BGH: Zur Verjährung von wiederauflebenden wettbewerbsrechtlichen Ansprüchen bei Verstoß gegen Unterlassungserklärung

veröffentlicht am 22. November 2021

BGH, Urteil vom 12.07.1995, AZ. I ZR 176/93
§ 11 Abs. 1 UWG, § 21 UWG a.F., § 195 BGB

Der BGH hat entschieden, dass bei einer Wettbewerbsverletzung, die gegen eine zuvor abgegebene strafbewehrte Unterlassungserklärung verstößt, die durch den wiederholten Verstoß erneut mögliche Abmahnung innerhalb der kurzen Verjährungsfrist des UWG (heute: § 11 Abs. 1 UWG, zum Zeitpunkt der Entscheidung: § 21 UWG a.F.) ausgesprochen werden muss. Es gelte, so der Senat, ungeachtet des vertraglichen Charakters der Unterlassungserklärung nicht die längere Verjährungsfrist des § 195 BGB. Neben der Ahndung des wiederaufgelebten Wettbewerbsverstoßes kann der Unterlassungsgläubiger die Vertragsstrafe wegen Verstoßes gegen die strafbewehrte Unterlassungserklärung fordern. Zum Volltext der Entscheidung:


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Bundesgerichtshof

Urteil

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 15. Zivilsenats in Kassel des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 22.07.1993 aufgehoben.

Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen. 

Tatbestand:

Die Parteien betreiben in benachbarten Orten des Landkreises M. Apotheken. Zwischen ihnen war es in der Vergangenheit zu verschiedenen wettbewerbsrechtlichen und standesrechtlichen Auseinandersetzungen gekommen. In einem Verfahren vor dem Landgericht Ma. hatte sich die Beklagte am 6. Dezember 1979 verpflichtet, es – von akuten Notfällen abgesehen -, zu unterlassen ärztliche Rezepte ohne behördliche Genehmigung zu sammeln oder durch Dritte sammeln zu lassen, insbesondere derart gesammelte Rezepte entgegenzunehmen oder entgegennehmen zu lassen.

Die Klägerin unterhielt bis zum 23. Januar 1991 in der Ortschaft O., in dem keine Apotheke vorhanden ist, einen behördlich genehmigten Rezeptsammelkasten.

Mit der am 23. Mai 1991 eingegangenen und am 12. Juni 1991 zugestellten Klage begehrt die Klägerin Schadensersatz. Sie hat hierzu behauptet, die Beklagte habe in der Zeit vom 9. Februar 1987 bis zum 23. Januar 1991 fast alle für die Bewohner der Ortschaft O. ausgestellten Rezepte beliefert. Hierzu habe sie diese Rezepte in gegen das Apothekengesetz und die Apothekenbetriebsordnung verstoßender Weise gesammelt. Am 12. Januar 1990 habe der Ehemann der Klägerin erfahren, daß die von dem Arzt Dr. V. für Bewohner des Ortes O. verschriebenen Medikamente von der Praxis jeweils sofort der Beklagten durchgegeben, von dieser zusammengestellt und von zwei als Zeugen benannten Personen in O. ausgetragen worden seien, während die Rezepte einmal wöchentlich gesammelt von der Arztpraxis an die Beklagte geschickt worden seien. In gleicher Weise werde noch von einem anderen Arzt verfahren. In O. würden Rezepte von zwei Personen gesammelt und zur Beklagten gebracht, die die Medikamente austragen lasse. Schließlich brächten auch Helferinnen der Beklagten Rezepte zu deren Apotheke. Für die Zeit vom 9. Februar 1987 bis 23. Januar 1991 seien auf diese Weise 5.356 Rezepte, die für sie, die Klägerin, bestimmt gewesen seien, an die Beklagte gelangt. Unter Berücksichtigung des durchschnittlichen Rezeptwerts, der Kosten und der ersparten Aufwendungen sei ihr ein Schaden in Höhe von 70.878,62 DM entstanden.

Die Beklagte ist dem Zahlungsbegehren der Klägerin entgegengetreten. Sie hat vorgetragen, sie habe Rezepte nur bei Vorliegen der gesetzlich zulässigen besonderen Gründe in ihrer Apotheke entgegengenommen. Sie hat die Einrede der Verjährung erhoben.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die gegen dieses Urteil gerichtete Berufung der Klägerin ist ohne Erfolg geblieben.

Mit der Revision verfolgt die Klägerin den Klageantrag weiter. Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:

I.
Das Berufungsgericht hat Schadensersatzansprüche, die aus Verletzungshandlungen in der Zeit vom 9. Februar 1987 bis 22. November 1990 entstanden sein sollen, als nach § 1 UWG gegeben unterstellt, aber als nach § 21 UWG verjährt angesehen. Die längere Verjährungsfrist des § 852 BGB hat es ausgeschlossen, weil bei der Konkurrenz von Ansprüchen aus § 1 UWG mit solchen aus § 823 Abs. 1 BGB unter dem Gesichtspunkt der Verletzung des Rechts am Unternehmen lediglich die Fristregelung des § 21 UWG anzuwenden sei. Für § 826 BGB, dessen Vorliegen allein die Anwendung des § 852 Abs. 1 BGB neben § 21 UWG rechtfertigen könnte, fehle es an der – mit der des § 1 UWG nicht ohne weiteres gleichzusetzenden – Sittenwidrigkeit des Handelns im Sinne dieser BGB-Norm.

Soweit Schadensersatz aufgrund von Wettbewerbsverstößen in der Zeit vom 23. November 1990 bis 23. Januar 1991 verlangt werde, habe die Klägerin nicht hinreichend konkret vorgetragen und keinen Beweis dafür erbracht, daß auch in dieser Zeit noch Rezepte für die Beklagte gesammelt worden seien.

II.
Diese Beurteilung hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung nur teilweise stand.

1. Als – im Ergebnis – zutreffend erweist sich allerdings die Annahme des Berufungsgerichts, Schadensersatzansprüche, die die Klägerin aus Handlungen der Beklagten bis zum 22. November 1990 herleite, seien gemäß § 21 UWG verjährt.

a) Soweit das Berufungsgericht dabei gesetzliche Ansprüche aus § 1 UWG und § 823 Abs. 1 BGB (Recht am Unternehmen) zugrunde gelegt und für den Fall der Konkurrenz solcher Ansprüche auf § 21 UWG allein abgehoben hat, sind seine Ausführungen aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden (vgl. BGHZ 36, 252, 256 f. – Gründerbildnis; BGH, Urt. v. 28.9.1973 – I ZR 136/71, GRUR 1974, 99, 100 = WRP 1974, 30 – Brünova; MünchKomm/Mertens, BGB, 2. Aufl., § 852 Rdn. 53); auch die Revision erhebt hiergegen – ebenso wie gegen den gleichfalls rechtsfehlerfreien Ausschluß eines Verstoßes gegen § 826 BGB durch das Berufungsgericht – keine Rügen.

b) Dagegen beanstandet die Revision mit Recht, daß das Berufungsgericht nicht geprüft habe, ob der Klägerin für die fragliche Zeit nicht auch vertragliche Schadensersatzansprüche zustünden und ob – bejahendenfalls – auch solche verjährt seien. Die Klägerin hatte sich – was auf Seite 9 LGU und Seite 5 f. BU festgestellt und von der Beklagten nicht in Abrede gestellt worden ist – auch darauf berufen, daß die Beklagte sich in einem gerichtlichen Vergleich vom 6. Dezember 1979 (4 O 59/79 LG Ma. ) verpflichtet hatte, ärztliche Rezepte nicht ohne behördliche Genehmigung zu sammeln bzw. sammeln zu lassen und derart gesammelte Rezepte auch nicht entgegenzunehmen bzw. entgegennehmen zu lassen.

Auf der Grundlage dieses Sachvortrags hätte das Berufungsgericht die Möglichkeit einer positiven Verletzung dieser – vertraglichen – Unterlassungspflicht in Betracht ziehen und, falls Ansprüche hieraus zu bejahen gewesen wären, weiter prüfen müssen, ob solche Ansprüche nicht einer längeren Verjährungsfrist als der des § 21 UWG unterliegen. Eine solche Prüfung hat das Berufungsgericht nicht vorgenommen.

c) Das Versäumnis erweist sich jedoch als unschädlich, weil diese Prüfung zu keinem anderen Ergebnis hätte führen können. Auch wenn der Klägerin – was für die Revisionsinstanz unterstellt werden kann – vertragliche Unterlassungsansprüche auf der Grundlage des Prozeßvergleichs zustünden, wären diese in gleicher Weise verjährt wie die bisher allein geprüften Ansprüche aus § 1 UWG und § 823 Abs. 1 BGB.

aa) Allerdings ergibt sich dies nicht unmittelbar aus § 21 UWG, weil diese Vorschrift allein für die auf dem darin genannten Gesetz beruhenden Ansprüche Gültigkeit beansprucht.

Hieran ändert für die Beurteilung der Verjährung der im Streit befindlichen Ansprüche nichts, daß die für einen gesetzlichen Anspruch geltende Verjährungsfrist grundsätzlich unberührt bleibt, wenn der Anspruch wie im Vergleichswege zumeist (vgl. BGH, Urt. v. 25.6.1987 VII ZR 214/86, NJW-RR 1987, 1426, 1427 m.w.N.) – lediglich deklaratorisch anerkannt wird (vgl. BGH, Urt. v. 19.2.1982 – V ZR 251/80, NJW 1982, 1809, 1810; BGH, Urt. v. 26.5.1992 – VI ZR 253/91, NJW 1992, 2228; MünchKomm/v. Feldmann, BGB, 3. Aufl., § 195 Rdn. 16). Denn um ein deklaratorisches Anerkenntnis solcher Art handelt es sich vorliegend nicht.

Die Rechtsnatur von Unterlassungsverpflichtungen, die als Folge einer begangenen Verletzungshandlung eingegangen werden, ist umstritten (vgl. GroßKommUWG/Köhler, Vor § 13 B Rdn. 89 m.w.N.). Sie kann im Blick auf den für sie geltenden Grundsatz der Vertragsfreiheit nicht generell und einheitlich festgelegt werden, sondern hängt maßgeblich vom Inhalt der getroffenen Vereinbarung ab (vgl. GroßKommUWG/Köhler aaO Rdn. 90), wobei insbesondere bedeutsam werden kann, ob letztere eine zur Beseitigung der Wiederholungsgefahr geeignete Vertragsstrafebewehrung einschließt. Ist dies nämlich – wie bei Unterwerfungen regelmäßig – der Fall, so erlaubt der dadurch bewirkte Untergang des gesetzlichen Unterlassungsanspruchs als Folge des Fortfalls der Wiederholungsgefahr (vgl. BGH, Urt. v. 13.5.1987 – I ZR 79/85, GRUR 1987, 640, 642 a.E. = WRP 1987, 557 – Wiederholte Unterwerfung II; Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 17. Aufl., Einl. UWG Rdn. 260 u. 271; Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche, 6. Aufl., Kap. 7 Rdn. 1) lediglich die Annahme einer Novation in der Form eines abstrakten Schuldversprechens (vgl. GroßKommUWG/Köhler aaO Rdn. 90; Teplitzky aaO Kap. 8 Rdn. 5; Gruber, WRP 1992, 71, 86); wird gegen dieses verstoßen, so entstehen selbständige vertragliche Ansprüche, für deren Verjährung die auf die gesetzlichen Ansprüche aus dem UWG bezogene Verjährungsvorschrift des § 21 UWG keine (unmittelbare) Geltung hat (vgl. MünchKomm/v. Feldmann aaO § 195 Rdn. 15).

Dagegen steht, wenn in Ermangelung einer Strafbewehrung – für deren Vorliegen hier die Vorinstanzen keine Feststellungen getroffen haben – die Wiederholungsgefahr nicht entfällt und der ursprüngliche Anspruch folglich bestehen bleibt, einer rein deklaratorischen Bekräftigung dieses Anspruchs konstruktiv nichts im Wege. Jedoch kann eine wettbewerbliche Unterlassungsverpflichtung, die zur Erledigung des Streits über einen gesetzlichen Anspruch übernommen wird und eine den Interessen beider Parteien gerecht werdende Streitbereinigung bewirken soll (vgl. BGH, Urt. v. 1.4.1993 – I ZR 136/91, GRUR 1993, 677, 679 = WRP 1993, 480 – Bedingte Unterwerfung), grundsätzlich auch dann nicht nur in diesem – rein deklaratorischen – Sinne verstanden werden, weil ein solcher dem bei der Auslegung des beiderseits Gewollten mitzuberücksichtigenden Interesse des Gläubigers nicht gerecht werden könnte; letzterem geht es nämlich – für den Schuldner erkennbar – bei jeder Unterwerfung hauptsächlich darum, daß der Schuldner eine über den kurzfristig verjährenden gesetzlichen Anspruch, der ihren Anlaß bildet, hinaus rechtsbeständige Unterlassungspflicht eingeht. Daher begründet, sofern nicht ausnahmsweise und ausdrücklich ein anderer Sinn vereinbart ist, jeder wettbewerbsrechtliche Unterwerfungsvertrag – unabhängig davon, welchem Vertragstyp er rechtsdogmatisch zugeordnet wird – stets ein auf Unterlassung einer bestimmten Verletzungsform gerichtetes Dauerschuldverhältnis. Dieses ist als solches vertraglicher Natur, so daß auch Ansprüche wegen positiver Verletzung der daraus erwachsenden Unterlassungspflicht § 21 UWG wiederum keine (unmittelbare) Anwendung finden kann.

bb) Jedoch folgt hier der Eintritt der Verjährung auch etwaiger vertraglicher Ansprüche aus einer entsprechenden Anwendung dieser Vorschrift.

In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist anerkannt, daß unter bestimmten Voraussetzungen kurze Verjährungsfristen für gesetzliche Ansprüche – insbesondere, wenn deren ratio dies erfordert – an die Stelle einer längeren Frist treten können, die an sich wegen der Natur des mit in Rede stehenden Rechtsinstituts – Vertrag, c.i.c. oder GoA – einschlägig wäre (vgl. BGHZ 60, 9, 11; 77, 215, 219; 87, 88, 93; 88, 130, 137; 115, 210, 212 – Abmahnkostenverjährung), und daß umgekehrt für vertragliche Ansprüche geltende Verjährungsfristen unter bestimmten Umständen eine sonst geltende längere Frist ausschließen können, wenn deren Heranziehung den Zweck besonders kurz bemessener vertraglicher Verjährungsfristen vereiteln und den Gesetzeszweck im Ergebnis aushöhlen würden (vgl. BGHZ 47, 53, 55; 71, 175, 179 sowie BGH, Beschl. v. 16.2.1993 – VI ZR 252/92, NJW-RR 1993, 793, 794 m.w.N.).

Eine dem Sinne dieser Rechtsprechung entsprechende Anwendung der kürzeren von zwei gegebenen Verjährungsfristen erscheint auch in Fällen der vorliegenden Art geboten. Ihre Notwendigkeit ergibt sich hier aus der weitgehenden Übereinstimmung der konkurrierenden Ansprüche nach Inhalt und Zielsetzung, aus der Interessenlage der Parteien sowie aus Sinn und Zweck der in § 21 UWG getroffenen Verjährungsregelung.

Unterlassungsvereinbarungen schaffen – insoweit den Wirkungen des durch sie verhinderten Titels (§ 218 BGB) vergleichbar – eine ihrerseits nicht der im Wettbewerbsrecht üblichen kurzen Verjährung ausgesetzte Grundlage für Pflichten des Schuldners, deren Verletzung Ansprüche des Gläubigers entstehen läßt, die – wenn von der später näher zu erörternden allein vertragstypischen Regelsanktion der Verwirkung einer Vertragsstrafe abgesehen wird – ihrem Ziel und Umfang nach denjenigen voll entsprechen, die regelmäßig als Folge derselben (erneuten) wettbewerblichen Verletzungshandlung kraft Gesetzes entstehen und vom selben Gläubiger auch neben den Vertragsansprüchen geltend gemacht werden können (vgl. BGH, Urt. v. 9.11.1979 – I ZR 24/78, GRUR 1980, 241, 242 = WRP 1980, 253 – Rechtsschutzbedürfnis; BGH, Urt. v. 7.12.1989 – I ZR 237/87, GRUR 1990, 534 = WRP 1990, 622 – Abruf-Coupon; näher dazu Teplitzky aaO Kap. 8 Rdn. 65, Kap. 11 Rdn. 6 u. Kap. 12 Rdn. 11 f.).

Bei einer so weitgehenden Übereinstimmung der durch ein und dieselbe Handlung begründeten Ansprüche muß jedenfalls die Voraussetzung als erfüllt angesehen werden, die in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes bislang als entscheidend für die Anwendbarkeit der jeweils kürzeren Verjährungsfrist erachtet worden ist, nämlich die Identität der durch die Vertragsverletzung enttäuschten Vertragserwartung mit dem durch die Gesetzesbestimmung – hier § 1 UWG – geschützten Integritätsinteresse des betroffenen Gläubigers (vgl. BGH aaO NJW-RR 1993, 793, 794 m.w.N.). Beides ist hier nämlich übereinstimmend darauf gerichtet, daß eine ganz konkret bestimmte Form eines wettbewerbswidrigen Handelns unterbleibt und ein im Falle eines solchen Handelns entstehender Schaden ersetzt wird.

Für die durch die Anspruchsgleichheit und die Interessenlage nahegelegte Gleichbehandlung auch im Blick auf die Verjährung sprechen überdies Sinn und Zweck der in § 1 UWG getroffenen Verjährungsregelung. Die kurze Frist ist vom Gesetzgeber bewußt im Blick auf besondere Bedürfnisse des Wettbewerbsrechts gewählt worden (vgl. GroßKommUWG/ Messer, § 21 Rdn. 2 u. Rdn. 16; Teplitzky aaO Kap. 16 Rdn. 15). Diese besonderen (Beschleunigungs-)Bedürfnisse – die einen deutlichen Ausdruck auch in der großen praktischen Bedeutung des vorläufigen Rechtsschutzes im Wettbewerbsverfahrensrecht finden – gelten bei ein und derselben wettbewerblichen Verletzungshandlung nicht nur für die aus ihr erwachsenden gesetzlichen, sondern gleichermaßen auch für die dadurch ausgelösten – gleichgerichteten – vertraglichen Ansprüche.

Die entsprechende Anwendung der kurzen Verjährungsfrist des § 21 UWG ist daher auch auf Ansprüche aus positiver Verletzung vertraglicher Unterwerfungserklärungen geboten, soweit diese Ansprüche den durch dieselbe Wettbewerbshandlung ausgelösten gesetzlichen Ansprüchen entsprechen (so auch schon Teplitzky aaO Kap. 16 Rdn. 22).

Der Analogie steht nicht entgegen, daß nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes und nach herrschender Meinung der Anspruch auf eine verwirkte Vertragsstrafe erst nach 30 Jahren verjährt (vgl. BGH, Urt. v. 20.6.1991 – I ZR 277/89, GRUR 1992, 61, 63 = WRP 1991, 654, 657 – Preisvergleichsliste; MünchKomm/v. Feldmann aaO § 195 Rdn. 13 m.w.N.; Teplitzky aaO Kap. 20 Rdn. 21). Denn bei diesem Anspruch handelt es sich – ungeachtet des Umstands, daß die Vertragsstrafe neben ihrer Sanktionswirkung auch die Funktion eines pauschalierten (Mindest-)Schadensersatzes erfüllen kann (vgl. – ausgehend von § 340 Abs. 1 Satz 2 BGB BGH, Urt. v. 30.9.1993 – I ZR 54/91, GRUR 1994, 146, 148 = WRP 1994, 37 – Vertragsstrafebemessung; Teplitzky aaO Kap. 35 Rdn. 1) – um eine vertragstypische Besonderheit, die beim gesetzlichen Anspruch gerade keine Entsprechung findet und demgemäß über das in anderem Zusammenhang als maßgeblich erachtete (auch) durch § 1 UWG geschützte Integritätsinteresse des Gläubigers hinausgeht. Bei einem solchen nur vertraglich begründbaren Anspruch ist kein durchgreifender Grund dafür ersichtlich, ihn der für Verträge grundsätzlich geltenden längeren Verjährungsfrist zu entziehen. Auch mit dem Normzweck des § 21 UWG ist es vereinbar, den Vertragsstrafeanspruch einer anderen, längeren Verjährungsfrist zu unterwerfen als der des § 21 UWG; denn er dient – anders als der reine Schadensersatzanspruch – auch und in erster Linie als Sanktionsmittel. Als solches würde er viel an Nachdruck und Gewicht verlieren, wenn er nur in der sehr kurzen Verjährungsfrist des § 21 UWG durchsetzbar wäre. Wie der Bundesgerichtshof bereits wiederholt ausgesprochen hat, erfordern aber schon Wirkungsdefizite, die eine Unterwerfungsverpflichtung gegenüber dem durch sie ersetzten Vollstreckungstitel von Haus aus aufweist – darunter auch das Erfordernis, das Sanktionsmittel der Vertragsstrafe im Verwirkungsfalle erst prozessual durchsetzen zu müssen -, einen gewissen Ausgleich durch Verstärkung der vertraglichen Ausgestaltungsmöglichkeiten (vgl. BGH, Urt. v. 12.7.1984 – I ZR 123/82, GRUR 1985, 155, 157 = WRP 1985, 22 – Vertragsstrafe bis zu … I; BGH, Urt. v. 15.5.1985 – I ZR 25/83, GRUR 1985, 1065, 1066 = WRP 1986, 141 – Erfüllungsgehilfe). Einer solchen Tendenz, Unterwerfungen als wichtige Mittel außergerichtlicher Streiterledigung effizient und damit für die Parteien weiter attraktiv zu halten, würde es zuwiderlaufen, die Frist für die Durchsetzung der vertraglichen Sanktion auf eine Zeitspanne zu verkürzen, die noch weit unter der für die Vollstreckung aus gerichtlichen Unterlassungstiteln geltenden Zweijahresfrist (vgl. Baumbach/Hefermehl aaO Einl. UWG Rdn. 595; GroßKommUWG/Jestaedt, Vor § 13 E Rdn. 5 u. Teplitzky aaO Kap. 57 Rdn. 59) läge.

Auch die Zweitfunktion der Vertragsstrafe als eines Mindestschadensersatzes steht einer Differenzierung der Verjährungsfrist nicht entgegen; denn anders als für den vom Gläubiger der Höhe nach zu beweisenden Schaden steht bei der Vertragsstrafe der Betrag fest, so daß insoweit einer der maßgeblichen Gründe für die kurze Frist zur Geltendmachung wettbewerbsrechtlichen Schadens – die alsbald zu befürchtende Beweisnot der Parteien in einem Bereich, in dem ohnehin schon regelmäßig erhebliche Nachweisprobleme bestehen – sich hier als nicht einschlägig erweist.

2. Die Revision beanstandet weiter, das Berufungsgericht hätte, soweit es Schadensersatzansprüche als verjährt angesehen habe, die Vorschrift des § 852 Abs. 3 BGB entsprechend heranziehen und prüfen müssen, ob und wieweit die Beklagte durch die schadensverursachenden Handlungen etwas auf Kosten der Klägerin erlangt hat. Mit dieser Rüge hat die Revision Erfolg.

a) Zwar enthält § 21 UWG weder eine dem § 852 Abs. 3 BGB unmittelbar entsprechende Bestimmung noch eine ausdrückliche Verweisung auf diese Vorschrift. Jedoch ist letztere schon deshalb auch auf wettbewerbsrechtliche Schadensersatzansprüche anwendbar, weil es sich auch bei diesen um Deliktsansprüche handelt, für die die allgemeinen Verjährungsvorschriften des Deliktsrechts grundsätzlich gelten und nur insoweit durch spezielle Regelungen verdrängt werden, als solche ausdrücklich (in § 21 UWG) getroffen worden sind; soweit es an besonderen Regelungen fehlt, bleibt es bei denen der Grundnorm (vgl. Baumbach/Hefermehl aaO § 21 UWG Rdn. 2; Teplitzky aaO Kap. 16 Rdn. 55).

b) Das Berufungsurteil kann daher, soweit darin die Klage wegen Verjährung von Ansprüchen als unbegründet erachtet worden ist, insoweit keinen Bestand haben, als Ansprüche gemäß § 852 Abs. 3 BGB ungeprüft geblieben sind.

3. Die Notwendigkeit einer weiteren Prüfung solcher Ansprüche entzieht der Entscheidung des Berufungsgerichts aber auch insoweit ihre Grundlage, als sie sich – von der Revision auch insoweit gerügt – auf nicht verjährte, nach Auffassung des Berufungsgerichts aber nicht hinreichend spezifizierte Ansprüche bezieht. Denn der Vorwurf mangelnder Spezifizierung wird im wesentlichen im Hinblick darauf erhoben, daß die Klägerin nicht präzise genug dargelegt habe, ob ein Teil ihres Schadens (und welcher) in der Zeit nach dem 23. November 1990 (Verjährungszäsur) eingetreten ist. Diese Zäsur verliert jedoch erheblich an Bedeutung, wenn für Ansprüche der Klägerin auch auf die Zeit davor abzustellen ist. Im Rahmen der nunmehr vorzunehmenden Gesamtwürdigung bedarf daher auch der Vorwurf mangelnder Substantiierung und/oder Beweisführung einer neuen Überprüfung durch das Berufungsgericht.

III.
Das Berufungsurteil ist daher aufzuheben. Die Sache ist zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung – auch über die Revisionskosten – an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

Bei seiner Prüfung von Ansprüchen gemäß § 852 Abs. 3 BGB wird letzteres gegebenenfalls zu beachten haben, daß es sich bei dieser Vorschrift nach herrschender Meinung um eine bloße Rechtsfolgenverweisung handelt, die den deliktischen Charakter der Ansprüche unberührt läßt und daher keine Prüfung erfordert, ob die (zusätzlichen) Voraussetzungen eines Bereicherungsanspruchs vorliegen (vgl. BGHZ 71, 86, 99 f. – Fahrrad-Gepäckträger II; GroßKommUWG/Messer, § 21 Rdn. 76).

I