OLG München, Urteil vom 21.09.2006, Az. 29 U 2119/06
§ 97 Abs. 1 UrhG, § 101a UrhG, § 812 Abs. 1 S.1, § 818 Abs. 2 BGB
Das OLG München hat in der vorliegenden Entscheidung in einem Nebensatz bestätigt, dass bei einer Auskunftsverpflichtung auch eine sog. Negativauskunft erteilt werden könne, also eine Auskunft, dass man zu dem jeweiligen Sachverhalt keine Auskunft erteilten kann. Zitat: „Die Beklagte hat in der Berufungsbegründung vom 20.04.2006, S. 32 dargetan, dass sie schon deshalb keine Auskunft über Lieferanten und andere Vorbesitzer erteilen könne, weil sie lediglich eine technische Infrastruktur für die Veröffentlichung von Verkaufsangeboten bereitstelle; damit hat die Beklagte der Sache nach eine Negativauskunft erteilt, nämlich dass sie über Namen und Anschriften von Herstellern, Lieferanten, anderen Vorbesitzern und gewerblichen Auftraggebern, die nicht mit den Anbietern personenidentisch sind, nichts weiß.“ Zum Volltext der Entscheidung:
Oberlandesgericht München
Urteil
In dem Rechtsstreit
…
gegen
…
hat der 29. Zivilsenat des Oberlandesgerichts München durch … aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 03.08.2006 für Recht erkannt:
1.
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts München I vom 11.01.2006 teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
I.
Der Beklagten wird es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 EUR, an dessen Stelle im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ordnungshaft bis zu sechs Monaten tritt, oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfall bis zu zwei Jahren, die Ordnungshaft zu vollziehen an den Mitgliedern des Verwaltungsrats der Beklagten, verboten, an der Verbreitung deutscher Übersetzungen von lateinischen Texten aus dem Lehrbuch „Cu. Co., Texte und Übungen, Latein, Ausgabe A“ (ISBN: 3-486-876…) im Internet unter der Domain-Adresse „www.e…de“ mitzuwirken, wenn dies geschieht wie durch die Anbieter „3…“, „j..“ oder „l.“ gemäß den nachstehend wiedergegebenen Internetausdrucken aus den Anlagen K 22, K 23 und K 26.
[im Original folgen 22 Seiten Internetausdrucke von Kaufangeboten der vorgenannten Werke]
II.
Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin für die Zeit ab 12.07.2005 Auskunft zu erteilen über Namen und Anschriften der Anbieter der Übersetzungen gemäß vorstehender Ziffer I. sowie über die Zeitdauer und den Umfang des Angebots der Übersetzungen gemäß vorstehender Ziffer I.
III.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
IV.
Von den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens haben die Klägerin 1/5 und die Beklagte 4/5 zu tragen.
2.
Im Übrigen wird die Berufung der Beklagten zurückgewiesen.
3.
Die Anschlussberufung der Klägerin wird zurückgewiesen.
4.
Von den Kosten des Berufungsverfahrens haben die Klägerin 9/25 und die Beklagte 16/25 zu tragen.
5.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung in der Hauptsache abwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe von 30.000,– €, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Jede Partei kann die Vollstreckung wegen der Kosten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 115 % des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Gegenpartei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 115 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.
Gründe
I.
Die Klägerin, eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts mit Sitz in Deutschland, die aus drei Schulbuchverlagen besteht, macht gegen die Beklagte, eine Aktiengesellschaft mit Sitz in der Schweiz und Zweigniederlassung in Deutschland, die unter der Domain-Adresse www.e….de eine Online-Handelsplattform betreibt, Unterlassungs-, Auskunfts-, Schadensersatzfeststellungs- und Wertersatzfeststellungsansprüche im Zusammenhang mit der geltend gemachten Verletzung von Urheberrechten an Texten aus einem Lateinlehrbuch geltend.
Die Klägerin verlegt das Lateinlehrbuch „Cu. Co., Texte und Übungen, Latein, Ausgabe A“ (Anlage K 25), das 1997 in 2. Auflage erschienen ist. Die Klägerin wurde im Jahr 2004 darauf aufmerksam, dass Anbieter, die unter Pseudonymen auftraten, auf der Online-Handelsplattform der Beklagten deutsche Übersetzungen von lateinischen Texten aus dem genannten Lateinlehrbuch anboten, und beanstandete dies mit Anwaltsschreiben vom 02.09.2004 (Anlage K 7) und vom 22.09.2004 (Anlage K 12) gegenüber der Beklagten. Diese gab die von der Klägerin geforderte Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung nicht ab und erteilte unter Berufung auf datenschutzrechtliche Gründe auch nicht die von der Klägerin erbetenen Auskünfte betreffend Namen und Anschriften der Anbieter. Die Beklagte wies die Klägerin allerdings auf das von ihr eingerichtete so genannte VeRI-Programm (Verifizierte Rechteinhaber-Programm, im Internet aufrufbar unter hin, das es Rechtsinhabern ermöglichen soll, schnell und unkompliziert schutzrechtsverletzende Angebote zu melden und einer Löschung zuzuführen sowie personenbezogene Daten zu den betreffenden Angeboten zu erhalten. Die Klägerin hat sich für dieses Programm bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung im Berufungsverfahren nicht angemeldet.
Die Klägerin hat in erster Instanz zuletzt beantragt:
I. Der Beklagten wird es bei Meidung näher bezeichneter Ordnungsmittel verboten, deutsche Übersetzungen von lateinischen Texten aus dem Lehrbuch „Cu. Co., Texte und Übungen, Latein, Ausgabe A (ISBN-3-486-876…) im Internet unter der Domain-Adresse „www.e….de“ zu verbreiten bzw. verbreiten zu lassen, insbesondere wie durch die Anbieter „sch…“, „m…“, „j…“, „n…“, „s…“, „3…“, „l…“ und „b…“ gemäß Anlagen K 2, 4, 6, 10, 11, 21 und 22.
II. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin Auskunft zu erteilen und Rechnung zu legen über den Umfang der Handlungen gemäß Ziff. I. seit 30.09.2004, insbesondere über Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer der Übersetzungen, der gewerblichen Auftraggeber und/oder Auftragnehmer, über den Umfang und die Zeitdauer des Angebots der Übersetzungen im Internet einschließlich der Anzahl der Zugriffe auf die entsprechenden Internet-Seiten (visits und pageviews), über sämtliche Verkäufe der Übersetzungen unter Übergabe einer geordneten Liste, die den jeweiligen Verkaufstag, das erzielte Höchstgebot/Verkaufspreis sowie Namen und Anschriften der Verkäufer und der gewerblichen Käufer enthält, über die erzielten Umsätze in € (unter Einschluss einer durch Werbung/Sponsoren auf den Internet-Seiten erwirtschafteten Einnahmen), über den erzielten Gewinn unter Angabe der Kostenfaktoren im Einzelnen sowie die Kontoverbindungen der Anbieter.
Die Beklagte hat in erster Instanz Klageabweisung beantragt.
Das Landgericht hat die Beklagte mit am 11.01.2006 verkündetem Urteil antragsgemäß verurteilt. Auf dieses Urteil, das u.a. in MMR 2006, 332 veröffentlicht ist, wird einschließlich der darin getroffenen tatsächlichen Feststellungen mit der Maßgabe Bezug genommen, dass das Schreiben vom 30.09.2004 (Anlage K 13) von der e… GmbH, nicht von der Beklagten stammt.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Beklagten. Diese macht zunächst geltend, das landgerichtliche Urteil könne schon deshalb keinen Bestand haben, da der Beklagten nicht nur die Verbreitung von Dritten erstellter und von der Klägerin nicht autorisierter Übersetzungen untersagt werde, sondern auch die Verbreitung des von der Klägerin selbst herausgegebenen Lehrerbandes zu besagtem Lehrbuch, der u.a. auch – dies ist unstreitig – die Lösungen/Übersetzungen der Lehrbuchtexte enthalte. Das Urteil des Landgerichts verbiete der Beklagten somit auch die Verbreitung von der Klägerin selbst herausgegebener und in den Verkehr gebrachter Übersetzungen, obwohl das Verbreitungsrecht der Klägerin an diesen Übersetzungen gemäß § 17 Abs. 2 UrhG bereits erloschen sei mit der Folge, dass der Klägerin auch kein Anspruch auf Unterlassung der Verbreitung derartiger Übersetzungen gegen die Beklagte zustehe.
Darüber hinaus fehle es auch an einer „Verbreitung“ deutscher Übersetzungen des von der Klägerin herausgegebenen Latein-Lehrbuches durch die Beklagte. Als Betreiberin des weltweit größten Online- Marktplatzes beschränke sich die Beklagte auf die Bereitstellung einer technischen Infrastruktur, welche es den e…-Mitgliedern ermögliche, neue und gebrauchte Waren sowie Dienstleistungen in unterschiedlichen Formaten im Rahmen einer Online-Aktion oder als Sofort-Kaufen-Angebot anzubieten oder zu erwerben. Da sämtliche Verkaufsangebote von den Anbietern selbst verfasst und ohne Zutun der Beklagten in der Datenbank der Beklagten gespeichert und auf der Website der Beklagten veröffentlicht würden, werde die Beklagte selbst nicht Partei der von den e…-Mitgliedern abgeschlossenen Kaufverträge. Es fehle deshalb auf Seiten der Beklagten an einem Anbieten von Werkstücken an die Öffentlichkeit im Sinne des § 17 Abs. 1 UrhG. Verbreite die Beklagte somit keine die Rechte der Klägerin verletzenden Übersetzungen, so bestehe auch kein Anlass dazu, ihr dies zu verbieten.
Einer Inanspruchnahme der Beklagten auf Unterlassung nach dem von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen der Störerhaftung stehe sowohl die mangelnde Erkennbarkeit der von der Klägerin behaupteten Urheberrechtsverletzungen als auch die Tatsache entgegen, dass die Beklagte keine Prüfungspflichten verletzt habe. Die Ausführungen des Landgerichts hielten einer rechtlichen Überprüfung nicht stand. Tatsächlich sei weder dem Abmahnschreiben der Klägerin noch den diesem Schreiben beigefügten oder den erst im Verfahren vorgelegten Angebotsausdrucken eine klar erkennbare, offenkundige Verletzung von Urheberrechten der Klägerin zu entnehmen gewesen. Der vorliegende Fall unterscheide sich grundlegend von der Konstellation, die der Entscheidung des Bundesgerichtshofes (BGHZ 158, 236 – Internet-Versteigerung) zugrunde gelegen habe, in dem es um Markenrechtsverletzungen gegangen sei. Indem der Bundesgerichtshof den Begriff der klaren Rechtsverletzung verwendet habe, habe er an seine bisherige Rechtsprechung zur Störerhaftung angeknüpft, dabei aber unter Bezugnahme auf die Mitverantwortlichkeit der Presse für rechtsverletzende Inserate in den Anzeigenrubriken einer Zeitung zugleich klargestellt, dass die Rechtswidrigkeit eines Angebots aus dem beanstandeten Angebot selbst erkennbar sein müsse. Eben dies sei aber bei den von der Klägerin beanstandeten Verkaufsangeboten nicht der Fall gewesen. Zudem seien auch dem Abmahnschreiben keine weiterführenden Angaben und insbesondere keine Nachweise über den Erwerb ausschließlich der Nutzungsrechte durch die Klägerin an den Übungstexten in dem streitgegenständlichen Lateinlehrbuch beigefügt gewesen, so dass sich auch aus dem Abmahnschreiben der Klägerin keine klar erkennbare Rechtsverletzung ergeben habe. Wie den Ausführungen des Landgerichts auf Seite 7 ff. des Urteils zu entnehmen sei, habe auch das Landgericht erst anhand eines von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Exemplars des Lehrbuchs überprüfen können, ob und inwieweit letzteres urheberrechtlich geschützte Texte enthalte. Weder dem Abmahnschreiben der Klägerin noch der Klageschrift seien das Lehrbuch oder zumindest Auszüge der in diesem Lehrbuch enthaltenen Texte beigefügt gewesen; da die Beklagte zu keinem Zeitpunkt in den Besitz der von der Klägerin beanstandeten Übersetzungen gelangt sei, habe sie diese auch nicht mit den Originaltexten im Lehrbuch der Klägerin vergleichen können, um zu prüfen, ob diese Nutzungs- und Verwertungsrechte der Klägerin verletzten.
Entgegen den Ausführungen des Landgerichts sei für die Beklagte auch aus den von der Klägerin übersandten Angebotsausdrucken keine klar erkennbare Urheberrechtsverletzung zu Lasten der Klägerin zu entnehmen gewesen. Die Beklagte werde täglich dazu aufgefordert, anhand spärlicher Angaben zu behaupteten Schutzrechtsverletzungen in Abmahnschreiben, die sich meist in bloßen Behauptungen zur Rechtsinhaberschaft des die Abmahnung aussprechenden Unternehmens und zum Verletzungstatbestand erschöpften, bestimmte Verkaufsangebote umgehend zu beenden. Dabei bedürfe es jedoch eines Ausgleichs zwischen den Interessen der Schutzrechteinhaber sowie dem berechtigten Interesse der Anbieter am Verkauf beanstandungsfreier Artikel und des Interesses der Beklagten an der Aufrechterhaltung eines reibungslosen Auktionsbetriebs, der nicht durch die Auferlegung unzumutbarer Nachforschungspflichten behindert werde. Dieser Interessenausgleich könne aber nur gelingen, wenn dem Abmahnenden abverlangt werde, die Verletzung seiner Schutzrechte im Abmahnschreiben substantiiert zu erläutern und diesem einen Nachweis seiner Rechtsinhaberschaft beizufügen.
Auch dem Schreiben der Prozessbevollmächtigten der Klägerin vom 22.09.2004 sei kein Nachweis der Rechtsinhaberschaft der Klägerin beigefügt gewesen. Gleichwohl seien auch die mit diesem Schreiben beanstandeten Verkaufsgebote innerhalb von 3 Werktagen von der Beklagten vorzeitig beendet worden. Die nachgereichten Angebotsausdrucke hätten sämtlich Verkaufsangebote betroffen, die schon nicht mehr gültig gewesen seien, so dass sie von der Beklagten auch nicht mehr hätten beendet werden können. Entgegen der Auffassung des Landgerichts gebe es keinen Erfahrungssatz dahingehend, dass unveränderte Originaltexte ohne Anpassung für Schullehrbücher grundsätzlich nicht geeignet seien, so dass sich jedermann bereits aus diesem Grund der zwingende Schluss aufdrängen müsste, die Übungstexte in dem streitgegenständlichen Latein-Lehrbuch unterlägen dem Urheberschutz. Da sich weder dem Abmahnschreiben der Klägerin noch den Angebotsbeschreibungen der Verkäufer habe entnehmen lassen, das von der Klägerin herausgegebene Lehrbuch „Cu. Co.“ historische Originaltexte, an Originaltexte angelehnte Übungstexte, die noch nicht als eigenes Sprachwerk angesehen werden könnten, oder urheberrechtlich geschützte Texte moderner Autoren enthalte, sei für die Beklagte keine klare Rechtsverletzung der Anbieter erkennbar gewesen.
Schließlich sei das landgerichtliche Urteil auch insoweit aufzuheben, als es der Klägerin einen weit reichenden Anspruch auf Drittauskunft gegen die Beklagte zuerkannt habe. Das landgerichtliche Urteil habe sich nicht mit der Frage auseinandergesetzt, ob § 101a UrhG unter Berücksichtigung der vom Gesetzgeber mit dieser Regelung verfolgten Zielsetzung überhaupt dazu geeignet sei, einen Anspruch des Rechteinhabers gegen Access- oder Hostprovider auf Drittauskunft zu begründen. Ebenso wie in dem vom OLG Hamburg (MMR 2005, 453) entschiedenen Fall fehle es auch hier an einer Vertriebskette im eigentlichen Sinn, weil die Beklagte weder Eigentum noch Besitz an den streitgegenständlichen Übersetzungen erlange. Die von der Klägerin vertretene Ansicht, auskunftspflichtig sei jeder, der eine Verletzungshandlung begangen oder daran mitgewirkt habe, finde weder in der Gesetzesbegründung zu § 101a UrhG noch in der Rechtsprechung eine Stütze. Außerdem fehle es darüber hinaus auch an der für die Geltendmachung eines Auskunftsanspruchs nach § 101 a UrhG erforderlichen Täteroder Gehilfenstellung der Beklagten.
Dass die Beklagte selbst weder Übersetzungen hergestellt noch verbreitet habe, sei bereits dargelegt worden. Die Beklagte stelle weder Vervielfältigungsstücke her noch biete sie solche an, bringe sie in den Verkehr oder mache sie der Öffentlichkeit zugänglich, sie beschränke sich vielmehr auf die Bereitstellung einer technisch Infrastruktur.
Auch eine Tätigkeit als Teilnehmerin der Urheberrechtsverletzung eines Dritten scheide aus, weil die hier allein in Betracht zu ziehende Gehilfenstellung zumindest einen bedingten Vorsatz sowohl des unmittelbaren Anbieters der Übersetzungen als auch der Beklagten voraussetze, der das Bewusstsein der Rechtswidrigkeit einschließen müsse.
Jedenfalls fehle es an einem bedingten Gehilfenvorsatz der Beklagten, solange die Klägerin ihrem Abmahnschreiben keinen Nachweis über den Erwerb der Nutzungsrechte an urheberrechtlich geschützten Texten in dem von ihr herausgegebenen Lehrbuch beifüge und sich aus dem von der Klägerin beanstandeten Angeboten selbst nicht entnehmen lasse, ob und inwieweit es sich tatsächlich um urheberrechtlich geschützte Texte handele, an denen die Klägerin die ausschließlichen Nutzungsrechte erworben habe. Da der Teilnehmervorsatz stets auf eine konkrete tatbestandsmäßige und rechtswidrige Haupttat bezogen sein müsse, käme eine Teilnehmerhaftung der Beklagten nur dann in Betracht, wenn sie sowohl Kenntnis von der Existenz der konkreten streitgegenständlichen Angebote als auch von deren Rechtswidrigkeit gehabt hätte. Die vom Bundesgerichtshof offen gelassene Frage der Teilnehmerhaftung im Falle der nachhaltigen Verletzung von Prüfungspflichten durch das Online-Auktionshaus müsse auch im vorliegenden Verfahren nicht abschließend beantwortet werden, da sich den Verkaufsangeboten gerade keine klar erkennbare Rechtsverletzung entnehmen lasse und die mit dem Abmahnschreiben der Klägerin vom 22.09.2004 beanstandeten Verkaufsangebote zum Zeitpunkt der Abmahnung bereits beendet gewesen seien, so dass der Beklagten auch nicht der Vorwurf einer bewussten nachhaltigen Verletzung ihrer Prüfungspflichten gemacht werden könne.
Darüber hinaus würde es der Beklagten auch deshalb am Bewusstsein der Rechtswidrigkeit des streitgegenständlichen Verkaufsangebote mangeln, da aus den Verkaufsangeboten nicht erkennbar gewesen sei, ob die Übersetzungen im geschäftlichen Verkehr angeboten würden.
Die Verurteilung der Beklagten zur umfassenden Auskunftserteilung verstoße zudem unabhängig von den fehlenden Voraussetzungen einer Teilnehmerhaftung der Beklagten auch gegen die bereichsspezifischen Regelungen des Teledienstedatenschutzgesetzes (TDDSG). Dass der Gesetzgeber vom Teledienstedatenschutzgesetz als lex specialis zum Bundesdatenschutzgesetz ausgegangen sei, ergebe sich bereits aus der Begründung zum Regierungsentwurf. Der vom Landgericht vorgenommene Rückgriff auf § 28 Abs. 3 Nr. 1 TDDSG könne auch nicht mit der Überlegung gerechtfertigt werden, dass es gerade nicht vom Willen der Betreiber von Auktionsplattformen und den einzelnen Anbietern abhängen dürfe, ob Urheberrechtsinhaber durch im vorhinein erteilte Einwilligungen zur Auskunftserteilung im Rahmen des VeRI-Programms eine Möglichkeit erhielten, ihre den Schutz von Art. 14 GG genießenden Rechte effektiv durchzusetzen. Wäre dies richtig, so würde der Durchsetzung vermögenswerter Interessen stets der Vorrang vor dem informationellen Selbstbestimmungsrecht der Nutzer von Telediensten eingeräumt und die Bedeutung der Einwilligungserklärung entwertet. Im Übrigen würden die Rechteinhaber durch das VeRIProgramm der Beklagten auch nicht unbillig beschwert, da die Rechteinhaber auch außerhalb der Nutzung von Telediensten das Risiko einer ungerechtfertigten Schutzrechtsverwarnung zu tragen hätten und das VeRI-Programm der Beklagten eine vom Gemeinschaftsgesetzgeber offen gelassene Regelungslücke schließe, in dem es in Anlehnung an das „notice-and-take-down“-Verfahren in Sec. 512 c. des amerikanischen Digital Millennium Copyright Act sicherstelle, dass der Beklagten vom Rechteinhaber gemeldete, hinreichend belegte Schutzrechtsverletzungen von der Beklagten umgehend unterbunden würden und den Rechteinhabern zugleich die Möglichkeit eröffne, unmittelbar gegen die jeweiligen Anbieter vorzugehen.
Die von der Beklagten ergriffene Initiative zur freiwilligen Selbstregulierung und Implementierung eines geeigneten Verfahrens zur Meldung und Entfernung rechtsverletzender Angebote unter aktiver Mitwirkung des Rechteinhabers entspreche durchaus den Vorgaben des Gemeinschaftsgesetzgebers.
Schließlich kollidiere die Verurteilung der Beklagten zur Auskunftserteilung nicht nur mit den bereichsspezifischen Regelungen des Teledienstedatenschutzgesetzes, sondern verpflichte die Beklagte zudem zur Preisgabe von Informationen, über die sie gar nicht verfüge. Es sei somit nicht nur unverhältnismäßig, sondern auch unzulässig, da der Beklagten die Auskunftserteilung in dem von der Klägerin geforderten und vom Landgericht zugesprochenen Umfang unmöglich sei, zwar unabhängig davon, ob der Auskunftsanspruch auf § 101a UrhG oder auf § 242 BGB gestützt werde. Der Auskunftsanspruch gehe jedenfalls in verschiedener Hinsicht zu weit.
Die Beklagte beantragt:
1. Das Urteil des Landgerichts München I vom 11.01.2006 wird aufgehoben.
2. Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin beantragt, die Berufung mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass der Klageantrag zur Klarstellung insoweit abgeändert wird als in Ziffer I an die Stelle der Worte „im Internet…zu verbreiten bzw. verbreiten zu lassen“ die Worte „an der Verbreitung im Internet…mitzuwirken“ treten.
Die Klägerin stellt dabei anheim, die Formulierung „…insbesondere…“ wegzulassen, sollte der Senat dies als erforderlich ansehen.
Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil. Sie ist der Auffassung, der Tenor des erstinstanzlichen Urteils gehe nicht zu weit. Der Tenor sei ausreichend bestimmt. Es bedürfe keiner näheren Erläuterung, dass Übersetzungen von Lehrbuchtexten, die in einem von der Klägerin mit ihrer Zustimmung in den Verkehr gebrachten Lehrerband enthalten seien, von dem Tenor nicht erfasst seien. Unverständlich sei die Behauptung der Beklagten, vorliegend seien Übersetzungen urheberrechtlich geschützter Werke nicht verbreitet worden. Unzutreffend sei die wiederholte Behauptung der Beklagten, sie stelle ihren Mitgliedern nur eine technische Infrastruktur zur Verfügung und die Verkaufsangebote würden von den Anbietern selbst verfasst und ohne Zutun der Beklagten von den Anbietern in der Datenbank der Beklagten gespeichert. Die Beklagte wirke bei den rechtswidrigen Angeboten der Übersetzungen im Internet in maßgeblicher Weise selbst mit und schaffe erst die Voraussetzungen, damit Dritte ihre rechtswidrigen Handlungen begehen könnten. Die Beklagte trage auch selbst vor, dass sie ihren Mitgliedern einheitlich gestaltete Angebotsformulare zur Verfügung stelle, in die die Angebotsbeschreibungen von den Nutzern eingefügt würden. Auch dies zeige, dass die Beklagte an den Angeboten aktiv mitwirke. Die Beklagte gebe zudem ihren Mitgliedern genau vor, in welche Kategorien Angebote einzuordnen seien. Bereits für das Anbieten der Artikel erhebe e… von ihren Mitgliedern eine Angebotsgebühr. Ob die Beklagte generell nicht in den Besitz der von ihren Mitgliedern angebotenen/verkauften Produkte gelange, sei der Klägerin nicht bekannt. Sie bestreite vorsorglich mit Nichtwissen, dass die angebotenen Produkte stets durch die jeweiligen Anbieter übermittelt würden. Auch dies sei jedoch nicht entscheidungserheblich. Maßgeblich sei vielmehr, dass die Beklagte die rechtsverletzenden Handlungen – trotz Kenntnis von der Rechtsverletzung über einen Zeitraum von über einem Jahr – weiter zugelassen habe bzw. hieran mitgewirkt habe. Bezeichnend sei in diesem Zusammenhang auch, dass nach den eigenen Grundsätzen der Beklagten für Verkäufer keine Artikel angeboten werden dürften, die möglicherweise Urheberrechte verletzten. Wenn es die Beklagte dann aber im vorliegenden Fall trotz mehrfacher Abmahnschreiben der Klägerin und des ausdrücklichen Hinweises auf die Rechtsverletzung, ja selbst nach Klageerhebung, vorsätzlich unterlasse, selbst die genannten Anbieter zu sperren, so müsse dies zu ihren Lasten gehen. Zutreffend habe das Landgericht im Übrigen festgestellt, dass die Beklagte auch bereits aus den Angeboten habe schließen können, dass die Übersetzungen in der angebotenen Form („DIN A 5 Heft“, „DIN A 4 Blätter“, teilweise auch mit Abbildungen) und mit den offerierten Inhalten (einschließlich dem Hinweis auf die Strafbarkeit des Verhaltens) nicht auf die Klägerin zurückgingen. Gleichwohl habe die Beklagte nicht gehandelt. An den Angeboten und Verkäufen der streitgegenständlichen Übersetzungen über die Plattform der Beklagten habe diese als Gehilfin teilgenommen. Neben der Sache liege die Behauptung der Beklagten, das Landgericht habe die Begründung seiner Entscheidung ausschließlich auf eine Störerhaftung der Beklagten gestützt. Das Landgericht habe vielmehr sorgfältig und in nicht zu beanstandender Weise ausgeführt, dass vorliegend auch die Voraussetzungen einer Gehilfenhaftung gegeben seien. Hierauf komme es aber für den geltend gemachten Unterlassungs- und auch für den Drittauskunftsanspruch nicht an, da die Beklagte insoweit als Störer hafte.
Im Rahmen der rechtlichen Würdigung des landgerichtlichen Urteils werfe die Beklagte dem Landgericht vor, es habe zu Unrecht eine klare Erkennbarkeit der Rechtsverletzung bejaht. Dies sei unzutreffend. Die Klägerin gehe davon aus, dass die Beklagte bereits aus den streitgegenständlichen Angeboten selbst, erst recht aber aufgrund der Abmahnungen der Klägerin deutlich habe erkennen könne, dass hier vorsätzlich und rechtswidrig die Rechte der Klägerin an dem Lehrwerk verletzt worden seien. Dass die Beklagte angesichts des Textes der Angebote und der Abmahnschreiben vom 02.09.2004 (Anlage K 7) und vom 22.09.2004 (Anlage K 12) weiterhin behaupte, sie habe die Rechtsverletzung – offenbar bis heute – nicht erkennen können, sei für die Klägerin nicht nachvollziehbar.
Der Vortrag der Beklagten, Übersetzungen der Lehrbuchtexte seien auch in einem von der Klägerin herausgegegebenen Lehrerband enthalten, sei verspätet und in der Berufungsinstanz ausgeschlossen (§ 531 ZPO). Im Übrigen würde auch dies nichts an der Erkennbarkeit der Rechtsverletzung ändern. Neben der Sache liege auch die Behauptung der Beklagten, die Klägerin habe ihrer Abmahnung keine „konkreten Nachweise“ darüber beigefügt, dass sie tatsächlich Herausgeberin des streitgegenständlichen Werkes sei, dass das Lehrbuch urheberrechtlich geschützte Texte enthalte und dass sie von den Autoren Nutzungs- und Verwertungsrechte erworben habe. In den Abmahnschreiben sei – für die Beklagte erkennbar – sowohl die Rechtsinhaberschaft der Klägerin als auch die Rechtsverletzung dargelegt, mit Beispielen untermauert und eine rechtliche Würdigung vorgenommen worden. Einer Vorlage von Autorenverträgen habe es ebenso wenig bedurft wie einer weitergehenden Erläuterung des Schutzes der streitgegenständlichen Texte. Dies gelte unabhängig davon, dass die Beklagte um eine entsprechende Erläuterung nicht gebeten gehabt habe. Die Beklagte habe lediglich auf ihrem Standpunkt beharrt, die Klägerin solle doch einem VeRi-Programm teilnehmen. Hervorzuheben sei zudem, dass sich bereits aus den der Beklagten konkret bekannt gegebenen Angeboten ergeben habe, dass die Klägerin die Herausgeberin des Lehrbuchs „Cu. Co.“ sei.
Falsch sei, dass das Landgericht angeblich erst aufgrund des von der Klägerin vorgelegten Exemplars des Lehrbuchs habe überprüfen können, ob und inwieweit urheberrechtlich geschützte Texte vorgelegen hätten. Auch die weiteren Hilfsargumente, die die Beklagte heranziehe, um eine klar erkennbare Urheberrechtsverletzung in Abrede zu stellen, griffen nicht. In den rechtswidrigen Angeboten werde auch kein Lehrerband aus dem Hause der Klägerin angeboten, sondern von privater Hand ohne Gestattung hergestellte Lektionsübersetzungen. Wie bereits erstinstanzlich ausgeführt, scheine die Beklagte der irrigen Auffassung anzuhängen, dass das gesamte Erkenntnisverfahren im streitgegenständlichen Fall in die vorprozessuale Abmahnungskorrespondenz verfrachtet werden müsse. Dass sich die Beklagte selbst durch eigene Angaben der Rechtsverletzer zur Strafbarkeit des Verhaltens nicht davon abhalten lassen, identische oder gleichartige Rechtsverletzungen zu unterbinden, belege die Dreistigkeit des Vorgehens der Beklagten. Bestritten werde, dass die Beklagte angeblich vielfältige Anstrengungen unternehme, um einen Handel mit schutzrechtsverletzenden Artikeln auf ihrer Plattform zu unterbinden. Neben der Sache liege der Vortrag der Beklagten, die Klägerin hätte erst in der mündlichen Verhandlung das geschützte Werk vorgelegt. Unabhängig davon, dass die Beklagte spätestens während des gesamten erstinstanzlichen Verfahrens im Besitz dieses Lehrbuchs gewesen sei, werde nochmals auf die im Verfahren vorgelegten Übersetzungen der lateinischen Texte (Anlage K 16) hingewiesen. Die Klägerin habe entgegen der Auffassung der Beklagten alles Notwendige getan, um die Beklagte auf die Rechtsverletzung hinzuweisen und ihr deutlich zu machen, dass im Falle ihrer Untätigkeit weitergehende Rechtsschritte drohten. Im Übrigen habe die Beklagte auch aufgrund der im laufenden Gerichtverfahren vorgelegten Angebote keinerlei Maßnahmen ergriffen, um identische oder gleichartige Rechtsverletzungen dauerhaft zu unterbinden. Der Vortrag der Beklagten zu im Schulunterricht angeblich verwendeten Originaltexten sei nicht zuzulassen. Auch der Hinweis der Beklagten, die Klägerin hätte Namen und Adresse der jeweils rechtsverletzenden Anbieter dadurch selbst ermitteln könne, dass sie die rechtsverletzenden Übersetzungen selbst erwerbe, helfe nicht weiter. Unabhängig davon, dass sich erfahrungsgemäß auch auf diesem Weg Name und Anschrift des Anbieters nicht zuverlässig ermitteln ließen, sei es nicht Aufgabe der Klägerin, entsprechende Nachforschungen anzustellen.
Der Vorwurf der Beklagten, das Landgericht habe sich mit der ratio des § 101a UrhG nicht ausreichend auseinandergesetzt und zu Unrecht den Auskunftsanspruch bejaht, sei ebenfalls unzutreffend. Der selbständige Auskunftsanspruch nach § 101a UrhG solle dem Verletzer die Aufdeckung und damit letztlich die Trockenlegung der Quellen und des Vertriebswegs der aufgefundenen schutzrechtsverletzenden Ware ermöglichen. Der Anspruch bestehe grundsätzlich in jedem Verletzungsfall und nicht nur in Fällen der Produktpiraterie. Es handele sich um einen selbständigen, nicht akzessorischen Anspruch auf (Dritt-) Auskunft. Wenn die Beklagten nun erstmals – verspätet – meine, sie könne mangels Einbindung in ein Vertriebsnetz keine Auskunft erteilen, gehe auch diese Auffassung fehl. Die Beklagte sei gerade das zentrale „Vertriebsnetz“ der Rechtsverletzungen. Die Beklagte nehme zudem auf die Angebote ihrer Mitglieder in vielfältiger Weise Einfluss und lasse sich für ihre Dienstleistungen gut bezahlen. Die Beklagte sei auch kein Access- oder Hostprovider. In den Vertrieb der streitgegenständlichen Produkte sei die Beklagte in der Weise eingebunden, dass überhaupt erst über ihre Plattform die rechtsverletzenden Angebote eingestellt und dort „ersteigert“ bzw. gekauft werden könnten.
Darüber hinaus verkenne die Beklagte, dass sie vorliegend nicht nur als Störer auf Auskunft hafte, sondern jedenfalls auch als Teilnehmer rechtswidriger Handlungen Dritter. Nach Auffassung der Klägerin sei die Beklagte sogar selbst Täter. Auf die von der Klägerin vertretene und von der Beklagten bezweifelte Ansicht, auskunftspflichtig sei jeder, der eine Verletzungshandlung begangen oder daran mitgewirkt habe, komme es daher nicht entscheidend an. Verletzt werde das Urheberrecht nicht nur durch Täter und Teilnehmer, sondern auch durch den Störer. Der verschuldensunabhängige Drittauskunftsanspruch diene gerade dazu, künftige Rechtsverstöße der jeweiligen Anbieter zu verhindern. Der Störer, der willentlich und adäquat kausal an der Herbeiführung oder Aufrechterhaltung eines rechtswidrigen Zustands mitwirke, sei Verletzer. Der Auskunftsanspruch nach § 101a UrhG sei nicht Schadensersatz, nicht Strafe, sondern vielmehr Teil der Beseitigung wie die Vernichtung, Sperre oder Löschung. Die Auskunft zu verwehren, hieße Internet-Piraterie pauschal zu decken. Ab dem Zeitpunkt der Entdeckung entfalle auch für den Störer jedes Haftungsprivileg.
In diesem Zusammenhang sei ferner darauf hinzuweisen, dass spätestens ab dem 29.04.2006 der Auskunftsanspruch des § 101a UrhG uneingeschränkt auf jede Form der Rechtsverletzung im Internet, insbesondere die Internet-Piraterie anzuwenden sei. Zu diesem Zeitpunkt ende nämlich die Frist zur Umsetzung der Richtlinie 2004/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29.04.2004 zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums. Der Referentenentwurf für ein Gesetz zur Verbesserung der Durchsetzung von Rechten des geistigen Eigentums bestätige im Übrigen ausdrücklich, dass der Drittauskunftsanspruch auch schon in der Vergangenheit gegenüber dem Störer gegolten habe und weiterhin gelte. Der Auskunftsanspruch des Art. 8 der genannten Richtlinie gälte seit dem 29.04.2006 als verbindliches Gemeinschaftsrecht. Dieser Anspruch erstrecke sich auf Namen und Adressen der Vorbesitzer der Waren oder Dienstleistungen sowie auf Mengen oder Preise. Weshalb die Beklagte vorliegend nicht „unschwer“ Auskunft erteilen könne, sei nicht ersichtlich.
Auch die Ausführungen der Beklagten zur angeblich nicht gegebenen Täter- bzw. Teilnehmerhaftung überzeugten nicht. Die Beklagte habe, wie dargelegt, maßgeblich an der Rechtsverletzung selbst mitgewirkt. Die Beklagte habe auch tatbestandsmäßig gehandelt. Sie habe an der Verbreitung der rechtswidrigen Übersetzungen aktiv mitgewirkt, indem sie in Kenntnis der maßgeblichen Umstände zum einen den rechtswidrig handelnden Anbietern ihr Auktionshaus zur Verfügung gestellt, zum anderen es nach Abmahnung durch die Klägerin weiterhin unterlassen habe, dafür zu sorgen, dass es nicht zu weiteren identischen oder gleichartigen Rechtsverletzungen komme. Zutreffend habe das Landgericht auch darauf hingewiesen, dass aus der in den Angeboten zum Ausdruck gebrachten Kenntnis um die Strafbarkeit der Verbreitung der Übersetzungen im Internet zu schließen sei, dass jedenfalls einzelne Anbieter vorsätzlich das Urheberrecht der Klägerin verletzten. Diese Auslegung des Landgerichts sei nicht zu beanstanden. Unverständlich sei die Ansicht der Beklagten, sie habe keinen bedingten Gehilfenvorsatz gehabt. Die Beklagte habe nach Abmahnung mit dolus directus 1. Grades gehandelt, und zwar fortgesetzt bis nach der mündlichen Verhandlung vom 12.10.2005. Falsch sei die Behauptung der Beklagten, die Klägerin habe das Landgericht erst mit dem in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Lehrbuch in die Lage versetzt, die schon zuvor von der Beklagen abverlangte Tatbestandsprüfung vorzunehmen. Vorliegend habe die Beklagte trotz Kenntnis von der Rechtsverletzung nicht nur nicht dafür gesorgt, dass es allgemein zu keinen weiteren Rechtsverletzungen komme, sondern dass auch noch jeweils die identischen Anbieter ihre rechtsverletzenden Handlungen bei e… fortsetzen hätten können. Wie der Bundesgerichtshof in der Entscheidung „Internet-Versteigerung“ ausgeführt habe, sei eine Gehilfenstellung eines Internet-Auktionshauses jedenfalls dann in Betracht zu ziehen, wenn die Pflichten, die sich aus der Stellung des Auktionshauses als Störerin ergäben, nachhaltig verletzt würden. Das Landgericht habe fehlerfrei festgestellt, dass aufgrund der konkreten Umstände des Falles infolge der Abmahnungen diese Voraussetzung erfüllt sei. Weshalb der Beklagten das „Wollenselement“ gefehlt haben solle, sei nicht ersichtlich.
Die Beklagte habe bewusst und gewollt nichts getan, um weitere Rechtsverletzungen zu unterbinden. Unzutreffend sei schließlich auch die wiederum als verspätet zu rügende Behauptung der Beklagten, es habe vorliegend kein Handeln im geschäftlichen Verkehr vorgelegen bzw. sie habe dies nicht erkennen können. Das Tatbestandsmerkmal „im geschäftlichen Verkehr“ sei weit auszulegen. Auch die Anbieter der streitgegenständlichen Übersetzungen handelten erkennbar im geschäftlichen Verkehr. Dies zeige bereits deren umfangreiche Geschäftstätigkeit.
Auch die Ausführungen der Beklagten zum Datenschutzrecht könnten nicht dazu führen, dass die Beklagte keine Auskunft erteilen müsse. Das Landgericht habe sorgfältig und zutreffend die datenschutzrechtlichen Bestimmungen geprüft und deren Vereinbarkeit mit dem Auskunftsanspruch festgestellt. Darüber hinaus sei erneut zu betonen, dass die Beklagte nunmehr auf aufgrund der Richtlinie 2004/48/EG, dort Art. 8 Abs. 1, verpflichtet wäre, Auskunft zu erteilen. Eine Einschränkung aufgrund datenschutzrechtlicher Bestimmungen sei nicht vorgesehen. Die Klägerin könne auch nicht erkennen, dass vorliegend aufgrund der Regelungen des Teledienstedatenschutzgesetzes die Auskunftserteilung unzulässig wäre. Die Klägerin teile mit der Rechtsprechung nicht die Auffassung der Beklagten, dass das Teledienstedatenschutzgesetz eine abschließende Regelung enthalte und daher Auskunft nur an Strafverfolgungsbehörden und Gericht für Zwecke der Strafverfolgung zulässig sei. Die Frage des Rückgriffs auf § 28 Abs. 3 Nr. 1 BDSG richte sich nach den allgemeinen zum Subsidiaritätsprinzip des BDSG entwickelten Grundsätzen. Das TDDSG enthalte keine dem § 28 Abs. 3 Nr. 1 BDSG vergleichbare Vorschrift, der die datenschutzrechtliche Ermächtigung bei Fällen eines berechtigten Drittinteresses regele. Falsch sei die Annahme der Beklagten, die Abwägung des Landgerichts im Rahmen des § 28 Abs. 3 Nr. 1 BDSG sei zu beanstanden, weil andernfalls der Durchsetzung vemögenswerter Interessen stets der Vorrang vor dem informationellen Selbstbestimmungsrecht der Nutzer von Telediensten eingeräumt würde. Würde man der Auffassung der Beklagten folgen, gäbe es keine erfolgversprechende Möglichkeit, unmittelbaren Rechtsschutz gegen die Täter bzw. an den Handlungen Beteiligte zu erlangen.
Das Bedürfnis des Rechtsinhabers, rechtswidrige Angebote zu unterbinden, sei ein legitimes Interesse, das der Gesetzgeber gesehen habe.
Ob das VeRi-Programm der Beklagten, welches der Klägerin im Einzelnen nicht bekannt sei, geeignet wäre, die mit dem Auskunftsanspruch geltend gemachten Informationen zu liefern, wisse die Klägerin nicht. Hierauf komme es aber nicht an.
Auch den Erwägungen der Beklagten im Hinblick auf eine angebliche Schutzbedürftigkeit ihrer Kunden könne die Klägerin nicht folgen. Es würde Sinn und Zweck der betreffenden Auskunftsansprüche diametral entgegenstehen, wenn Betreiber von Internet-Versteigerungen dadurch privilegiert werden würden, dass diese unter Berufung auf Datenschutz die Auskunftserteilung schlicht verweigern könnten. Neu sei der Vortrag der Beklagten, dass sie zur Auskunft in einem Umfang verurteilt worden sei, der zu weit gehe. Der Vortrag sei aber auch unerheblich.
Mit Schriftsatz vom 09.05.2006 hat sich die Klägerin der Berufung der Beklagten angeschlossen. Zur Begründung der Anschlussberufung führt die Klägerin aus, wie sich aus den Entscheidungsgründen des Urteils des Landgerichts ergebe, hafte die Beklagte nicht nur auf Unterlassung und Auskunft, sondern darüber hinaus auch auf Schadensersatz nach § 97 Abs. 1 UrhG. Die Beklagte habe als Gehilfin die urheberrechtlichen Nutzungsrechte der Klägerin an dem streitgegenständlichen Werk schuldhaft, nämlich vorsätzlich verletzt. Ferner habe sie verschuldensunabhängig aufgrund Eingriffskondiktion gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1, § 818 Abs. 2 BGB das Erlangte herauszugeben. Zur Anschlussberufung beantragt die Klägerin:
Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin jeden Schaden zu ersetzen, der dieser durch Handlungen gemäß Ziffer 1. seit dem 30.09.2004 entstanden ist und/oder noch entstehen wird.
Hilfsweise:
Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin Wertersatz für das durch Handlungen gemäß Ziffer 1 seit dem 30.09.2004 Erlangte zu leisten.
Die Beklagte beantragt, die Anschlussberufung der Klägerin zurückzuweisen.
Ergänzend wird auf die im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll des Termins vom 03.08.2006 Bezug genommen.
II.
Die zulässige Berufung der Beklagten ist teilweise begründet. Die Anschlussberufung der Klägerin ist nicht begründet.
A. Berufung der Beklagten
Die zulässige Berufung der Beklagten ist teilweise begründet.
1.
Die Berufung der Beklagten ist – entgegen der Auffassung der Klägerin – zulässig. Der Berufungsschriftsatz vom 20.02.2006 (Bl. 132/133) genügt den Anforderungen des § 519 Abs. 2 ZPO. Aus ihr ergibt sich eindeutig, dass Beklagte und Berufungsklägerin die e… International AG ist, gegen die das Urteil des Landgerichts München I vom 11.01.2006 ergangen ist. Dass die Beklagte und Berufungsklägerin in dem genannten Schriftsatz als „e… International AG (Zweigniederlassung Deutschland), vertr. d. d. Direktor M. v. S., „H…straße 15-17, CH-3… B…“ bezeichnet wird, während die Beklagte im Rubrum des Urteils des Landgerichts München I vom 11.01.2006 als „e… International AG Zweigniederlassung Deutschland, vertr. durch den Verwaltungsrat Dr. P. B., J. C. Cl., M. I., A…-E…-R… 2-6, 14… K…“ angegeben wird, steht dem nicht entgegen. Denn hinsichtlich der Identität der Beklagten und Berufungsklägerin, der e… International AG, besteht kein Zweifel; bei der inländischen Zweigniederlassung der in der Schweiz ansässigen Beklagten handelt es sich weder nach deutschem Recht (vgl. § 13e, § 13f HGB; Baumbach/Hopt, HGB, 32. Aufl., § 13, Rdn. 4) noch nach dem als Gesellschaftsstatut (vgl. Palandt/Heldrich, BGB, 65. Aufl., Anh. zu Art. 12 EGBGB, Rdn. 8 ) der Beklagten berufenen schweizerischen Recht (vgl. Art. 642 schweiz. Obligationenrecht) um eine selbständige juristische Person.
2.
Die Modifikation des Unterlassungsantrags, die die Klägerin im Termin vom 03.08.2006 vorgenommen hat, ist wegen Sachdienlichkeit bei unverändertem Sachverhalt zulässig (§ 533 ZPO).
3.
a)
Der Unterlassungsantrag entsprechend der im Termin vom 03.08.2006 vorgenommenen Modifikation ist zulässig. Insbesondere ist die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte, die unbeschadet des § 513 Abs. 2 ZPO auch in der Berufungsinstanz von Amts wegen zu prüfen ist und sich im Streitfall wegen des Sitzes der Beklagten in der Schweiz nach dem Luganer Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen beurteilt, jedenfalls deshalb gegeben, weil sich die Beklagte rügelos eingelassen hat (vgl. Art. 18 LugÜ).
b)
Der Unterlassungsantrag entsprechend der im Termin vom 03.08.2006 vorgenommenen Modifikation ist teilweise begründet. Die Beklagte haftet – wenn auch nicht von Anfang an – als Störerin für von Anbietern begangene Urheberrechtsverletzungen. Die Beklagte hat es zu unterlassen, an der Verbreitung deutscher Übersetzungen von lateinischen Texten aus dem Lehrbuch „Cu. Co., Texte und Übungen, Latein, Ausgabe A“ (ISBN: 3-486-87655-4) im Internet unter der Domain-Adresse „www.e….de“ mitzuwirken, wenn dies geschieht wie durch die Anbieter „3…“, „j…“ oder „l…“ gemäß den im Tenor des vorliegenden Urteils unter 1. I. wiedergegebenen Internetausdrucken aus den Anlagen K 22, K 23 und K26.
aa)
Im Streitfall ist das deutsche Urheberrechtsgesetz als das Recht desjenigen Landes anzuwenden, für dessen Gebiet die Klägerin Schutz begehrt (so genannte Schutzlandanknüpfung; vgl. BGHZ 136, 380, 385 – Spielbankaffaire; Drexl, Festschrift für Nordemann, 2004, S. 429, 431 f.). Auch das deutsche Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb, auf das die Klägerin die geltend gemachten Ansprüche hilfsweise stützt (vgl. Schriftsatz vom 24.06.2005, S. 4), ist im Streitfall anwendbar, weil der anknüpfungsrelevante Ort der angeblichen wettbewerblichen Interessenkollision im Inland liegt, wo sich die durch die Online-Handelsplattform der Beklagten ermöglichten Internetauftritte von Anbietern bestimmungsgemäß auswirken sollen (vgl. BGH WRP 2006, 736, 738 f., Rdn. 25 – Arzneimittelwerbung im Internet). Auf die Beklagte als Diensteanbieter mit einer inländischen Zweigniederlassung, die Teledienste im Sinne des § 2 TDG anbietet, die sich in deutscher Sprache an inländische Verkehrskreise richten und einen wirtschaftlich relevanten Inlandsbezug haben (vgl. BGH WRP 2005, 493, 495 – HOTEL MARITIME), ist unbeschadet des § 4 Abs. 4 Nr. 6 TDG außerdem das deutsche Teledienstegesetz anwendbar (vgl. Spindler in Spindler/Schmitz/Geis, TDG, § 3 TDG, Rdn. 27). Das Herkunftslandprinzip, das in § 4 Abs. 2 Satz 1 TDG verankert ist, spielt im Streitfall schon deshalb keine Rolle, weil die Richtlinie 2000/31/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 08.06.2000 über bestimmte rechtliche Aspekte der Dienste der Informationsgesellschaft, insbesondere des elektronischen Geschäftsverkehrs, in der Schweiz, dem Staat des Sitzes der Beklagten, nicht gilt.
bb)
Das Landgericht hat festgestellt, dass die lateinischen Lektionstexte des Lehrbuches „Cu. Co., Texte und Übungen, Latein, Ausgabe A“ urheberrechtlichen Schutz nach § 2 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 UrhG genießen (Urteil des Landgerichts vom 11.01.2006, UA S. 7-9). Das Landgericht hat ferner festgestellt, dass die Klägerin durch Vorlage des Autorenvertrags (Anlage K 18) und des Herausgebervertrags (Anlage K 19) die Übertragung der Verwertungsrechte an die Klägerin hinreichend bewiesen hat (Urteil des Landgerichts vom 11.01.2006, UA S. 9). Schließlich hat das Landgericht festgestellt, dass die Personen, die unter Pseudonym über das Internetportal der Beklagten eigenständig erstellte Übersetzungen der Lektionstexte verkaufen, die Rechteder Klägerin gemäß § 23 Satz 1 UrhG verletzen (Urteil des Landgerichts vom 11.01.2006, UA S. 9). Diese Feststellungen sind von der Beklagten in der Berufungsinstanz in der Sache nicht eigens angegriffen worden, weshalb diese Feststellungen, da auch keine Bedenken gegen ihre Richtigkeit bestehen, im Folgenden zugrunde zu legen sind; die Beklagte hat allerdings in der Berufungsbegründung vom 20.04.2006, S. 6 ff ausgeführt, dass weder dem Abmahnschreiben der Klägerin noch den während des erstinstanzlichen Verfahrens vorgelegten Angebotsausdrucken eine klar erkennbare, offenkundige Verletzung von Urheberrechten der Klägerin zu entnehmen gewesen sei (in diesem Sinne auch Schriftsatz der Beklagten vom 24.07.2006, S. 32; hierzu unten II. A. 3. b) dd).
cc)
Die Beklagte haftet für die festgestellten Urheberrechtsverletzungen seitens der unter Pseudonymen auftretenden Anbieter weder als Täterin noch als Teilnehmerin. Die Beklagte erfüllt durch ihre Tätigkeit nicht die Merkmale einer Urheberrechtsverletzung, weil sie selbst die betreffenden Übersetzungen nicht anbietet. Auch eine Haftung als Teilnehmerin an Urheberrechtsverletzungen seitens der genannten Anbieter scheidet aus, weil die insoweit allein in Betracht zu ziehende Gehilfenstellung zumindest einen bedingten Vorsatz voraussetzt, der das Bewusstsein der Rechtswidrigkeit einschließen muss (vgl. BGHZ 158, 236, 250 – Internet-Versteigerung). Da die Beklagte die Angebote vor Veröffentlichung nicht zur Kenntnis nimmt, diese vielmehr automatisch durch die Anbieter ins Internet gestellt werden (vgl. Anlage K 27), scheidet eine vorsätzliche Teilnahme der Beklagten insoweit aus. Allerdings hat der Bundesgerichtshof im Urteil vom 11.03.2004 – I ZR 304/01 = BGHZ 158, 236, 250 – Internet-Versteigerung offengelassen, ob eine Gehilfenstellung eines Diensteanbieters im Sinne des § 11 TDG – die Beklagte ist ein solcher Diensteanbieter – in Betracht zu ziehen ist, wenn die Pflichten, die sich aus dessen Stellung als Störer ergeben, nachhaltig verletzt werden. Eine derartige Teilnehmerhaftung eines Diensteanbieters im Sinne des § 11 TDG mag grundsätzlich durchaus in Betracht kommen. Die Voraussetzungen hierfür liegen im Streitfall jedoch, wie nachstehend im Zusammenhang mit der Haftung der Beklagten als Störerin erörtert wird (vgl. unten II. A. 3. b) gg)), nicht vor.
dd)
Die Beklagte haftet für die von den Anbietern „3…“, „j….“ und „l…“ durch das Anbieten von deutschen Übersetzungen unter den Artikelnummern 6967816… und 6968354… (Internetausdrucke vom 12.07.2005 und 14.07.2005, Anlagenkonvolut K 22), unter der Artikelnummer 6971691… (Internetausdruck vom 11.08.2005, Anlage K 23) und unter der Artikelnummer 6981615… (Internetausdruck vom 12.10.2005, Anlage K 26) begangenen Urheberrechtsverletzungen als Störerin.
Grundsätzlich kann derjenige, der, ohne Täter oder Teilnehmer zu sein, in irgendeiner Weise – sei es auch ohne Verschulden – willentlich und adäquat kausal zu einer Urheberrechtsverletzung beigetragen hat, als Störer in Anspruch genommen werden (vgl. BGH GRUR 1999, 418, 419 – Möbelklassiker). Weil die Störerhaftung aber nicht über Gebühr auf Dritte erstreckt werden darf, die nicht selbst die rechtswidrige Beeinträchtigung vorgenommen haben, setzt die Haftung des Störers die Verletzung von Prüfungspflichten voraus (vgl. BGHZ 158, 236, 251 – Internet-Versteigerung). Deren Umfang bestimmt sich danach, ob und inwieweit dem als Störer In-Anspruch-Genommenen nach den Umständen eine Prüfung zuzumuten ist (vgl. BGHZ 158, 236, 251 m.w.N. – Internet-Versteigerung). Einem Unternehmen, das – wie die Beklagte – im Internet eine Online-Handelsplattform für Verkäufe Dritter betreibt, ist es nicht zuzumuten, jedes Angebot vor Veröffentlichung im Internet auf eine mögliche Rechtsverletzung hin zu untersuchen (vgl. BGHZ 158, 236, 251 – Internet-Versteigerung). Eine solche Obliegenheit würde das gesamte Geschäftsmodell in Frage stellen (vgl. BGHZ 158, 236, 251 – Internet-Versteigerung) und mit dem sich aus § 8 Abs. 2 Satz 1 TDG ergebenden Verbot proaktiver Überwachungspflichten kollidieren (vgl. Spindler in Spindler/Schmitz/Geis aaO § 8 TDG, Rdn. 11). Andererseits ist zu bedenken, dass die Beklagte durch ihr geschuldete Entgelte und Provisionen (vgl. die Übersicht „Allgemeine Gebühren“, Anlage K 26) an dem Verkauf urheberrechtsverletzender Waren beteiligt ist. Unter diesen Umständen kommt dem Interesse der Beklagten an einem möglichst kostengünstigen und reibungslosen Ablauf ihres Geschäftsbetriebs ein geringeres Gewicht zu als beispielsweise dem Interesse der Registrierungsstelle für Domainnamen an einer möglichst schnellen und preiswerten Domainvergabe (vgl. BGHZ 158, 236, 252 – Internet-Versteigerung). Dies bedeutet, dass ein Diensteanbieter wie die Beklagte immer dann, wenn er auf eine klare Rechtsverletzung hingewiesen worden ist, nicht nur das konkrete Angebot unverzüglich sperren muss (vgl. § 11 Satz 1 Nr. 2 TDG), sondern auch Vorsorge treffen muss, dass es möglichst nicht zu weiteren derartigen Urheberrechtsverletzungen kommt (vgl. BGHZ 158, 236, 252 – Internet-Versteigerung). Die Prüfungspflicht des Diensteanbieters im Sinne des § 11 TDG wird erst durch die – im Regelfall durch Stellungnahmen des Rechtsinhabers bewirkte – Kenntnis von rechtsverletzenden Fremdinformationen „aktiviert“ (vgl. Hacker/Ströbele, MarkenG, 8. Aufl., § 14, Rdn. 216). Daraus folgt, dass es zu einer Störerhaftung des Diensteanbieters im Sinne des § 11 TDG erst im Hinblick auf Rechtsverletzungen kommen kann, die einer klaren Rechtsverletzung nachfolgen, von der dem Diensteanbieter Kenntnis verschafft worden ist (vgl. Hacker/Ströbele aaO).
Im Streitfall wurde der Beklagten durch die Anwaltsschreiben der Klägerin vom 02.09.2004 (Anlage K 7) und vom 22.09.2004 (Anlage K 12) nicht in ausreichender Weise Kenntnis von klaren Urheberrechtsverletzungen seitens der genannten Anbieter verschafft. Diese Schreiben enthalten keine näheren Darlegungen zur Urheberrechtschutzfähigkeit der übersetzten Lehrbuchtexte, die sich bei einem Lateinlehrbuch, das ggf. auch antike bzw. mittelalterliche Originaltexte enthalten kann, nicht von selbst versteht. Die genannten Schreiben enthalten auch keine hinreichenden Ausführungen zur Rechtsinhaberschaft der Klägerin, bei der es sich um eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts handelt, deren Gesellschafter u.a. die O. Schulbuchverlag GmbH, eine Kapitalgesellschaft ist; Urheber kann im deutschen Recht nur eine natürliche Person, niemals eine juristische Person sein (vgl. Schack, Urheber- und Urhebervertragsrecht, 3.Aufl., Rdn. 267). Die genannten Defizite sind erst während des erstinstanzlichen gerichtlichen Verfahrens durch den Schriftsatz der Klägerin vom 24.06.2005 (Bl. 39/55) behoben worden, mit dem insbesondere auszugsweise Übersetzungen, wie sie über das Internet rechtswidrig verbreiten wurden, vorgelegt wurden (vgl. Anlage K 16) und mit dem die Rechtsinhaberschaft der Klägerin belegt wurde (vgl. Anlagen K 17, K 18). Die Abschrift dieses Schriftsatzes nebst Anlagen ist am 30.06.2005 an die Beklagtenvertreter hinausgegeben worden (vgl. Bl. 39); damit ist der Beklagten, die nach den Ausführungen im Berufungserwiderungsschriftsatz vom 04.05.2005, S. 2-3 bereits zu diesem Zeitpunkt Kenntnis vom Inhalt des Lehrbuchs „Cu. Co., Texte und Übungen, Latein, Ausgabe A“ hatte, mit Zugang des klägerischen Schriftsatzes vom 24.06.2005 in ausreichender Weise Kenntnis von klaren Urheberrechtsverletzungen seitens der Anbieter deutscher Übersetzungen von lateinischen Texten aus diesem Lehrbuch, wie sie die Klägerin mit den Anlagen K 2, K 4, K 5, K 6, K 10, K 11, K 14 und K 15 gegenüber der Beklagten beanstandet hatte, verschafft worden; aus den genannten Angeboten geht auch hervor, dass es sich nicht um den von der Klägerin herausgegebenen, als Anlage Bk 21 vorgelegten Lehrerband (vgl. das Angebot unter der Artikelnummer 692669… des Anbieters „sch…“ (Internetausdruck vom 13.09.2004, Anlagenkonvolut K 10), wo es u.a. heißt „für alle, denen die Lektionen nicht reichen: Auch der Lehrerband (enthält die Lösungen für alle Übungen, V/E-Texte etc.) für 27,00 Euro auf Nachfrage hin erhältlich“ sowie das Angebot mit der Artikelnummer 6942335… des Anbieters „3…“ (Internetausdruck vom 10.01.2005, Anlagenkonvolut K 15), wo es heißt: „In meinen anderen Auktionen findet ihr das Lehrerbuch zu dem selben Band.“) handelt und auch nicht um von der Klägerin anderweitig konsentierte Angebote von deutschen Übersetzungen (vgl. das Angebot mit der Artikelnummer 6112273… des Anbieters „j…“ (Internetausdruck vom 11.08.2004, Anlage K 6), wo es u.a. heißt:„Diese Lösungen sind leider nirgendwo mehr im Internet zu finden, weil sich die Betreiber der jeweiligen Seiten strafbar machen.“). Die Beklagte haftet deshalb für gleichgelagerte Urheberrechtsverletzungen nach Zugang des klägerischen Schriftsatzes vom 24.06.2005, wie sie mit den Angeboten der Anbieter „3…“, „j….“ und „l…“ unter den Artikelnummern 6967816… und 6968354… (Internetausdrucke vom 12.07.2005 und 14.07.2005, Anlagenkonvolut K 22), der Artikelnummer 6971691… (Internetausdruck vom 11.08.2005 (Anlage K 23) und der Artikelnummer 6981615… (Internetausdruck vom 12.10.2005, Anlage K 26) erfolgt sind, als Störerin. Die Beklagte hat im Termin vom 03.08.2006 eingeräumt, dass ihr technische Maßnahmen in Gestalt von Filtersoftware zur Verfügung stehen, mit denen derartigen urheberrechtsverletzenden Angeboten jedenfalls in bestimmtem Umfang entgegengewirkt werden kann. Für etwaige Zuwiderhandlungen gegen die ausgesprochene Verurteilung zur Unterlassung wäre die Beklagte im Übrigen nur haftbar zu machen, wenn sie ein Verschulden trifft (vgl. BGHZ 158, 236, 252 – Internet-Versteigerung).
Der Unterlassungsverurteilung der Beklagten unter dem Gesichtspunkt der Störerhaftung steht auch nicht entgegen, dass die Beklagte der Klägerin angeboten hat, sich für das VeRI-Programm (Verifizierte Rechteinhaber-Programm) anzumelden, was die Klägerin bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung im Berufungsverfahren nicht getan hat. Wenn der Beklagten wie hier die Kenntnis von klaren Rechtsverletzungen verschafft worden ist, muss die Beklagte Vorsorge treffen, dass es möglichst nicht zu weiteren derartigen Verletzungen kommt (vgl. BGHZ 158, 236, 252 – Internet-Versteigerung). Diesen aus der Stellungder Beklagten als Störerin resultierenden Pflichten kann sich die Beklagte nicht vollständig dadurch entledigen, dass sie auf die Möglichkeit der Teilnahme am VeRI-Programm verweist und auf die Mitwirkung der Rechtsinhaber im Rahmen dieses Programms baut. Das Urteil des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 14.09.2005 – I-15 U 180/05 = CR 2006, 482, 484, auf das sich die Beklagte in diesem Zusammenhang bezogen hat (Schriftsatz vom 24.07.2006, S. 35), steht der Unterlassungsverurteilung im Streitfall nicht entgegen. Allerdings hat das Oberlandesgericht Düsseldorf aaO ausgeführt, dass gegen diedortige Beklagte, die Betreiberin eines Online-Meinungsforums, der geltend gemachte Unterlassungsanspruch bestehe, weil die Beklagte dem Kläger die Identität des Teilnehmers „K“ nicht bekannt gegeben habe und der Kläger diesen deswegen nicht auf Unterlassung bestimmter Äußerungen habe in Anspruchnehmen können. Dieses Urteil betrifft indes eine hier nicht einschlägige, von presse- undmeinungsrechtlichenGrundsätzen geprägteKonstellation.
ee)
§ 11 Satz 1 TDG steht der Unterlassungsverurteilung im Streitfall nicht entgegen. Das Haftungsprivileg des § 11 Satz 1 TDG, das den Diensteanbieter, der fremde Informationen für einen Nutzer speichert („Hosting“), von einer Verantwortlichkeit freistellt, betrifft nicht den Unterlassungsanspruch (vgl. BGHZ 158, 236, 245-248 – Internet-Versteigerung).
ff)
Soweit die Klägerin in erster Linie das von konkreten Verletzungsformen abstrahierende Verbot erstrebt, dass der Beklagten generell verboten werden möge, an der Verbreitung deutscher Übersetzungen von lateinischen Texten aus dem Lehrbuch „Cu. Co., Texte und Übungen, Latein, Ausgabe A“ mitzuwirken, kann dem Unterlassungsantrag nicht stattgegeben werden. Die Beklagte hat in der Berufungsbegründung zu Recht gerügt, dass der Tenor des Urteils des Landgerichts insoweit zu weit gehe, als die Beklagte nicht nur zur Unterlassung der Mitwirkung an der Verbreitung von Dritten erstellter Übersetzungen von lateinischen Texten aus dem Lehrbuch „Cu. Co., Texte und Übungen, Latein, Ausgabe A“ verurteilt worden sei, sondern auch zur Unterlassung der Mitwirkung an der Verbreitung des von der Klägerin Anbieter „j…“ unter der Artikelnummer 6971691… (Internetausdruck vom 11.08.2005, Anlage K 23) und durch den Anbieter „l…“ unter der Artikelnummer 6981615… (Internetausdruck vom 12.10.2005, Anlage K 26) beschränkt wird; bei diesen Angeboten geht es nicht um den Lehrerband bzw. dessen Weiterverkauf.
Die genannte Beschränkung ändert nichts daran, dass aus dem vorliegenden Unterlassungsurteil später ggf. auch wegen solcher Verstöße gegen das Unterlassungsgebot vollstreckt werden kann, die der Verbotsform im Kern entsprechen (vgl. BGH WRP 2006, 590, 592, Rdn. 27 – Markenparfümverkäufe).
gg)
Eine weitergehende Haftung der Beklagten als Teilnehmerin an den von Anbietern begangenen Urheberrechtsverletzungen infolge nachhaltiger Verletzung der Pflichten, die sich aus der Stellung der Beklagten als Störerin ergeben, kann entgegen der Auffassung des Landgerichts (Urteil vom 11.01.2006, S. 15-17) im Streitfall nicht angenommen werden. Wie erörtert, ist der Beklagten erst durch den Schriftsatz der Klägerin vom 24.06.2005 in ausreichender Weise Kenntnis von klaren Rechtsverletzungen seitens der Anbieter, die deutsche Übersetzungen von lateinischen Texten aus dem Lehrbuch „Cu. Co., Texte und Übungen, Ausgabe A“ anbieten, verschafft worden; erst dadurch ist die Haftung der Beklagten als Störerin ausgelöst worden. Danach sind durch die von der Klägerin vorgelegten Internetausdrucke vom 12.07.2005 (Artikelnummer 6967816…, Anlagenkonvolut K 22), 14.07.2005 (Artikelnummer 6968354…, Anlagenkonvolut K 22), 11.08.2005 (Artikelnummer 6971691…, Anlage K 23) und vom 12.10.2005 (Artikelnummer 6981615…; Anlage K 26) vier weitere gleichgelagerte Angebote belegt, wobei die mit dem Schriftsatz der Klägerin vom 29.08.2005 beanstandeten Angebote (Anlagenkonvolut K 22, Anlage K 23) zum Zeitpunkt des Zugangs dieses Schriftsatzes bei der Beklagten bereits abgelaufen waren. Darüber hinaus sind von der Klägerin keine weiteren Internetausdrucke mit späteren Angeboten vorgelegt worden; nach dem nicht widerlegten Vorbringen der Beklagten im Termin vom 03.08.2006 ist nach dem 12.10.2005 aufgrund der von dieser ergriffenen Maßnahmen nur noch ein Angebot aufgetaucht, das eine Übersetzung des von der Klägerin herausgegebenen Lehrbuchs „Cu. Co., Texte und Übungen, Latein, Ausgabe A“ zum Gegenstand hatte. Bei dieser Sachlage kann von einer nachhaltigen Verletzung der Pflichten der Beklagten, die sich aus ihrer Stellung als Störerin ergeben, nicht gesprochen werden, zumal die Beklagte auch mit dem VeRI-Programm, auf das die Klägerin bereits mit den Schreiben vom 10.09.2004 (Anlage K 9) und vom 30.09.2004 (Anlage K 13) aufmerksam gemacht worden war, generell bestrebt ist, urheberrechtsverletzenden Angeboten entgegenzuwirken.
hh)
Eine weitergehende Haftung der Beklagten kann entgegen der Auffassung der Klägerin (Schriftsatzvom 24.06.2005, S. 4) auch nicht auf die Vorschriften des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb gestützt werden. Insoweit sind schon die Anwendungsvoraussetzungen dieses Gesetzes nicht hinreichend dargetan. Die Vorschriften des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb sind nur anwendbar, wenn eine Wettbewerbshandlung (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG) vorliegt. Das setzt neben der objektiven Eignung der Handlung, zu Gunsten des eigenen oder eines fremden Unternehmens den Absatz oder Bezug von Waren oder Dienstleistungen zu fördern, eine entsprechende Wettbewerbsförderungsabsicht voraus (vgl. Köhler GRUR-RR 2006, 113 m.w.N.). Die Absicht der Beklagten, ihren eigenen Wettbewerb als Betreiberin einer Online-Handelsplattform zu fördern, hat im vorliegenden Zusammenhang außer Betracht zu bleiben (vgl. BGH WRP 2006, 1109, 1111, Rdn. 24 – Rechtsanwalts-Ranglisten). Denn die Klägerin wird durch eine derartige Förderung nicht unmittelbar in ihrer Rechtsstellung betroffen (vgl. BGH WRP 2006, 1109, 1111, Rdn. 24 – Rechtsanwalts-Ranglisten). Eine Absicht der Beklagten zur Förderung fremden Wettbewerbs, nämlich des Wettbewerbs der Anbieter deutscher Übersetzungen von lateinischen Texten des Lehrbuchs „Cu. Co., Texte und Übungen, Ausgabe A“, sofern es sich bei diesen Anbietern überhaupt um fremde Unternehmen im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG handeln sollte, kann nicht festgestellt werden. Im Fall der Förderung fremden Wettbewerbs wird die Wettbewerbsförderungsabsicht nicht vermutet, sondern muss positiv festgestellt werden (vgl. Köhler, GRUR-RR 2006, 1). Zwar braucht die Wettbewerbsförderungsabsicht nicht der alleinige oder wesentliche Beweggrund zu sein, sondern es genügt, dass sie nicht völlig hinter anderen Beweggründen zurücktritt (vgl. Köhler in Hefermehl/Bornkamm/Köhler, UWG, 24. Aufl., § 2, Rdn. 26 m.w.N). Im Streitfall kann indes aus den vorstehend genannten Gründen, mit denen eine Haftung der Beklagten als an Urheberrechtsverletzungen, die von Anbietern deutscher Übersetzungen von lateinischen Texten des Lehrbuchs „Cu. Co., Texte und Übungen, Ausgabe A“ begangen worden sind, verneint worden ist, eine Absicht der Beklagten, den Wettbewerb dieser Anbieter zu fördern, nicht festgestellt werden.
4.
Der Ordnungsmittelandrohung nach § 890 Abs. 2 ZPO steht im Streitfall nicht entgegen, dass die Beklagte ihren Sitz im Ausland, nämlich in der Schweiz hat (vgl. BGH GRUR 1971, 153, 155 – Tampax; Schack, Internationales Zivilverfahrensrecht, 3. Aufl., Rdn. 979). In dieser Androhung liegt kein unzulässiger Übergriff in ausländische Hoheitsgewalt.
5.
a)
Der Auskunftsantrag der Klägerin ist zulässig. Insbesondere fehlt das Rechtsschutzbedürfnis für diesen Antrag nicht, auch nicht teilweise, deshalb, weil die Klägerin ihr Rechtsschutzziel auf einfacherem und billigerem Weg durch Teilnahme am VeRI-Programm erreichen könnte. Allerdings willigt jeder e…- Anbieter, worauf mit gerichtlicher Verfügung vom 27.07.2006 (Bl. 257/258) hingewiesen wurde, in Nr. 8 der Erklärung „Einwilligung in die Verarbeitung meiner personenbezogenen Daten“ (abrufbar unter darin ein, dass die Beklagte seinen Namen und seine Anschrift und, soweit es im Einzelfall erforderlich ist, andere personenbezogene Daten Teilnehmern des Verifizierte Rechteinhaber Programms (VeRI) übermittelt, wenn diese der Beklagten mitteilen, dass eines der Angebote des Anbieters Schutzrechte, insbesondere Urheber- und Leistungsschutzrechte, verletzt. Die Teilnahme am VeRI-Programm hat jedoch nicht allein zum Zweck, Auskünfte über Verletzer zugunsten von Rechtsinhabern zu ermöglichen; dieses Programm ist vielmehr, wie die Beklagte im Termin vom 03.08.2006 erläutert hat, auf eine weitergehende Kooperation zwischen Rechtsinhabern und der Beklagten angelegt (vgl. auch die Darstellung „Das Verifizierte Rechteinhaber-Programm (VeRI) (Anlage Bk 15)), auf die sich die Klägerin indes nicht einlassen muss. Deshalb kann das Rechtsschutzbedürfnis für den Auskunftsantrag nicht mit Blick auf die Möglichkeit der klägerischen Teilnahme am VeRI-Programm verneint werden.
b) Der Auskunftsantrag ist nur teilweise, nämlich im Umfang der Verurteilung gemäß Nr. 1. II. des Tenors des vorliegenden Urteils, begründet.
aa)
Die Frage, ob der Klägerin Auskunftsansprüche zustehen, richtet sich nach dem zur Zeit der geltend gemachten Verletzungshandlungen – die vorgelegten Internetausdrucke von beanstandeten Angeboten datieren aus dem Zeitraum vom 10.08.2004 bis 12.10.2005 – geltenden Recht (vgl. BGH GRUR 2005, 167, 168 – Puppenausstattungen).
bb)
Der geltend gemachte Auskunftsanspruch kann von vornherein nicht mit Erfolg auf § 101a UrhG gestützt werden, soweit er sich auf Angaben erstreckt, die über die in § 101a Abs. 2 UrhG genannten Angaben hinausgehen. Soweit sich der von der Klägerin geltend gemachte Auskunftsanspruch auf solche weitergehenden Angaben erstreckt, kann dieser Anspruch auch nicht mit Erfolg auf § 242 BGB zur Vorbereitung eines Schadensersatzanspruchs gestützt werden, weil die Beklagte weder Täterin noch Teilnehmerin einer Urheberrechtsverletzung ist – die Störerhaftung eröffnet keinen Schadensersatzanspruch (vgl. BGHZ 157, 236, 253 – Internet-Versteigerung) – und auch die Voraussetzungen für eine Haftung nach dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb nicht gegeben sind.
cc)
Zu Recht hat das Landgericht angenommen, dass die streitgegenständlichen Übersetzungen als Vervielfältigungsstücke im Sinne von § 101a UrhG anzusehen sind. Auf die Ausführungen im angefochtenen Urteil unter I. 2. b der Entscheidungsgründe wird Bezug genommen.
dd)
Die Beklagte ist als Störerin – wie erörtert, haftet die Beklagte in bestimmtem Umfang als Störerin – für einen Auskunftsanspruch nach § 101a UrhG grundsätzlich passivlegitimiert. Nach dieser Bestimmung, die durch das Gesetz zur Stärkung des Schutzes des geistigen Eigentums und zur Bekämpfung der Produktpiraterie (Produktpirateriegesetz) vom 07.05.1990 (BGBl I S. 422) mit Wirkung vom 01.07.1990 eingeführt worden ist, kann derjenige, der im geschäftlichen Verkehr durch die Herstellung oder Verbreitung von Vervielfältigungsstücken das Urheberrecht verletzt, vom Verletzten auf unverzügliche Auskunft über die Herkunft und den Vertriebsweg dieser Vervielfältigungsstücke nach Maßgabe von § 101a Abs. 2 UrhG in Anspruch genommen werden, es sei denn, dass dies im Einzelfall unverhältnismäßig ist. Verletzer im Sinne von § 101a Abs. 1 UrhG ist grundsätzlich auch der Störer, der ggf. schuldlos zu einer Urheberrechtsverletzung beigetragen hat; dies ergibt sich eindeutig aus den Gesetzesmaterialien (vgl. Begründung zum Regierungsentwurf des Gesetzes zur Bekämpfung der Produktpiraterie, BT-Drucks. 11/4792, S. 31; ebenso Schricker/Wild, Urheberrecht, 3. Aufl., § 101a, Rdn. 7; a.M. OLG Frankfurt ZUM 2005, 324, 326 f.). Deshalb steht dem Auskunftsanspruch nach § 101a UrhG – entgegen der Auffassung der Beklagten – nicht entgegen, dass diese nicht in eine Vertriebskette eingebunden ist, bei der die Vervielfältigungsstücke in ihre Hände gelangen. Die Beklagte hat auch im geschäftlichen Verkehr gehandelt. Mit dem Merkmal „im geschäftlichen Verkehr“ sind allein private Endnutzer von der Auskunftspflicht gänzlich ausgenommen (vgl. Dreier/Schulze, UrhG, 2. Aufl., § 101a, Rdn. 6); ein solcher privater Endnutzer ist die Beklagte nicht. Allerdings ist die Auskunftspflicht eines Störers wie der Beklagten nach § 101a UrhG zeitlich auf den Zeitraum ab Eintritt der Störerhaftung, hier ab dem 12.07.2005, zu begrenzen. Eine Auskunftshaftung für den Zeitraum vor Eintritt der Störerhaftung würde mit der Wertung des § 8 Abs. 2 Satz 1 TDG, aus dem sich ein Verbot proaktiver Überwachungspflichten ergibt, kollidieren (vgl. Spindler/Dorschel, CR 2005, 38, 41 ff.; vgl. auch BGH GRUR 1988, 307, 308 – Gaby; BGH GRUR 1995, 50, 54 – Indorektal/Indohexal)
ee)
Soweit die Klägerin Auskunft über Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer der Übersetzungen verlangt, ist dieser Antrag unter Berücksichtigung der hierfür von der Klägerin gegebenen Begründung dahingehend auszulegen, dass die Klägerin jedenfalls auch und in erster Linie Auskunft über Namen und Anschriften der Anbieter einschlägiger Übersetzungen auf der Online-Handelsplattform der Beklagten unter www.e….de begehrt. Dieses Auskunftsersuchen ist von § 101a Abs. 2 UrhG gedeckt; nach den betreffenden Angeboten (vgl. Anlagen K 22, K23, K 26) ist davon auszugehen, dass die Anbieter zum Zeitpunkt des jeweiligen Angebots im Besitz der Übersetzungen waren. Ein weitergehender Auskunftsanspruch hinsichtlich Namen und Anschriften von Herstellern, Lieferanten, anderen Vorbesitzern oder gewerblichen Auftraggebern, die mit den genannten Anbietern nicht personenidentisch sind, steht der Klägerin angesichts der tatsächlichen Gegebenheiten im Streitfall nicht zu. Die Beklagte hat in der Berufungsbegründung vom 20.04.2006, S. 32 dargetan, dass sie schon deshalb keine Auskunft über Lieferanten und andere Vorbesitzer erteilen könne, weil sie lediglich eine technische Infrastruktur für die Veröffentlichung von Verkaufsangeboten bereitstelle; damit hat die Beklagte der Sache nach eine Negativauskunft erteilt, nämlich dass sie über Namen und Anschriften von Herstellern, Lieferanten, anderen Vorbesitzern und gewerblichen Auftraggebern, die nicht mit den Anbietern personenidentisch sind, nichts weiß. Hingegen sind Zeitdauer und Umfang des Angebots einschlägiger Übersetzungen von der Beklagten mitzuteilen, da sich der Auskunftsanspruch nach § 101a Abs.1, Abs. 2 UrhG auf die Menge der Vervielfältigungsstücke erstreckt.
ff)
Das durch Art. 10 Abs. 1 GG geschützte Fernmeldegeheimnis wird durch die von der Klägerin im Streitfall begehrte Auskunft nicht tangiert. Die im Herrschaftsbereich eines Kommunikationsteilnehmers gespeicherten Inhalte und Umstände einer Kommunikation werden außerhalb des laufenden Kommunikationsvorgangs nicht durch Art. 10 Abs. 1 GG geschützt (vgl. BVerfG NJW 2006, 976, 978). Im Streitfall sind die Kommunikationsvorgänge, aus denen die nach § 101a UrhG auskunftspflichtigen Angaben resultieren, bereits abgeschlossen.
gg)
Soweit sich die Auskunftsverurteilung gemäß dem Tenor des vorliegenden Urteils auf personenbezogene Daten der Anbieter erstreckt, ist mit ihr allerdings ein Eingriff in deren Recht auf informationelle Selbstbestimmung (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) verbunden, für den § 101a UrhG indes eine hinreichende gesetzliche Grundlage darstellt und der angesichts der vom Landgericht festgestellten Urheberrechtsverletzungen seitens der Anbieter von Übersetzungen auch einer Verhältnismäßigkeitsprüfung (vgl. § 101a Abs. 1 letzter Halbsatz; BT-Drucks. 11/ S. 4792, S. 32; BVerfG NJW 2006, 976, 980 f.) standhält. Im Hinblick darauf, dass sich die Klägerin im Streitfall ebenfalls auf eine grundrechtlich geschützte Position berufen kann, weil die Befugnis zur wirtschaftlichen Verwertung urheberrechtlich geschützter geistiger Leistungen als vermögenswertes Recht von der Eigentumsgarantie des Art. 14 GG erfasst (vgl. BVerfG ZUM 1999, 633, 636 – Heidemörder) wird, ist der mit der Auskunftsverurteilung gemäß dem Tenor des vorliegenden Urteils verbundene Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung der Anbieter bei einer Abwägung der beiderseitigen Interessen gerechtfertigt, zumal die Anbieter durch Nr. 8 der bereits erwähnten Erklärung „Einwilligung in die Verarbeitung meiner personenbezogenen Daten“ einer Übermittlung personenbezogener Daten an dritte Rechtsinhaber für den Fall, dass Angebote deren Urheberrechte verletzen, grundsätzlich zugestimmt haben.
hh)
Im Umfang der Auskunftsverurteilung gemäß dem Tenor des vorliegenden Urteils stehen der Auskunftserteilung seitens der Beklagten die Regelungen des Teledienstedatenschutzgesetzes nicht entgegen.
(1)
Das Teledienstedatenschutzgesetz ist im Streitfall anwendbar, weil die Beklagte, die eine inländische Zweigniederlassung hat, personenbezogene Daten im Inland erhebt, verarbeitet und nutzt (vgl. § 1 Abs. 5 BDSG).
(2)
Nach § 3 Abs. 1 TDDSG dürfen personenbezogene Daten zur Durchführung von Telediensten nur erhoben, verarbeitet und genutzt werden, soweit dieses Gesetz oder eine andere Rechtsvorschrift es erlaubt oder der Nutzer eingewilligt hat. Nach § 3 Abs. 2 TDDSG darf der Diensteanbieter für die Durchführung von Telediensten erhobene personenbezogene Daten für andere Zwecke nur verarbeiten und nutzen, soweit dieses Gesetz oder eine andere Rechtsvorschrift es erlaubt oder der Nutzer eingewilligt hat. Nach § 5 Satz 1 TDDSG darf der Diensteanbieter personenbezogene Daten eines Nutzers ohne dessen Einwilligung nur erheben, verarbeiten und nutzen, soweit sie für die Begründung, inhaltliche Ausgestaltung oder Änderung eines Vertragsverhältnisses mit ihm über die Nutzung von Telediensten erforderlich sind (so genannte Bestandsdaten). Zu den Bestandsdaten zählen insbesondere Name und Anschrift des Nutzers (vgl. Schmitz in Spindler/Schmitz/Geis aaO § 3 TDDSG, Rdn. 5). Nach Maßgabe der hierfür geltenden Bestimmungen darf der Diensteanbieter gemäß § 5 Satz 2 TDDSG Auskunft bezüglich Bestandsdaten an Strafverfolgungsbehörden und Gerichte für Zwecke der Strafverfolgung erteilen. § 6 TDDSG regelt die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung von Nutzungsdaten durch den Diensteanbieter. § 3 Abs. 2 TDDSG bezieht sich, wie sich aus den Gesetzesmaterialien ergibt (vgl. Begründung zum Regierungsentwurf des Gesetzes über rechtliche Rahmenbedingungen für den elektronischen Geschäftsverkehr, BT-Drucks. 14/6098, S. 29), auch auf die Verarbeitung und Nutzung von Bestandsdaten. Im Streitfall liegt allerdings keine hinreichende Einwilligung der Nutzer, deren Angebote von der Klägerin beanstandet werden, zur Auskunftserteilung an die Klägerin vor. Die bereits erwähnte Erklärung „Einwilligung in die Verarbeitung meiner personenbezogenen Daten“ (abrufbar unter , die jeder akzeptieren muss, bevor er auf der Online-Handelsplattform der Beklagten unter www.e….de als Anbieter zugelassen wird, erstreckt sich lediglich auf eine Übermittlung personenbezogener Daten der Nutzer an Teilnehmer des Verifizierte Rechteinhaber Programms (VeRI). Wie bereits erörtert, hat sich die Klägerin für dieses Programm bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung im Berufungsverfahren nicht angemeldet, weshalb die genannte Einwilligungserklärung eine Übermittlung personenbezogener Daten der Nutzer an die Klägerin nicht deckt.
Entgegen der Auffassung des Landgerichts ist auch ein Rückgriff auf § 28 Abs. 3 Nr. 1 BDSG im Anwendungsbereich des Teledienstedatenschutzgesetzes nicht möglich. Die Erlaubnistatbestände des Teledienstedatenschutzgesetzes sind abschließend; Diensteanbieter können sich nicht auf allgemeine Erlaubnistatbestände des Bundesdatenschutzgesetzes berufen, wenn die Voraussetzungen für eine gesetzliche Erlaubnis hinsichtlich des Umgangs mit personenbezogenen Daten der Nutzer nach dem Teledienstedatenschutzgesetz nicht gegeben sind (vgl. Begründung zum Regierungsentwurf des Gesetzes über rechtliche Rahmenbedingungen für den elektronischen Geschäftsverkehr, BT-Drucks. 14/6098, S. 14, S. 29). § 101a UrhG ist jedoch eine „andere Rechtsvorschrift“ im Sinne von § 3 Abs. 2 TDDSG (a.M. Sieber/Höfinger, MMR 2004, 575, 584). Dass der Gesetzgeber des Produktpirateriegesetzes bei der Einführung von § 101a UrhG im Jahr 1990 den besonderen Gegebenheiten bei Telediensten nicht speziell Rechnung getragen, sondern mit § 101a UrhG eine Vorschrift erlassen hat, die zwischen Online- und Offlinebereich nicht differenziert, steht der Anwendung von § 101a UrhG gegenüber Diensteanbietern im Sinne des § 11 TDG wie der Beklagten nicht grundsätzlich entgegen.
Ohne Erfolg beruft sich die Beklagten in diesem Zusammenhang im Schriftsatz vom 24.07.2006, S. 25 ff. auf die Regelungen betreffend Verkehrsdaten in der Richtlinie 2002/58/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12.07.2002, geändert durch die Richtlinie 2006/24/EG, über die Verarbeitung personenbezogener Daten und den Schutz der Privatsphäre in der elektronischen Kommunikation (Datenschutzrichtlinie für elektronische Kommunikation). Allerdings gilt diese Richtlinie 2002/58/EG auch für den Spindler/ Dorschel, CR 2006, 341, 345). Verkehrsdaten sind nach Art. 2 Buchst. b der Richtlinie 2002/58/EG Daten, die zum Zwecke der Weiterleitung einer Nachricht an ein elektronisches Kommunikationsnetz oder zum Zwecke der Fakturierung dieses Vorgangs bearbeitet werden. Die Beklagte hat nicht schlüssig dargetan, dass sich die Auskunftsverurteilung in dem gemäß dem Tenor des vorliegenden Urteils titulierten Umfang auf Verkehrsdaten in dem genannten Sinn erstreckt. Die Beklagte hat auch nicht schlüssig dargetan, dass die Auskunft in dem genannten Umfang deshalb nicht erteilt werden kann, weil dazu auf Verkehrsdaten zurückgegriffen werden müsste, die bereits gelöscht wären oder zu löschen sind (vgl. auch Spindler/Dorschel, CR 2006, 341, 346, die ausführen, dass die Erfüllung eines Auskunftsanspruchs im Falle der Identifikation von Teilnehmern einer Internet-Auktion keine Verarbeitung von Verkehrsdaten erfordert und dass insoweit die Datenschutzrichtlinie 2002/58/EG nationalen Erlaubnistatbeständen nicht entgegensteht).
jj)
Die Auskunftsverurteilung in dem durch den Tenor des vorliegenden Urteils titulierten Umfang erstreckt sich über die konkreten Verletzungshandlungen (vgl. Anlagen K 22, K 23, K 26) hinaus auch auf solche Handlungen, die diesen Verletzungshandlungen im Kern gleichartig sind (vgl. BGH WRP 2006, 749, 753, Rdn. 36 – Parfümtestkäufe, zur Parallelvorschrift des § 19 MarkenG).
kk)
Rechnungslegung kann die Klägerin im Rahmen von § 101a UrhG nicht verlangen (vgl. Dreier/Schulze, UrhG, 2. Aufl., § 101a, Rdn. 4; Lütje in Möhring/Nicolini, UrhG, 2. Aufl., § 101a, Rdn. 4).
ll)
Das vorstehende Ergebnis ändert sich im Streitfall nicht durch die Richtlinie 2004/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29.04.2004 zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums. Art. 8 der Richtlinie 2004/48/EG, der ein Recht auf Auskunft normiert, ist im Streitfall nicht im Wege der richtlinienkonformen Auslegung des deutschen Rechts zu berücksichtigen, weil die Verletzungshandlungen, an die der geltend gemachte Auskunftsanspruch anknüpft, in den Zeitraum vor dem Ablauf der Umsetzungsfrist (29.04.2006; vgl. Art. 20 Abs. 1 der Richtlinie 2004/48/EG) fallen. Die Verpflichtung der Gerichte zur richtlinienkonformen Auslegung gilt nicht bereits mit der Verabschiedung 249 Abs. 3 EG räumt den Mitgliedstaaten bei der Umsetzung von Richtlinien ein Ermessen ein (vgl. BGHZ 138, 55, 61- Testpreis-Angebote). Die subsidiäre Verpflichtung der Gerichte zur richtlinienkonformen Auslegung setzt erst dann ein, wenn der Gesetzgeber bis zum Ablauf der Umsetzungsfrist nicht tätig geworden ist und der Inhalt der Richtlinie insgesamt oder im angewendeten Bereich eindeutig ist (vgl. BGHZ 138, 55, 61 – Testpreis- Angebote m.w.N.). Die Gerichte sind allerdings nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ggf. schon vor Ablauf der Umsetzungsfrist zur Berücksichtigung einer Richtlinie im Wege der richtlinienkonformen Auslegung berechtigt, wenn sich die Konformität mittels Auslegung im nationalen Recht herstellen lässt und soweit dem Gesetzgeber ohnehin kein Spielraum bei der Umsetzung bleibt (vgl. BGHZ 138, 55, 61 ff. – Testpreis-Angebote). So liegt der Fall hier bezüglich des in Art. 8 der Richtlinie 2002/48/EG normierten Rechts auf Auskunft, über dessen Umsetzung ins deutsche Recht kontrovers diskutiert wird (vgl. den Diskussionsbericht von Langhoff, ZUM 2006, 457, 460), indes nicht.
B. Anschlussberufung der Klägerin
Die Anschlussberufung der Klägerin ist unbeschadet der fehlenden Beschwer zulässig (vgl. Zöller/Gummer/Heßler, ZPO, 25. Aufl., § 524, Rdn. 31), aber nicht begründet.
Mit dem als Hauptantrag gestellten Schadensersatzfeststellungsantrag, der zulässig ist, hat die Klägerin in der Sache keinen Erfolg, weil die Beklagte als bloße Störerin nicht auf Schadensersatz haftet (vgl. BGHZ 158, 236, 253 – Internet-Versteigerung).
Mit dem als Hilfsantrag gestellten Wertersatzfeststellungsantrag, der zulässig ist, hat die Klägerin in der Sache ebenfalls keinen Erfolg. Der geltend gemachte Anspruch aus Eingriffskondiktion, der sich ebenfalls nach deutschem Recht als dem Recht des Schutzlandes, für dessen Gebiet die Klägerin Schutz begehrt, beurteilt (vgl. Palandt/Heldrich aaO Art. 38 EGBGB, Rdn. 3), steht der Klägerin nicht nach § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 2 BGB zu. Denn den Gebrauch des fremden urheberrechtlichen geschützten Gegenstandes (vgl. Dreier/Schulze aaO § 97, Rdn. 88 unter Bezugnahme auf BGH GRUR 1982, 301, 303 – Kunststoffhohlprofil II) hat nicht die Beklagte, die lediglich als Störerin haftet, erlangt; diesen Gebrauch haben vielmehr die jeweiligen Anbieter erlangt. Hinsichtlich des Entgelts (vgl. Anlage K 26), das die Beklagte für das Anbieten der betreffenden Artikel von den Anbietern jeweils erlangt hat, steht der Klägerin ebenfalls kein Bereicherungsanspruch zu. Im Hinblick auf die Leistungsbeziehung zu den Anbietern aufgrund des mit diesen geschlossenen Vertrags und im Hinblick auf den Vorrang der Leistungskondiktion (vgl. Palandt/ Sprau aaO § 812, Rdn. 43) scheidet ein Bereicherungsanspruch der Klägerin unter dem Gesichtspunkt der Eingriffskondiktion gegen die Beklagte wegen des erhaltenen Entgelts aus.
C.
Weitere Entscheidungen
1.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97 Abs. 1, 92 Abs. 1 ZPO.
2.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.
3.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Sache unter Berücksichtigung des richtungweisenden Urteils des Bundesgerichtshofes vom 11.03.2004 – I ZR 304/01 = BGHZ 158, 236 – Internet-Versteigerung und unter Berücksichtigung des Umstands keine grundsätzliche Bedeutung hat, dass sich gegenüber der im Streitfall maßgeblichen Rechtslage betreffend Drittauskunft bei Urheberrechtsverletzungen inzwischen aufgrund der Richtlinie 2004/48/EG, deren Umsetzungsfrist am 29.04.2006 abgelaufen ist, eine Änderung der Rechtslage ergeben hat, es sich also bei der im Streitfall maßgeblichen Rechtslage um auslaufendes Recht handelt. Auch die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO liegen nicht vor. Zwar weicht der Senat von der Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Frankfurt (Urteil vom 25.01.2005 – 11 U 51/04 = ZUM 2005, 324, 326 f.) ab, das in dem genannten Urteil die Auffassung vertreten hat, ein bloßer Störer sei nicht nach § 101a UrhG passivlegitimiert. Diese Auffassung war jedoch für das genannte Urteil des Oberlandesgerichts Frankfurt, das in einem Verfügungsverfahren ergangen ist, nicht tragend. Die Zurückweisung des Eilantrags ist vom Oberlandesgericht Frankfurt auch darauf gestützt worden (aaO 327), dass von einer offensichtlichen Rechtsverletzung im Sinne von § 101a Abs.3 UrhG nicht ausgegangen werden könne.
4.
Die nicht nachgelassenen Schriftsätze der Beklagten vom 12.09.2006 und der Klägerin vom 14.09.2006 geben keinen Anlass, die mündliche Verhandlung wieder zu eröffnen (vgl. § 156 ZPO).