VG München, Urteil vom 26.07.2012, Az. M 17 K 11.6112
§ 4 JugSchMedienStVtr BY, § 5 JugSchMedienStVtr BY
Das VG München hat entschieden, dass pornografische Kurzgeschichten, die vorliegend der Betreiber eines Onlineshops für Latexwaren in einer Rubrik „Stories“ auf seiner Website eingestellt hatte, nicht online vorgehalten werden dürfen, ohne dass sichergestellt wird, dass nur Erwachsene Zugriff darauf erhalten. Bei den streitgegenständlichen Texten handelte es sich nach Auffassung des Gerichts um Pornografie, da „die enthaltenen Darstellungen unter Ausklammerung sonstiger menschlicher Bezüge sexuelle Vorgänge in grob aufdringlicher Weise in den Vordergrund rückten“. Diese Darstellungen seien geeignet, die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit zu beeinträchtigen. Eine Rechtfertigung durch die Kunstfreiheit lehnte das Gericht rundweg ab. Kunstcharakter sei den Texten nicht beizumessen, denn diese dienten lediglich dazu, „den Shopverkauf von Latexgegenständen zu fördern“. Zum Volltext der Entscheidung:
Verwaltungsgericht München
Urteil
I.
Der Bescheid der Beklagten vom … 2011 wird in Nr. 9 aufgehoben.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II.
Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kostenschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Kostengläubigerin vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
Gegenstand des Rechtsstreits ist, ob der Inhalt von Internetangeboten, die der Kläger zur Verfügung stellt, pornografisch bzw. entwicklungsbeeinträchtigend ist und Kindern und Jugendlichen nicht zur Verfügung gestellt werden darf.
Der Kläger betreibt als Domain-Inhaber und Anbieter Internetangebote unter den Internetadressen …, …, …, … und …. Es handelt sich dabei um einen Online-Shop für Latexbekleidung, ferner werden unter der Rubrik „Stories“ kurze Texte angeboten.
Die Einrichtung jugendschutz.net erstellte eine Vorlage für die KJM-Prüfgruppe und stellte bezüglich des Angebots folgende Verstöße fest: 1. einfache Pornografie, 2. Entwicklungsbeeinträchtigung, 3. fehlender Jugendschutzbeauftragter. Es wurden die einzelnen Texte wiedergegeben und die Einschätzung, weshalb das Angebot für entwicklungsbeeinträchtigend gehalten wird. Es würden sexuelle Vorgänge selbst-zweckhaft und ohne nachvollziehbaren Handlungskontext präsentiert. Bizarre Sexualpraktiken würden detailgenau geschildert. Dies sei problematisch für Jugendliche, die sich noch in einer schwierigen sexuellen Orientierungsphase befänden. Bei dem Hinweis auf Sexualpraktiken aus dem Latex-Fetisch-Bereich bestehe die Gefahr, dass Minderjährige den selbstbedrohenden Charakter dieser Praktiken nicht erkennen und sich in lebensbedrohende Gefahren begeben könnten.
Nachdem sich die Prüfgruppe der KJM am … 2011 mit dem Vorgang befasst hatte, empfahl sie der BLM, einen Verstoß gegen § 4 Abs. 2 Satz 1, Nr. 1 i.V.m. Satz 2 Jugendmedienstaatsvertrag (JMStV) festzustellen, da das Angebot nach Auffassung der Prüfgruppe pornografische Inhalte im Sinne dieser Vorschriften enthalte, ohne dass von Seiten des Anbieters gemäß § 4 Abs. 2 Satz 2 JMStV sichergestellt werde, dass diese nur Erwachsenen zugänglich gemacht werden. Die Prüfgruppe empfahl, einen Verstoß festzustellen, da das Angebot nach Auffassung der Prüfgruppe entwicklungsbeeinträchtigende Inhalte enthalte, ohne dass von Seiten des Anbieters sichergestellt wurde, dass diese nur Erwachsenen zugänglich gemacht werden. Die Empfehlung wurde der BLM mitgeteilt. Diese hörte den Kläger mit Schreiben vom … 2011 an. Die Anhörung betraf zunächst nur das Angebot …. Mit Schreiben vom … 2011 wurde die Anhörung auch auf die Angebote …, … und … erstreckt. Eine Äußerung von Klägerseite erfolgte nicht.
Mit Bescheid vom … 2011 stellte die Beklagte fest und missbilligte, dass der Kläger unter den Internetadressen …, …, …, … und … pornografische Inhalte durch Telemedien verbreitet bzw. zugänglich macht, ohne sicherzustellen, dass nur Erwachsene Zugang zu diesen Inhalten haben. Dies stelle einen Verstoß gegen § 4 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 JMStV dar (Nr. 1). Dem Kläger wurde die Verbreitung und Zugänglichmachung von pornografischen Inhalten in Telemedien unter den genannten Adressen untersagt, wenn nicht sichergestellt wird, dass die Inhalte nur Erwachsenen zugänglich sind (Nr. 2). Ferner wurde festgestellt und missbilligt, dass der Kläger unter den genannten Internetadressen Inhalte durch Telemedien zugänglich mache, die die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit beeinträchtigen können, ohne Sorge zu tragen, dass Kinder und Jugendliche die Inhalte üblicherweise nicht wahrnehmen. Dies stelle einen Verstoß gegen § 5 Abs. 1 JMStV dar (Nr. 3). Dem Kläger wurde die Zugänglichmachung und Verbreitung von Inhalten, die geeignet sind, die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit zu beeinträchtigen, ohne dafür Sorge zu tragen, dass Kinder und Jugendliche diese Inhalte üblicherweise nicht wahrnehmen, über die genannten Internetadressen untersagt (Nr. 4). Der Sofortvollzug der Untersagungsverfügungen wurde angeordnet (Nr. 5). Für den Fall der Zuwiderhandlung wurde ein Zwangsgeld in Höhe von € 2.000,– je Internetadresse angedroht (Nr. 6). Für den Fall der Weiterverbreitung jugendbeeinträchtigender Angebote wurde ein Zwangsgeld in Höhe von € 1.000,– angedroht (Nr. 7).
Zur Begründung wurde ausgeführt, der Kläger betreibe als Domain-Inhaber und Anbieter des Internetangebots die genannten Internetadressen. Es handele sich im Wesentlichen um einen Online-Shop für Latexbekleidung. Unter der Rubrik „Stories“ würden Geschichten angeboten, die teilweise Sexualpraktiken, auch außergewöhnlicher und bizarrer Art, detailliert und anreißerisch beschreiben. In einigen Texten würde die Macht des Stärkeren und die körperliche Unterwerfung als Lusterlebnis dargestellt. Einzelne Beispiele der Texte wurden ausgeführt, auf den Inhalt wird insoweit verwiesen. Das Angebot enthalte zum einen Inhalte, die nach den zu § 184 StGB von der Rechtsprechung entwickelten Kriterien pornografisch seien. Die enthaltenen Darstellungen rückten, unter Ausklammerung sonstiger menschlicher Bezüge, sexuelle Vorgänge in grob aufdringlicher Weise in den Vordergrund. Der Obszönitätscharakter und die sexuell stimulierende Wirkung werde durch extreme Fokussierung der Beschreibungen auf sexuelle Handlungen sowie auf Geschlechtsteile verstärkt. Es würden auch außergewöhnliche und bizarre Sexualpraktiken dargestellt, insbesondere in dem Beispiel „blind date“. Im Übrigen enthielten die Angebote Inhalte, die auch, wenn sie unterhalb der Schwelle der Pornografie blieben, geeignet seien, die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit zu beeinträchtigen, sofern nicht Sorge getragen werde, dass Kinder und Jugendliche diese Angebote üblicherweise nicht wahrnehmen können. In diesem Bereich würden Texte und Bilder sexuelle Vorgänge selbstzweckhaft und ohne nachvollziehbaren Handlungskontext zeigen. Die Darstellung von Frauen würde in objekthafter Weise präsentiert. Auch enthalte das Angebot die Darstellung und die Möglichkeit des Erwerbs von Hilfsmitteln zur Atemreduktion. Hier bestehe die Gefahr, dass Minderjährige den oftmals selbstbedrohenden Charakter dieser Praktiken nicht erkennen und sich in eine lebensbedrohliche Gefahr begeben würden. Das Rollenbild von Frauen und das Bild von Sexualität im Allgemeinen, sei mit Blick auf die Altersgruppe der unter 18jährigen als problematisch einzustufen. Bei den Angeboten sei nicht sichergestellt, etwa durch technische Mittel oder zeitliche Zugangsbeschränkungen, dass Kinder und Jugendliche diese Angebote nicht üblicherweise wahrnehmen könnten. Der Anbieter habe auf eine Aufforderung zur Stellungnahme nicht reagiert. Es sei nicht erkennbar, dass er die Inhalte zukünftig abändern werde. Aus diesen Gründen sei die Untersagung erforderlich, um die beanstandeten Rechtsverstöße zu beseitigen. Die KJM sei für die abschließende Beurteilung der Angebote nach dem Jugendmedienschutzstaatsvertrag zuständig, der Präsident der Landeszentrale habe für den Vollzug der KJM-Beschlüsse zu sorgen. Die Zwangsgeldandrohung beruhe auf Art. 29 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1, Art. 31, 36 BayVwZVG.
Der Bevollmächtigte des Klägers erhob mit Schriftsatz vom … 2011, eingegangen am selben Tag, Klage mit dem Antrag,
den Bescheid der Beklagten vom … 2011 aufzuheben.
Zur Begründung wurde ausgeführt, der Kläger betreibe nebenberuflich ein kleines Internetangebot für Latexmode. Der genannte Bescheid sei rechtswidrig und daher aufzuheben. Er sei zu unbestimmt und daher für den Kläger nicht umsetzbar. Selbst wenn man eine ausreichende Bestimmtheit annehmen wollte, wäre der Bescheid rechtswidrig, da der Kläger keine pornografischen oder entwicklungsbeeinträchtigenden Angebote vorhalte. Dem Kläger sei nicht bekannt, was er unterlassen solle. Der Bescheid genüge nicht den Anforderungen aus § 37 Abs. 1 VwVfG. Es sei lediglich der Gesetzestext abgeschrieben worden. Es sei nicht einzusehen, was am Verkauf von Latexmasken jugendgefährdend oder entwicklungsbeeinträchtigend sein soll. Die Bußgeldandrohung würde den Kläger in seinem wirtschaftlichen Interesse treffen, der Gewinn habe 2009 € 2.976,02, im Jahr 2010 habe der Verlust € 1.558,94 betragen. Die Erzählung „blind date“ sei nicht pornografisch. Die Beschreibung der sexuellen Handlungen möge teilweise derb sein, die Beklagte habe den eigentlichen Witz der Geschichte nicht verstanden. Eine Auseinandersetzung mit dem Kunstvorbehalt sei nicht erfolgt. Eine extreme Fokussierung auf Geschlechtsteile sei nicht erkennbar und selbst wenn, dann sei nicht gesagt, warum dies pornografisch sein solle. Neu an der Säuberungspraxis der Beklagte sei, dass nun auch der Warenverkauf zensiert werden solle. Atemreduktionsmasken könnten bundesweit auch bei Amazon oder anderen Anbietern gekauft werden. Es werde übersehen, dass bei den umgangssprachlich als SM oder sadomasochistisch bezeichneten Praktiken ein tiefes gegenseitiges Vertrauen erforderlich sei.
Der Bevollmächtigte der Beklagten beantragte
Klageabweisung.
Der Kläger veranstalte unstreitig das streitgegenständliche Internetangebot. Er erweise sich in besonderer Weise als uneinsichtig etwa mit der Behauptung, er sei durch den Bescheid überrascht worden. Ein Jugendschutzbeauftragter gemäß den Bestimmungen des § 7 JMStV sei vom Kläger nicht bestellt worden. Die vom Kläger genannten wirtschaftlichen Daten würden bestritten. Es seien etwa 1,3 Mio. Besucher auf der Website verzeichnet. Der streitgegenständliche Bescheid sei nicht unbestimmt. Den Anforderungen nach Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG sei sehr wohl genügt. Die KJM habe im Bescheid umfassend und nachvollziehbar dargestellt, weshalb die streitgegenständlichen Internetangebote pornografisch bzw. entwicklungsbeeinträchtigende Inhalte aufweisen. Unstreitig sei, dass der Kläger keinerlei Zugangssperren vorgesehen habe, die Internetangebote also nach wie vor jederzeit und ohne Beschränkung von Kindern und Jugendlichen wahrgenommen werden könnten. Wie sich aus dem Bescheid ergebe, komme es nicht in erster Linie darauf an, dass der Kläger einen Webshop für Latexprodukte unterhalte. Vielmehr komme es auf die Texte an, die über „Stories“ erreichbar seien. Zum Text „blind Date“ sei es keineswegs so, dass die Beklage den Witz nicht verstanden habe. Einer Auseinandersetzung mit dem Kunstvorbehalt bedürfe es hier nicht. Die Internetangebote des Klägers seien rein wirtschaftlich motiviert. Im Vordergrund stehe das Angebot für die Latexprodukte. Der Kläger könne sich allenfalls auf Meinungsfreiheit berufen. Der Hinweis auf gegenseitiges Vertrauen im Zusammenhang mit Sado-Maso-Praktiken sei unerheblich. Offensichtlich sollten die Leser oder Betrachter dadurch erregt werden, dass die Vorgänge ganz offensichtlich gegen den Willen der zumeist weiblichen Protagonisten erfolgten. Selbst wenn man davon ausgehe, dass die Entscheidungen der KJM grundsätzlich gerichtlich überprüfbar seien, stellten sie doch eine sachverständige Aussage dar, die im gerichtlichen Verfahren nur mit dem gleichen Aufwand in Frage gestellt werden könnten, der notwendig sei, um die Tragfähigkeit eines Fachgutachtens zu erschüttern.
Demgegenüber wiederholte der Bevollmächtigte des Klägers, der Bescheid sei nicht hinreichend bestimmt. Die Voraussetzungen für eine Untersagung lägen mangels pornografischer Inhalte nicht vor. Die erotischen Darstellungen seien gegebenenfalls zotig oder derb aber nicht pornografisch. Die Textstellen seien nur Ausschnitte aus erotischen Kurzgeschichten, welche aus dem Gesamtkontext gerissen wurden. Die Vorschrift des § 5 Abs. 1 JMStV begegne verfassungsrechtlichen Bedenken, da sie die Beklagte ermächtige, willkürlich zu entscheiden, was entwicklungsbeeinträchtigend sei. Die Beklagte mag insoweit ein eigenes Menschenbild haben, das sie auf das (bayerische) Staatsvolk angewendet wissen will.
Der Klägerbevollmächtigte verwies nochmals auf die Kunstfreiheit. Die Erzählungen stellten selbstverständlich Kunst dar. Daran ändere auch die Tatsache nichts, dass der Kläger daneben einen Webshop betreibe. Das Seitenmenü, auf dem die Erzählungen zu erreichen seien, stünde nicht im wirtschaftlichen Zusammenhang mit den Angeboten des Webshops. Seit der sog. Mutzenbacher-Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts habe sich die mediale Landschaft aufs stärkste verändert, deswegen müsse ihr auch anders begegnet werden als mit Repressalien, wie hier die von der Beklagten gewählte Untersagungsverfügung. Die von der Beklagten durchgeführten Maßnahmen seien nicht geeignet, eine Säuberung der Medienlandschaft durchzuführen. Neben der Geeignetheit der Anordnung fehle es aber auch an der Erforderlichkeit und der Verhältnismäßigkeit. Zur wirtschaftlichen Lage im Zusammenhang mit der Zwangsgeldandrohung legte der Bevollmächtigte die Steuererklärung, Einnahme- und Überschussrechnung für 2009 und 2010 vor. Der Ansatz bei der Kostenentscheidung sei verfehlt, da die Rechtsgrundlage nicht für den Bereich Telemedien gelte. Der Bescheid sei das Ergebnis verfehlter Gesetzgebung einerseits und verfehlter Rechtsanwendung andererseits. Der Jugendmedienstaatsvertrag wie die Beklagte gingen von den Voraussetzungen des Fernsehens aus, die aber für das Internet nicht zuträfen.
Am … 2011 erließ die Beklagte einen Änderungsbescheid mit dem der Bescheid vom … 2011 in den Gründen II. Nr. 6 wie folgt abgeändert wurde: „Die Kostenentscheidung beruht auf Art. 20 Abs. 1, Abs. 3, Art. 6 Abs. 1 Satz 2 und 3 BayKG i.V.m. Nr. 6.5 des Kostenverzeichnisses der Gebührensatzung der Landeszentrale. Die Landeszentrale ist staatsfern organisiert. Ihre Aufgaben erledigt sie in Selbstverwaltung nach eigenem Ermessen. Bei Bewertungen, die nicht unmittelbar in der Gebührensatzung geregelt sind, ist eine Bewertung für vergleichbare Amtshandlungen heranzuziehen. Eine vergleichbare Amtshandlung ist in Nr. 6.5 des Kostenverzeichnisses bewertet.“ Zur Begründung wurde ausgeführt, § 35 Abs. 11 RStV habe für die Kostenerhebung nicht herangezogen werden können, da er ausweislich der Systematik des Rundfunkstaatsvertrags nur für bundesweite Rundfunkangebote gelte. Die Vorschriften des Bayerischen Kostengesetzes könnten nicht unmittelbar, sondern auf Grundlage des Art. 20 BayKG herangezogen werden.
Der Bevollmächtigte des Klägers beantragte auch insoweit,
den Bescheid aufzuheben
und führte aus, die Beklagte habe erkannt, dass die bisherige Gebührenberechnung rechtswidrig sei und deswegen ihren Bescheid abgeändert. Die gegebene Begründung greife aber insoweit nicht, da es sich vorliegend nicht um Rundfunk, sondern um Telemedien handle.
Der Bevollmächtigte der Beklagten nahm neuerlich Stellung zur Bestimmtheit des Bescheides und führte aus, da sich die Inhalte von Telemedienangeboten laufend veränderten und quantitativ nicht begrenzt seien, sei eine Benennung aller in den Telemedienangeboten enthaltenen Dokumente weder erforderlich noch möglich. Der Kläger habe aufgrund der vorherigen Anhörung genau gewusst, welche Telemedienangebote betroffen seien. Soweit der Kläger vortrage, es sei durch nichts belegt, weshalb Kinder und Jugendliche durch die genormten Texte in ihrer Entwicklung beeinträchtigt werden könnten, verkenne er die Regelung, wonach die Möglichkeit einer Beeinträchtigung für eine Beanstandung ausreiche.
Wegen des Sachverhalts im Übrigen wird auf die vorgelegten Behördenakte sowie auf die Gerichtsakte verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage hat im tenorierten Umfang Erfolg. Die Klage im Übrigen war abzuweisen, da der Bescheid der Beklagten vom … 2011 insoweit rechtmäßig ist und den Kläger nicht in seinen Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 VwGO).
Auf die zutreffenden Ausführungen im streitgegenständlichen Bescheid wird zunächst Bezug genommen. Dort sind die Rechtsgrundlagen für die Zuständigkeit der BLM und der getroffenen Beanstandungen genannt. Der Kläger ist Anbieter von Telemediendiensten im Sinne von § 2 Abs. 1 und 3 JMStV (§ 1 Abs. 1 TMG). Die BLM als zuständige Medienanstalt konnte Verstöße gegen den Jugendmedienschutzstaatsvertrag feststellen und die erforderlichen Maßnahmen gegenüber dem Anbieter erlassen. Sie hat sich nach § 14 Abs. 2 Satz 1 und 2 JMStV der KJM bedient. Diese ist insoweit das funktionell zuständige Organ der jeweiligen Medienanstalt. Entgegen den Ausführungen des Klägers wurden die Verfahrensvorschriften eingehalten. Zunächst überprüfte die durch die obersten Landesjugendbehörden eingerichtete gemeinsame Stelle Jugendschutz aller Länder („Jugendschutz.net“) gemäß § 18 Abs. 3 JMStV das Angebot. Jugendschutz.net informierte den Kläger mit Schreiben vom … 2010 darüber, dass die genannten Angebote für unzulässig und entwicklungsbeeinträchtigend gehalten werden. In der Folge beschäftigte sich die Prüfgruppe der KJM am … 2010 in … mit dem Angebot. Die Prüfgruppe empfahl, einen Verstoß gegen § 4 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. Satz 2 JMStV sowie gegen § 5 Abs. 1 i.V.m. Abs. 3 und 4 Satz 1 JMStV festzustellen. Eine Niederschrift über die Entscheidung des Prüfausschusses war in den Behördenakten der BLM nicht enthalten. Die Beschlussfassung ergab sich jedoch aus der Stellungnahme der KJM gegenüber der Beklagten. Die entsprechenden Beschlussvorlagen mit zustimmenden Erklärungen wurden in der mündlichen Verhandlung vorgelegt. Der angefochtene Bescheid ist demnach unter Einhaltung der Verfahrensvorschriften ergangen. Die erforderliche Anhörung der Klägerseite ist erfolgt.
Entgegen den Ausführungen des Bevollmächtigten des Klägers sind die Anordnungen im angefochtenen Bescheid auch nicht unbestimmt. Grundsätzlich hat nach Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG eine behördliche Anordnung so zu erfolgen, dass der Sachverhalt, auf den sich die Regelung bezieht und die Rechtsfolge, die bestimmt wird, erkennbar sein müssen (siehe Stelkens u. a. VwVfG 7. Auflage 2008, § 37 RdNr. 27). Die Rechtsfolgen müssen auf den konkreten Fall bezogen sein und der Verwaltungsakt darf nicht nur den Gesetzestext wiederholen. Insbesondere darf die Wertung nicht dem Adressaten überlassen werden. Bei der Überprüfung der Bestimmtheit muss eine Klärung durch Auslegung erfolgen. So muss bei einem Verbot unmissverständlich festgelegt werden, welche Handlungen zu unterlassen sind (Stelkens a.a.O. RdNr. 32). Die Beklagte hat dem Kläger im angefochtenen Bescheid untersagt, auf namentlich genannten Internetadressen pornografische Inhalte zu verbreiten, wenn nicht sichergestellt werde, dass diese Inhalte nur Erwachsenen zugänglich sind. Ferner wurde dem Kläger untersagt, Inhalte zu verbreiten, die geeignet sind die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit zu beeinträchtigen, ohne dafür Sorge zu tragen, dass Kinder und Jugendliche diese Inhalte üblicherweise nicht wahrnehmen. Die Regelungen erwecken zunächst den Eindruck einer gesetzeswiederholenden Verfügung. Derartige Verwaltungsakte sind nicht generell unzulässig. Gesetzeskonkretisierende Verwaltungsakte, die ein unmittelbar geltendes Verbot für den Einzelfall konkretisieren und erst mit Zwangsmittel vollziehbar machen, werden allgemein als zulässig angesehen (BayVGH, DVBl 1999, 624, mit Nachweisen). Eine Generalermächtigung liegt hier in § 20 Abs. 1 JMStV, wonach die Beklagte gegenüber Anbietern die zur Einhaltung der Bestimmungen des Staatsvertrages erforderlichen Maßnahmen treffen kann.
Der Gesetzgeber hat sich bei der Ausgestaltung der Verbotsnormen der §§ 4 und 5 JMStV unbestimmter Rechtsbegriffe wie „Pornografie“ bzw. „Entwicklungsbeeinträchtigung bei Kindern und Jugendlichen“ bedient. Dies ist verfassungsrechtlich unbedenklich. Die Ausfüllung dieser unbestimmten Rechtsbegriffe ist Aufgabe der Rechtsanwendung. Ein Verwaltungsakt kann die Einzelanordnungen konkretisieren. Der Verwaltungsakt als Einzelanordnung muss im Einzelfall bündig Aufschluss geben, was rechtens sein soll. Die Regelung muss einer unterschiedlichen subjektiven Beurteilung durch den Adressaten entzogen sein (s. BayVGH a.a.O).
Im vorliegenden Fall sind hierbei auch die Besonderheiten des Medienrechts, insbesondere der Telemedien zu berücksichtigen, deren Inhalte sich laufend verändern können und quantitativ nicht begrenzt sind, weshalb an eine Konkretisierung keine überzogenen Anforderungen gestellt werden können (s. auch VG Münster v. 12.2.2010, 1 K 1608/09 juris). Sonst könnte etwa der Fall eintreten, dass für einen konkreten Text die Missbilligung bzw. die Untersagung ausgesprochen wird und ein Anbieter dann die technischen Möglichkeiten nützt, ein Angebot minimal abzuändern, um die Nichtanwendbarkeit des Verbots auf den abgeänderten Text vorzutragen. Deshalb konnte die BLM hier die Untersagung für pornografische bzw. entwicklungsbeeinträchtigte Inhalte aussprechen, wobei in der Begründung des Bescheides durch konkrete Beispiele der unter der Rubrik „Stories“ abzurufenden Texte die pornografischen bzw. entwicklungsbeeinträchtigten Inhalte ausreichend deutlich beschrieben sind. Damit ist es für den Bescheidsadressat deutlich, dass die beispielhaft genannten Texte sowie gleichgelagerte Texte den Begriff der Eingriffsnormen erfüllen. Aus der Tenorierung des Bescheids sowie aus den Gründen geht auch eindeutig hervor, dass der Onlineshop für Latexbekleidung an sich nicht von der Feststellung und der Untersagung betroffen ist. Andererseits wird deutlich, dass die Beklagte das gesamte Angebot bezüglich der Stories und im Einzelnen genannter Links in die Untersagung einbezieht. Die Nennung von Beispielsfällen ist nicht so zu verstehen, dass andere Texte als zulässig angesehen werden und von der Untersagung nicht betroffen sein sollen. Dem insoweit sachkundigen Kläger muss klar sein, dass er die Texte ohne Änderung des Inhalts oder des Zugangs so nicht weiter senden darf. Die dem Kläger insoweit eingeräumte Wahlfreiheit – Einstellung bzw. inhaltliche Änderung der beanstandeten Formate oder Einführung von Zugangsbeschränkungen bzw. -erschwernissen (Altersverifikation, technische Schranken, Begrenzung der Verbreitungszeit etc.) zur Umsetzung der Verfügung begründen keinen Bestimmtheitsmangel. Es entspricht vielmehr der Verhältnismäßigkeit, dem Kläger es zu überlassen, die Angebote gänzlich einzustellen bzw. die geforderten Beschränkungen vorzunehmen (s. auch VG Münster a.a.O.). Es ist nicht erforderlich, dem Betroffenen die Mittel aufzuzeigen, wie er sich an das Verbot halten kann (Stelkens a.a.O. RdNr. 32). Nach der Begründung des Bescheides ist es für den Kläger auch ausreichend bestimmt, welche Angebote als pornografisch und welche, wenn auch unterhalb der Schwelle der Pornografie liegend, als entwicklungsbeeinträchtigend angesehen werden. Die Beklagte hat jeweils Beispiele für die Einordnung der Verstöße genannt. Nämlich für die Einordnung als Pornografie den Text mit dem Titel „Blind Date“ bei dem sexuelle Vorgänge selbstzweckhaft und in grober Form beschrieben werden und dabei Sexualpraktiken der außergewöhnlichen und bizarren Art ausgebreitet werden. Auch soweit die Angebote als entwicklungsbeeinträchtigend angesehen werden, werden hierzu Beispiele im Bescheid genannt und ausgeführt, worin die Eignung zu einer Beeinträchtigung der Entwicklung von Kindern und Jugendlichen zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit gesehen wird. Dies gilt etwa, wenn Frauen in objekthafter Weise als allzeit verfügbares Sexualobjekt dargestellt werden. Dies gilt auch dann, wenn sexuelle Vorgänge selbstzweckhaft und ohne nachvollziehbaren Handlungskontext gezeigt werden, da hier eine sozial- und sexualethische Desorientierung zu befürchten ist. Es geht darum, Kinder und Jugendliche zu schützen, die noch nicht über ausreichende Lebenserfahrung verfügen, um drastische und einseitige Darstellung sexueller Vorgänge einordnen zu können. Die Gefahr falscher Wertvorstellungen soll verhindert und die Erziehung zu verantwortungsbewussten Menschen darf nicht erschwert werden.
Die Beklagte hält Teile des Angebots des Klägers zurecht für unzulässig nach § 4 Abs. 2 Nr. 1 JMStV, da sie in sonstiger Weise pornografisch sind. Der Pornografiebegriff des Jugendmedienstaatsvertrags entspricht dem des Strafrechts. In § 184 StGB findet sich keine gesetzliche Definition. Der Gesetzgeber hat bewusst auf eine Definition der Pornografie verzichtet und diese Wissenschaft und Rechtsprechung überlassen. Damit ist diese Definition offen für die Entwicklung der Sexualmoral (Ukrow, Jugendschutzrecht 2004, RdNr. 350). Übereinstimmend wird unter Pornografie jedoch eine Darstellung sexualen Verhaltens in vergröbernder Art unter Ausklammerung emotional-individualisierender Bezüge verstanden, die den Menschen zum bloß auswechselbaren Objekt geschlechtlicher Begierde oder Betätigung macht (siehe Fischer, Strafgesetzbuch 55. Auflage, § 184 RdNr. 5 ff.). Die Beklagte hat zutreffend unter konkreter Benennung und Beschreibung einzelner Sequenzen ausgeführt, dass mit den „Stories“ pornografische Inhalte verbreitet werden. Es werden sexuelle Inhalte in grober Form beschrieben. Die Personen sind auf ihre Geschlechtsteile und deren Funktion reduziert. Derartige Angebote sind nur zulässig, wenn von Seiten des Anbieters sichergestellt wird, dass sie nur Erwachsenen zugänglich gemacht werden.
Soweit die Beklagte die übrigen „Stories“ für entwicklungsbeeinträchtigend im Sinn des § 5 JMStV hält und missbilligt, sind auch diese Ausführungen anhand der Beispiele überzeugend. Auch hier werden sexuelle Praktiken dargestellt, bei deren Ablauf zum Teil der „Reiz“ aus dem Objektstatus der Frauen abgeleitet wird. Auf die zutreffenden Ausführungen im streitgegenständlichen Bescheid kann verwiesen werden.
Die Überprüfung, ob eine pornografische oder entwicklungsbeeinträchtigende Darstellung vorliegt, ist der gerichtlichen Überprüfung nicht entzogen. Der Kommission für Jugendschutz (KJM) kommt kein gerichtlich nur eingeschränkt nachprüfbarer Beurteilungsspielraum zu. Ihre Einschätzung ist jedoch als sachverständige Aussage anzusehen, die im gerichtlichen Verfahren nur mit dem gleichen Aufwand in Frage gestellt werden kann, der notwendig ist, um die Tragfähigkeit fachgutachtlicher Äußerungen zu erschüttern (siehe BayVGH vom 23.3.2011, NJW 2011, 2678). Das Gericht hält hier die Einschätzung der KJM für zutreffend und nachvollziehbar. Der Sachvortrag der Klägerseite ist nicht geeignet, die fachgutachtliche Äußerung der KJM zu erschüttern. Zunächst erhebt der Bevollmächtigte der Klägerseite den Vorwurf, der Bescheid sei völlig willkürlich und zeige die „Säuberungspraxis“ der Beklagten. Er führt dann aus, sadomasochistische Praktiken beruhten auf tiefstem gegenseitigen Vertrauen. Insoweit liegt der Sachvortrag neben der Sache, als nicht etwa das Warenangebot des Klägers untersagt worden ist. Ansonsten führt er aus, phantasievolle, gegebenenfalls derbe und zotige Darstellungen würden nicht zu einer Entwicklungsbeeinträchtigung führen. In der Gesamtschau werde eine soziale oder sexualethische Desorientierung nicht gesehen. Beim Angebot des Klägers handle es sich „nicht um Teenymode“. Die Seiten seien aufgrund des Warenangebots nur für bestimmte Kreise, die an erotischen Spielen interessiert seien, bestimmt. Diese pauschalen Einwände können die Einschätzung der KJM, nicht in ihrer Tragfähigkeit erschüttern. Nach der genannten Rechtsprechung des BayVGH bedarf es hier keines weiteren gerichtlich bestellten Sachverständigengutachtens, da das im Verwaltungsverfahren eingeholte KJM-Gutachten keine Mängel aufweist und das Gericht den Bewertungen folgt.
Nachdem wie ausgeführt, die Feststellungen und Missbilligungen der Beklagten bezüglich der Verstöße gegen § 4 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und 2 JMStV und § 5 Abs. 1 JMStV nicht zu beanstanden sind, konnte die Beklagte in rechtlich zulässiger Weise dem Kläger untersagen, Angebote mit pornografischem Inhalt zu verbreiten und zugänglich zu machen, wenn nicht sichergestellt wird, dass diese Inhalte nur Erwachsenen zugänglich sind. Desgleichen konnte die Beklagte die Verbreitung und Zugänglichmachung von Inhalten, die geeignet sind, die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen zu eigenständigen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeiten zu beeinträchtigen, untersagen, sofern nicht Sorge dafür getragen wird, dass Kinder diese Inhalte üblicherweise nicht wahrnehmen. Die getroffenen Untersagungen, die einen Zugang nur über eine effektive Altersbegrenzung bzw. nur zu bestimmten Tageszeiten ermöglichen, sind auch verhältnismäßig. Der Zweck, nämlich Kinder und Jugendliche vor pornografischen bzw. entwicklungsbeeinträchtigenden Angeboten zu schützen, kann nicht anderweitig erreicht werden. Auch im Bereich der Telemedien ist ein nach Schwere und Intensität des Eingriffs in die Medienfreiheit abgestuftes Sanktionssystem anzuwenden (siehe Hartstein/Ring/Kreile/Dörr/Stettner, Jugendmedienschutzstaatsvertrag, § 59 RStV RdNr. 18). Ein bloßer Hinweis auf die Beanstandungen konnte hier nicht als zielführend angesehen werden. Der Kläger hat auf Hinweise sowie auf die Anhörung vor Erlass des Bescheides nicht reagiert. Der Kläger verfügt nicht über einen Jugendschutzbeauftragten als Ansprechpartner. Daraus kann geschlossen werden, dass mit einem milderen Mittel die vorgegebenen Ziele des Jugendschutzes nicht hätten erreicht werden können. Die getroffenen Maßnahmen sind auch für die Zielerreichung geeignet. Die Ausführungen des Bevollmächtigten des Klägers, dass interessierte Kinder und Jugendliche überall auf der Welt sich Zugang zu den verschiedensten Medienangeboten verschaffen können, mag zutreffen, kann aber nicht dazu führen, dass eine für den Jugendmedienschutz zuständige Stelle auf Regelungen verzichtet. Aus Kenntnis der Tätigkeit der BLM hat das Gericht nicht den Eindruck, dass hier an einer Einzelperson ein Exempel statuiert werden sollte, also eine Ungleichbehandlung der Anbieter stattfindet.
Soweit der Bevollmächtigte des Klägers vorträgt, der Bescheid sei rechtswidrig, weil die Beklagte bei ihrem Eingriff die Kunstfreiheit nicht berücksichtigt habe, so gilt folgendes. Zurecht verweist der Bevollmächtigte der Beklagten darauf, dass die Klägerseite weder im behördlichen Verfahren, insbesondere aufgrund der Anhörung, noch bei Klageerhebung den Einwand der Kunstfreiheit vorgebracht habe, dieser erstmals im Schriftsatz vom 8. Mai 2012 erfolgte. Im Bescheid ist keine Abwägung unter Nennung des Art. 5 Abs. 3 GG erfolgt. Tatsächlich bringt die Bestimmung des Kunstbegriffs Schwierigkeiten mit sich und ist eine weite Definition geboten (Jarass/Pieroth, Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, 11. Auflage, Art. 5 RdNr. 106). Gewisse Anhaltspunkte für das Vorliegen von Kunst können jedoch geprüft werden. Sie sind hier nicht gegeben. Zum einen ist aus dem Verhalten des Klägers abzusehen, dass er selbst sein „Werk“ offenbar nicht als Kunstwerk betrachtet, ansonsten hätte er den Einwand wesentlich früher gebracht. Die Klägerseite konnte auch keinen in Kunstfragen kompetenten Dritten benennen, der die in Frage stehenden Texte als Kunstwerk angesehen hat. Die Texte lassen weder nach Wortwahl, Stil noch Aufbau ansatzweise einen Kunstcharakter erkennen. Eine Auseinandersetzung in den Bescheidsgründen kann daher mangels Anhaltspunkten nicht gefordert werden. Die Klägerseite übersieht zudem, dass die Kunstfreiheit nicht ohne Vorbehalt gilt, dass vielmehr in der Auseinandersetzung widerstreitender Belange wie der Kunstfreiheit und dem Jugendschutz ein angemessener Ausgleich verlangt wird und eine Abwägung zu erfolgen hat (s. Hartstein a.a.O. § 4 JMStV RdNr. 60, Ukrow a.a.O. RdNrn. 301 ff.). So kann die Kunstfreiheit vor allem dann von Bedeutung sein, wenn die gefährdende Schilderung in ein künstlerisches Konzept eingebunden ist und das insbesondere Gewalt und Sexualität thematisierende Sujet die vom Künstler gewählte Darstellungsart verkörpert. Die Kunstfreiheit wird um so eher Vorrang beanspruchen können, je mehr sie in ein Gesamtkonzept eines Kunstwerks eingebettet ist und beim Publikum hohes Ansehen genießt. Für beides sind hier keine Anhaltspunkte vorhanden. Die von Klägerseite angebotenen Stories haben ganz eindeutig das Ziel, den Shopverkauf von Latexgegenständen zu fördern. Es geht dabei keineswegs um eine selbstzweckhafte künstlerische Darstellungsform. Die Kunstfreiheit hat dann zurückzutreten, wenn ein anderes von der Verfassungsordnung als wesentlich geschütztes Rechtsgut, wie der Schutz von Kindern und Jugendlichen, schwer beeinträchtigt wird. Selbst wenn man also von einem Kunstcharakter der Texte ausgehen wollte, hätte hier der Schutz der Kinder und Jugendlichen Vorrang.
Die Androhung des Zwangsgeldes in Nr. 6 und 7 des Bescheides vom … 2011 findet ihre Rechtsgrundlage in Art. 29 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1, Art. 31 und 36 BayVwZVG. Sie ist nicht zu beanstanden. Dies gilt auch für die Höhe des angedrohten Zwangsgeldes. Nach Art. 31 Abs. 2 Satz 2 BayVwZVG ist das wirtschaftliche Interesse des Betroffenen zu berücksichtigen, stellt aber nicht das einzige Kriterium dar. Vielmehr ist das Zwangsgeld so zu bemessen, dass es dem Ziel der Durchsetzung der Anordnung dienlich ist. Die genannten Beträge bewegen sich im Rahmen dessen, was das Gericht hier für angemessen hält. Die Einnahmen, die ausweislich der Steuererklärung für eine einzelne der genannten Internetadressen angegeben wurden, musste die Beklagte nicht zugrunde legen.
Aufzuheben war der angefochtene Bescheid jedoch in Nr. 9. Für die dort erhobene Gebühr ist keine ausreichende Rechtsgrundlage vorhanden.
Auch die im Änderungsbescheid der Beklagten vom … 2012 genannten Rechtsvorschriften vermögen die Kostenentscheidung nicht zu tragen. Die Beklagte hat erkannt, dass die Kostenerhebung nicht auf § 35 Abs. 11 RStV gestützt werden kann, da diese Regelung nicht für den Bereich der Telemedien gilt. Die Beklagte kann zwar grundsätzlich als Anstalt des öffentlichen Rechts Kosten erheben. Allerdings ist die Kostenerhebung durch eine Kostensatzung zu regeln (Art. 20 Abs. 1, 2. Halbsatz Kostengesetz). Die Beklagte hat aufgrund Art. 22 Abs. 1 Satz 1 des BayMG die Satzung über die Erhebung von Gebühren und Auslagen nach dem Bayerischen Mediengesetz erlassen (vom 22. März 2001, StAnz Nr. 13 bzw. Nr. 16, zuletzt geändert durch Satzung vom 9. Dezember 2010, StAnz Nr. 50). Das als Anlage hierzu erlassene Gebührenverzeichnis enthält unter Nr. 6 Gebührentatbestände für den Vollzug des Jugendmedienstaatsvertrags gegenüber Anbietern von lokalen, regionalen oder landesweiten Rundfunkprogrammen zu erheben. Diese Beschränkung gilt auch für die hier herangezogene Regelung der Nr. 6.5, nämlich für Anordnungen einer Maßnahme auf Grundlage des Jugendmedienschutzstaatsvertrages. Hier ist die Anordnung gegenüber einem Anbieter von Telemedien erfolgt, nicht jedoch einem Anbieter eines Rundfunkangebots. Die Ausdehnung der Kostenerhebung nach dem Gebührenverzeichnis auch auf den Aufgabenbereich Telemedien scheidet aus Rechtsgründen aus. Mit einer Analogie würde gegen den Vorbehalt des Gesetzes verstoßen. Speziell bei hoheitlichen Eingriffen besteht generell ein Analogieverbot (siehe VG Oldenburg vom 23.8.2011, 1 A 2903/10 Juris). Eine konkrete Regelung durch den Satzungsgeber wäre möglich gewesen, so dass ein Rückgriff auf einen Auffangtatbestand in der Gebührensatzung nicht in Betracht kommt (siehe VG Düsseldorf vom 20.3.2012, 27 K 6228/10 Juris).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO. Danach waren dem Kläger die Kosten aufzuerlegen, da die Beklagte nur zu einem geringen Teil unterlegen ist. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. mit § § 708 ff. ZPO.
Beschluss
Der Streitwert wird auf EUR 10.000,– festgesetzt(§ 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz -GKG-).
Auf das Urteil hingewiesen, mit kritischer Auseinandersetzung, hat Jens Ferner (hier).