollständige Firmierung („X G GmbH & Co. KG“) verwende, und sieht darin Verstöße in erster Linie gegen § 37 HGB, aber auch gegen §§ 3, 5 UWG.
Die Kammer hat der Klage hinsichtlich zweier Angriffe stattgegeben und sie im Übrigen abgewiesen. Soweit die Klage abgewiesen worden ist, verfolgt die Klägerin ihre erstinstanzlichen Klageanträge im Berufungsverfahren weiter. Die Beklagte verteidigt diesbezüglich das angefochtene Urteil.
II.
Die zulässige Berufung bleibt in der Sache ohne Erfolg. Soweit die Klage durch das angefochtene Urteil abgewiesen worden ist, bestehen die geltend gemachten Ansprüche weder aus § 37 Abs. 1 und 2 HGB, noch aus wettbewerbsrechtlichen Bestimmungen.
1.
Nach § 37 Abs. 1 HGB ist es untersagt, eine dem Verwender nicht zustehende Firma zu gebrauchen. Ein Firmengebrauch im Sinne dieser Vorschrift liegt in jeder Handlung, die als Willenskundgebung des Geschäftsinhabers zu verstehen ist, sich der verwendeten Bezeichnung als des eigenen Handelsnamens, also firmenmäßig, zu bedienen (BGH NJW 1991, 2023 f.). Hierzu kommt es maßgeblich auf die Verkehrsauffassung an. Ein firmenmäßiger Gebrauch liegt danach insbesondere dann vor, wenn die Bezeichnung bei geschäftsmäßigen Handlungen verwendet wird, bei denen der Verkehr die vollständige Angabe des Geschäftsinhabers erwartet. Hieraus folgt, dass sich die Vorschrift nicht generell gegen jegliche Verwendung von Firmenabkürzungen oder Firmenschlagworten richtet, die im Gegenteil sogar unter dem Schutz der §§ 5, 15 MarkenG stehen (vgl. nur Hacker in Ströbele/Hacker, MarkenG, 9. Aufl., § 5 Rz. 21 ff.; Ingerl/Rohnke, MarkenG, 3. Aufl., § 5, Rz. 23 ff.; Eisfeld in HK-Markenrecht, 2. Aufl., § 5 Rz. 28). Untersagt ist die Verwendung einer der Firmierung nicht entsprechenden Bezeichnung vielmehr nur dann, wenn durch sie der unzutreffende Eindruck erweckt wird, es handele sich bei jener Bezeichnung um die (vollständige) Firmierung (vgl. näher BGH a.a.O.). Dieser Eindruck wird indes in keiner der drei von dem Berufungsgericht noch zu beurteilenden Verletzungsformen hervorgerufen. Das ergibt sich bereits aus der sorgfältig differenzierenden und zutreffenden Begründung der Kammer, die lediglich im Hinblick auf das Berufungsvorbringen der Klägerin um die nachfolgenden Erwägungen zu ergänzen ist:
In allen drei noch zur Entscheidung anstehenden Verletzungsformen verwendet die Beklagte die Markenbezeichnung „PARDUR“ und gibt zusätzlich zumindest ihre Adresse und Telefon- und Faxnummer an. Der Klägerin ist einzuräumen, dass die Verbindung der angegriffenen Bezeichnung mit der postalischen Adresse, der Angabe der Telefon- und Faxnummer sowie zusätzlich (was den Briefbogen und die Preisliste betrifft) der Internetdomain und der E-Mailadresse zu dem Eindruck beitragen kann, hier stelle sich das Unternehmen der Beklagten vollständig vor. Bei der gebotenen Berücksichtigung der Einzelheiten der jeweiligen vollständigen Ausgestaltung der im Berufungsverfahren beanstandeten Angaben entsteht dieser Eindruck tatsächlich jedoch nicht.
Dem geschäftlichen Verkehr ist die Verwendung von Firmenabkürzungen bzw. Firmenschlagwörtern oder auch gängiger Marken des Unternehmens durchaus geläufig. So wird eine grafische, insbesondere blickfangmäßige Hervorhebung der Bezeichnung nach Auffassung des Verkehrs gegen die Annahme sprechen, ihm werde hiermit die vollständige Firmierung präsentiert. Bereits die Angabe „PARDUR“ in Fettdruck, Großbuchstaben und im Vergleich zum sonstigen Text (deutlich) größeren Schrifttypen steht daher hinsichtlich aller drei noch zur Entscheidung anstehenden Angaben der Auffassung der Klägerin entgegen. Es kommt hinzu, dass vor der so besonders hervorgehobenen Angabe „PARDUR“ ein grafisches Element angebracht ist. Auch dieses Element spricht gegen die Annahme, es könnte sich bei dieser Bezeichnung um die vollständige Firma des so im Geschäftsleben auftretenden Unternehmens handeln: Gemäß § 18 Abs. 1 HGB muss die Firma zur Kennzeichnung des Kaufmannes geeignet sein und Unterscheidungskraft besitzen. Das Zeichen darf insbesondere Bildelemente nicht enthalten (vgl. Hopt, HGB, 33. Aufl., § 18 Rz. 4). Vielmehr muss die Firma, die den Namen des Kaufmanns darstellt (§ 17 Abs. 1 HGB), wie andere Namen auch ausschließlich aus Worten bestehen. Dementsprechend begegnen dem Verkehr auch keine Firmierungen, die – zusätzlich zu ihren Wortelementen – irgendwelche grafischen Elemente enthalten. Die Klage könnte danach nur Erfolg haben, wenn der Verkehr das grafische, aus einem liegenden Rechteck und darauf angebrachten zwei Quadraten bestehende Element vor der Angabe „PARDUR“ als nicht zu dem Zeichen gehörig ansähe. Das kann aber angesichts des unmittelbaren räumlichen Zusammenhanges nicht angenommen werden. Spricht damit auch jenes grafische Element deutlich gegen die Annahme, der Verkehr könnte die Bezeichnung als vollständige Angabe der Firma der Beklagten verstehen, so kommen hinsichtlich der drei unterschiedlichen Verletzungsformen noch folgende Gesichtspunkte hinzu:
a)
Briefbogen „PARDUR Schiefer“ (Berufungsantrag zu 2 = Klageantrag zu 4).
Gegenstand dieses Antrages ist der in dem angefochtenen Urteil auf Seite 6 wiedergegebene Briefbogen. Auf diesem Briefbogen findet der Verkehr oben rechts die streitgegenständliche Angabe „PARDUR Schiefer“. Zu Unrecht leitet die Klägerin aus der zusätzlichen Angabe der postalischen Anschrift, der Telefon- und Faxnummer sowie der E-Mailadresse und des Internetauftrittes der Beklagten ab, der Adressat werde die Angabe als vollständige Firmierung ansehen. Spricht dagegen schon die erwähnte grafische Darstellung sowie die grafische Hervorhebung der Bezeichnung „PARDUR“, so kommt hinzu, dass der Verkehr links neben den streitgegenständlichen Angaben eine Zeile findet, in der die Firmierung vollständig richtig enthalten ist. Es trifft zwar zu, dass diese Zeile besonders kleingeschrieben ist, das mindert ihre Bedeutung aber nicht: Die Zeile ist so angebracht, dass sie bei üblicher Faltung des Geschäftspapiers in Fensterbriefumschlägen als Angabe des Absenders sichtbar bleibt. Diese Funktion ist allgemein bekannt, ebenso ist bekannt, dass aus diesem Grunde die Schriftzeile besonders klein gedruckt sein muss. In diesen Zeilen erwartet der Adressat die vollständige Firmierung des Absenders. Der Verkehr, der sich für die Frage der Firmierung interessiert, wird deswegen auch auf diese Zeile achten und so erkennen, wie die Firmierung zutreffend lautet. Die Auffassung der Klägerin, es handele sich – was sogar offensichtlich sei – „exakt um dieselbe Darstellung wie bei den (von dem Landgericht) verbotenen beiden Verletzungsformen“ ist danach unzutreffend.
Es kann auch nicht mit der Klägerin angenommen werden, die Sichtweise des Verkehrs sei deswegen eine andere, weil dieser durch die übrigen Verwendungsformen der Bezeichnung „PARDUR Schiefer“ an diese Bezeichnung gewöhnt sei. Abgesehen davon, dass eine der hierzu herangezogenen Verletzungsformen der Beklagten von dem Landgericht rechtskräftig untersagt worden ist, vermag dieser Gesichtspunkt der Klage auch deswegen nicht zum Erfolg zu verhelfen, weil dem Verkehr bekannt ist, dass Kaufleute – und zwar nicht selten – neben ihrer vollständigen Firmierung auch Abkürzungen und Firmenschlagworte verwenden. Aus diesem Grunde kann schließlich auch der Auffassung der Klägerin nicht gefolgt werden, der Verkehr werde trotz der erwähnten Adresszeile annehmen, die Gesamtfirmierung laute „PARDUR Schiefer X G GmbH & Co. KG“.
b)
Preisliste „PARDUR Schiefer“ (Berufungsantrag zu 1 = Klageantrag zu 5).
Die Klägerin beanstandet zunächst zu Unrecht, die Kammer habe nicht berücksichtigt, dass es sich um eine Angabe in einer mehrseitigen Broschüre handele, die – was erstinstanzlich noch nicht geschehen war – als Anlage W 3 vollständig vorgelegt werde. Die Klägerin hatte mit dem Klageantrag zu 5, wie er auf Seite 7 der angefochtenen Entscheidung wiedergegeben ist, genau diejenige Gestaltung zum Gegenstand des Antrages gemacht, die das Landgericht – zutreffend – seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat. Überdies hat die Klägerin diesen Antrag auch unverändert im Berufungsverfahren gestellt. Streitgegenstand ist damit gerade nicht der komplette Prospekt, sondern ausschließlich dessen Rückseite. Die Gestaltung der Rückseite der Preisliste stellt indes einen Verstoß gegen § 37 HGB ebenfalls nicht dar.
Dort findet der Interessent im oberen Bereich – hervorgehoben und kombiniert mit der beschriebenen Grafik – erneut die Bezeichnung „PARDUR Schiefer“. Ein Hinweis darauf, dass diese isoliert und damit für sich zu nehmende Angabe mehr als ein Firmenschlagwort oder die Wiedergabe einer Marke sein könnte, ergibt sich für den Verkehr nicht.
Erfolglos bleibt der Angriff der Berufung auch, soweit er sich gegen die Bezeichnung „PARDUR Schiefer“ in den kleingedruckten Zeilen im unteren Bereich der Seite richtet. Dort heißt es – und zwar durchgängig in Fettdruck – „PARDUR Schiefer X G GmbH & Co. KG“. Die Angabe ist mit den oben bereits angesprochenen Daten der Individualisierung der Beklagten (Adresse, Telefonnummer etc.) verbunden. Bei dieser Aufmachung kommt es – das ist der Klägerin einzuräumen – auf den ersten Blick tatsächlich in Betracht, dass der Verkehr die Gesamtbezeichnung wie sie vorstehend zitiert ist, als die vollständige und damit eben unzutreffende Firmierung ansehen könnte. Gleichwohl ist die Klage auch zu diesem Punkt zu Recht abgewiesen worden. In der angegriffenen Bezeichnung findet sich zwischen den Worten „Schiefer“ und „X“ eine kleine Grafik in Form eines Quadrates. Durch die so getroffene Abgrenzung erkennt der Verkehr eine Zäsur, die zum Ausdruck bringt, dass die ersten beiden Worte („PARDUR Schiefer“) nicht zur Firmierung gehören: Es handelt sich bei der dem Quadrat folgenden Bezeichnung um eine ganz typische Firmierung, bestehend aus einem bürgerlichen Namen (X G) und der Angabe der Gesellschaftsform. Das erkennt der Verkehr. Es kann auch nicht eingewandt werden, das Quadrat sei zu klein, um wahrgenommen zu werden. Das Quadrat ist nämlich nicht kleiner gehalten als die übrige gesamte Schriftzeile. Derjenige, der sich überhaupt die Mühe macht, auf diese im unteren Bereich der Rückseite der Preisliste wie ein Impressum gemachten Angaben zu achten, wird auch dieses Quadrat wahrnehmen und seine Funktion erkennen. Es kommt der schon angeführte Gesichtspunkt auch hier hinzu, dass der Verkehr – weil dies gesetzlich nicht zulässig ist – grafische Elemente als Bestandteile einer Firma nicht kennt.
c)
Schrumpffolienaufdruck (Berufungsantrag zu 3 = Klageantrag zu 3).
Auf der Schrumpffolienverpackung, wie sie als Seite 5 in die angefochtene Entscheidung eingeblendet ist, findet der Adressat die auch hier streitgegenständliche Angabe „PARDUR Schiefer“, mit dem schon beschriebenen grafischen Element und unmittelbar darunter die Angabe der Anschrift sowie die Telefon- und Faxnummer der Beklagten. Auch hierzu trifft die Auffassung der Kammer zu, die berücksichtigt hat, dass die Verbindung dieser Angaben im Ausgangspunkt den Schluss darauf nahelegen könne, es handele sich um die vollständige Firmierung, die aber weiter angenommen hat, der Verkehr erwarte von solchen Aufdrucken auf der Schrumpffolie nicht die Angabe einer vollständigen Firmierung.
Insoweit ist der Klägerin zuzustimmen, dass die Schieferplatten, die darauf ausgelegt sind, über Jahrzehnte auf dem Dach den Witterungen standzuhalten, keinen besonderen Schutz gegen Witterung durch die Folie benötigen. Darauf kommt es aber nicht an. Maßgeblich ist allein, ob der Verkehr annimmt, es handele sich um die vollständige Firmierung. Der gewerbliche Abnehmer ist damit vertraut, dass die gelieferten Schieferplatten (mag dies auch zum Schutz gegen Witterung nicht erforderlich sein) mit einer Schrumpffolie verpackt sind und sich auf dieser Folie Angaben über den Hersteller finden. Der Abnehmer, der so mit der Ware konfrontiert wird, wird sich im Einzelfall dafür interessieren, wer der Lieferant ist und insbesondere, wie er wegen etwaiger Rückfragen schnell Kontakt mit diesem aufnehmen kann. Nicht von Bedeutung ist in dieser Situation die vollständige Firmierung, die für die kaufmännische Abwicklung des Geschäftes, insbesondere die Buchhaltung, benötigt werden mag, aber im Rahmen der Lieferung keine besondere Bedeutung hat und deswegen vom Verkehr auf der Folie auch nicht erwartet wird. Der Abnehmer wird die beanstandete Kennzeichnung daher so auffassen, wie sie gemeint ist: nämlich als Schlagwort für die Beklagte mit dem ergänzenden Hinweis, wie diese schnell erreicht werden kann.
2.
Kann die Klage damit nicht mit Erfolg auf § 37 HGB gestützt werden, so scheiden auch wettbewerbsrechtliche Ansprüche aus §§ 3, 5, 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 1 UWG aus. Das bedarf keiner weiteren Begründung, weil die Klägerin die in Anspruch genommene Irreführungsgefahr aus denselben Gründen herleiten will, die sie – aus den vorstehenden Gründen ohne Erfolg – für den angenommenen Anspruch aus § 37 Abs. 1 und 2 anführt.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs.1 ZPO.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr.10, 711 ZPO.
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision gem. § 543 ZPO liegen nicht vor, der Senat wendet höchstrichterlich geklärte Rechtsgrundsätze auf den vorliegenden Einzelfall an.
Streitwert für das Berufungsverfahren: 60.000 €.
Vorinstanz:
LG Köln, Az. 81 O 205/09