OLG Schleswig: Wie häufig muss die Einhaltung einer Unterlassungserklärung zur Meidung einer Vertragsstrafe überprüft werden? / 2023

veröffentlicht am 30. März 2023

Vertragsstrafe
OLG Schleswig, Urteil vom 09.03.2023, Az. 6 U 36/22

§ 2 PAngV a. F., § 280 Abs. 1 S. 2 BGB

Das OLG Schleswig hat entschieden, dass von einem Unterlassungsschuldner – der sich in Hinblick auf seine Internetangebote zur Vorhaltung eines zuvor fehlenden Links auf die Streitschlichtungs-(OS)-Plattform der EU verpflichtet hat – zur Einhaltung der Unterlassungserklärung nicht mehr verlangt werden kann, als das Einrichten eines klickbaren Links, dessen anschließende Überprüfung und eine weitere Überprüfung im Rahmen routinemäßiger Kontrollen. Hinsichtlich der zeitlichen Kontrolldichte erachtet der Senat einen einmonatigen Kontrollrhythmus für ausreichend. Zum Volltext der Entscheidung:

Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht

Urteil

….

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Kiel vom 06.05.2022, Az. 14 HKO 83/21, abgeändert. Die Klage wird abgewiesen.

Die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

I.
Der klagende Verein nimmt die Beklagte auf Zahlung einer Vertragsstrafe in Anspruch. Die Beklagte hatte sich aufgrund einer Abmahnung durch den Kläger mit Unterlassungserklärung vom 30.08.2021 unter anderem verpflichtet, ihre Warenangebote mit einem klickbaren Link zur sog. OS-Plattform – der Internetplattform zur Online-Streitbeilegung – zu versehen und bei Angeboten für Waren, die nach Gewicht oder in offener Verpackung abgegeben werden, den Grundpreis in bestimmter Form anzugeben. Der Wortlaut der von dem Kläger am 03.09.2021 angenommenen Erklärung (Anl. K 1 a) ist aus der Anlage K 3 zu ersehen. Screenshots der Werbung, die Anlass der Abmahnung war, hat der Kläger mit der Berufung vorgelegt (Anl. BK 2).

Am 23.09.2021 fand der Kläger bei E-Bay Angebote der Beklagten vor, die seines Erachtens in beiderlei Hinsicht gegen die Unterlassungsvereinbarung verstoßen (Anl. K 2 – 2b). Am 07.12.2021 hat er Klage auf Zahlung einer Vertragsstrafe in Höhe von 3.000,00 € erhoben.

Das Landgericht hat einen schuldhaften Verstoß gegen die Verpflichtung zur ordnungsgemäßen Widerrufsbelehrung angenommen. Die Einrichtung eines anklickbaren Links genüge nicht. Für das Verschulden der mit der Einrichtung des Links beauftragten Mitarbeiterin hafte die Beklagte nach § 278 BGB. Dagegen habe die Beklagte nicht gegen die Verpflichtung zur Grundpreisangabe verstoßen. Das Landgericht hat die Unterlassungsvereinbarung so ausgelegt, dass die Beklagte zur Einhaltung des § 2 Abs. 1 S. 1 PAngV (a. F.) verpflichtet werden sollte. Die dort enthaltene Anforderung, dass Gesamt- und Grundpreis in unmittelbarer Nähe stehen müssten, sei allerdings nicht europarechtskonform und dürfe deshalb nicht gestellt werden. Die Beklagte habe die Kerzen auch nicht nach Gewicht angeboten. Sie sei hierzu nach § 2 PAngV auch nicht verpflichtet gewesen. Da nur ein Verstoß gegen die Unterlassungsvereinbarung festzustellen sei, sei die für vermeintliche zwei Verstöße angesetzte Vertragsstrafe billigerweise zu halbieren.

Wegen des näheren Sachverhalts, der im ersten Rechtszug zuletzt gestellten Anträge sowie der Entscheidungsgründe wird auf das angefochtene Urteil verwiesen.

Beide Parteien haben im Umfang ihres Unterliegens Berufung eingelegt.

Der Kläger trägt vor, dass die Unterlassungsvereinbarung den gesetzlichen Anforderungen entspreche. Der Bundesgerichtshof habe kürzlich entschieden (Urteil vom 19.05.2022 – I ZR 69/21 -, Anl. BK 1), dass § 2 Abs. 1 S. 1 PAngV (a. F.) mit seiner Forderung, den Grundpreis in unmittelbarer Nähe des Gesamtpreises anzugeben, in europarechtskonformer Weise nur das Erfordernis der klaren Erkennbarkeit des Grundpreises konkretisiere. In tatsächlicher Hinsicht hätte das Landgericht den Umstand, dass die Kerzen nach Gewicht anbot, als unstreitig behandeln müssen. Die gegenteilige Bewertung und die Auslegung der Unterlassungsvereinbarung durch das Landgericht seien überraschend. Auf einen – gebotenen – Hinweis hin hätte er – der Kläger – Screenshots der der Unterlassungsvereinbarung zugrunde liegenden Angebote vorgelegt, was er jetzt nachhole und aus denen zu ersehen sei, dass an derselben Stelle wie bei den späteren Angeboten die Angabe „Gewicht: 1,6 kg“ zu finden sei. Die Bewerbung von Duftkerzen nach Gewicht entspreche auch der Verkehrsauffassung, wie anhand mehrerer Online-Angebote anderer Händler belegt werde. Für Kerzen seien auch dann, wenn sie in einer Verpackung verkauft würden, Grundpreise anzugeben. Dies folge nicht nur aus dem Gesetz, sondern auch aus dem zwischen den Parteien geschlossenen Vertrag, in dem sich die Beklagte zur Unterlassung eines Angebots, wie sie es nun unverändert erneut beworben habe, verpflichtet habe.

Der Kläger beantragt, unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 3.000,00 € nebst Zinsen hierauf in Höhe von 5 Prozentpunkte über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen, und verteidigt das Urteil in seinem klagabweisenden Teil.

Die Beklagte rügt, dass das Landgericht aber die fehlende Linksetzung bei E-Bay zu Unrecht als unstreitig behandle. Sie habe unter Beweisantritt vorgetragen, dass ihre Mitarbeiterin den Link gesetzt und seine Funktion überprüft habe. Da die Verlinkung unmittelbar über E-Bay erfolge, habe sie keinen Einfluss darauf, ob E-Bay Probleme habe oder nicht.

Sie beantragt, das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage vollumfänglich abzuweisen.

Der Kläger beantragt, die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Er verteidigt das Urteil, soweit es zu seinen Gunsten ergangen ist.

Der Senat hat aufgrund Beschlusses vom 26.01.2023 Beweis über die Behauptung der Beklagten zur Einrichtung einer funktionsfähigen Verlinkung von ihrer Angebotsseite auf Ebay zur OS-Plattform durch Vernehmung der Zeugin K1 erhoben. Auf die Sitzungsniederschrift vom 23.02.2023 wird verwiesen.

II.

Die Berufung der Beklagten hat Erfolg, während die des Klägers zurückzuweisen ist. Dem Kläger steht wegen der am 23.09.2021 veröffentlichten Werbung der Beklagten kein Anspruch auf Vertragsstrafe gegen sie zu.

1. Der Anspruch scheitert nicht an fehlender Aktivlegitimation. Der streitgegenständliche Anspruch stünde dem Kläger aufgrund der Unterlassungsvereinbarung vom 30.08 / 03.09.2021 zu. Auf seine nach derzeitiger Rechtslage fehlende gesetzliche Klagebefugnis für ein Unterlassungsbegehren nach § 8 Abs. 1 UWG kommt es deshalb nicht an.

2. Das Vertragsstrafeverlangen ist nicht rechtsmissbräuchlich. Hat der Unterlassungsgläubiger seine gesetzliche Klagebefugnis verloren, so kann es rechtsmissbräuchlich sein, wenn er gleichwohl aus einem fortbestehenden vertraglichen Unterlassungsanspruch vorgeht. Ein solcher Fall liegt jedoch jedenfalls dann nicht vor, wenn der Gläubiger – wie hier – zum Zeitpunkt der beanstandeten Handlung auch von Gesetzes wegen noch dagegen hätte vorgehen können.

3. Die Beklagte hat jedoch nicht schuldhaft gegen ihre vertraglichen Verpflichtungen verstoßen.

a) Im Hinblick auf die Verpflichtung zur Grundpreisangabe fehlt es schon objektiv an einem Verstoß.

aa) Nach der Unterlassungsvereinbarung ist die Beklagte verpflichtet, bei Angeboten „betreffend Dekorationsartikel (Kerzen)“, bei denen es sich nach Gewicht oder in offener Verpackung angebotene Waren handelt, Grund- und Gesamtpreis jeweils „unmissverständlich, klar erkennbar (in unmittelbarer Nähe) und gut lesbar“ anzugeben. Gegen diese Verpflichtung soll die Beklagte mit den in Screenshots als Anlage K 2 – 2 b vorgelegten Angeboten verstoßen haben. Konkret verweist der Kläger in der Berufungsbegründung auf das Angebot eines 4-er Set Stearin-Stumpenkerzen, das bereits Gegenstand der Abmahnung und nun Anlass für das Vertragsstrafeverlangen gewesen sei.

bb) Dem Vertragsstrafeverlangen lässt sich nicht schon entgegenhalten, dass nach der Unterlassungsvereinbarung keine Angabe des Grundpreises „in unmittelbarer Nähe“ zu der angebotenen Ware verlangt werden könne, auch wenn ihr Wortlaut dies vorsehe. Auch § 2 PAngV (a. F.) enthielt ein solches Erfordernis, doch hat die bislang h. M. die Gesetzesfassung als europarechtswidrig angesehen und dieses Tatbestandsmerkmal deshalb nicht für anwendbar gehalten. Dies hat das Landgericht entsprechend auch für die Unterlassungsvereinbarung angenommen. Der Bundesgerichtshof hat nun jedoch entschieden, dass das Erfordernis, den Grundpreis in unmittelbarer Nähe des Gesamtpreises anzugeben, von dem Ziel der Preisangabenrichtlinie gedeckt ist. Es konkretisiere nur in zulässiger Weise das in der Richtlinie vorgesehene Merkmal der klaren Erkennbarkeit des Grundpreises (BGH GRUR 2022, 1163, 1167 Rnrn. 43, 47 – Grundpreisangabe im Internet). § 2 PAngV in der bei Abschluss der Unterlassungsvereinbarung geltenden Fassung ist demnach uneingeschränkt anwendbar. Damit entfällt die Rechtfertigung für eine einschränkende Auslegung der Unterlassungsvereinbarung. Die Beklagte ist mithin verpflichtet, bei nach Gewicht angebotener Ware den Grundpreis in unmittelbarer Nähe des Gesamtpreises anzugeben. Dass § 4 Abs. 1 PAngV n. F., der an die Stelle des § 2 PAngV a. F. getreten ist, das Erfordernis der unmittelbaren Nähe der Grundpreisangabe zur Ware nicht mehr enthält, ist unerheblich, weil der Kläger nicht den gesetzlichen Unterlassungsanspruch geltend macht, sondern Vertragsstrafe wegen Verstoßes gegen die vertragliche Vereinbarung verlangt. Die Auslegung der Unterlassungsvereinbarung ist nur an der bei Vertragsschluss geltenden Rechtslage zu messen.

cc) Die Beklagte hat jedoch nicht gegen die vertragliche Verpflichtung zur Grundpreisangabe verstoßen.

aaa) Die Website der Beklagten enthielt kein vereinbarungswidriges Angebot einer Ware nach Gewicht

(1) Nach § 2 PAngV a. F. ist der Grundpreis anzugeben, wenn eine Ware nach Gewicht, Volumen, Länge oder Fläche angeboten wird. Dies betrifft allerdings nicht solche Angebote, bei denen diese Angaben nur der Erläuterung des Produkts und der Unterrichtung der Verbraucher dienen (BT-Drucks. 180/00 S. 23 f; Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig/Weidert § 2 PAngV Rn. 7). Eben dies ist bei dem Angebot eines 4-er Sets Stearin-Stumpenkerzen, in dem der Kläger das vertragsstrafenauslösende Angebot sieht, jedoch der Fall. Die Angabe des Gewichts wird dort nur als eines von weiteren Merkmalen aufgelistet, mit denen die Ware beschrieben wird. Sie ist hingegen nicht die für den Verkauf maßgebliche Einheit. Verkauft werden die Kerzen vielmehr nach Stückzahl verkauft. Schon aus der Angebotsbezeichnung „4-er Set“ wird dies deutlich. Ein Angebot nach Gewicht i. S. d. § 2 PAngV a. F. liegt offenkundig nicht vor.

(2) Damit liegt auch kein gegen die Unterlassungsvereinbarung verstoßendes Angebot vor, denn die Voraussetzungen, unter denen ein Angebot nach Gewicht i. S. d. § 2 PAngV a. F. vorliegt, sind auch für die Unterlassungsvereinbarung maßgeblich.

Für die Auslegung einer Unterlassungsvereinbarung gelten die allgemeinen Grundsätze des Vertragsrechts. Der gewollte Inhalt der Vereinbarung ist demnach nach den §§ 133, 157 BGB unter Berücksichtigung des Inhalts der Erklärungen und der beiderseits bekannten Umstände, insb. der Art und Weise des Zustandekommens der Vereinbarung, ihres Zwecks und der beiderseitigen Interessen zu ermitteln. Vor allem dem Inhalt des Abmahnschreibens kann dabei Bedeutung zukommen (Teplitzky/Pfeifer/Leistner/ Feddersen § 12 Rn. 161).

Die Auslegung muss hier dazu führen, dass für die Unterlassungsvereinbarung der Begriff des Angebots nach Gewicht gilt, der auch für § 2 PAngV a. F. maßgeblich ist. Ziel der der Unterlassungsvereinbarung vorangehenden Abmahnung war ersichtlich, die Beklagte zur Einhaltung der Vorgaben des § 2 PAngV a. F. zu veranlassen. Auf S. 5 des Abmahnschreibens (Anl. K 3) verweist der Kläger auf den Verstoß gegen § 2 Abs. 1 S. 2 PAngV a. F. dadurch, dass in der von ihm eingesehenen Werbung der Grundpreis nicht angegeben sei. Er hat der Abmahnung eine vorbereitete Unterlassungserklärung beigelegt, die sich genau auf die gerügte Wettbewerbsverletzung bezieht, und in die Erklärung Einschränkungen aufgenommenen, mit denen er zwei in § 9 Abs. 4 und 5 PAngV a. F. geregelten Ausnahmen Rechnung trägt (keine Anwendung bei Mengen unter 10 ml oder mg und bei bestimmten Kosmetika). Der Kläger hat damit deutlich gemacht, dass er die Beklagte zur Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben anhalten, aber auch nicht darüber hinaus gehen wollte. Einem abmahnenden Wettbewerber muss ohnehin bewusst sein, dass der Abgemahnte in aller Regel keine Veranlassung hat, sich über den gesetzlichen Unterlassungsanspruch hinaus zu unterwerfen (Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig/Brünning § 13 UWG Rn. 143; Teplitzky/Pfeifer/Leistner/ Feddersen § 12 Rn. 162).

Aus diesem Grunde ist entgegen der Auffassung des Klägers auch mit Blick auf den Inhalt der Abmahnung keine weiter reichende Auslegung der Unterlassungsvereinbarung geboten.

Der Kläger macht geltend, es verstünde sich von selbst, dass das konkrete Angebot, das die Parteien als Beispiel des zu unterlassenen Verhaltens ihrer Vereinbarung zugrunde gelegt hätten, auch gegen die Vereinbarung verstoße, wenn es unverändert beibehalten werde. Darauf, ob der Verstoß auch wettbewerbsrechtlich relevant sei, komme es nicht an. Er verweist zum Beleg seiner Auffassung auf eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs, in der es heißt, dass der auf die Verletzung einer Unterlassungsvereinbarung gestützte Vertragsstrafenanspruch nicht davon abhänge, ob die ihr vorangegangene Abmahnung berechtigt gewesen sei oder nicht (BGH, Hinweisbeschluss vom 10.09.2020 – I ZR 237/19 Rn. 9, Anl. BK 5). Vielmehr komme dem Inhalt des Abmahnschreibens bei der Auslegung der Unterlassungsvereinbarung maßgebliche Bedeutung zu (ebd. Rn. 12).

Der Auslegung der Unterlassungsvereinbarung lag im dortigen Fall jedoch zugrunde, dass aus der Abmahnung unzweifelhaft erkennbar war, worin die wettbewerbswidrige Handlung lag (das Fehlen eines klickbaren Links zur OS-Plattform) und der Abgemahnte gezeigt hatte, dass er dies auch verstanden hatte, denn er hatte – wenn auch erfolglos – versucht, Abhilfe zu schaffen. Dies ist hier jedoch nicht in gleichem Maße der Fall. Aus der Abmahnung des Klägers wird zwar unmissverständlich deutlich, dass er eine ordnungsgemäße Grundpreisangabe erwartete. Nicht ebenso deutlich wird aber, in welchem Angebot auf der Website der Beklagten er den Verstoß sah. Diese enthielt neben dem Angebot des 4-er Sets Stearin-Kerzen zahlreiche weitere Angebote, die der Kläger für wettbewerbswidrig hätte halten können. Umgekehrt ließ auch die Beklagte nicht erkennen, dass sie die Abmahnung gezielt auf das Angebot des 4-er Sets Stearin-Kerzen bezog, denn anders als der Abgemahnte im entschiedenen Fall unternahm sie nichts, um gerade die in diesem Angebot enthaltene angebliche Wettbewerbswidrigkeit zu beseitigen.

Letztendlich ist für die Auslegung der Unterlassungsvereinbarung maßgeblich, dass die Abmahnung darauf abzielte, die Beklagte künftig zur Beachtung der Vorgaben des § 2 PAngV a. F. anzuhalten. Eine darüberhinausgehende Reichweite war weder gewollt noch erkennbar. Dies wäre jedoch das Ergebnis, wenn – wie der Kläger vertritt – nach der Unterlassungsvereinbarung ein Angebot wie dasjenige des 4-er Sets Stearin-Kerzen verboten werden sollte. Die Beklagte hätte künftig jedes Angebot, bei dem die Ware u. a. mit ihrem Gewicht beschrieben wird, mit einer Grundpreisangabe zu versehen. Dies ginge klar über die Verpflichtung aus § 2 PAngV a. F. hinaus und ergäbe offenkundig auch keinen Sinn.

bbb) Die Website der Beklagten enthielt auch kein Angebot, bei dem die Ware nach Gewicht hätte angeboten werden müssen.

Ist für eine Ware von Gesetzes wegen eine Gewichtsangabe vorgeschrieben, so muss der Grundpreis angegeben werden, auch dann, wenn sie nicht nach Gewicht angeboten wird. Geschieht dies nicht, liegt darin ein Verstoß gegen § 2 PAngV a. F. (BGH BeckRS 2019, 5642 Rn. 17 – Kaffeekapseln; Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig/Weidert, § 2 PAngV Rn. 7). Es kommt jedenfalls in Betracht, dann auch einen Verstoß gegen die Unterlassungsvereinbarung anzunehmen.

Der Senat kann offenlassen, ob die Unterlassungsvereinbarung entsprechend auszulegen ist. Jedenfalls nämlich besteht weder eine gesetzliche Pflicht zur Gewichtsangabe beim Verkauf von Kerzen – die der Kläger auch nicht behauptet – noch gibt es eine dahingehende Verkehrsanschauung. Dies kann der Senat auch ohne Einholung des angebotenen Gutachtens beurteilen, weil er selbst zu dem angesprochenen Verbraucherkreis gehört. Die Gewichtsangabe könnte höchstens Aufschluss über die Brenndauer geben, ist also nicht maßgeblich, wenn diese – wie hier (“50h“) – eigens angegeben wird. Die von dem Kläger vorgelegten Entscheidungen, die er zum Beleg seiner Auffassung heranzieht, dass der Verbraucher zum besseren Preisvergleich bei Kerzen die Angabe der Mengeneinheit erwarte, sind unbehelflich. Die einstweilige Verfügung des Landgerichts Münster enthält keine Begründung (Anl. BK 4, Bl. 128 – 138 d. A.). Das Urteil des Landgerichts Bochum ist nicht einschlägig, weil es nicht den Fall einer fehlenden, sondern einer gezielt falschen Grundpreisangabe betraf (Anl. BK 3, Bl. 126 f d. A.). Das eigene Verhalten des Klägers spricht gegen eine solche Verkehrsauffassung. Er hatte sich ausweislich seiner Abmahnung bis ins Detail mit der Werbung der Beklagten beschäftigt. Dabei kann ihm nicht entgangen sein, dass diese fast durchweg aus Angeboten für Kerzen ohne Gewichtsangabe besteht. Nichts hätte näher gelegen, als auch den angeblichen Verstoß gegen die Verpflichtung zur Gewichtsangabe zu rügen, wenn er der Auffassung gewesen wäre, dass eine solche Verpflichtung bestünde.

b) Gegen ihre Verpflichtung zur Einrichtung eines klickbaren OS-Links hat die Beklagte zwar verstoßen. Der Verstoß war jedoch nicht schuldhaft.

a) In der Unterlassungsvereinbarung hat sich die Beklagte verpflichtet, einen klickbaren Link zu der OS-Plattform zu setzen. Diese Vertragsregelung ist nicht auslegungsbedürftig. Sie entspricht der auf Art. 14 Abs. 1 VO (EU) Nr. 524/2013 gegründeten Verpflichtung aller in der EU niedergelassenen Online-Händler, ihre Website mit der der außergerichtlichen Streitbeilegung dienenden OS-Plattform zu verlinken. Der Link muss anklickbar sein (OLG Hamburg wrp 2018, 958, 861 Rn. 18; OLG Hamm wrp 2017, 12450 Ls. 1 und Rn. 9). Dies war der von der Beklagten im abgemahnten Angebot genannte Link nicht. Er war es auch nicht zu dem Zeitpunkt, als der Kläger die Website erneut überprüfte.

b) Die Unterlassungsvereinbarung (Anl. K 3) sieht ausdrücklich nur eine Vertragsstrafe für den Fall schuldhafter Zuwiderhandlung vor. Das Verschulden des Unterlassungsschuldners wird widerleglich vermutet (§ 280 Abs. 1 S. 2 BGB). Der Beklagten ist der Entlastungsbeweis gelungen.

aa) Für das Verschulden gelten die gleichen Anforderungen wie im Rahmen des § 890 ZPO (Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig/Brüning, § 13a UWG Rn. 33). Demnach gilt ein strenger Sorgfaltsmaßstab. Der Schuldner muss alles ihm Zumutbare tun, um einen künftigen Verstoß gegen das Verbot zu vermeiden. Er hat die notwendigen Vorkehrungen zu treffen, um sicherzustellen, dass wettbewerbswidrige Werbemittel vernichtet werden und Anzeigen mit der verbotenen Werbeangabe nicht mehr erscheinen. Geschieht das nicht in ausreichendem Maße, liegt ein Organisationsverschulden vor (Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig/Brüning, vor § 12 UWG Rn. 305).

bb) Die Beklagte hat schon vorgerichtlich (Anl. K 4a) und sodann in der Klagerwiderung unter Beweisantritt eingewandt, dass sie eine zuverlässige Mitarbeiterin angewiesen habe, den Link zu der OS-Plattform zu setzen. Dies habe diese auch getan. Die Beklagte wiederholt Vortrag und Beweisantritt in der Berufung.

Die im ersten Rechtszug unterlassene Beweisaufnahme war nachzuholen. Die Einrichtung eines klickbaren Links durch die Beklagte ist als streitig anzusehen, auch wenn es im unstreitigen Tatbestand des angefochtenen Urteils heißt, dass die Beklagte einen klickbaren Link nicht eingerichtet habe. Die Feststellung entfaltet wegen Widerspruchs zum weiteren Inhalt des Urteils keine Tatbestandswirkung nach § 314 ZPO. Ein Tatbestand ist widersprüchlich, wenn eine darin enthaltene Feststellung im Widerspruch zu konkret in Bezug genommenem schriftsätzlichen Vorbringen steht. Eine allgemeine Bezugnahme auf die gewechselten Schriftsätze stellt die Tatbestandswirkung hingegen nicht in Frage (BGH GRUR 2021, 1544, 1546, Rnrn. 27f – Kaffeebereiter). Dem Wortlaut nach enthält der Tatbestand hier zwar nur einen solchen allgemeinen Verweis (UA S. 3 a. E.). Dieser kann tatsächlich jedoch nur konkret auf den Schriftsatz vom 12.01.2022 bezogen sein. Die Beklagte hat sich ansonsten nur mit Verteidigungsanzeige und der Bitte um Fristverlängerung zur Klagerwiderung zur Akte gemeldet. Nur die Klagerwiderung enthält Ausführungen zur Sache und kann sinnvollerweise der Ergänzung des im Urteilstatbestand wiedergegebenen Parteivortrags dienen.

cc) Aus der Aussage der Zeugin K1 hat der Senat die Überzeugung gewonnen, dass die Beklagte alles Erforderliche unternommen hat, um ihrer Verpflichtung aus der Unterlassungsvereinbarung nachzukommen.

aaa) Die Beklagte ist zunächst nach der Abmahnung im erforderlichen Umfang tätig geworden. Wie die Zeugin bekundet hat, hat sie für die Beklagte am 19.08.2021 einen klickbaren Link auf der über E-Bay aufrufbaren Website der Beklagten eingerichtet und auf seine Funktionsfähigkeit überprüft. Sie habe, so hat sie ausgesagt, diese Prüfung danach noch einmal von einem Mobilgerät aus über ihr privates E-Bay-Konto vorgenommen.

Der Senat glaubt der Zeugin. Die Zeugin hat nachvollziehbar erklärt, weshalb sie nach über 1 1/2 Jahren noch mit Sicherheit bekunden konnte, dass und wann genau sie entsprechend tätig geworden ist. Sie hat erläutert, dass sie dergleichen gewohnheitsmäßig notiere. Nachvollziehbar war auch ihre Erklärung, dass die Beklagte zur Vermeidung von Vertragsstrafenzahlungen die Unterlassungserklärung erst abgegeben habe, nachdem die Beanstandungen abgearbeitet worden seien.

Die Beklagte hat es nicht bei der Einrichtung des Links bewenden lassen, sondern seine Funktionstüchtigkeit auch später noch einmal von der Zeugin überprüfen lassen. Auch dies hat die Zeugin bekundet. Ihrer Aussage zufolge werden die Angaben auf der Website etwa alle zwei bis sechs Wochen überprüft. Sie könne definitiv sagen, dass sie auch die Funktionsfähigkeit des Links in der Zeit zwischen 19.08.2021 und dem 23.09.2021 noch einmal überprüft habe. Wann dies gewesen sei, wisse sie nicht mehr. Sie sei sicher, dass sie dies auch hier jedenfalls vor Antritt ihres Urlaubs am 22.09.2021 getan habe.

Der Senat glaubt der Zeugin auch insoweit. Es spricht für ihre Glaubwürdigkeit, dass sie eingeräumt hat, das Datum der Überprüfung nicht mehr zu erinnern. Zugleich ist ihre Begründung dafür, weshalb sie gleichwohl mit Sicherheit eine Überprüfung bestätigen könne, nachvollziehbar und glaubhaft. Sie konnte hierfür nicht nur allgemein auf die routinemäßigen Kontrollabstände verwiesen. Sie konnte vielmehr eine Kontrolle vor dem 23.09.2021 auch damit plausibel machen, dass sie vor ihrem Urlaub noch habe sicherstellen wollen, dass währenddessen alles reibungslos funktioniere und sie nicht zwischendurch tätig werden müsse oder die Shops offline geschaltet werden müssten. Dass die Zeugin berechtigt diese Sorge haben konnte, zeigt der weitere Verlauf. Nach der neuerlichen Beanstandung erhielt sie tatsächlich im Urlaub einen Anruf des Geschäftsführers der Beklagten. Auch wurde die Website offline genommen.

bbb) Mehr als das Einrichten eines klickbaren Links, dessen anschließende Überprüfung und eine weitere Überprüfung im Rahmen routinemäßiger Kontrollen konnte von der Beklagten nicht verlangt werden. Auch die Kontrolldichte war ausreichend. Da die Zeugin nur von einer einmaligen Kontrolle im Zeitraum zwischen dem 19.08. und dem 23.09.2021 berichtet hat, ist allerdings nur ein einmonatiger Kontrollrhythmus erwiesen. Dies war hinsichtlich der betreffenden Angabe aber auch ausreichend.

Der Senat legt dieser Bewertung im Ausgangspunkt zugrunde, dass die Beklagte ernsthaft dafür Sorge tragen musste, einen klickbaren Link einzurichten und dessen Funktionstüchtigkeit zu überwachen. Dies folgt schlicht daraus, dass sie sich vertraglich dazu verpflichtet hatte, auf ihrer Website einen klickbaren Link zur Verfügung zu stellen. In welchem Umfang die Beklagte Maßnahmen zur Umsetzung und Kontrolle der Verpflichtung tätig zu treffen hatte, muss sich maßgeblich danach bemessen, welche Bedeutung die Verpflichtung für den lauteren Geschäftsverkehr, dessen Durchsetzung die Unterlassungsvereinbarung dient, und für den Schutz der Verbraucher hat, ferner welche Gefahr von einer pflichtwidrigen Unterlassung ausginge und nicht zuletzt, wie hoch die Gefahr eines nachträglichen Funktionsverlusts des Links einzuschätzen war.

Im Hinblick auf die Bedeutung der Linksetzung ist einerseits zu berücksichtigen, dass das Fehlen des klickbaren Links im Rahmen einer wettbewerblichen Unterlassungsklage als spürbarer Wettbewerbsverstoß i. S. d. § 3a UWG hätte gelten müssen, weil die Verpflichtung unionsrechtlich geregelt ist. Andererseits teilt die Beklagte anlässlich der Information zur Online-Streitbeilegung ausdrücklich mit, dass sie zur Teilnahme an einem Streitbeilegungsverfahren nicht verpflichtet und nicht bereit sei (Anl. K 2 Bl. 3). Diese Mitteilung ist zulässig und wurde von dem Kläger dementsprechend auch nicht angegriffen. Die Bereitstellung des Link ist zwar verpflichtend (Art. 14 Abs. 1 VO (EU) Nr. 524/2013), die Teilnahme an der Online-Streitbeilegung aber nicht (vgl. Erwägungsgrund 26 ebd.). Angesichts der unmissverständlichen Positionierung der Beklagten erscheint es schon fraglich, dass Verbraucher in nennenswerter Zahl den Link überhaupt anklicken. Es käme jedenfalls auch dann aller Voraussicht nach nicht zu dem gewünschten Ziel der außergerichtlichen Streitbelegung. Insofern sind im vorliegenden Fall die Bedeutung des funktionstüchtigen Links nicht zu hoch. Entsprechend gering ist der Nachteil zu gewichten, der dem Verbraucher durch die Funktionsuntüchtigkeit des Links entsteht.

Entscheidend fällt vor Allem aber ins Gewicht, dass die Beklagte nicht mit Änderungen an den von ihr gemachten Angaben rechnen musste. Auch der Kläger trägt keine Anhaltspunkte dafür vor, weshalb sie mit einem nachträglichen Wegfall der Funktionalität hätte rechnen müssen. Die Zeugin K1 hat anschaulich beschrieben, dass sie die bei Einrichtung eines Online-Shops auf E-Bay notwendigen Händlerangaben gemacht habe, nachdem sie sich auf der Plattform für die Beklagte angemeldet habe. Es ist nicht erkennbar, wer außer der Beklagten Zugriff auf diese Angaben nehmen und sie verändern könnte. Dies unterscheidet den Fall grundlegend von demjenigen, den das Landgericht Berlin in dem von dem Kläger in Bezug genommenen Urteil zu entscheiden hatte (Schriftsatz vom 12.01.2022 S. 2 f mit Anl. K 11). Das Landgericht Berlin vertrat die Auffassung, dass bei E-Bay gemachte Angaben mehrmals täglich überprüft werden müssten. Streitgegenständlich dort war aber die Überprüfung der eingestellten Angebote im Hinblick auf inhaltliche Änderungen an Angaben, die von Dritten vorgenommen werden konnten. Konkret ging es um die Gestaltung von Grundpreisangaben. Insoweit hatte die dortige Beklagte eine Überprüfungspflicht nicht einmal bestritten und sich auf tägliche Kontrollen berufen. Hier aber steht nicht die inhaltliche Gestaltung der Angebote in Rede, sondern die Funktionstüchtigkeit eines nach Anmeldung namens der Beklagten gesetzten Links. Auch bei einer solchen Angabe besteht zwar eine Kontrollpflicht. Es kann nie ausgeschlossen werden, dass der Link durch nicht vorhersehbare nicht vorhersehbare äußere Einflüsse seine Funktionstüchtigkeit verliert. Da aber keine konkrete Gefährdungssituation bestand und zudem die Bedeutung der Angabe aus den dargestellten Gründen eher gering zu veranschlagen ist, erscheint eine routinemäßige monatliche Kontrolle als noch ausreichend.

4. Die Berufung des Klägers war somit zurückzuweisen und auf die Berufung der Beklagten die Klage mit der Kostenfolge aus § 91 Abs. 1 ZPO zu Lasten des Klägers abzuweisen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

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