Squeeze the last drop: Die doppelte Abmahnung

veröffentlicht am 18. August 2009

Am Rande der Doping-Affäre um Claudia Pechstein (so es denn eine sein sollte) zündelt es gewaltig. Der Journalist Jens Weinreich, in der Vergangenheit bereits investigativ aufgefallen um Theo Zwanziger und den Deutschen Fußball Bund (DFB), nahm sich etwas eilig der Vergütung der für die Verteidigung von Frau Pechstein vorgestellten Gutachter an und bekam Post vom anderen Stern (JavaScript-Link: Weinreich). In der Online-Ausgabe der Zeitung „Frankfurter Rundschau” und im „Kölner Stadtanzeiger“ hatte er dem Vernehmen nach (JavaScript-Link: Niggemeier) zuvor noch verkündet: „Inhaltliche Schwer- und Reizpunkte setzten die beiden von der Verteidigung beauftragten und bezahlten Gutachter: Holger Kiesewetter aus Berlin und Rolf Kruse vom Referenz-Institut für Bio-Analytik in Bonn.

Das wäre so halb richtig gewesen. Denn Kruse wurde nicht bezahlt und trug eigenem Bekunden sogar seine Reisekosten selbst. Herr Weinreich sah das auch ein. Es folgte, vielleicht etwas brachial, eine Abmahnung der Kollegen Schertz Bergmann aus Berlin, unterzeichnet vom Kollegen Bergmann, wohl (?) wegen Persönlichkeitsverletzung der Frau Pechstein. Die anwaltliche Kostennote betrug 775,64 EUR inkl. Mehrwertsteuer. Am Folgetag klingte das Fax nun aber erneut, diesmal, um die Abmahnung des Kollegen Dr. Schertz zu vermelden, handelnd für seinen Sozius Bergmann. Die Beschwer lag jetzt in der falschen Berichterstattung zum Nachteil des Kollegen Bergmann, die zweite Kostennote war dagegen gleich.

Der Journalist Stefann Niggemeier glaubt die Motivation für die zweite Abmahnung erkannt zu haben: „Hier ist Simon Bergmann nicht mehr für Claudia Pechstein im Einsatz. Hier handeln er und Christian Schertz quasi auf eigene Rechnung. Und womöglich hatten sie davon noch eine offen. Denn Weinreich und Schertz kennen sich persönlich — von der Auseinandersetzung zwischen dem Journalisten und Theo Zwanziger. Schertz vertrat dabei den DFB und seinen Präsidenten und musste eine Reihe peinlicher juristischer Niederlagen hinnehmen. … Aber was die Motivation des Vorgehens angeht, spekuliere ich gerne: Es könnte ein persönlicher Akt der Revanche sein. Oder der Versuch, einen kritischen, lästigen Journalisten einzuschüchtern. Es geht nicht um Gerechtigkeit (und um die Wahrheit schon gar nicht); es geht um Schadensmaximierung. Wer es wagt, kritisch über Pechstein und ihre Fernsehshow zu berichten, wer sich traut, kritisch über Simon Bergmann und seine PR- und Verteidigungsstrategie zu berichten, wer hartnäckig nervt, soll gewarnt sein: Schon ein blöder Fehler kann richtig teuer werden.“ Er mag die Kanzlei Schertz Bergmann nun nicht mehr. (JavaScript-Link: Niggemeier)

Was wir davon halten? Die Bezahlung eines Gutachters für seine gutachterliche Tätigkeit entspricht den Gesetzen der Marktwirtschaft. Dass das Gutachten bewusst falsch abgefasst wird, kann aus der Bezahlung allein nicht abgeleitet werden. Wenn nun fälschlicherweise behauptet wird, er sei bezahlt worden, stellt sich die Frage, ob hier tatsächlich eine Persönlichkeitsverletzung der Frau Pechstein oder des Kollegen Bergmann vorliegt, insbesondere dann, wenn ein anderer Gutachter (Holger Kiesewetter) für die Sache Claudia Pechstein unstreitig eine Bezahlung (RA Bergmann: „Aufwandsentschädigung“) erhielt. Verdreht Herr Kiesewetter die Dinge für Frau Pechstein und Herr Kruse nicht? Wohl kaum. An der Seriosität beider Sachverständiger besteht diesseits kein Anlass zu Zweifeln.

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