VG Düsseldorf: DENIC ist nicht verpflichtet, Domains zu illegalen Glücksspielangeboten zu löschen

veröffentlicht am 23. Januar 2012

VG Düsseldorf, Urteil vom 29.11.2011, Az. 27 K 458/10
§ 9 Abs 1GlüstV, § 8 TMG, § 10 TMG

Das VG Düsseldorf hat entschieden, dass die DENIC nicht verpflichtet ist, Domains zu illegalen Glücksspielangeboten zu löschen. Sie unterfalle nicht der Störerhaftung. Die DENIC sei aufgrund ihrer Tätigkeit als Diensteanbieter im Sinne des § 8 TMG (Zugangsvermittler) anzusehen, nicht hingegen als Diensteanbieter im Sinne des § 10 TMG (Inhalteanbieter). Diensteanbieter im Sinne des § 8 TMG seien nach Abs. 1 Satz 1 der Vorschrift für fremde Informationen nicht verantwortlich, sofern sie die Übermittlung nicht veranlasst, den Adressaten der übermittelten Informationen nicht ausgewählt und die übermittelten Informationen nicht ausgewählt oder verändert hätten. Eine Ausnahme gelte allein für den Fall, wenn der Diensteanbieter absichtlich mit einem Nutzer seines Dienstes zusammenarbeitet, um rechtswidrige Handlungen zu begehen. Dies sei hier nicht der Fall. Zum Volltext der Entscheidung:

Verwaltungsgericht Düsseldorf

Urteil

Die Regelungen in den Ziffern 1 – 4 der Ordnungsverfügung der Bezirksregierung E1 vom 15.01.2010 werden aufgehoben.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 v. H. des jeweils auf Grund des Urteils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

Die Klägerin erbringt als Registrierungsstelle die Nameserverdienste und Registrierungsdatenbank-Dienste in Bezug auf die Top-Level Domain „.de“. Der von der Klägerin zur Verfügung gestellte Nameserverdienst gewährleistet die Zuordnung von Domainnamen zu den zugehörigen IP-Adressen des Rechners, von welchem die vom Nutzer durch Eingabe des Domainnamens aufgerufenen Inhalte abzurufen sind. Im Kern speichert die Klägerin die zur Zuordnung erforderlichen Daten auf mehreren Nameservern an verschiedenen Orten auf der Welt und ermöglicht den Zugriff auf die Daten durch die Nutzer. Ergänzend hält sie in einer Datenbank zu Informationszwecken Domain- und Kontaktdaten vor und ermöglicht einen Zugang zu diesen Daten (Whois).

Nach vorausgegangener Anhörung gab die Bezirksregierung E1 der Klägerin durch Ordnungsverfügung vom 18. Dezember 2008 auf, die von der Klägerin registrierte Domain „www.Q.de“ zu sperren / zu dekonnektieren mit dem Ziel, den Zugriff auf das mit der Domain aufzurufende Internetangebot zu unterbinden. Die Sperrung / Dekonnektierung sei bis zum 31. Dezember 2010 aufrecht zu erhalten (Ziffer 1). Sie gab der Klägerin weiter auf, die angeordnete Maßnahme innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe der Ordnungsverfügung umzusetzen (Ziffer 2). Weiter sei für den Fall, dass die Angaben des bisherigen Domaininhabers gelöscht werden sollten, anstelle des bisherigen Domaininhabers „E Domain Verwaltungs- und Betriebsgesellschaft eG, Lstraße 75 – 77, 00000 G“ für die Dauer der Dekonnektierung einzutragen (Ziffer 3). Jegliche Hinweise, die ein Auffinden der hinter der Domain liegenden Inhalte ermöglichten, für Nutzer, welche auf die zu sperrende Domain zugreifen wollen, seien zu unterlassen (Ziffer 4). Diese Maßnahmen seien mit Bekanntgabe des Bescheides sicherzustellen (Ziffer 5). Die Kosten der angeordneten Maßnahme seien von der Klägerin zu tragen (Ziffer 6). Für den Fall der Zuwiderhandlung gegen die Ziffern 1 – 3 drohte die Bezirksregierung E1 der Klägerin ein Zwangsgeld in Höhe von jeweils 10.000,00 Euro an (Ziffer 7) und setzte gegen die Klägerin eine Verwaltungsgebühr in Höhe von 1.000,00 Euro fest (Ziffer 8).

Gegen die Ordnungsverfügung vom 18. Dezember 2008 erhob die Klägerin am 5. Januar 2009 Klage (27 K 65/09) und suchte zugleich um einstweiligen Rechtsschutz nach. Durch Beschluss vom 18. Mai 2009 (27 L 9/09) ordnete die Kammer die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Ziffern 1 – 7 der Ordnungsverfügung an. Die von dem Beklagten gegen den Beschluss gerichtete Beschwerde wies das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen durch Beschluss vom 21. Dezember 2009 (13 B 725/09) zurück. Die Bezirksregierung Düsseldorf hob daraufhin die Ordnungsverfügung vom 18. Dezember 2008 durch Ordnungsverfügung vom 15. Januar 2010 auf (Ziffer 5) und das Klageverfahren 27 K 65/09 wurde nach Erledigungserklärungen durch Beschluss vom 16. Februar 2010 eingestellt.

In der Ordnungsverfügung vom 15. Januar 2010 untersagte die Bezirksregierung E1 der Klägerin zugleich, die unerlaubte Veranstaltung von Glücksspielen durch den Anbieter J Limited, K, Antigua, zu unterstützen, in dem sie die Second Level Domain „Q.de“ registriert und es ermöglicht, über dieser Domain auf die Seite „www.Q.com“ zu gelangen (Ziffer 1). Sie gab der Klägerin auf, die Maßnahme innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe der Ordnungsverfügung umzusetzen (Ziffer 2). Zugleich drohte sie der Klägerin für den Fall der Zuwiderhandlung ein Zwangsgeld in Höhe von 10.000,00 Euro an (Ziffer 3) und setzte eine Verwaltungsgebühr in Höhe von 400,00 Euro fest (Ziffer 4). Zur Begründung führte die Bezirksregierung E1 im Wesentlichen aus: Dem Glücksspielanbieter der Seite „www.Q.com“ (J) habe sie durch Ordnungsverfügung aufgegeben, das Angebot auf den von ihm betriebenen Internetauftritten, insbesondere „www.Q.com“, so einzuschränken, dass die von ihm angebotenen Glücksspiele nicht für Spieler im Bundesland Nordrhein-Westfalen veranstaltet werden. Die Untersagungsanordnung sei zwischenzeitlich bestandskräftig. Gleichwohl werde diese Seite mit dem zu beanstandenden Inhalt weiter betrieben und sei auch über die Seite „www.Q.de“ zu erreichen. Über diese Website („.de“), die ohne Inhalt angeboten werde, würden potentielle Spieler aus NRW der .com-Seite und damit der Möglichkeit, an Glücksspielen nach dem Glücksspielstaatsvertrag teilzunehmen, zugeführt. Sie habe damit Link-Funktion. Nach Angaben der Klägerin betreibe sie die Nameserver für die Top Level Domain „.de“, in denen sämtliche Second Level Domains unter „.de“ mit der jeweils zugehörigen IP-Nummer oder weiterführenden Nameservern verzeichnet seien. Die Klägerin schaffe durch die Aufnahme der Domain „Q.de“ und ihrer technischen Daten in die Nameserver die Möglichkeit, dass über diese Seite in Nordrhein-Westfalen unerlaubtes Glücksspiel veranstaltet und hierfür geworben werde. Mit der Veranstaltung und Werbung im Internet werde gegen den Glücksspielstaatsvertrag (GlüStV) und § 284 Strafgesetzbuch (StGB) verstoßen. Dieser Verstoß sei zu unterbinden. Die Glücksspielaufsicht habe u. a. die Aufgabe, darauf hinzuwirken, dass unerlaubtes Glücksspiel und die Werbung hierfür unterbleibe. Nach § 9 Abs. 1 Satz 2 Glücksspielstaatsvertrag könne die jeweilige Aufsichtsbehörde die erforderlichen Maßnahmen im Einzelfall erlassen. Die gleiche Anordnung könne auf § 9 Abs. 1 Satz 3 Ziffer 5 Glücksspielstaatsvertrag analog gestützt werden. Ziel der Maßnahme sei es allein, Spielern aus NRW den Zugang zu unerlaubtem Glücksspiel der Seite „Q.com“ über das Internet – verlinkt über die Seite „Q.de“ – zu verwehren. Ein Verstoß gegen den Glücksspielstaatsvertrag liege vor. Auf der Internetseite „Q.com“, auf die über die Seite „Q.de“ verlinkt werde, werde öffentliches Glücksspiel veranstaltet und beworben, nämlich u. a. Sportwetten, Poker und Casino. Dieses Glücksspielangebot sei unzulässig, weil der Veranstalter des öffentlichen Glücksspiels über keine Erlaubnis der zuständigen Behörde in NRW verfüge, die Veranstaltung und Werbung hierfür im Internet erfolge, der Straftatbestand des § 284 StGB erfüllt werde und die Registrierung / Konnektierung der Domain „Q.de“ durch die Klägerin sei unzulässig, weil sie damit den Zugang (auch) von NRW aus zu dem unerlaubten Glücksspiel auf der .com-Seite – verlinkt über die .de-Seite – erst ermögliche. Sie handele mit dieser Maßnahme im Rahmen ihrer Verbandskompetenz. Unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des OVG NRW in seinem Beschluss vom 21. Dezember 2009 – 13 B 725/09 – sei es ihr zwar nicht möglich, eine „Sperrung“ der Second-Level-Domain „Q.de“ in Hessen zu verfügen. Jedoch werde ihre Verbandskompetenz nicht überschritten, soweit sie lediglich eine „Untersagung“ in NRW verfüge, die im Rahmen der ihr aufgegebenen Gefahrenabwehr für ihren räumlichen Zuständigkeitsbereich, nämlich für das Land Nordrhein-Westfalen, erlassen werde. Dies sei mit der getroffenen Untersagungsregelung geschehen. Denn nur für NRW werde untersagt, an dem Angebot des in NRW per Internet empfangbaren unerlaubten Glücksspiels (über Registrierung / Konnektierung der .de-Domain) mitzuwirken. Die Untersagungsanordnung sei gegen den Störer zu richten. Nach dem ordnungsrechtlichen Störerbegriff könne nicht nur derjenige in Anspruch genommen werden, der die Störung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung unmittelbar und schuldhaft vorgenommen oder veranlasst habe. Vielmehr sei auch derjenige ordnungspflichtig, der in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal an der Herbeiführung des Rechtsverstoßes mitgewirkt habe, wobei als Mitwirkung auch die Unterstützung eines eigenverantwortlichen Handelns Dritter genüge, sofern der in Anspruch Genommene die rechtliche Möglichkeit zur Verhinderung des Rechtsverstoßes habe. Auch nach den telemedien-rechtlichen Regelungen (§ 7 ff. TMG) könnten Personen, die dem Täter lediglich eine rechtliche Hilfestellung bei der Nutzung des Internets bieten, als Störer in Haftung genommen werden. Mit der Ordnungsverfügung werde die Klägerin als Registrar ordnungsrechtlich als Störer in Anspruch genommen. Die Störerauswahl liege im Ermessen der zuständigen Behörde und sei mit besonderer Sorgfalt erfolgt und unter Berücksichtigung aller aufeinandertreffenden widerstreitenden Interessen der Beteiligten getroffen worden. Die Klägerin unterstütze unerlaubtes Glücksspiel, leiste damit einen eigenen kausalen und nicht hinweg denkbaren Beitrag für den Straftatbestand, indem sie als Registrar (Verwalter) für den Domaininhaber die Registrierung / Konnektierung der „.de-Domain“ sicherstelle und verantworte und es damit ermögliche, dass über diese Internetseite verlinkt wird auf das Angebot „Q.com“, also auf unerlaubtes Glücksspiel. Damit werde einer unüberschaubaren Vielzahl von Spielern (auch) in NRW das unerlaubte Glücksspiel nahe gebracht und zur Verfügung gestellt. In ihrer Eigenschaft als Registrar (Verwalter) sei die Klägerin als Mitstörer derjenige, der im Rahmen der von ihr zu treffenden Störerauswahl geeignet sei, die Rechtsverletzung am schnellsten und wirksamsten zu beseitigen. Der Glücksspielanbieter der Seite „Q.com“ (Inhaltsanbieter) sei mit Sitz im Ausland für sie als Überwachungsbehörde nicht greifbar. Eine Kontaktaufnahme dorthin sei ohne Reaktion geblieben. Die an ihn ebenfalls erlassene Untersagungsverfügung sei bestandskräftig, könne jedoch im Ausland nicht vollstreckt werden. Auch nach Erfahrungen in anderen vergleichbaren Fällen sei ein ordnungsrechtliches Vorgehen gegen den im Ausland befindlichen Störern ohne Erfolg. Danach sei die Klägerin der richtige Adressat dieser Anordnung. In welcher Form und über welche Maßnahme die Klägerin der Untersagung nachkomme, bleibe ihr überlassen. Entscheidend sei allein, dass vom Gebiet des Landes Nordrhein-Westfalen bei Eingabe von „www.Q.de“ die Seite „www.Q.com“ nicht mehr erreichbar sei und damit die Veranstaltung unerlaubten Glücksspiels und der Werbung hierfür in NRW, vermittelt über die Seite „Q.de“, verhindert werde. Die Ordnungsverfügung sei insgesamt verhältnismäßig, weil sie geeignet, erforderlich und angemessen sei. Die Geeignetheit ergebe sich bereits daraus, dass das Veranstalten unerlaubten Glücksspiels und die Werbung hierfür nach Befolgen der Untersagungsanordnung in NRW nicht mehr erfolge und damit der Straftatbestand nicht mehr begangen werde. Sie sei auch das mildeste Mittel, denn der eigentlich Verantwortliche reagiere nicht auf die ihm zugesandte Verfügung. Ein anderes weniger einschneidendes Mittel zur Verhinderung des beschriebenen Verstoßes sei einstweilen nicht erkennbar. Sofern der Klägerin ein weniger belastendes, aber ebenso geeignetes Mittel zur Verfügung stehen sollte, stelle sie es anheim, es fristgerecht als Austauschmittel anzubieten. Selbst die Tatsache, dass durch eine Dekonnektierung die genannte Internetseite im gesamten Bundesgebiet oder weltweit nicht mehr erreichbar wäre, f
ühre nicht zur Unverhältnismäßigkeit der Maßnahme. Denn die Verhinderung eines Straftatbestandes und die Unterbindung der Verletzung des Glücksspielrechts sei ein gewichtiges Anliegen, demgegenüber das wirtschaftliche Interesse der Klägerin und des Dienstanbieters zurückstehen müsse. Zu berücksichtigen sei, dass die Veranstaltung unerlaubten Glücksspiels und die Werbung hierfür bundesweit verboten und strafbar seien. Die Entscheidung sei auch ermessensgerecht. In Ausübung ihres pflichtgemäßen Ermessens seien die Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkte abgewogen und vor dem Hintergrund der angewendeten Vorschriften, insbesondere des Glücksspielstaatsvertrages, bewertet worden. Ermessensfehler seien nicht erkennbar. Insbesondere sei ein „Nichteinschreiten“ nicht in Betracht gekommen vor dem Hintergrund der gravierenden Verstöße gegen den Glücksspielstaatsvertrag und des Strafgesetzbuches, an denen die Klägerin durch die Registrierung / Konnektierung der Domain „Q.de“ ursächlich mitwirke. Deutlich werde an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass die Klägerin spätestens seit der Anhörung vom 13. Mai 2008 bösgläubig sei und sich seither einer Beihilfe zu unerlaubtem Glücksspiel nach § 284 StGB strafbar mache.

Die Klägerin hat am 21. Januar 2010 Klage erhoben. Auf den am 22. Januar 2010 gestellten Antrag der Klägerin hat die Kammer durch Beschluss vom 17. Mai 2010 (27 L 143/10) die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Ziffern 1 – 3 angeordnet. Die gegen den Beschluss vom Beklagten gerichtete Beschwerde hat das OVG NRW durch Beschluss vom 18. November 2010 (13 B 659/10) zurückgewiesen.

Mit Schriftsatz vom 26. November 2010 hat die Bezirksregierung E1 eine Ermächtigung des Hessischen Ministeriums des Inneren und für Sport vom 23. November 2010 vorgelegt, durch welche der Beklagte und die Bezirksregierung E1 ermächtigt werden, gegen die Klägerin ordnungsrechtlich vorzugehen, um die Domain „www.Q.de“ zu sperren / zu dekonnektieren. Die Ermächtigung umfasst die am 15. Januar 2010 erlassene Ordnungsverfügung.

Zur Begründung der Klage führt die Klägerin im Wesentlichen aus: Die Bezirksregierung E1 verlange – wie durch die Ordnungsverfügung vom 18. Dezember 2008 – in der Sache eine Dekonnektierung und Löschung der Second-Level-Domain. An der Wiederholung dieser Anordnung durch die Ordnungsverfügung vom 15. Januar 2010 sei die Bezirksregierung E1 jedoch auf Grund der Bindungswirkung der Beschlüsse der Kammer vom 18. Mai 2009 (27 L 9/09) und des OVG NRW vom 21. Dezember 2009 (13 B 725/09) gehindert gewesen. Die Schwere des Verstoßes führe zu einer Nichtigkeit der Ordnungsverfügung. Die angeordnete Dekonnektierung und Löschung der Second-Level-Domain könne zudem nicht auf das Staatsgebiet des Landes Nordrhein-Westfalen beschränkt werden, so dass die Bezirksregierung E1 – wovon die Kammer im Beschluss vom 18. Mai 2009 (27 L 9/09) ausgegangen sei – durch die Anordnung die Verbandskompetenz des Landes Nordrhein-Westfalen überschreite. Gleiches gelte auf Grund des Umstandes, dass die Dekonnektierung und Löschung – was das OVG NRW in seinen Beschlüssen vom 21. Dezember 2009 (13 B 725/09) und 18. November 2010 (13 B 659/10) hervorgehoben habe – von ihrem Sitz in Frankfurt am Main vorzunehmen sei. Die Ermächtigung des Hessischen Ministeriums des Inneren und für Sport sei unerheblich, da diese nach Erlass der Ordnungsverfügung erteilt worden sei und sich auf die von der Second-Level-Domain „Q.de“ abzugrenzende Third-Level-Domain „www.Q.de“ beziehe. Zudem erstrecke sich die Ermächtigung nicht auf ein Vorgehen nach dem Glücksspielstaatsvertrag. Überdies könne sie – wie die Kammer im Beschluss vom 17. Mai 2010 (27 L 143/10) im Ergebnis zu Recht angenommen habe – nicht als Störerin herangezogen werden. Sie leiste keinen kausalen Beitrag dafür, dass Internetnutzer aus Nordrhein-Westfalen auf die unter der Domain „Q.com“ angebotenen Inhalte zugreifen können. Im Besonderen sei unzutreffend, dass ihr Verhalten für den Straftatbestand des § 284 StGB „nicht hinweg denkbar“ sei. Das Gegenteil sei der Fall. Der Straftatbestand, der nach Auffassung der Bezirksregierung E1 darin verwirklicht sei, dass unter der Domain „Q.com“ unerlaubtes Glücksspiel für eine unbestimmte Anzahl von Spielern zur Verfügung gestellt werde, entfalle keineswegs, wenn die Domain „Q.de“ gelöscht oder dekonnektiert wäre. Das Spielangebot wäre genauso, wie zuvor, vermittels der Domain „Q.com“ auch in Nordrhein-Westfalen erreichbar. Es fehle damit an einer ordnungsrechtlichen Kausalität und Verantwortlichkeit. Erforderlich wäre insoweit vielmehr eine „unmittelbare Verursachung“ der Gefahr oder Störung. Unzutreffend sei die Kammer im Beschluss vom 17. Mai 2010 jedoch davon ausgegangen, dass das Telemediengesetz auf sie Anwendung finde. Im Besonderen vermittle sie keinen Zugang zu der Nutzung von Telemedien. Sie vermittle keine Verbindung zwischen Nutzer und Dienstanbieter. Ebenso wenig könne sie als Nichtstörerin in Anspruch genommen werden. Die Möglichkeit der Inanspruchnahme der Klägerin als Nichtstörerin sehe der Glücksspielstaatsvertrag nicht vor und ein Rückgriff auf das Ordnungsrecht sei auf Grund der Sperrwirkung des Glücksspielstaatsvertrages als Spezialgesetz ausgeschlossen. Zudem handele die Klägerin im Interesse der Allgemeinheit. Diese Funktion der Klägerin spreche gegen die Annahme einer Ermächtigung zur Inanspruchnahme der Klägerin als Nichtstörerin.

Die Klägerin beantragt, die Ziffern 1 – 4 der Ordnungsverfügung der Bezirksregierung E1 vom 15. Januar 2010 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Ergänzend zu den Gründen der Ordnungsverfügung vom 15. Januar 2010 führt der Beklagte im Wesentlichen aus, durch die Ermächtigung des Hessischen Ministeriums des Inneren und für Sport vom 23. November 2010 werde das Problem der Überschreitung der Verbandskompetenz behoben.

Die Klägerin und der Beklagten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf den Inhalt der Gerichtsakten der Verfahren 27 K 458/10, 27 L 143/10, 27 K 65/09 und 27 L 9/09 sowie der Verwaltungsvorgänge der Bezirksregierung Düsseldorf Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.
Auf Grund des Einverständnisses der Klägerin und des Beklagten kann die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden (§ 101 Abs. 2 VwGO).

II.
Die zulässige Klage ist begründet. Die Regelungen in den Ziffern 1 – 4 der Ordnungsverfügung der Bezirksregierung E1 vom 15. Januar 2010 sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

1.
Dies gilt zunächst in Hinsicht auf die Regelung in Ziffer 1 der Ordnungsverfügung vom 15. Januar 2010.

Ein Verstoß gegen die Bindungswirkung der Beschlüsse der Kammer vom 18. Mai 2009 (27 L 9/09) und des OVG NRW vom 21. Dezember 2009 (13 B 725/09), der zur Rechtswidrigkeit (oder Nichtigkeit) der Regelung führen könnte, liegt indes nicht vor. Maßgebend ist der Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts, vgl. BVerwG, Urteil vom 24. November 2010 – 8 C 14/09 -, Juris (Rdnr. 20).

Zu diesem war die Bindungswirkung auf Grund der zwischenzeitlichen Erledigung des Klageverfahrens 27 K 65/09 weggefallen, vgl. OVG NRW, Beschluss vom 18. November 2010 – 13 B 659/10 -, Juris (Rdnr. 41).

Offen gelassen werden kann, ob sich, nachdem die Bezirksregierung E1 durch das Hessische Ministerium des Inneren und für Sport zu einem Vorgehen gegen die Klägerin ermächtigt wurde, die Rechtswidrigkeit der Regelung in Ziffer 1 der Ordnungsverfügung – wie von der Kammer im Beschluss vom 18. Mai 2009 (27 L 9/09) und dem OVG NRW in den Beschlüssen vom 21. Dezember 2009 (13 B 725/09) und 18. November 2010 (13 B 659/10) angenommen – weiterhin aus einer Verletzung der Verbandskompetenz ergibt und ob die Voraussetzungen der Eingriffsermächtigung des § 9 Abs. 1 Satz 2 und 3 Nr. 5 Glücksspielstaatsvertrag (GlüStV), auf welche die Bezirksregierung E1 die Ordnungsverfügung gestützt hat, in Gänze erfüllt sind. Denn die Klägerin durfte von der Bezirksregierung E1 nicht als Störerin in Anspruch genommen werden (a) und das Ermessen der Bezirksregierung Düsseldorf zu Gunsten einer Inanspruchnahme der Klägerin als Nichtstörerin war nicht auf Null reduziert (b).

a)
Die Klägerin durfte von der Bezirksregierung E1 nicht als Störerin in Anspruch genommen werden.

Nach § 9 Abs. 1 Satz 2 GlüStV kann die für Glücksspielaufsicht zuständige Behörde des jeweiligen Landes die erforderlichen Anordnungen im Einzelfall erlassen. Sie kann insbesondere nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 GlüStV Diensteanbietern im Sinne von § 2 Nr. 1 TMG, der an die Stelle des § 3 Teledienstgesetz (TDG) getreten ist, soweit sie nach diesem Gesetz verantwortlich sind, die Mitwirkung am Zugang zu unerlaubten Glücksspielangeboten untersagen.

Der GlüStV trifft keine Regelungen zu den als Störer in Anspruch zu nehmenden Personen. Die Eingriffsermächtigung des § 9 Abs. 1 Satz 2 und 3 Nr. 5 GlüStV differenziert nicht zwischen Störern und Nichtstörern. In Hinsicht auf die Störerhaftung ist sonach mangels Spezialregelung auf die allgemeinen Grundsätze des Polizei- und Ordnungsrechts zurückzugreifen. Die Regelung unterscheidet sich insoweit von § 22 Abs. 3 des Mediendienstestaatsvertrages (MDStV), der eine umfassende Eingriffsbefugnis enthielt und die Inanspruchnahme von Nichtverantwortlichen ausdrücklich vorsah. Hiernach konnten Maßnahmen zur Sperrung von Internetangeboten, wenn sich Maßnahmen gegenüber dem Verantwortlichen nach § 6 Abs. 1 MDStV (Inhalteanbieter) als nicht durchführbar oder nicht erfolgversprechend erwiesen, auch gegen den Diensteanbieter von fremden Inhalten nach den §§ 7 bis 9 MDStV gerichtet werden, sofern eine Sperrung technisch möglich und zumutbar war. Bei § 22 Abs. 3 MDStV handelte es sich um eine spezialgesetzliche Sonderregelung, die im Anwendungsbereich des MDStV nach § 19 Abs. 4 MDStV i. V. m. § 17 Abs. 4 OBG NRW den allgemeinen ordnungsrechtlichen Grundsätzen über die Inanspruchnahme Nichtverantwortlicher in § 19 Abs. 1 bis 3 OBG NRW vorging, vgl. VG Düsseldorf, Beschluss vom 19. Dezember 2002 – 15 L 4148/02 -, Juris (Rn. 74).

Im Gegensatz zu dem von der Bezirksregierung Düsseldorf zur Begründung einer Störereigenschaft der Klägerin in der Ordnungsverfügung herangezogenen Störerbegriff im Zivil- und Wettbewerbsrecht, welchem die Rechtsfigur des Nichtstörers unbekannt ist und welcher im Kern im Sinne einer Äquivalenz jegliche Mitverursachung erfasst, vgl. Bundesgerichtshof (BGH), Urteil vom 18. Oktober 2001 – I ZR 22/99 -, GRUR 2002, 618; Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart, Urteil vom 1. August 2002 – 2 U 47/01 -, NJW-RR 2003, 1273; Hanseatisches OLG, Urteil vom 4. November 1999 – 3 U 274/98 -, MMR 2000, 92; Billmeier, in: Manssen, Telekommunikations- und Multimediarecht, Loseblattwerk (Stand: 7/2010), D § 7 TMG Rn. 147 ff., m. w. N.,

ist die Zurechnung im Polizei- und Ordnungsrecht nach der in Rechtsprechung und Schrifttum herrschenden Theorie der unmittelbaren Verursachung auf Ursachen zu begrenzen, welche unmittelbar die Gefahr oder Störung setzen und so die Gefahrengrenze überschreiten, vgl. OVG NRW, Beschluss vom 10. Januar 1985 – 4 B 1434/84 -, NVwZ 1985, 355 m. w. N.; Bundesverwaltungsgereicht (BVerwG), Beschluss vom 22. Dezember 1980 – 4 B 192/80 -, Juris; Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 26. November 2008 – 8 A 10933/08 -, NVwZ-RR 2009, 280; Drews / Wacke / Vogel / Martens, Gefahrenabwehr, 9. Auflage (1986), S. 313; Denninger, in: Lisken / Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 4. Auflage (2007), E Rn. 77, m. w. N.

Bei der Bewertung, wann ein Diensteanbieter die Gefahrengrenze überschreitet und so als Störer anzusehen ist, müssen nach der Wertung des Gesetzgebers die Haftungsgrundsätze und Haftungsprivilegien nach dem TMG Berücksichtigung finden. Deshalb bedarf es, zumindest im Ordnungsrecht, keiner weiteren Klärung, in welcher Weise die Verantwortlichkeitsregeln des TMG (§§ 7 bis 10 TMG) im Rahmen der Inanspruchnahme von Diensteanbietern nach den Regelungen des (Sonder-) Ordnungsrechts zu berücksichtigen sind, ob sie also als Vorfilter oder Nachfilter einzuordnen sind, vgl. Billmeier, a.a.O., § 7 TMG Rn. 6 ff.; Heckmann, Juris Praxiskommentar zum Internetrecht, 2. Aufl., Vorbemerkung. Kapitel 1.7, Rn. 66 f.; Engel-Flechsig / Maennel / Tettenborn, Das neue Informations- und Kommunikationsdienste-Gesetz, NJW 1997, 2981 (2984).

Offen gelassen werden kann, ob die Klägerin als Registrierungsstelle in Negativabgrenzung zu Telekommunikationsdiensten und Rundfunk Telemediendienste im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 TMG erbringt und durch die Zuordnung der Domainnamen zu der zugehörigen IP-Adresse in Bezug auf die Top-Level-Domain „.de“ (im weiteren Sinne) den Zugang zur Nutzung von Telemedien vermittelt und sie damit Dienstanbieter im Sinne des § 2 Satz 1 Nr. 1 TMG ist. Selbst wenn eine unmittelbare Anwendung des Telemediengesetzes auf die Klägerin abgelehnt wird, sind jedenfalls die Wertungen der §§ 7 bis 10 TMG heranzuziehen für die Abgrenzung, ob und wann die Klägerin durch die Nameserverdienste und Registrierungsdatenbankdienste die Gefahrengrenze überschreitet und nach den Grundsätzen des Polizei- und Ordnungsrechts Störerin ist.

Diensteanbieter sind nach § 7 Abs. 1 TMG für eigene Informationen, die sie zur Nutzung bereithalten, nach den allgemeinen Gesetzen verantwortlich. In Hinsicht auf fremde Informationen ist im Telemediengesetz jedoch eine Haftungsprivilegierung vorgesehen. Nach § 7 Abs. 2 Satz 1 TMG sind Diensteanbieter im Sinne der §§ 8 bis 10 TMG nicht verpflichtet, die von ihnen übermittelten oder gespeicherten Informationen zu überwachen oder nach Umständen zu forschen, die auf eine rechtswidrige Tätigkeit hinweisen. Spezifische Haftungsprivilegierungen ergeben sich in Abhängigkeit von der Funktion des Diensteanbieters aus den §§ 8 bis 10 TMG. Nach § 7 Abs. 2 Satz 2 TMG bleiben Verpflichtungen zur Entfernung oder Sperrung der Nutzung von Informationen nach den allgemeinen Gesetzen jedoch auch im Falle der Nichtverantwortlichkeit des Diensteanbieters nach den §§ 8 bis 10 TMG unberührt.

Die Klägerin ist – die Anwendbarkeit des TMG unterstellt – aufgrund ihrer Tätigkeit als Diensteanbieter im Sinne des § 8 TMG (Zugangsvermittler) anzusehen, nicht hingegen als Diensteanbieter im Sinne des § 10 TMG (Inhalteanbieter). Ein Diensteanbieter im Sinne des § 10 TMG speichert Informationen im Auftrag eines Nutzers, er stellt dem Inhaber der Informationen Speicherkapazität zur Verfügung. Ein Diensteanbieter im Sinne des § 8 TMG übermittelt demgegenüber fremde Informationen in einem Kommunikationsnetz oder vermittelt den Zugang zur Nutzung zu solchen. Die Klägerin vermittelt (im weiteren Sinne) durch die Zuordnung von Domainnamen zu den zugehörigen IP-Adressen den Zugang zu der Nutzung von durch Dritte auf Servern vorgehaltene Informationen, vgl. Spindler, in: Spindler / Schmitz / Geis, TDG, 1. Auflage (2004), § 9 TDG Rdnr. 18, in Bezug auf die in der Funktion im Kern vergleichbare Tätigkeit von Domain-Name-Server-Provider.

Sie erbringt als Registrierungsstelle die Nameserverdienste und Registrierungsdatenbankdienste in Bezug auf die Top-Level-Domain „.de“. Der von der Klägerin zur Verfügung gestellte Nameserverdienst gewährleistet die Zuordnung von Domainnamen zu den zugehörigen IP-Adressen des Rechners, von welchem die vom Nutzer durch Eingabe des Domainnamens aufgerufenen Inhalte abzurufen sind. Im Kern speichert die Klägerin die zur Zuordnung erforderlichen Daten auf mehreren Nameservern an verschiedenen Orten auf der Welt und ermöglicht den Zugriff auf die Daten durch die Nutzer. Ergänzend hält sie in einer Datenbank zu Informationszwecken Domain- und Kontaktdaten vor und ermöglicht einen Zugang zu diesen Daten (Whois). Sie vermittelt sonach (im weiteren Sinne) den Zugang zu von Dritten auf Servern vorgehaltenen Informationen. Gespeicherte Information hält sie zwar in Gestalt der Domain- und Kontaktdaten vor. Diese Informationen haben jedoch inhaltlich keinen Bezug zu den hier relevanten Verboten des Glückspielstaatsvertrages. Sie sind glücksspielrechtlich „neutral“. Die Klägerin speichert hingegen keine Informationen der Internet Opportunity Entertainment (Sports) Limited und sonach keine Glücksspielinhalte. Dies mag abweichend – wie im Beschluss des OVG NRW vom 26. Januar 2010 (13 B 760/09) – in Bezug auf Registrare zu bewerten sein, welche in der Regel zugleich Hostproviderdienste erbringen und in einer unmittelbaren Vertragsbeziehung zu dem Glücksspielveranstalter als Inhalteanbieter stehen. Es kann überdies davon ausgegangen werden, dass die Klägerin in keiner unmittelbaren Vertragsbeziehung zu der J Limited steht. Administrativer Ansprechpartner und Zonenverwalter in Bezug auf die Domain „Q.de“ ist ausweislich der Whois-Auskunft der Klägerin die Registrarin O Limited.

Die Klägerin ist als Diensteanbieter im Sinne des § 8 TMG für die durch Aufruf der Domain „Q.de“ zu erreichenden Inhalte der J Limited nicht verantwortlich. Diensteanbieter im Sinne des § 8 TMG sind nach Abs. 1 Satz 1 der Vorschrift für fremde Informationen nicht verantwortlich, sofern sie die Übermittlung nicht veranlasst, den Adressaten der übermittelten Informationen nicht ausgewählt und die übermittelten Informationen nicht ausgewählt oder verändert haben. § 8 Abs. 1 Satz 1 TMG findet nach § 8 Abs. 1 Satz 2 TMG keine Anwendung, wenn der Diensteanbieter absichtlich mit einem Nutzer seines Dienstes zusammenarbeitet, um rechtswidrige Handlungen zu begehen.

Diese Haftungsausschlussvoraussetzungen erfüllt die Klägerin. Weder veranlasst sie die Übermittlung der Glücksspielinhalte noch wählt sie diese oder den Adressaten aus. Zudem kann offenkundig ein Zusammenwirken der Klägerin mit einem Nutzer im Sinne des § 8 Abs. 1 Satz 2 TMG ausgeschlossen werden.

Der Umstand, dass die Klägerin Kenntnis von der Rechtswidrigkeit der Inhalte der J Limited hat, ist im Anwendungsbereich des § 8 TMG – wie die Ausgestaltung der Haftungsregelungen des § 8 TMG im Vergleich zu den Haftungsregelungen des § 10 TMG zeigt – ohne Relevanz, vgl. Spindler, in: Spindler / Schmitz / Geis, a. a. O., § 9 TDG Rdnr. 6.

Eine Haftung der Klägerin als Störerin lässt sich auch nicht mit der Regelung des § 7 Abs. 2 Satz 2 TMG begründen. Nach dieser Vorschrift bleiben auch im Falle der Nichtverantwortlichkeit des Diensteanbieters nach den §§ 8 bis 10 die Verpflichtungen zur Entfernung oder Sperrung der Nutzung von Informationen nach den allgemeinen Gesetzen unberührt. Die von der Bezirksregierung insoweit angeführten „allgemeinen Gesetze“ begründen indes solche Verpflichtungen zur Entfernung oder Sperrung für den Access-Provider nicht. Dies wird gesetzestechnisch auch nicht durch § 7 Abs. 2 Satz 2 TMG bewirkt. Diese Regelung sieht – wie zitiert – lediglich vor, dass anderweitig begründete Verpflichtungen unberührt bleiben, d.h. fortbestehen.

b)
Soweit die Möglichkeit der Inanspruchnahme der Klägerin als Nichtstörerin verbleibt, hat die Bezirksregierung E1 die Klägerin jedoch nicht als solche – sondern als Störerin – in Anspruch genommen und das Ermessen der Bezirksregierung E1 zu Gunsten einer Inanspruchnahme der Klägerin als Nichtstörerin war nicht auf Null reduziert.

Die Bezirksregierung E1 hat nicht geprüft, ob die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der Klägerin als Nichtstörerin vorgelegen haben. Nichtstörer können nach § 19 Abs. 1 OBG NRW nur in Anspruch genommen werden, wenn eine gegenwärtige erhebliche Gefahr abzuwehren ist, Maßnahmen gegen die nach den §§ 17 – 18 OBG NRW Verantwortlichen nicht oder nicht rechtzeitig möglich sind oder keinen Erfolg versprechen, die Ordnungsbehörde die Gefahr nicht oder nicht rechtzeitig selbst oder durch Beauftragte abwehren kann und die Personen ohne erhebliche eigene Gefährdung und ohne Verletzung höherwertiger Pflichten in Anspruch genommen werden können.

Zwar dürfte die Grundvoraussetzung der mangelnden Möglichkeit der Gefahrabwehr durch ein Vorgehen gegen den Störer gegeben sein und wegen des Verstoßes gegen den Glücksspielstaatsvertrag und der Erfüllung des Straftatbestandes des § 284 StGB eine gegenwärtige erhebliche Gefahr vom Glücksspiel im Internet ausgehen, vgl. OVG NRW, Beschluss vom 26. Januar 2010 – 13 B 760/09 -, Juris (Rn. 16).

Der Ordnungsverfügung vom 15. Januar 2010 lässt sich jedoch nicht entnehmen, dass die Bezirksregierung E1 die Inanspruchnahme der Klägerin als Nichtstörerin überhaupt in Betracht gezogen hat.

Zugleich kann von keiner Ermessensreduzierung auf Null ausgegangen werden. Ausnahmsweise ist eine solche anzunehmen, wenn eine gegenwärtige erhebliche Gefahr für ein besonders bedeutsames Rechtsgut besteht, die ausschließlich durch die Inanspruchnahme des Nichtstörers umgehend beseitigt werden kann, vgl. OVG NRW, Beschluss vom 19. März 2003 – 8 B 2567/02 -,NJW 2003, 2183, Beschluss vom 26. Januar 2010 – 13 B 760/09 -, a. a. O.

Durch das Glücksspiel im Internet ist jedoch – wie das OVG NRW im Beschluss vom 26. Januar 2010 (13 B 760/09) ausgeführt hat – nicht ein derart bedeutsames Rechtsgut betroffen, dass die Bezirksregierung E1 von vornherein von der Pflicht der (fehlerfreien) Ermessensausübung beim Einschreiten gegen die Klägerin als Nichtstörerin entbunden wäre.

2.
Aus der Rechtswidrigkeit der Anordnung in Ziffer 1 folgt zugleich die Rechtswidrigkeit der Regelung in Ziffer 2 und der Zwangsgeldandrohung in Ziffer 3 der Ordnungsverfügung vom 15. Januar 2010.

3.
Schließlich erweist sich auf Grund der Rechtswidrigkeit der Ziffern 1 und 2 der Ordnungsverfügung vom 15. Januar 2010 zugleich die Gebührenfestsetzung in Ziffer 4 der Ordnungsverfügung vom 15. Januar 2010 als rechtswidrig. Die Kostenpflicht setzt eine rechtmäßige Amtshandlung voraus. Für eine rechtswidrige Amtshandlung können keine Kosten gefordert werden.

III.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO.

IV.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 1 und 2 VwGO i.V.m. § 709 ZPO.

V.
Die Berufung war nach § 124 a Abs. 1 Satz 1, 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen. Die Rechtssache hat in Hinsicht auf die Klärung der Störeigenschaft eines Zugangsvermittlers im Sinne des § 8 TMG grundsätzliche Bedeutung.

I