OLG Köln: Wer im einstweiligen Rechtsschutz die Berufungsfrist (verlängert und dann) voll ausnutzt, torpediert die Dringlichkeit seines Antrags

veröffentlicht am 6. Februar 2012

Rechtsanwalt Dr. Ole DammOLG Köln, Beschluss vom 19.01.2012, Az. 15 U 195/11
§ 935 ZPO, § 940 ZPO

Das OLG Köln hat entschieden, dass die volle Ausnutzung der bereits verlängerten Berufungsfrist gegen die für den Erlass einer beantragten einstweiligen Verfügung vorausgesetzte Dringlichkeit spricht. Zum Volltext der Entscheidung:

Oberlandesgericht Köln

Beschluss

In dem Rechtsstreit

gegen

hat der 15. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln am 19.01.2012 durch… beschlossen:

Der Senat weist die Parteien darauf hin, dass beabsichtigt ist, die Berufung gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil er einstimmig davon überzeugt ist, dass die Berufung nach dem Vorbringen in der Berufungsbegründung aus den zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, die Sache keine grundsätzliche Bedeutung hat, eine Entscheidung zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung nicht erforderlich ist und eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.

Dem Kläger wird Gelegenheit gegeben, bis zum 18.2.2012 nach Zugang dieses Beschlusses, zu den Hinweisen Stellung zu nehmen und mitzuteilen, ob die Berufung aus Kostengründen zurückgenommen wird.

Gründe

Nachdem das Landgericht die zunächst im Beschlusswege erlassene einstweilige Verfügung auf den Widerspruch der Beklagten aufgehoben und den Antrag auf Erlass zurückgewiesen hat, verfolgt der Kläger seinen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung im Wege der Berufung weiter. Die Berufung wurde nach antragsgemäßer Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist um einen Monat am letzten Tag der verlängerten Frist begründet.

Angesichts dieses Zeitablaufs sieht der Senat nicht (mehr) die für den Erlass der beantragten einstweiligen Verfügung vorausgesetzte Dringlichkeit. Es ist anerkannt, dass eine zunächst bestehende Eilbedürftigkeit durch prozessuales Verhalten der antragenden Partei entfallen kann, sog. „Selbstwiderlegung der Dringlichkeit„. Dies wird u. a. dann angenommen, wenn die Berufungsbegründungsfrist um einen Monat verlängert und voll ausgeschöpft wird (KG MDR 2009, 888; Schuschke-Walker, Rn. 93 vor § 935; § 935 Rn. 18; Thomas-Putzo, § 940 Rn. 5; Götting-Schertz-Seitz, Handbuch des Persönlichkeitsrechts, § 55 Rn. 65; jew. m.w.N.).

Der Senat hält diese Auffassung für zutreffend, weil – sofern keine außergewöhnlichen Umstände, die vorliegend nicht ersichtlich sind, vorliegen – derjenige, der ein Eilverfahren nicht mit Nachdruck betreibt, in der Regel dadurch dokumentiert, dass die begehrte Regelung für ihn in Wahrheit doch nicht so dringlich ist.

Auf den Hinweisbeschluss hingewiesen hatte der Kollege Prof. Schweitzer.

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