AG Gummersbach: Wenn die Ausübung des Hausrechts gegenüber dem Postzusteller unzulässig ist

veröffentlicht am 7. Mai 2013

Rechtsanwalt Dr. Ole DammAG Gummersbach, Urteil vom 12.04.2013, Az. 11 C 495/12
§ 1004 Abs. 1 BGB

Das AG Gummersbach hat entschieden, dass ein Hauseigentümer einem Postzustelldienst nicht ohne Weiteres verbieten kann, ihm Post zuzustellen. Der Wunsch des Eigentümers, zukünftig keine Amtspost mehr zu erhalten, stelle kein schutzwürdiges Interesse bzw. keine schutzwürdige Ausübung des Hausrechts dar. Zum Hausrecht in virtuellen Räumen (z.B. Foren, vgl. LG München I hier). Zum Volltext der Entscheidung.


Amtsgericht Gummersbach

Urteil

1.
Die Klage wird abgewiesen.

2.
Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger auferlegt.

3.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i. H. d. vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit leistet.

Tatbestand

Der Kläger ist Eigentümer des Hausgrundstücks O in X, die Beklagte befördert gewerbsmäßig Briefsendungen.

Mit Schreiben vom 20.11.2011 sprach der Kläger gegenüber der Beklagten ein Hausverbot aus. Da die Beklagte das Verbot missachtete, erinnerte der Kläger mit Schreiben vom 25.11.2011 an das Hausverbot. Zugleich forderte er die Beklagte auf, eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben. Die Beklagte verweigerte eine solche Erklärung und stellte weiter Post zu. Am 29.05.2012 erstattete der Kläger deshalb Strafanzeige gegen die Beklagte, auch sprach sein jetziger Prozessbevollmächtigter mit Schreiben vom 31.07.2012 ein weiteres Hausverbot aus. Auch daran hielt die Beklagte sich nicht.

Der Kläger ist der Auffassung, dass ihm ein durchsetzbarer Unterlassungsanspruch gegen die Beklagte zustehe. Durch die Postzustellungen trotz des Hausverbots sei sein Eigentumsrecht verletzt worden, es bestehe insoweit auch Wiederholungsgefahr.

Der Kläger beantragt, die Beklagte zu verurteilen, es bei Vermeidung der Festsetzung von Ordnungsgeld oder Ordnungshaft zu unterlassen, sein Grundstück zu betreten bzw. durch Mitarbeiter oder Beauftragte betreten zu lassen, und an ihn 213,31 € vorgerichtliche Anwaltskosten nebst Zinsen i. H. v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 22.12.2012 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie beruft sich auf ihre Lizenz und die Bestimmungen des Postgesetzes. Die sich daraus für sie ergebenden Verpflichtungen seien höher anzusetzen als das Eigentumsrecht des Klägers. Konkrete Beeinträchtigungen durch die Zustellungen habe es unstreitig nicht gegeben, und der Kläger habe auch keinen anderen schutzwürdigen Grund, dass Betreten seines Grundstücks zum Zwecke der Briefzustellung zu unterbinden.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstands im Übrigen wird auf den bisherigen Akteninhalt und die folgenden Gründe verwiesen.

Gründe

Die Klage ist unbegründet.

Dem Kläger steht hinsichtlich seiner Forderung kein Anspruch gemäß § 1004 Abs. 1 BGB gegen die Beklagte zu. Zwar kann nach dieser Bestimmung der Eigentümer auf Unterlassung klagen, wenn sein Eigentum beeinträchtigt wird, und kann es eine Beeinträchtigung darstellen, wenn ein Grundstück entgegen einem erteilten Hausverbot betreten wird. Die vorliegende Klage hat aber keinen Erfolg, weil die Rechtsausübung unzulässig ist.

Wenn der berechtigte kein schutzwürdiges Interesse verfolgt oder überwiegende Belange der Gegenpartei entgegenstehen, kann die Ausübung eines Rechts unzulässig sein. Es kommt dabei nicht auf eine Pflichtwidrigkeit oder ein Verschulden an, sondern allein auf eine objektive Interessenabwägung im Einzelfall. Eine Unzulässigkeit in diesem Sinne ist u. a. dann gegeben, wenn der Berechtigte kein sachliches und dauerndes Eigeninteresse verfolgt, sondern die Rechtsausübung nur dazu dient, einen rechtsfremden oder unlauteren Zweck zu erreichen (vgl. Jauernig/Mansel, BGB, 14. Aufl. 2011, § 242 Rn. 37 u. 38 m. w. N.). Ein solcher Fall ist hier gegeben.

Es ist unstreitig, dass es bei den Zustellungen durch die Beklagte zu keinen Beeinträchtigungen des Eigentums des Klägers gekommen ist, die über die Missachtung des Hausverbots hinausgegangen wären. Der Kläger hat auch nicht ansatzweise begründet, warum die Beklagte ihm keine Post zustellen soll, d. h. die Voraussetzungen für ein schutzwürdiges Interesse sind nicht dargetan worden. Dass der Kläger möglicherweise keine Amtspost erhalten will, verdient keinen gerichtlichen Schutz. Zumindest stünden einem solchen Interesse überwiegende schutzwürdige Belange der Beklagten entgegen. Diese beruhen auf den Verpflichtungen eines gewerbsmäßigen Zustellers, wie sie sich im Einzelnen aus der erteilten Lizenz und den Bestimmungen des Postgesetzes ergeben.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91 Abs. 1 S. 1, 708 Nr. 11 und 711 ZPO.

Streitwert: 4.000,00 EUR

Auf die Entscheidung hat openjur.de (hier) hingewiesen.

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