Dr. Ole Damm | Rechtsanwalt & Fachanwalt
IT-Recht, IP-Recht und Datenschutzrecht
Aktuelle Beiträge und Urteile
- OLG Stuttgart: Zur Haftung von Wikipedia für rechtswidrige Beiträgeveröffentlicht am 21. November 2013
OLG Stuttgart, Urteil vom 02.10.2013, Az. 4 U 78/13
§ 823 Abs. 1 BGB, § 1004 BGB; Art. 1 Abs. 1 GG, Art. 2 Abs. 1 GGDas OLG Stuttgart hat entschieden, dass der Betreiber der Online-Enzyklopädie Wikipedia wie ein Host-Provider als Störer für rechtsverletzende Beiträge erst haftet, wenn er davon Kenntnis erlangt. Eine Pflicht zur Vorabkontrolle der von den Nutzern selbst verfassten Beiträge bestehe nicht. Die fremden Beiträge würden sich nicht zu eigen gemacht. Nach Kenntnis sei ein Unterlassungsanspruch hinsichtlich des weiteren Verbreitens der rechtswidrigen Behauptungen gegeben. Das Gericht hat zudem klargestellt, dass eine Vergleichbarkeit mit Online-Archiven, für welche eine Haftungsprivilegierung hinsichtlich archivierter Altmeldungen bestehe, vorliegend nicht gegeben sei, da die Artikel der Online-Enzyklopädie stets aktuell gehalten würden. Zum Volltext der Entscheidung:
- LG Schweinfurt: Zum postmortalen Persönlichkeitsrecht bei Wikipedia und der Störerhaftung von dessen Betreiberinveröffentlicht am 9. Januar 2013
LG Schweinfurt, Urteil vom 23.10.2012, Az. 22 O 934/10
§ 823 Abs. 1 BGB, § 1004 Abs. 1 S. 2 BGB, Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GGDas LG Schweinfurt hat entschieden, dass bei Wikipedia-Artikeln grundsätzlich auch das postmortale Persönlichkeitsrecht zu beachten sei, einen Unterlassungsanspruch im konkreten Fall aber verneint. Darüber hinaus hat die Kammer zur Störerhaftung der Wikipedia-Betreiberin ausgeführt. Zum Volltext der Entscheidung: (mehr …)
- LG Tübingen: In Wikipedia darf über die Mitgliedschaft eines Professors in einer katholischen Studentenverbindung berichtet werden / Keine Verletzung der Privatsphäreveröffentlicht am 11. Dezember 2012
LG Tübingen, Urteil vom 18.07.2012, Az. 7 O 525/10
§ 1004 Abs. 1 S.2 BGB, § 823 Abs. 1 BGB, Art. 2 Abs. 1 GG, Art. 1 Abs. 1 GGDas LG Tübingen hat im Rahmen einer Interessenabwägung entschieden, dass durch einen Wikipedia-Eintrag, der sich über die Mitgliedschaft eines Professors in einer katholischen Studentenverbindung äußert, nicht das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Professors verletzt wird (Volltext der Entscheidung s. unten). „Weder entfaltet der abrufbereite Eintrag über den Kläger eine erhebliche Breitenwirkung, noch ist er Anknüpfungspunkt, um den Kläger sozial auszugrenzen oder zu isolieren. Dies gilt sowohl bezüglich seiner persönlichen Daten wie Beruf oder Lebenslauf als auch hinsichtlich der Mitgliedschaft in katholischen Studentenverbindungen. (mehr …)
- OLG München: Schleichwerbung bei Wikipedia ist (bedingt) verboten!veröffentlicht am 6. November 2012
OLG München, Urteil vom 10.05.2012, Az. 29 U 515/12
§ 2 Nr. 1 UWG, § 3 UWG, § 4 Nr. 3 UWG, § 8 Abs. 1 UWG, § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWGDas OLG München hat entschieden, dass getarnte Werbung in Artikeln des Online-Nachschlagewerks Wikipedia unzulässig und wettbewerbswidrig ist. Vorliegend hatte ein Unternehmer einen Artikel über Weihrauchpräparate verfasst und sich dabei auch kritisch über konkrete Produkte eines Mitbewerbers geäußert. Dies sei nach Auffassung des Gerichts Schleichwerbung, da mit dieser Berichterstattung jedenfalls auch der Absatz des eigenen Unternehmens gefördert werden solle. Da redaktionelle Beiträge und Werbung nicht streng voneinander getrennt worden wären, handele es sich um unzulässige Schleichwerbung. Zum Volltext der Entscheidung:
- LG Berlin: Wikimedia Foundation Inc. haftet ab Kenntnis für Urheberrechtsverletzungen der Wikipedia-Autorenveröffentlicht am 21. Juni 2012
LG Berlin, Beschluss vom 06.10.2011, Az. 15 O 377/11
§ 15 Abs. 2 UrhG, § 19a UrhG, § 97 Abs. 1 S. 1 UrhG, § 2039 BGBDas LG Berlin hat entschieden, dass die Wikimedia Foundation Inc. für Urheberrechtsverletzungen der Wikipedia-Autoren in Wikipedia-Artikeln haftet, allerdings erst ab Kenntnis von dem Verstoß. Zum Volltext der Entscheidung:
(mehr …) - AG Köln: Informationen von Wikipedia gelten als „gerichtsbekannt“veröffentlicht am 8. Februar 2012
AG Köln, Urteil vom 20.04.2011, Az. 201 C 546/10
§ 535 Abs. 2 BGBDas AG Köln hat, im Rahmen einer mietrechtlichen Entscheidung, sein Vertrauen in die durch die freie Internet-Enzyklopädie Wikipedia veröffentlichten Informationen zum Ausdruck gebracht. Diese frei zugänglichen Informationen wurden als „gerichtsbekannt“ zur Entscheidungsbegründung verwertet. Das Gericht führte hierzu wie folgt aus:
- Welchen Erkenntniswert haben Wikipedia-Artikel für deutsche Gerichte?veröffentlicht am 26. Februar 2011
Nachdem wir berichtet hatten, dass der Europäische Gerichtshof (1. Instanz; EuG, Urteil vom 10.02.2010, Az. T-344/07) die Online-Enzyklopädie Wikipedia noch nicht als vertrauenswürdige Entscheidungsgrundlage in Angelegenheiten des Markenrechts angesehen hatte, mehren sich nun Gerichtsurteile mit Referenzierungen von Wikipedia-Artikeln. So findet sich in diesem Artikel eine sortierbare Tabelle von deutschsprachigen Gerichtsentscheidungen, in denen auf Wikipedia-Artikel verwiesen wird.
- EuG: Die Online-Enzyklopädie Wikipedia ist noch keine vertrauenswürdige Entscheidungsgrundlage in Angelegenheiten des Markenrechtsveröffentlicht am 30. Juli 2010
EuG, Urteil vom 10.02.2010, Az. T-344/07
Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der EU-VO Nr. 40/94 (über die Gemeinschaftsmarke)Der EuG hat im Rahmen einer Eintragungsklage zu einer Gemeinschaftsmarke („Homezone“) u.a. entschieden, dass Feststellungen, die ein Prüfer des HABM auf der Grundlage von Wikipedia entstammenden Informationen trifft, zurückzuweisen sind. Eine solche Feststellung, die auf einen Artikel gestützt sei, der einer Kollektiv-Enzyklopädie im Internet entstamme, deren Inhalt jederzeit und in bestimmten Fällen von jedem Besucher, selbst anonym, geändert werden könne, beruhe auf nicht gesicherten Informationen. (mehr …)
- Wikipedia: Dürfen Tron, Atze Schröder und der verurteilte Sedlmayr-Mörder mit vollem Namen genannt werden?veröffentlicht am 15. November 2009
Wikipedia hat es schwer. Kaum hat man die Sedlmayer-Mörder vor deren vorzeitiger Haftentlassung mit vollem Namen genannt, wird die rechtsanwaltliche Abmahnung zugestellt. Mit der vollen Namensnennung und den daraus resultierenden juristischen Krawallen hat die Online-Enzyklopädie leidvolle Erfahrung. 2005/2006 gingen die Eltern des Hackers Boris F. alias „Tron“, der im Alter von 26 Jahren unter mysteriösen Umständen erhängt in Berlin aufgefunden wurde, gegen Wikipedia vor, da sie sich an der Nennung ihres Sohnes unter vollem Namen stießen. Darin hatten sie weniger Erfolg als der Schröder Atze: Der Komiker fand es wenig unterhaltsam, dass über ihn unter seinem Klarnamen bei Wikipedia berichtet wurde. Mittlerweile berichtet die deutsche (!) Wikipedia-Seite nicht mehr über Atze im Klartext. Mit der Frage, ob der Name eines verurteilten Straftäters, nachdem dieser mit seinem Halbbruder Sedlmayer mittels Messer und Hammer grob traktierte, auch kurz vor/nach dessen Entlassung genannt werden darf, befasst sich dagegen schon der BGH, welcher kurzerhand eine Vorlage an den EuGH beschloss (Links: BGH, heise.de).
- Wikipedia hilft beim Passwort-Knackenveröffentlicht am 3. April 2009
Dass die Auswahl eines geheimen Kennwortes sorgfältig geschehen sollte, ist allgemein bekannt. Heise online weist nun darauf hin, dass es nicht ausreichend ist, Worte zu vermeiden, die im Duden oder Lexika auftauchen, sondern es zudem erforderlich ist, auch auf umgangssprachliche Ausdrücke, Verballhornungen, Namen von Firmen und Produkten u.ä. zu verzichten (JavaSkript-Link: heise online). Abseits vom klassischen Lexikon finden sich solche Begriffe zunehmend in Online-Enzyklopädien wie z.B. Wikipedia. Wortlisten aus solchen Enzyklopädien wiederum stellen für Passwort-Knacker eine große Hilfe dar. Wir können uns daher dem Tipp vom Heise-Verlag nur anschließen und raten allen Usern, keine Passwörter zu benutzen, die Worte der natürlichen Sprache enthalten, sondern stattdessen auf Kombinationen aus Buchstaben, Zahlen und Sonderzeichen gleichermaßen in Groß- und Kleinschreibung zurück zu greifen und diese regelmäßig zu ändern. Die Speicherung solcher Passwörter soll dem Vernehmen nach kein Alzheimer Syndrom auslösen.