OLG Düsseldorf, Urteil vom 21.12.2010, Az. I-20 U 59/10
§§ 97 Abs. 1, 16, 19a, 94 Abs. 1 UrhG; 8 Abs. 1, 3 Nr. 11 UWG
Das OLG Düsseldorf hat entschieden, dass es dem Betreiber einer Download-Plattform im Internet nicht auferlegt werden kann, die Bereithaltung von Dateien mit bestimmten Namen zu unterlassen. Auch im Rahmen der Störerhaftung führe eine solche Verpflichtung zu weit. Eine Sperrung bestimmter Dateinamen erscheine ungeeignet, da Dateinamen jederzeit veränderbar seien. Aus diesem Grund scheide auch eine Sperrung aller Dateinamen, die bestimmte Begriffe enthalten, aus, zumal mit diesen Begriffen auch legale Inhalte bezeichnet sein können. Im streitgegenständlichen Fall des Computerspiels Alone in the Dark bestehe der Name aus allgemeinen Worten der englischen Sprache, der auch legale Inhalte wie Texte oder Gedichte bezeichnen könne. Die Forderung nach einer menschlichen, gezielten Überprüfung von Inhalten, bei denen eine gesteigerte Wahrscheinlichkeit für Rechteverletzungen bestehe, lasse sich wegen des damit verbundenen Personalaufwands in der Praxis regelmäßig nicht realisieren. In der Vergangenheit hatte das OLG Düsseldorf bereits ähnlich zu Gunsten von Rapidshare entschieden (s. hier und hier). Das OLG Köln und das OLG Hamburg vertreten andere Auffassungen. Zum Volltext der Entscheidung:
Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil
Das am 24.03.2010 verkündete Urteil der 12. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf wird abgeändert. Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Zwangsvollstreckung der Beklagten wegen der Kosten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des insgesamt zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte selbst vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils vollstreckten Betrags leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Entscheidungsgründe
I.
Die Klägerin vertreibt als eine der weltweit führenden Unternehmen Computer- und Videospiele, darunter das Computerspiel „A.i.t.d.“. Die Beklagte ist eine in S. ansässige Aktiengesellschaft, welche unter dem Internetdienst www.rapidshare.com Nutzern Speicherplatz im Internet zur Verfügung stellt. Die Klägerin sieht in diesem Dienst eine Urheberrechtsverletzung und nimmt die Beklagte als Störerin für den geltend gemachten Unterlassungsanspruch in Anspruch. Das Landgericht, auf dessen Urteil gemäß § 540 ZPO Bezug genommen wird, hat dem Unterlassungsbegehren stattgegeben. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die Beklagte sich nicht auf das Haftungsprivileg aus § 10 Satz 1 TMG berufen könne. Sie könne auch unter Berücksichtigung der nur eingeschränkten Haftung eines Störers in Anspruch genommen werden, da sie ihre Prüfungspflichten verletzt habe.
Mit der Berufung begehrt die Beklagte Abweisung der Klage. Sie meint, ihre Sorgfaltspflichten nicht verletzt zu haben. Sie könne nicht sämtliche Dateien löschen oder zumindest manuell überprüfen, in deren Dateinamen bestimmte Schlüsselbegriffe vorkommen. Sie sei daher nicht verpflichtet, fremde Inhalte auf Rechtsverletzungen zu überprüfen, sie zu durchsuchen oder auf sonstige Weise präventiv gegen ihr bekannt gegebene Rechtsverletzungen Dritter vorzugehen. Mit den von ihr vorgenommenen Maßnahmen, nämlich der Löschung der Datei, ihrer Aufnahme in den MD5-Filter und der Sichtung von einschlägigen „Warez-Seiten“ habe sie alles Zumutbare unternommen, um weitere Rechtsverletzungen nach Möglichkeit zu verhindern.
Die Beklagte beantragt,
die Klage unter Abänderung des angefochtenen Urteils abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass der Beklagten untersagt wird, das Computerspiel „A.i.t.d.“ im Internet, insbesondere über von der Beklagten betriebene Server für das Internetangebot www.rapidshare.com oder auf sonstige Art und Weise vervielfältigen zu lassen oder öffentlich zugänglich zu machen oder diese Handlung durch Dritte vornehmen zu lassen, jedoch nur
a) soweit das Computerspiel mit einem Dateinamen, welcher den Titel „A. i.t.d.“ enthält, auf den Servern gespeichert ist, oder
b) soweit Hyperlinks auf Dateien, die das Computerspiel „A.i.t.d.“ enthalten, mit der URL rapidshare.com/files in den Linksammlungen www.raidrush.org, rapidlibrary.com, rapidsharesearcher.com, alivedown- load.com, taringa.net, freshwap.net, hotfilms.org, rapidfind.org und/oder rapidsharedownload.net verzeichnet sind.
Im Übrigen hat sie die Klage zurückgenommen.
Die Klägerin erwidert, die Beklagte habe weitergehende Prüfungspflichten als die Löschung der konkreten Datei und die Verhinderung ihrer erneuten Speicherung. Im Rahmen der vom Bundesgerichtshof verlangten besonderen Prüfungspflichten hätte die Beklagte einen Wortfilter anwenden bzw. einschlägige Linksammlungen durchsuchen und anhand der ausgefilterten bzw. aufgefundenen Treffer diejenigen Dateien eliminieren müssen, welche das Computerspiel beinhalten. Die Beklagte treffe auch die Darlegungslast, warum ihr solche Prüfungspflichten unzumutbar sein sollten. Die Beklagte habe noch nicht einmal annähernd aufgezeigt, welche Maßnahmen sie ergriffen habe, um ihren Prüfungs- und Sorgfaltspflichten aufgrund ihrer Störereigenschaft gerecht zu werden.
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die erst- und zweitinstanzlichen Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
II.
Die zulässige Berufung der Beklagten hat Erfolg. Der Klägerin stehen die geltend gemachten Unterlassungsansprüche in dem zweitinstanzlich geltend gemachten Umfang weder aus § 97 Abs. 1, §§ 16, 19a, 94 Abs. 1 UrhG noch aus § 8 Abs. 1, §§ 3 Nr. 11 UWG zu. Insofern sei auf die bisherigen Urteile des Senats zu den Prüfungspflichten der Beklagten verwiesen (Urteil vom 6. Juli 2010 – I-20 U 8/10; Urteil vom 27. April 2010 – I-20 U 166/09).
1.
Zwar liegt eine Rechtsverletzung im Sinne des § 97 UrhG vor, denn unstreitig werden über den Internetdienst der Beklagten illegale Kopien des streitgegenständlichen Computerspiels zum Download angeboten. Hieran war die Beklagte durch das Bereitstellen der technischen Voraussetzungen zum Kopieren auch beteiligt. Eine Verantwortlichkeit der Beklagten kommt nicht als Täterin oder Teilnehmerin, sondern allenfalls unter dem Gesichtspunkt der Störerhaftung zum Tragen. Hierzu hat der Senat bereits mit dem oben erwähnten Urteil vom 27. April 2010 ausgeführt:
„Wie schon das Oberlandesgericht Köln (Urteil vom 21.09.2007 – 6 U 86/07, GRUR-RR 2008, 35 = MMR 2007, 786) ausgearbeitet hat, ist die Antragsgegnerin nicht als Täterin oder Teilnehmerin der in Rede stehenden Urheberrechtsverletzungen anzusehen (anders Oberlandesgericht Hamburg, Urteil vom 2. Juli 2008 – 5 U 73/07, NJOZ 2008, 4927 = GRUR-RR 2009, 95; Urteil vom 30.09.2009 – 5 U 111/08, MMR 2010, 51). Indem sie die Nutzung ihres Dienstspeicherplatzes zum Hochladen beliebiger Dateien zur Verfügung stellt und den Hochladern durch Mitteilung des Download-Links die Möglichkeit gibt, auch anderen Nutzern Zugriff auf die gespeicherten Daten zu verschaffen, nimmt sie selbst keine Veröffentlichungen des Inhaltes vor, so dass ein täterschaftlicher Urheberrechtsverstoß ausscheidet. Über die Bekanntgabe des Download-Links und damit über das öffentliche Zugänglichmachen der Datei und ihres Inhaltes entscheidet nicht die Antragsgegnerin, sondern der Nutzer selbst. Etwas anderes könnte nur dann gelten, wenn die Antragsgegnerin selbst ein Verzeichnis mit Download-Links zu den auf ihren Servern gespeicherten Daten bereithalten würde. Auch eine Haftung als Teilnehmerin an Urheberrechtsverletzungen der Nutzer kommt nicht in Betracht. Die Teilnehmerhaftung setzt zumindest einen bedingten Vorsatz in Bezug auf die jeweils konkrete Haupttat voraus, der das Bewusstsein der Rechtswidrigkeit einschließen muss (BGHZ 148, 13, 17 = GRUR 2001, 1038 – Ambiente.de). Von einem solchen Vorsatz kann im vorliegenden Fall nicht ausgegangen werden. Es ist dem Geschäftskonzept der Antragsgegnerin inhärent, dass sie von dem Inhalt der gespeicherten Daten weder vorher noch zu einem späteren Zeitpunkt bis zu der vom Nutzer veranlassten Bekanntgabe der Download-Links an Dritte Kenntnis hat. Die Hinweise, dass die Antragsgegnerin es darauf anlege, die Raubkopierszene zur Nutzung ihres Dienstes einzuladen, entspricht einem Generalverdacht gegen Sharehoster-Dienste und ihre Nutzer, der so nicht zu rechtfertigen ist. Solange daher die illegalen Nutzungszwecke nicht überwiegen oder von der Antragsgegnerin beworben werden und sich besonders das Inkaufnehmen durch die Antragsgegnerin, wie hier, nicht nachweisen lässt, ist ein Gehilfenvorsatz nicht anzunehmen.
Wie das Oberlandesgericht Köln (Urteil vom 21.09.2007 – 6 U 86/07) zu Recht feststellt, sind legale Nutzungsmöglichkeiten des Dienstes, für die ein beträchtliches technisches und wirtschaftliches Bedürfnis besteht, in großer Zahl vorhanden und üblich (anderer Ansicht ohne nähere Begründung Oberlandesgericht Hamburg, Urteil vom 2. Juli 2008 – 5 U 73/07, NJOZ 2008, 4927 = GRUR-RR 2009, 95; Urteil vom 30.09.2009 – 5 U 111/08, MMR 2010, 51 = WRP 2010, 155 mit der Redeweise von dem „von der Rechtsordnung nicht gebilligtem Geschäftsmodell“, da ihm die Gefahr innewohne, für eine (massenhafte) Begehung von Urheberrechtsverletzungen genutzt zu werden). In der Literatur wird daher nahezu einhellig betont, dass die Dienste der Antragsgegnerin in weiten Teilen legal sind und es sich insofern um ein von der Rechtsordnung durchaus gebilligtes Geschäftsmodell handelt (so etwa Rössel, ITRB 2008, 6, 7; Raitz von Frentz/Masch, ZUM 2007, 930, 931; Klinger, jurisPR-ITR 312008 Anm. 4; Breyer, MMR 2009, 14). Denn hierbei kommt der Schutz eines für sich betrachtet neutralen Angebots zum Tragen. Auch wenn die Weitergabe von Informationen zwangsläufig die abstrakte Möglichkeit von Urheberrechtsverletzungen enthält, so ist nicht festgestellt, zu welchem konkreten Anteil die Nutzung von Speicherdiensten illegal erfolgt. Es ist davon auszugehen, dass die weit überwiegende Zahl von Nutzern die Speicherdienste zu legalen Zwecken einsetzen und die Zahl der missbräuchlichen Nutzer in der absoluten Minderheit ist. Soweit das Angebot daher legal genutzt werden kann, genügt es nicht, dass der Anbieter mögliche Urheberrechtsverletzungen mit der Eröffnung seines Angebots allgemein in Kauf nimmt.
Ebenso wenig wird durch den Begriff „Rapidshare“ die Rechtswidrigkeit des Dienstes indiziert, wie das Landgericht meint. Der Wortbestandteil „Share“ verweist darauf, dass „Rapidshare“ zu den sog. Sharehostern zählt. Mit diesem technischen Begriff werden Dienste bezeichnet, die zur Übertragung größerer Dateien an bestimmte Personen genutzt werden können. Auf diese Weise können vielfältige legale Funktionalitäten eingeführt werden, wie die Verbreitung von Softwareupdates an Kunden oder der Zugriff auf umfangreiche Kanzleidaten innerhalb einer Anwaltssozietät.“
2.
Zu einer eventuellen Störerhaftung der Antragsgegnerin hat der Senat auch in den weiteren Ausführungen im Urteil vom 27. April 2010 ausgeführt:
„Der Bundesgerichtshof bejaht eine Störerhaftung bei Urheberrechtsverletzungen für diejenigen, die ohne selbst Täter oder Teilnehmer zu sein in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal zur Verletzung des geschützten Gutes beitragen (BGHZ 148, 13, 17 – Ambiente.de; BGH WRP 2002, 532 = GRUR 2002, 618, 619 – Meißner Dekor). Ist das Verhalten des vermeintlichen Störers in irgendeiner Weise mitursächlich für die Rechtsverletzung geworden, richtet sich die Beurteilung der Adäquanz danach, ob der Verursachungsbeitrag allgemein und nicht nur unter besonders eigenartigen, unwahrscheinlichen und nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge außer Betracht zu lassenden Umstände geeignet ist, den konkreten Erfolg herbeizuführen. Werden im Internet fremde, die Rechte Dritter verletzende Inhalte durch einzelne Anbieter auf vorhandenen Internetplattformen verbreitet oder zugänglich gemacht, so kann in der Zurverfügungstellung von Speicherplatz und eines bestimmten Rahmens, in dem die Inhalte präsentiert werden, ein adäquatkausaler Beitrag des Betreibers dieser Internetplattform gesehen werden. Eine Störerhaftung ist dann grundsätzlich in Betracht zu ziehen (Ensthaler, WRP 2010, 309). Hinsichtlich der Einstufung der Antragsgegnerin als Mitstörerin ist seit der Entscheidung „Internetversteigerung I“ und der Entscheidung „Internetversteigerung II“ des Bundesgerichtshofs (BGHZ 158, 236 = GRUR 2004, 860 = CR 2004, 763 m. Anm. Volkmann = MMR 2004, 668 m. Anm. Hoeren; BGHZ 172, 119 = GRUR 2007, 708) davon auszugehen, dass die Haftungsprivilegierungen der §§ 7-10 TMG nicht auf den allgemeinen verschuldensunabhängigen Unterlassungsanspruch anzuwenden sind. Vielmehr gilt für den Unterlassungsanspruch die allgemeine Störerhaftung (§§ 823, 1004 BGB analog).
Um die Störerhaftung nicht über Gebühr auszudehnen, setzt eine solche Verantwortlichkeit die Verletzung von Prüfungspflichten voraus, deren Umfang sich nach allgemeinen Zumutbarkeitsüberlegungen richtet. Eine erhöhte Prüfungspflicht besteht insbesondere dann, wenn der Störer vom Recht der Inhaber auf eine klare Rechtsverletzung hingewiesen worden ist. In einem solchen Fall muss er nicht nur den Zugang zu den konkreten Daten unverzüglich sperren, sondern darüber hinaus zumutbare Vorsorge treffen, dass es möglichst nicht zu weiteren derartigen Rechtsverletzungen kommt (siehe BGHZ 158, 26236, 251 f. – Internetversteigerung I, BGH GRUR 2007, 708, 712 – Internetversteigerung II).
Allerdings hat die Antragstellerin im Streitfall die Anspruchsvoraussetzungen der allgemeinen Störerhaftung nicht hinreichend glaubhaft gemacht. Die Haftung der Antragsgegnerin hängt entscheidend davon ab, ob sie nach Kenntnis der Rechtsverletzungen das ihr Zumutbare zur Vermeidung ähnlich gelagerter Rechtsverletzungen vorgenommen hat. Dies setzt eine umfangreiche Prüfung der technischen Möglichkeiten zur Sperrung ähnlicher Fälle voraus. Insbesondere ist zu fragen, inwieweit tatsächlich effektive Möglichkeiten der Vorbeugung, Verhinderung und nachträglichen Beseitigung inklusive Verhinderung einer Wiederholung der Verbreitung von urheberrechtlich geschütztem Material bei „Rapidshare“ bestehen. Soweit das Geschäftsmodell selbst nicht auf der Nutzung der Rechtswidrigkeit eingestellter Inhalte beruht, ist dem Provider nicht zuzumuten, auf Grund der Prüfpflichten sein gesamtes Geschäftsmodell in Frage zu stellen (Willmer, NJW 2008, 1845).
(…)“
„Im übrigen soll es – nach dem Unterlassungsantrag – verboten sein, Filmdateien mit einem Dateinamen, welcher den Titel des Films enthält, auf den Servern der Antragsgegnerin zu speichern. Der Kernvorwurf bei den hier streitgegenständlichen Urheberrechtsverletzungen liegt aber nicht darin, dass Filmtitel als solche gespeichert werden. Der Titel des Films ist als solcher kein Gegenstand des Urheberrechts und damit auch als Name einer Datei rechtmäßig speicherbar. Ein Wortfilter funktioniert im übrigen nur bei Dateien, bei denen schon im Dateinamen Hinweise auf einen urheberrechtlich geschützten Inhalt existieren.“ …
„Gerade geschütztes Material wird ferner oft unter »falschem« Namen eingestellt, um die Wortfilter zu umgehen (so ausführlich Oberlandesgericht Hamburg, Urteil vom 2. Juli 2008 – 5 U 73/07, NJOZ 2008, 4927 = GRUR-RR 2009, 95; Urteil vom 30.09.2009 – 5 U 111/08, MMR 2010, 51= WRP 2010, 155). Dazu kommt, dass ein Textfilter auch mit ausreichend vielen Schlüsselwörtern versehen sein muss, damit möglichst viele geschützte Werke erkannt werden können. Eine fehlerhafte Erkennung kann übrigens auch dann stattfinden, wenn eine nichturheberrechtlich geschützte Datei ein oder mehrere Schlüsselworte des Filters enthält. Beispielsweise könnte die Datei „Mein_Office_2007_Erfahrungsbericht.txt“ aufgrund der Schlüsselwörter „Office“ und „2007“ als geschütztes Material erkannt und gelöscht werden, obwohl nur ein persönlicher Erfahrungsbericht vorläge (Breyer, MMR 2009, 14). Daher schränkt die Sperrung ganzer Begriffe auch die Meinungsfreiheit unangemessen ein. Der Text-Filter für Dateinamen ist also für einen effektiven Ausschluss von geschütztem Material ungeeignet.
Eine Sperrung bestimmter Dateinamen erscheint ungeeignet. Denn Dateinamen sind jederzeit veränderbar. Aus diesem Grund scheidet auch eine Sperrung aller Dateinamen, die bestimmte Begriffe enthalten, aus. Im Übrigen sind die Nutzer selbst nicht auf den Dateinamen zum Auffinden der gesuchten Datei angewiesen, da sie die Datei über einen externen Link abrufen, welcher auf einer anderen Internetseite mit dem entsprechenden Begriff versehen und dadurch auffindbar ist.
Die Forderung nach einer menschlichen, gezielten Überprüfung von Inhalten, bei denen eine gesteigerte Wahrscheinlichkeit für Rechteverletzungen besteht, lässt sich wegen des damit verbundenen Personalaufwands in der Praxis regelmäßig nicht realisieren. Sie führt lediglich dazu, dass die zu prüfenden Dateien oder Nutzerkonten ohne menschliche Überprüfung automatisiert gelöscht werden. Als Anknüpfungspunkt dienen nur bestimmte Schlüsselwörter im Dateinamen. Angesichts der Vielzahl der Dateien und der Mehrdeutigkeit der einzelnen Begriffe, sowie der leichten Umgehbarkeit steht eine manuelle Überprüfung nicht im Verhältnis zum Erfolg.
Eine Anknüpfung an IP-Adressen ist abzulehnen, da eine IP-Adresse regelmäßig von so vielen verschiedenen Personen genutzt wird, dass die Wahrscheinlichkeit, eine weitere Rechtsverletzung festzustellen, unverhältnismäßig gering ist. Aus diesem Grund ist auch eine Sperrung von IP-Adressen nicht wirkungsvoll.
Zu beachten ist, dass man im Internet einer Filmdatei nicht ansehen kann, dass sie eine Filmdatei ist. Der Verfahrensbevollmächtigte der Antragstellerin hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erläutert, dass für ihn die Verwendung einer Endkennung „.rar“ ein wichtiges Indiz für eine Filmdatei sei. Dies ist unzutreffend. RAR ist ein allgemeines Dateiformat zur Datenkompression, um den Speicherbedarf von Dateien für die Archivierung und Übertragung zu verringern. Mit Filmdateien hat das unmittelbar nichts zu tun.
Wie Gerhard Schneider aus technischer Sicht beschrieben hat (Schneider: Sperren und Filtern im Internet, MMR 2004, 18 ff.), kann selbst der Betreiber eines Rechners (z.B. ein Content-Provider) nicht mit hinreichender Sicherheit feststellen, welche Information sich hinter einer Bitfolge verbirgt, die ein Benutzer auf diesem Rechner abgelegt hat. Dies gilt selbst dann, wenn man filmspezifische Suffixe verwendet (wie z.B. .mov, .avi, .mpeg, .divx). So kann in Microsoft-Betriebssystemen problemlos durch den Benutzer eingestellt werden, dass .jpg-Dateien mit dem ASCII-Editor, .txt-Dateien jedoch mit einer Bildbetrachtungssoftware zu öffnen sind. Es besteht für den Nutzer folglich kein Zwang, überhaupt ein Suffix zu benutzen, oder sich an diese Bequemlichkeitsstandards zu halten.
Ferner ist auch eine inhaltliche Kontrolle der auf den Servern der Antragsgegnerin gespeicherten Daten in der Regel ausgeschlossen. Urheberrechtlich geschützte Inhalte werden von Nutzern vor dem Upload meist verschlüsselt, so dass der Inhalt für den Serverbetreiber ohne den Schlüssel nicht mehr erkennbar ist. Wie in der Literatur beschrieben, sind Daten, die mit modernen Verschlüsselungsprogrammen verschlüsselt wurden, mit heutigen Entschlüsselungstechniken nicht zu „knacken“ (Gercke: Die Bekämpfung der Internetkriminalität als Herausforderung für die Strafverfolgungsbehörden, MMR 2008, 291 ff.).
Über die Einschränkung des Antragsteils b) verliert der Unterlassungsantrag weiter an Zumutbarkeit. Auch die Variante b) des Unterlassungsantrags ist zu unbestimmt. Hiernach soll unterbunden werden, dass die Antragsgegnerin eine Suchanfrage in verschiedenen Linksammlungen ermögliche. Diese Linksammlungen haben aber nichts mit der Antragsgegnerin zu tun, sondern sind externe, auch sachlich selbständig organisierte Dienstleistungen. Insofern ist es der Antragsgegnerin unmöglich, die externen Linksammlungen und deren Konfiguration zu beeinflussen. Pflichten eines Sharehosters, fremde Inhalte auf Rechtsverletzungen zu überprüfen, Inhalte zu durchsuchen oder sonst vorsätzliche Rechtsverletzungen Dritter, von denen der Anbieter keine positive Kenntnis hat, scheiden aus (Breyer, MMR 2009, 14, 19). Die Links zu den von der Antragstellerin genannten Filmdateien auf den Servern der Antragsgegnerin werden in der Regel über sogenannte Linksammlungen oder Link-Resourcen verbreitet. Ohne eine Geschäftsbeziehung zwischen Sharehoster und den Linkservern, bei denen der Sharehoster an den Erfolgen Letzterer beteiligt ist, kann eine manuelle Suche nicht verlangt werden (Willmer, NJW 2008, 1845). Das Oberlandesgericht Köln stellte aber bereits fest (Urteil vom 21.09.2007 – MMR 2007, 786), dass die regelmäßige Kontrolle einer dreistelligen Zahl von Link-Ressourcen im Internet die einem Dienstanbieter zumutbaren Überprüfungsmöglichkeiten übersteigt. Lediglich für eine kleine Anzahl einschlägiger Link-Ressourcen sei es zumutbar, eine Überprüfung bezüglich genannter Werke durchzuführen.“
Auch an dieser Würdigung hält der Senat fest.
3.
Das vorliegende Verfahren bietet insofern nur noch Anlass zu folgenden ergänzenden Ausführungen. Anders als in dem Verfahren I-20 U 8/10 kann der Klageantrag in Bezug auf die Vervielfältigung des Computerspiels auf dem Server www.rapidshare nicht bereits deshalb abgelehnt werden, weil insofern die Privatkopierfreiheit nach § 53 Abs. 1 UrhG tangiert ist. Denn für den Bereich der Computerspiele gilt der Grundsatz der Privatkopierfreiheit nicht.
a)
Die begehrte Unterlassung geht viel zu weit, da sie allein schon die Speicherung von Dateien mit dem Dateinamen „A.i.t.d.“ verbietet. Die Klägerin möchte eine Unterlassung diesbezüglich, dass „das Computerspiel mit einem Dateinamen, welche den Titel ‚A.i. t.d.‘ enthält, auf den Servern gespeichert ist“. Wie bereits im Urteil I-20 U 8/10 ausgeführt, sieht man einer Datei aber nicht an, ob sie das streitgegenständliche Computerspiel beinhaltet. Es wäre bei den Millionen Dateien, die (zum großen Teil auch legal) im RapidShare-System vorhanden sind, unzumutbar, eine Überprüfung der einzelnen Dateien im Hinblick darauf vorzunehmen, ob sich darunter wirklich das streitgegenständliche Computerspiel befindet. Sollte sich der Antrag darauf beziehen, dass jedwede Datei, die den Titel „A.i.t.d.“ enthält, zu löschen ist, wäre dies zu weitgehend, da es sich hierbei um Begriffe aus der englischen Sprache handelt, die auch für andere Zwecke verwendet werden können, z.B. für selbstgeschriebene Gedichte u.a.. Während es für die Klägerin ohne weiteres möglich ist, sämtliche Dateien mit einem Dateinamen, welcher den Titel „A.i.t.d.“ enthält zu finden, ist es jedoch regelmäßig unmöglich zu bestimmen, ob es sich bei den gefundenen Dateien um das besagte Computerspiel (oder einem Teil davon) handelt. Wird in einer Linksammlung ein Link gefunden, in dessen Beschreibung ausdrücklich beschrieben wird, dass es sich hierbei um das entsprechende Spiel handelt, kann trotzdem nicht davon ausgegangen werden, dass dem wirklich so ist. Es kann sich beispielsweise auch um die Urlaubsfotos eines Dritten handeln, welcher den Downloadlink leichtfertig veröffentlicht hat. Dieser könnte nun absichtlich mit urheberrechtlich geschützten Inhalten in Verbindung gebracht werden, um eine Löschung zu provozieren. Das bedeutet jedoch, dass die Beklagte vor dem Löschen jede Datei zusätzlich entpacken und überprüfen müsste, ob es sich nun wirklich um das Spiel handelt.
b)
Die genannten Probleme verstärken sich, wenn man sich die von der Beklagten beantragte Sperrung des Zugangs zu Linksammlungen ansieht. Die meisten der genannten Linksammlungen sind von ihrer Konzeption gar nicht dazu geeignet, rechtsverletzende Inhalte zu finden und entsprechende Links zu sperren.
Die Webseite Raidrush.org bietet einen Suchmaschinendienst an, dessen Fokus auf der Durchsuchung von Dateien auf verschiedenen Filehostern und Speicheranbietern liegt. Zusätzlich wird auf der Startseite auf aktuelle News im Forum http://board.raidrush.ws verlinkt. Über ein Eingabefeld im oberen Teil der Webseite kann nach Begriffen in der Linksammlung des Seitenbetreibers gesucht werden. Dabei wird dem Nutzer zusätzlich die Möglichkeit geboten, die Suche auf Links zu beschränken, welche entweder auf Rapidshare.com, Uploaded.to oder Netload.in verweisen. Als Suchergebnis werden Nutzern der Webseite keine direkten Downloadlinks offenbart. Die bereitgestellte Funktionalität „Links anzeigen“ liefert dementsprechend nur zensierte Links, welche nicht dafür verwendet werden können, Dateien auf den Servern der Beklagten aufzufinden. Die eigentlichen Downloadlinks sind in DownloadLinkContainer-Dateien (DLC) verschlüsselt und somit vom Nutzer nicht direkt einsehbar. Zur Entschlüsselung dieser DLC-Dateien wird ein Client-Server Model verwendet. Download-Clients, wie beispielsweise das Programm „JDownloader“, werden benötigt, um einen Schlüsselaustausch mit dem entsprechenden Server vorzunehmen und den direkten Downloadlink zu erhalten. Dieser erschwerte Zugriff auf die direkten Downloadlinks, schützt vor dem automatisierten Auslesen der Links und verhindert somit auch im speziellem eine automatisierte Entfernung von urheberrechtlich geschützten Inhalten auf den Servern der Beklagten. Eine manuelle Entfernung der entsprechenden verlinkten Dateien wird ebenfalls deutlich erschwert, da die Links erst entschlüsselt werden müssen.
Die Hauptdienstleistung der Webseite www.rapidlibrary.com besteht aus einer Suchmaschine, welche Webseiten und Foren nach Downloadlinks von Speicheranbietern wie Rapidshare, Magaupload und Hotfile, sowie nach MP3s Dokumenten und Liedtexten durchsucht. Zusätzlich können die Suchergebnisse nach Dateigröße und Filehoster gefiltert werden. Die Suchfunktion liefert zum einen die direkten Downloadlinks. Diesen Links werden aber zunächst keine weiteren Informationen beigefügt, sodass nicht sicher gesagt werden kann, ob es sich bei den verwiesenen Dateien um das gesuchte Computerspiel handelt. Zusätzliche Informationen über die Downloadlinks können jeweils auf der Seite, auf der die Suchmaschine die Links gefunden hat, erhalten werden. Die Tatsache, dass es sich bei den Quellen um unzählig viele verschiedene Foren, Linksammlungen oder Ergebnisse anderer Suchmaschinen handelt, verhindert jedoch ein standardisiertes Vorgehen und erschwert somit die Suche nach betroffenen Links. Die Betreiber der Suchmaschine fordern ihre Nutzer auf Links auf urheberrechtlich geschützte Inhalte zu melden, welche dann innerhalb von drei bis fünf Werktagen entfernt werden.
Rapidsharesearcher.com ist ein Suchmaschinendienst, welcher Links zu Dateien auf den Servern von verschiedenen Filehostern und Speicheranbietern liefert. Eine erweiterte Suchfunktion erlaubt das Filtern der Suchergebnisse nach Dateiformat (avi, Mp3, Mpeg, Mpg, Wma, WMv, Rar, Zip) und Speicheranbieter (Rapidshare, MegaUpload, MegaShares, Badongo, FileFront, SaveFile). Als Suchergebnisse werden nicht die direkten Downloadlinks geliefert. Es wird zunächst nur ein interner Link angeboten, über welchen der Nutzer nach einer gewissen Wartezeit zum eigentlichen Downloadlink weitergeleitet wird. Dadurch werden sowohl eine automatisierte als auch manuelle Überprüfung der Links (und die Entfernung der entsprechenden Datei) erheblich erschwert, da die Beschaffung der gesuchten Downloadlinks deutlich mehr Zeit benötigt.
Die Downloadportale alivedownload.com, www.freshwap.net, www.rapidshare-download.net und www.hotfilms.org bietet Nutzern die Möglichkeit Beiträge zu erstellen, in denen die Downloadlinks veröffentlicht werden. Diese Beiträge können zusätzlich kategorisiert, sowie mit Bildern (Screenshots/DVD-Cover usw.) und Beschreibungen versehen werden. Über eine Stichwortsuche kann gezielt nach bestimmten Beiträgen gesucht werden. In Bezug zum Antrag der Klägerin ergeben sich in diesem Fall zwei Probleme. Zum einen bietet die erweiterte Suchfunktion keine Möglichkeit, die Ergebnisse im Hinblick auf den jeweils verwendeten Sharehoster zu filtern. Zum anderen liefert die Stichwortsuche regelmäßig viele Ergebnisse, in denen nur Teile des Suchbegriffes vorkommen (Beispiel: Suche „A.i.t.d.“ liefert u.a. auch das E-Book „N.P.: F.y.w. i.t.d.“). Dies führt zu einer verhältnismäßig hohen Anzahl an Suchergebnissen, von denen das betreffende Computerspiel auf den Servern der Beklagten nur einen kleinen Teil ausmacht. Der Aufwand für die Identifizierung der Downloadlinks und der Entfernung der entsprechenden Dateien wird dadurch deutlich erhöht.
Unter der Webadresse rapidfind.org ist eine automatische Weiterleitung zu der Webseite bolt.org eingerichtet. Bolt.org ist ein typisches Onlineforum welches in thematisch abgegrenzte Unterforen unterteilt ist. In diesen Unterforen können von Nutzern sogenannte Threads erstellt werden, unter welchen mehrere Beiträge zu einem Thema zusammengefasst werden. Diese Threads werden im Falle von bolt.org in der Regel dazu benutzt, Downloadlinks zu veröffentlichen. Für jedes Programm, Computerspiel, Filmtitel oder ähnlichem wird ein Thread erstellt, in welchem die Downloadlinks (meist für verschiedene Speicheranbieter) veröffentlicht werden. Wurden die Dateien (beispielsweise wegen Urheberrechtsverletzungen) auf den Servern der Speicheranbieter entfernt, reagieren die Nutzer von bolt.org darauf meist damit, dass neue Beiträge am Ende des Threads veröffentlicht werden, welche wiederum aktuelle Downloadlinks enthalten, deren Zieldateien noch nicht gelöscht wurden. Um Beiträge mit Downloadlinks des betreffenden Computerspiels auf den Servern der Beklagten zu finden, kann die Suchfunktion des Forums verwendet werden. Diese ist jedoch sehr ungenau und liefert auch viele Ergebnisse in denen die Wörter „A.“, „i.“, „t.“ und „D.“ alleinstehend vorkommen. So finden sich dort bei der Eingabe des Suchbegriffs „A.I.T.D.“ nur sehr wenige Downloadlinks zu dem gesuchten Computerspiel. Dies erschwert die Suche nach neu erstellten Threads bezüglich des Computerspiels erheblich. Zusätzlich müssten sämtliche alten Threads regelmäßig auf neu eingestellte Beiträge überprüft werden, um effektiv die Verbreitung des betroffenen Computerspiels über diese Webseite zu verhindern.
4.
Soweit die Klägerin einen wettbewerbsrechtlichen Anspruch geltend macht, hat sie bereits ihre Aktivlegitimation nicht dargetan. Sie hat nicht dargelegt, dass zwischen ihr und der Beklagten ein konkretes Wettbewerbsverhältnis besteht, sie also nach § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG klagebefugter Mitbewerber ist, § 2 Abs. 1 Nr. 3 UWG. Die Klägerin vermarktet Computerspiele, die Beklagte hingegen bietet Speicherplatz zur Nutzung an. Damit sind die angebotenen Leistungen nicht substituierbar. Ein konkretes Wettbewerbsverhältnis fehlt damit. Im Übrigen dürften die vorstehend angestellten Erwägungen aber auch für eine wettbewerbsrechtliche Beurteilung gelten.
Der Senat hat nach § 543 ZPO die Revision zugelassen, weil die Frage, wie ein Sharehosting-Unternehmen seinen Prüfungspflichten nachkommen soll, um nicht als Störer in Anspruch genommen zu werden, eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung ist, die bisher höchstrichterlich noch nicht entschieden ist.
Die Klägerin trägt nach § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO die Kosten des Rechtsstreits. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich auf § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.