OLG Karlsruhe: Zur Auslegung einer Unterlassungserklärung bezüglich der erfolgten Abmahnung

veröffentlicht am 8. Oktober 2012

OLG Karlsruhe, Urteil vom 12.09.2012, Az. 6 U 58/11
§ 276 Abs. 1 BGB, § 315 BGB; § 31 UrhG, § 15 Abs. 2 UrhG, § 19a UrhG

Das OLG Karlsruhe hat entschieden, dass bei der Beurteilung des Anfalls einer Vertragsstrafe die Unterlassungserklärung im Lichte der erfolgten Abmahnung auszulegen ist. Nehme die Erklärung oder deren Begleitschreiben auf die Abmahnung Bezug, sei dies so zu verstehen, dass sich die Unterlassung auf das in der Abmahnung beanstandete Verhalten beziehe. Vorliegend war das öffentliche Zugänglichmachen eines Lichtbildes ohne Erlaubnis des Rechteinhabers beanstandet worden. Für die Behauptung der Beklagten, dass sich die Unterlassungserklärung nur auf die Unterlassung einer bestimmten Nutzung des Bildes in einem Beitrag beziehen solle, bliebe nach Ausschöpfung aller Auslegungsmöglichkeiten kein Raum. Die Klägerin durfte davon ausgehen, dass das ursprünglich beanstandete Verhalten unterlassen werden solle und fordere die Vertragsstrafe zu Recht, da das in Rede stehende Bild immer noch unter einer URL im Internet erreichbar gewesen sei. Zum Volltext der Entscheidung:

Oberlandesgericht Karlsruhe

Urteil

1.
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Mannheim vom 29.03.2011 – 2 O 187/10 – wird zurückgewiesen.

2.
Die Beklagte hat die Kosten der Berufung zu tragen.

3.
Das Urteil und das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

4.
Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Die Klägerin nimmt die Beklagte aus abgetretenem Recht wegen Verstoßes gegen einen Unterlassungsvertrag auf Zahlung von Vertragsstrafe in Anspruch.

Die Beklagte betreibt ein Internetportal, stellt E-Mail-Konten bereit und betreibt eine Shopping- und Internetplattform. Auf der Website http://… erschien im November 2009 im Rahmen eines Artikels, dessen Inhalt sich aus den in Anlage K 1 und K 2 wiedergegebenen Screenshots ergibt, ein Lichtbild, das die Zedentin … abbildet und vom Zedenten … geschaffen worden war. Die Zedentin … war als Visagistin beteiligt. Ein Recht zur Nutzung des Lichtbildwerks stand der Beklagten nicht zu. Daraufhin ließen die Zedenten die Beklagte wegen der unberechtigten Lichtbildnutzung am 8.12.2009 abmahnen (Anlage K 3). Am 22.12.2009 gab die Beklagte die in der Anlage K 4 vorgelegte Unterlassungserklärung ab, in der sie sich verpflichtete, „es zukünftig bei Meidung einer für jeden Fall der Zuwiderhandlung von den Unterlassungsgläubigern nach billigem Ermessen (§ 315 BGB) festzusetzenden und im Streitfall vom zuständigen Amts- bzw. Landgericht auf Angemessenheit zu überprüfenden Vertragsstrafe zu unterlassen, das nachfolgend wiedergegebene Lichtbild ohne Lizenz der Unterlassungsgläubiger im Internet zu nutzen …“. Diese Unterlassungserklärung wurde von den Zedenten angenommen.

Am 12. Januar 2010 konnte das Lichtbild, wegen dessen die Unterlassungserklärung abgegeben worden war, nach wie vor angezeigt und heruntergeladen werden (Anlage K 5a). Vor diesem Hintergrund forderten die Zedenten mit Schreiben vom 14. Januar 2010 die Beklagte zur Zahlung einer Vertragsstrafe von jeweils 2.500,00 € an jeden von ihnen, insgesamt also 7.500,00 €, bis zum 27.1.2010 auf (Anlage K 6). Mit Schreiben vom 20.1.2010 wies die Beklagte den geltend gemachten Anspruch zurück.

Die Beklagte änderte ihre ursprüngliche Firma „… GmbH“, unter der sie den Unterlassungsvertrag abgeschlossen hatte, in „… GmbH“. Außerdem ist sie als übernehmender Rechtsträger mit Wirkung vom 27.8.2010 im Wege der Aufnahme mit der … GmbH und der … Internet Services GmbH verschmolzen worden.

Die Klägerin hat vorgetragen, die klagegegenständlichen Ansprüche seien ihr mit Vertrag vom 2.6.2010 (Anlage K 10) von den Gläubigern der Unterlassungsvereinbarung vom 22./23.12.2009 abgetreten worden. Die Beklagte habe gegen die Unterlassungsvereinbarung schuldhaft verstoßen, da die Datei mit dem vereinbarungsgegenständlichen Lichtbild auf einem ihrer Server noch gespeichert und abrufbar gewesen sei. Dies stelle eine Nutzung im Internet im Sinne der Unterlassungsvereinbarung dar. Die eingeklagte Vertragsstrafe sei der Höhe nach angemessen, da sie die Funktion eines pauschalierten Schadensersatzes habe und außerdem als Druckmittel wirken solle. Auf dieser Grundlage hat die Klägerin erstinstanzlich beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 7.500,00 € nebst 5% Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 28.1.2010 zu bezahlen.

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt.

Sie hat geltend gemacht, die Klägerin sei nicht aktivlegitimiert. Überdies sei die Beklagte auch wegen der Verschmelzung nicht passivlegitimiert. Ein Verstoß gegen die Unterlassungserklärung liege schon deshalb nicht vor, weil die Beklagte das streitgegenständliche Lichtbild nicht „genutzt“, sondern allenfalls öffentlich zugänglich gemacht habe. Schließlich fehle es am erforderlichen Verschulden. Zur Löschung des Lichtbildes habe die Beklagte eine Software verwendet, die noch niemals fehlerhaft gearbeitet habe. In diesem Fall sei das Lichtbild auf allen bis auf drei Servern gelöscht worden. Auch ein Aufruf des Links zum Bild habe eine Fehlermeldung dahingehend ergeben, dass die gesuchte Datei nicht mehr vorhanden sei. Die Höhe der Vertragsstrafe sei schließlich unangemessen.

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben, Es hat die Aktiv- sowie die Passivlegitimation bejaht. Auch das öffentliche Zugänglichmachen sei eine Nutzung im Rechtssinne. Das Verschulden der Beklagten hat das Landgericht darauf gestützt, dass die Beklagte den Erfolg der Löschungsmaßnahme umfassend hätte kontrollieren müssen. Die eingeschränkte Ermessenskontrolle der Höhe der Vertragsstrafe hat das Landgericht zu keinen Beanstandungen veranlasst.

Zur Begründung ihrer Berufung wiederholt und vertieft die Beklagte ihren erstinstanzlichen Vortrag, Die Klägerin sei nicht aktivlegitimiert, weil ein abtretungsfähiger Anspruch erst nach Ausübung des Bestimmungsrechts des Gläubigers entstanden sein könne. Im Zeitpunkt der Abtretungserklärung habe aber noch keine Ermessensausübung stattgefunden. Die Passivlegitimation wird von der Beklagten mit der Begründung angegriffen, dass der Zweck einer Vertragsstrafe, den Unterlassungsschuldner in Zukunft zur Einhaltung der Unterlassungsverpflichtung anzuhalten, ins Leere gehe, wenn und weil die Unterlassungsansprüche nicht übergingen. Im Hinblick auf die Verwirkung der Vertragsstrafe macht die Beklagte zunächst geltend, dass angesichts der komplexen URL, die aus einer 44stelligen Kombination von Buchstaben und Zahlen bestanden habe, ein Aufruf des streitgegenständlichen Bildes durch Dritte praktisch ausgeschlossen sei. Aus diesem Grunde liege auch kein öffentliches Zugänglichmachen vor. Die Unterlassungsverpflichtung habe sich allein auf eine „Nutzung“ bezogen. Bei der „Nutzung“ handele es sich urheberrechtlich um ein Minus zu einem der Verwertungsrechte wie dem Recht der öffentlichen Zugänglichmachung. Eine Verletzung der Unterlassungsverpflichtung ziehe jedenfalls wegen des Verschuldenserfordernisses keine Vertragsstrafe nach sich. Das Bild sei aus dem bis zu diesem Zeitpunkt einwandfrei funktionierenden Content-Management System gelöscht worden, was zu einer Löschung bei allen die Website ausliefernden Webservern hätte führen müssen. Die Abrufbarkeit des Bildes sei sogar noch einmal durch einen Mitarbeiter anhand der URL kontrolliert worden. Niemand habe voraussehen können, dass der Abruf der URL doch noch zur Anzeige des Bildes hätte führen können. Angesichts dessen seien die Anforderungen des Landgerichts an die im Verkehr erforderliche Sorgfalt überspannt worden. Schließlich hätten die Gläubiger des Unterlassungsanspruchs ihr Ermessen bei der Bestimmung der Vertragsstrafe nicht bzw. nicht sachgemäß ausgeübt. Die Höhe sei jedenfalls unangemessen. Es könne auch nur eine Vertragsstrafe verlangt werden.

Sie beantragt:

Das Urteil des Landgerichts Mannheim vom 29.3.2011, Az 2 O 187/10 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das landgerichtliche Urteil. Im Hinblick auf die Aktivlegitimation weist sie darauf hin, dass die Zedenten bereits im Januar 2010 ihr Bestimmungsrecht in Bezug auf die Höhe der zu fordernden Vertragsstrafe ausgeübt haben. Im Hinblick auf die Verwirkung der Vertragsstrafe macht sie geltend, dass die maßgebliche VerwertungshandJung bereits das Zugänglichmachen des Werks für den interaktiven Abruf sei, wodurch ein frühzeitiger Schutz zugunsten des Urhebers sichergestellt werde. Die komplizierte URL sei belanglos für die Frage des Zugänglichmachens, weil vor allem Suchmaschinen Internet-Inhalte finden, könnten, ohne dass die URL bekannt sein müsse.

Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen,

II.

Die Berufung ist zulässig, aber unbegründet.

1.
Der Klägerin steht der mit der Klage geltend gemachte Anspruch auf Zahlung einer Vertragsstrafe in der vom Landgericht zugesprochenen Höhe zu, Er ergibt sich aus der Vertragsstrafenvereinbarung in Verbindung mit den wirksamen Abtretungen, § 398 BGB.

a)
Der geltend gemachte Anspruch ist zunächst in der Person der drei Zedenten entstanden.

aa)
An der Wirksamkeit der Unterlassungsverpflichtung gegenüber allen drei Zedenten bestehen keine Zweifel. Dasselbe gilt für die zu ihrer Bewehrung abgeschlossene Vertragsstrafenvereinbarung.

bb)
Die Vertragsstrafe ist durch einen von der Beklagten zu vertretenden Verstoß gegen die vertragliche Unterlassungspflicht in der geltend gemachten Höhe verwirkt. Das Versprechen einer Vertragsstrafe gemäß § 339 BGB bedarf im Hinblick auf seine Reichweite der Auslegung. Seinem Wortlaut nach bezieht sich das in der vorliegenden Vereinbarung abgegebene Versprechen auf die Verpflichtung zur Unterlassung der Nutzung des in Rede stehenden Lichtbildes im Internet. Das Begleitschreiben der Rechtsanwälte der Beklagten vom 22. Dezember 2009 (Anlage K 4) stellt jedoch den Zusammenhang mit der Abmahnung durch die Kläger vom 8. Dezember 2009 (Anlage K 3) her. Darin hatten die Kläger auf die Verletzung des Rechts der öffentlichen Zugänglichmachung gem. § 19a UrhG abgestellt. Damit wird das Recht umschrieben, das Werk drahtgebunden oder drahtlos der Öffentlichkeit in einer Weise zugänglich zu machen, dass es Mitgliedern der Öffentlichkeit von Orten und zu Zeiten ihrer Wahl zugänglich ist. Das mit der Abmahnung beanstandete Verhalten der Beklagten bestand darin, dass sie das in Rede stehende Lichtbild auf ihrer Internetseite unter einer bestimmten URL eingestellt und dadurch öffentlich zugänglich gemacht hatte. Für die Beklagte konnte nicht zweifelhaft sein, dass von ihr verlangt wurde, das beanstandete Verhalten einzustellen und in Zukunft nicht zu wiederholen. Die von der Beklagten auf die Abmahnung hin abgegebene Erklärung kann bei dieser Sachlage nur in dem Sinn verstanden werden, dass es ihr darum ging, die Abmahnenden wegen des gerügten Verhaltens hinsichtlich eines etwaigen Unterlassungsanspruchs klaglos zu stellen. Das konnte nur dadurch geschehen, dass sie hinsichtlich des beanstandeten Verhaltens eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgab. In diesem Sinn war die abgegebene Erklärung aus der Sicht der Abmahnenden zu verstehen. Sie hatten keinen Anhalt für die Annahme, die abgegebene Erklärung könne sich tatsächlich nicht auf das als rechtswidrig beanstandete Verhalten beziehen. Der Vortrag der Beklagten, ihre Erklärung habe sich auf die Verwendung der Abbildung im Kontext „eines redaktionellen Beitrags“ bezogen, ist weder mit dem Inhalt der Abmahnung noch mit ihrer eigenen Erklärung vereinbar. Nichts spricht dafür, dass es den Zedenten allein darum ging zu vermeiden, dass die Beklagte das streitgegenständliche Bild im eigenen redaktionellen Angebot verwertete. Gerade im Hinblick darauf, dass die Beklagte nicht nur eine eigene Plattform unterhält, sondern zugleich in großem Umfang Providerdienste anbietet, deutet alles darauf hin, dass das Bild generell der lizenzfreien Nutzung durch Dritte entzogen werden sollte. Bei dieser Sachlage ist der Unterlassungsvertrag nach Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte (§ 157 BGB) dahin auszulegen, dass die von der Beklagten übernommene Verpflichtung dahin ging, das beanstandete Verhalten in Zukunft zu unterlassen. Das Vertragsstrafeversprechen bezieht sich demnach auf jede Nutzung im Sinne eines öffentlichen Zugänglichmachens ohne Einverständnis des Berechtigten. Ob das betreffende Verhalten im Rechtssinn als „Nutzung“ des Lichtbildes im Internet angesehen werden kann, ist demgegenüber ohne Bedeutung.

Nur ergänzend weist der Senat darauf hin, dass das ursprünglich beanstandete Verhalten der Beklagten auch nach den Vorschriften des Urheberrechtsgesetzes eine Nutzung des Werks darstellte. Das Lichtbild konnte von jedermann über die lnternetseite der Beklagten aufgerufen werden. Mithin hat die Beklagte in das dem Urheber zustehende Recht der öffentlichen Zugänglichmachung des Werks gern. § 19 a UrhG eingegriffen. Der Hinweis der Beklagten, das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung gehöre nach dem Urheberrechtsgesetz zu den Verwertungsrechten des Urhebers und nicht zu den Nutzungsrechten gem. §§ 31 ff, UrhG, rechtfertigt keine andere Beurteilung. § 19a UrhG zählt zwar zum Unterabschnitt über Verwertunqsrechte. Eine weitergehende Verwertung im Sinn einer „Wertüberführung“ oder „Aus-Nutzung“ wird von der Norm aber nicht vorausgesetzt. Vielmehr gehen die §§ 16 ff. UrhG davon aus, dass in den geregelten Fällen eine körperliche oder unkörperliche Verwertung stattfindet. Das in § 19a UrhG umschriebene Recht gehört systematisch zum Recht der öffentlichen Wiedergabe des § 15 Abs. 2 UrhG (WandtkeIBulfinger, Urheberrecht, 3. AufL, 2009, § 19a UrhG Rn. 1), wie sich unmittelbar aus § 15 Abs. 2 Nr. 2 UrhG ergibt. Daraus folgt, dass eine besondere Verwertung im Rahmen des § 19a UrhG nicht verlangt werden kann. Vor diesem Hintergrund bedeutet die Verpflichtung der Beklagten, eine „Nutzung“ zu unterlassen, nichts anderes als den Verzicht auf alle Handlungen, die ohne die ohne die Einräumung von Nutzungsrechten gem. § 31 ff. UrhG dem Urheber gegenüber rechtswidrig sind.

cc)
Aufgrund der von ihr abgegebenen Unterlassungserklärung war die Beklagte verpflichtet, durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen, dass das betreffende Lichtbild nicht mehr über ihre Website oder die von ihr verwendete URL öffentlich zugänglich war. Ein Zugänglichmachen in diesem Sinn wird nicht dadurch objektiv ausgeschlossen, dass eine URL so aufwendig ausgestaltet ist, dass sie als Sicherheitscode kaum überwunden werden könnte. Es spricht nach Auffassung des Senats viel für die Richtigkeit der vom Oberlandesgericht Hamburg vertretenen Auffassung, schon die abstrakte Möglichkeit der Erreichbarkeit durch Eingabe der betreffenden URL reiche für § 19 a UrhG aus (OLG Hamburg, Urt. v. 14.03.2012, 5 U 87/09 juris Rn. 108). Für den Streitfall ist entscheidend, dass es Dritten dann, wenn – wie im Streitfall – eine Verlinkung mit einer Website bestanden hat, möglich bleibt, das im Internet zugängliche streitgegenständliche Lichtbild auch ohne genaue Kenntnis der URL aufzufinden. Das ermöglichen zum einen auf den Rechnern Dritter gespeicherte URLs, welche die Nutzer unmittelbar auf die noch vorhandene Datei führen (ebenso OLG Hamburg, GRUR-RR 2008, 383 juris Rn. 33), und zum anderen der Einsatz von Suchmaschinen.

dd)
Die Verwirkung einer Vertragsstrafe setzt nach allgemeiner Ansicht ein Vertretenmüssen des Schuldners voraus, das gemäß § 276 Abs. 1 BGB bei Vorsatz oder Fahrlässigkeit zu bejahen ist. Fahrlässig handelt, wer das Maß der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt außer Acht lässt. Richtig ist, dass das Sich-Verlassen auf eine im Normalfall fehlerfrei arbeitende Software für sich genommen kaum den Vorwurf mangelnder Sorgfalt begründen könnte. Vorliegend ist jedoch zu berücksichtigen, dass die Beklagte durch die rechtswidrige Verwendung des streitgegenständlichen Lichtbildes in ihrem Internet-Angebot bereits fortlaufend subjektive Rechte Dritter, nämlich der Zedenten, verletzte. Wenn sie sich nunmehr zur künftigen Unterlassung dieser Verletzungen verpflichtete, so war von ihr ein besonderes Maß an Sorgfalt bei der Umsetzung der dazu erforderlichen Maßnahmen zu erwarten. Bei Einhaltung dieser Sorgfalt hätte die Beklagte festgestellt, dass mindestens bei einigen Servern der von ihr behauptete Löschbefehl nicht ausgeführt worden war, Eine nähere Überprüfung durfte nicht deshalb unterbleiben, weil das rechtswidrig verwendete Lichtbild nach Darstellung der Beklagten womöglich auf mehreren Dutzend Servern gespeichert war. Deshalb entlastet die vorgetragene Kontrolle der Abrufbarkeit des Lichtbildes anhand der URL durch einen Mitarbeiter die Beklagte nicht. Es kann offen bleiben, ob dasselbe zu gelten hätte, wenn das Vorhandensein rechtsverletzende Informationen auf mehreren hundert oder tausend Rechnern zu überprüfen wäre, was individuell und händisch kaum zu bewerkstelligen wäre. Im Hinblick auf die Bedeutung einer vertragsstrafenbewehrten Unterlassungsverpflichtung, die von der Beklagten aller Wahrscheinlichkeit nach nicht täglich und nicht in großer Zahl abgegeben wird, wäre es jedenfalls zu erwarten gewesen, selbst dreißig Server einzeln auf womöglich noch vorhandene verletzende Dateien zu untersuchen.

ee)
Die Passivlegitimation der Beklagten ergibt sich daraus, dass sie als Unterlassungsschuldnerin selbst Partnerin des Unterlassungsvertrags ist. Daran hat sich weder durch die Änderung ihrer Firma noch dadurch etwas geändert, dass nachträglich dritte Unternehmen auf die Beklagte verschmolzen worden sind. In einem solchen Fall tritt hinsichtlich der übernehmenden Gesellschaft keine Rechtsnachfolge ein. Darauf hat das Landgericht zutreffend hingewiesen.

ff)
Der Vorwurf der Beklagten, die Zedenten hätten ihr gem. § 315 BGB bei der Bemessung der Vertragsstrafe auszuübendes Ermessen nicht selbst und nicht sachgerecht ausgeübt, geht fehl. Aus dem Schreiben der Klägerin vom 14.01.2010 (Anlage K 6) geht hervor, dass die Vertragsstrafe von den Zedenten (im Schreiben vom 14.01.2010 als „unsere Mandanten bezeichnet) „in Höhe von jeweils 2.500,00 EUR“ festgesetzt wurde. Erst mit Vereinbarung vom 2. bzw. 28. Juni 2010 (AS. 85 der Akten des Landgerichts; in der Akte bezeichnet als „Anlage K 10“) wurden die Ansprüche abgetreten. Für den Senat ist kein Grund ersichtlich, an dem in diesem Schreiben wiedergegebenen Sachverhalt zu zweifeln.

Die Beanstandungen der Beklagten im Hinblick auf die vermeintlich fehlende Ermessensausübung richten sich im Wesentlichen gegen die mangelnde Begründung der Ermessensentscheidung. Da privatrechtliche Rechtsbehelfe aber grundsätzlich nicht motivationsbedürftig sind, besteht ohne besonderen Anhaltspunkt im Gesetz auch keine Begründungspflicht für die Ausübung leistungsbestimmender Gestaltungsrechte (Würdinger, in Münchener Kommentar, 6. Aufl., 2012, § 315 BGB Rdnr. 38), Die von der Beklagten herangezogenen Fälle (AS. 37 f.) stammen durchweg aus dem Bereich des Arbeitsrechts und sind daher nicht verallgemeinerungsfähig. Soweit den Erklärenden ausnahmsweise nach § 242 BGB die Pflicht trifft, den anderen Teil über die Gründe seines Vorgehens zu unterrichten, kann eine Verletzung dieser Pflicht allein Schadensersatzfolgen nach sich ziehen.

Die Ermessensausübung wird auch nicht dadurch fehlerhaft, dass sie bei mehreren Anspruchsinhabern koordiniert erfolgt. Der Möglichkeit, persönlich geprägtes Ermessen auszuüben, entspricht keine Pflicht zur Individualität. Es wäre deshalb auch unerheblich, wenn die Zedenten sich aufgrund gemeinsamer Beratung durch die Klägerin zu einem einheitlichen Vorgehen entschlossen hätten.

Die Gerichte sind auf eine Ergebniskontrolle beschränkt. Das Landgericht hat zutreffend ausgeführt, weshalb die geltend gemachte Vertragsstrafe in Höhe von jeweils € 2.500,00 im vorliegenden Fall jedenfalls nicht unbillig erscheint. Rechtsfehler lässt diese Bewertung nicht erkennen.

gg)
Jedenfalls handelt es sich der Sache nach um drei selbständige Ansprüche, die nach der Verpflichtungserklärung vom 22. Dezember 2009 (Anlage K 4) unterschiedlichen Gläubigern zustanden.

b)
Die entstandenen Ansprüche wurden durch die Vereinbarung vom 2. bzw. 28. Juni 2010 (AS, 85 der Akten des Landgerichts) einzeln und gem. § 398 BGB wirksam an die Klägerin abgetreten. Der Angriff der Beklagten auf die Aktivlegitimation der Klägerin geht damit fehl.

2.
Die Nebenentscheidungen ergeben sich aus §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10 ZPO. Gründe für die Zulassung der Revision gem. § 543 Abs. 2 ZPO bestehen nicht.

Auf das Urteil hingewiesen hat openjur.de (hier).

I