Dr. Ole Damm | Rechtsanwalt & Fachanwalt
IT-Recht, IP-Recht und Datenschutzrecht
Aktuelle Beiträge und Urteile
- AG Leipzig: Zur Strafbarkeit der Mitarbeit am illegalen Link-Hoster (Streaming-Portal) kino.toveröffentlicht am 27. März 2012
AG Leipzig, Urteil vom 21.12.2011, Az. 200 Ls 390 Js 184/11
§ 106 UrhG, § 108a UrhG, § 25 Abs. 1 StGB, § 25 Abs. 2 StGB, § 52 Abs. 1 StGBDas AG Leipzig hat einen Mitwirkenden an der illegalen Link-Hosting-Website kino.to wegem „gemeinschaftlicher, gewerbsmäßiger, unerlaubter Verwertung von urheberrechtlich Geschützten Werken“ verurteilt. Über kino.to wurden über 1,1 Mio. Links zu urheberrechtlich geschützten Werken, vor allem (aktuellen) Kinofilmen, Fernsehserien und Dokumentarfilmen, öffentlich zur Verfügung gestellt. Der Angeklagte war nach seiner Aufgabenstellung dafür zuständig, jederzeit Tag und Nacht die Betriebsbereitschaft von kino.to aufrechtzuerhalten. Er war jedoch nicht an den einzelnen Tathandlungen der Freischalter direkt beteiligt und hatte insoweit auch keine Führungsaufgabe. Seine Tatbeherrschung beruhte vorrangig auf Organisationsbeiträgen, die für die generelle Aufrechterhaltung des Betriebs von kino.to notwendig waren. Zum Auszug vom Sachverhalt und zur rechtlichen Würdigung:
(mehr …) - Filesharing: Kommt jetzt die Strafverfolgung von kino.to-Nutzern? / Entwarnungveröffentlicht am 13. Februar 2012
Laut übereinstimmenden Presseberichten müssen tausende ehemalige Nutzer der stillgelegten Plattform Kino.to mit Strafverfahren rechnen (vgl. zB Focus). Dabei solle es sich allerdings vorerst nur um diejenigen Kunden handeln, die sog. Premium-Accounts auf Kino.to unterhielten. Diese Premium-Kunden hatten (per PayPal) dafür gezahlt, Zugang zu den Filmen auf der Plattform zu erhalten, ohne dass in diesen die ansonsten üblichen Werbebanner eingeblendet wurden. Was wir davon halten? Es sollte nichts so heiß gegessen werden, wie es gekocht wird. Das Urteil des AG Leipzig, welches das bloße Betrachten von Streaming-Angeboten als strafbar ansieht, steht bis jetzt noch allein auf weiter Flur. Es ist nach wie vor heftig umstritten, ob beim Anschauen eines Streams überhaupt eine Urheberrechtsverletzung vorliegt, da keine Vervielfältigungshandlung stattfindet. Außerdem dürfte es sich bei den Nutzern der Plattform eher um „kleine Fische“ handeln, deren Strafbarkeit, sofern diese dann bejaht würde, im Bagatellbereich einzustufen wäre. Mit Verhaftungen ist daher nicht zu rechnen. Wer gleichwohl Post von der zuständigen Staatsanwaltschaft erhält, sollte sich zu der Angelegenheit vorerst überhaupt nicht äußern und sofort unsere anwaltliche Hilfe (hier: Kontakt) in Anspruch nehmen.
- LG Düsseldorf: DDoS-Angriffe auf fremde Server sind strafbarveröffentlicht am 14. Juni 2011
LG Düsseldorf, Urteil vom 22.03.2011, Az. 3 KLs 1/11
§§ 253 Abs. 1, Abs. 3, Abs. 4; 303b Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2; 22; 23 Abs. 1; 53 StGBDas LG Düsseldorf hat entschieden, dass eine sog. DDoS (Distributed Denial of Service)-Attacke (Erläuterung hier) auf fremde Server strafbar ist und zwar unter dem Gesichtspunkt der Computersabotage. Wird dieser Angriff dazu genutzt, das Opfer zur Zahlung eines „Schutzgeldes“ zu nötigen, kann auch – wie in diesem Fall – eine (gewerbsmäßige) Erpressung vorliegen, wenn das Schutzgeld nicht bezahlt wird, auch ein versuchter Fall von Erpressung. Zum Volltext der Entscheidung:
(mehr …) - GVU hält das Betrachten illegaler Video-Streams wie bei kino.to für strafbarveröffentlicht am 13. Juni 2011
Die Gesellschaft zur Verfolgung von Urheberrechtsverletzungen e.V. (GVU) hält das Betrachten von Streams, wie bei kino.to, wenig überraschend für strafbar, räumt allerdings auch ein: „Zu der [Rechtslage] vertreten Juristen derzeit unterschiedliche Auffassungen, eine höchstricherliche Klärung zur Strafbarkeit des Anschauens/Konsumierens von illegalen Film-Streams liegt noch nicht vor. Das gegenwärtige kino.to-Verfahren bietet aber auch dafür Gelegenheit.„. Im Blog der GVU finden auch andere (Rechts-) Vertreter der Medienbranche Gehör.
- AG Nürtingen: Die Entfernung des SIM-Locks eines Mobiltelefons ist strafbarveröffentlicht am 9. Mai 2011
AG Nürtingen, Urteil vom 20.09.2010, Az. 13 Ls 171 Js 13423/08
§§ 267 Abs. 3 S. 1 und S. 2 Nr. 1, Nr. 3, 269, 303 a, 303 c StGBDas AG Nürtingen hat entschieden, dass derjenige, der die SIM-Lock-Sperre eines Handys ohne Einwilligung des Netzbetreibers, der das Handy vergünstigt zur Verfügung gestellt hat, entfernt, sich strafbar macht. Im vorliegenden Fall war der Angeklagte schuldig, 614 Vergehen der Datenveränderung jeweils tateinheitlich mit gewerbsmäßiger Fälschung beweiserheblicher Daten begangen zu haben und wurde zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 11 Monaten (zur Bewährung ausgesetzt) verurteilt. Vgl. auch die Entscheidungen des BGH und des AG Göttingen. Zum Volltext der Entscheidung:
- AG Göttingen: Die Entfernung des SIM-Locks eines Handys ist strafbarveröffentlicht am 8. Mai 2011
AG Göttingen, Urteil April 2011, Az. unbekannt
§§ 269; 303a StGBDas AG Göttingen hat entschieden, dass die Entfernung des SIM-Locks eines Handys, welches bewirkt, dass mit dem (häufig vergünstigt abgegebenen) Handy keine Mobilfunk-Karten anderer Netzbetreiber benutzt werden können, strafbar ist. Das Gericht sah eine Fälschung beweiserheblicher Daten und eine Datenveränderung. Der Täter wurde wegen der gewerbsmäßigen Entfernung von SIM-Locks in Handys zu einer Haftstrafe von sieben Monaten auf Bewährung verurteilt. Vgl. auch BGH und AG Nürthingen.
- AG Hannover: Über 3.000,00 EUR Geldstrafe für sog. First-Seeder für illegale Onlinestellung von 31 Film-, Games- Musik- und Softwartiteln / Filesharingveröffentlicht am 27. April 2011
AG Hannover, Urteil vom 28.03.2011
§ 106 Abs. 1 UrhGDas AG Hannover hat laut einer Pressemitteilung der Gesellschaft zur Verfolgung von Urheberrechtsverletzungen e. V. (GVU) einen sog. First-Seeder (eine Person, die einen urheberrechtlich geschütztes Werk erstmalig in einer Onlinetauschbörse öffentlich zugänglich macht) mit einer Geldstrafe von 3.150,00 EUR (entspricht 90 Tagessätzen zu je 35,00 EUR) verurteilt. Der Verurteilte hatte auf einem Server in einem Rechenzentrum 31 Film-, Games-, Musik- und Software-Titel über einen BitTorrent-Tracker illegal zugänglich gemacht.
- BGH: Datensätze und PIN einer EC-Karte an Geldautomaten abschöpfen, erfüllt nicht den Tatbestand des „Ausspähens von Daten“, bleibt aber auch nicht straflos / Skimmingveröffentlicht am 3. November 2010
BGH, Urteil vom 06.07.2010, Az. 4 StR 555/09
§ 202 a Abs. 1 StGBDer BGH hat entschieden, dass der Straftatbestand des „Ausspähens von Daten“ noch nicht erfüllt ist, wenn der Täter an einem Geldautomaten den Inhaber der Karte beim Eingeben der PIN-Nummer heimlich filmt und gleichzeitig über ein dem Geldautomaten vorgeschaltetes Auslesegerät die Daten der EC-Karte zu späteren Kopierzwecken ausliest (sog. Skimming). Straflos blieb das Verhalten des Täters aber nicht. Er wurde u.a. wegen Fälschung von Zahlungskarten mit Garantiefunktion und Computerbetrugs zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren und sechs Monaten verurteilt. Zum Volltext der Entscheidung:
- LG Wuppertal: Schwarzsurfen über fremdes WLAN ist nicht strafbar / Filesharingveröffentlicht am 24. Oktober 2010
LG Wuppertal, Beschluss vom 19.10.2010, Az. 25 Qs 10 Js 1977/08-177/10
§§ 202b StGB; §§ 44, 43 Abs. 2 Nr. 3 BDSG; §§ 148 Abs. 1, 89 S. 1 TKG
Das LG Wuppertal hat die erstinstanzliche Entscheidung des AG Wuppertal bestätigt, wonach die rechtswidrige Benutzung des Internetanschlusses eines anderen über dessen unverschlüsseltes WLAN nicht strafbar ist. Das AG Zeven sieht dies noch anders. (mehr …) - OLG Hamburg: Ein Klick genügt für die Strafbarkeit – Kinderpornografie im Internetveröffentlicht am 17. Februar 2010
OLG Hamburg, Urteil vom 15.02.2010
§ 184 b StGBDas OLG Hamburg berichtet in einer Pressemitteilung vom Montag über ein richtungsweisendes Revisionsurteil. Der 2. Strafsenat hat entschieden, dass sich ein Internet-Nutzer bereits gemäß § 184 b Abs. 4 StGB strafbar macht, wenn er eine Datei mit kinderpornografischem Inhalt bewusst aufrufe und auf seinem Computerbildschirm betrachte. Zwar setze § 184 b eine Besitzverschaffung voraus; das Gericht war jedoch der Auffassung, dass dieser Begriff im Zusammenhang mit Kinderpornografie im Internet weit ausgelegt werden müsse. Um in den „Besitz“ einer Datei zu gelangen, sei es nicht erforderlich, diese manuell auf seinem Computer abspeichern zu wollen. Nach dem Willen des Gesetzgebers solle bereits der beim Aufrufen einer einschlägigen Internetseite liegende Konsum kinderpornografischer Darstellungen mit Strafe belegt werden, da bereits dieser Konsum für den Anbieter der Darstellungen den Anreiz schaffe, derartige Bilder oder Filme überhaupt zu produzieren. Außerdem habe der Internet-Nutzer bereits beim Aufrufen einer Datei eine dem Besitz ähnliche Herrschaftsmacht, da er nach seinem Belieben die Datei speichern, kopieren oder verbreiten könne.