Dr. Ole Damm | Rechtsanwalt & Fachanwalt
IT-Recht, IP-Recht und Datenschutzrecht
Aktuelle Beiträge und Urteile
- OLG München: Handel mit gebrauchter Software ist verboten, insbesondere wenn der Softwarehersteller einen Weitervertrieb ausgeschlossen hatveröffentlicht am 22. Oktober 2008
OLG München, Urteil vom 03.07.2008, Az. 6 U 2759/07
Art. 12, 14 Abs. 1 GG, § 34 Abs. 1, 69 c Nr. 1 UrhGDas OLG München ist der Rechtsansicht, dass gebrauchte Software (Nutzungsrechte an der Software unter Übergabe eines originalen Datenträgers) nicht gehandelt werden darf. Anders als z.B. bei Datenträgern, die Musik oder Bilder enthalten, ist eine urheberrechtsneutrale Nutzung eines Programmdatenträgers praktisch auszuschließen: Eine Musik- oder Film-CD kann jedenfalls im privaten Bereich jedermann anschauen, ohne Urheberrechte zu verletzen. Bei einem Programmdatenträger sei nicht zu erwarten, dass der Erwerber sich das dort aufgezeichnete Programm ansehe und er sich an den Künsten des Programmierers erfreuen wolle. Ein derartiger Datenträger werde ausschließlich zu dem Zweck erworben, das auf ihm enthaltene Programm zu nutzen. Hierfür bedürfe der Nutzer aber der Genehmigung des Nutzungsrechtsinhabers, das heißt der Klägerin. Bei einem Vertrieb von Einzelplatznutzungsrechten werde von einem neuen Kunden (hier: der Beklagten) eine weitere Vervielfältigung vorgenommen (nämlich auf die Festplatte seines Rechners), wozu ihn aber der Erstkäufer (hier: Kunde der Klägerin) nicht ermächtigen könne; denn die Abtretung des Nutzungsrechts sei in den allgernelnen Geschäftsbedingungen der Klägerin ausdrücklich ausgeschlossen, im Übrigen wäre zur Übertragung des Nutzungsrechts gem. § 34 Abs. 1 UrhG die ausdrückliche Genehmigung der Klägerin erforderlich. Die Revision wurde nicht zugelassen, da die Rechtslage „klar und eindeutig“ sei. Dem OLG München kann nicht vorgeworfen werden, die Entscheidung des OLG Hamburg, Urteil vom 07.02.2007, Az. 5 U 140/06 übersehen zu haben (a.A.: Dr. Julia Küng; ? klicken Sie bitte auf diesen Link, der JavaScript verwendet: ifrOSS); allerdings hat das LG Hamburg (Urteil vom 29.06.2006, Az. 315 O 343/06) der vom OLG München vertretenen Rechtsauffassung widersprochen. Im Urteil des OLG Hamburg wurde der Handel mit gebrauchter Software nicht etwa für rechtmäßig erachtet, sondern lediglich festgestellt, dass der Anbieter nicht irreführend geworben habe, da er – unter Zuhilfenahme mehrerer Rechtsgutachten u.a. von Prof. Dr. Thomas Hoeren (Klicken Sie bitte auf diese Links, die JavaScript verwenden: Gutachten vom 17.02.2006; Gutachten vom 06.02.2006; Urteilsbesprechung/Gutachten vom 12.04.2007 zu LG München I, Urteil vom 19.10.2006, Az. Aktenzeichen 7 O 7061/06) – auf abweichende Rechtsmeinungen zu diesem Thema hingewiesen habe.
- GASTBEITRAG: Soviel kostet unbezahlte Ware den Onlinehändler wirklichveröffentlicht am 22. Oktober 2008
In diesem Gastbeitrag von Ralph P. Görlach, dem Geschäftsführer der Firma Budoten Limited Kampfsport-Versand, Elsterwerde (? Bitte klicken Sie auf diesen Link, der JavaScript verwendet: Mehrkosten) zeigt ein Onlinehändler auf, welche Kosten ihm durch die Nichtabnahme und ausbleibende Bezahlung verkaufter Ware entstehen. Görlach rechnet vor, dass ein unbezahltes Produkt mit einem Verkaufspreis von 190,00 Euro fünfzehnmal zusätzlich verkauft werden muss, um die dadurch entstandenen Mehrkosten abzudecken.
- BDSG: Zukünftig gelten strengere datenschutzrechtliche Anforderungen an die Bonitätsprüfung von Kundenveröffentlicht am 22. Oktober 2008
Nach dem Entwurf der Bundesregierung zur Änderung des Bundesdatenschutzgesetzes (? Klicken Sie bitte auf diesen Link, der JavaScript verwendet: Entwurf) ist eine Überarbeitung des geltenden Datenschutzrechtes geplant. Zu der Notwendigkeit, die gesetzliche Grundlage zu verändern, führt die Regierung einleitend aus: „Das Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) in seiner derzeitigen Fassung trägt der gestiegenen und weiter steigenden Bedeutung von Auskunfteien in einer immer anonymer werdenden Geschäftswelt und ihrer Nutzung durch immer weitere Branchen nicht mehr ausreichend Rechnung. Problematisch ist insbesondere, dass aufgrund bestehender intransparenter Verfahrensweisen der Auskunfteien Betroffene häufig die sie betreffenden Entscheidungen ihrer (potentiellen) Geschäftspartner, der Auskunfteikunden, nicht oder nur schwer nachvollziehen können. Dies gilt insbesondere beim Einsatz sog. Scoringverfahren (mathematisch-statistische Verfahren zur Berechnung der Wahrscheinlichkeit, mit der eine bestimmte Person ein bestimmtes Verhalten zeigen wird), die vor allem zur Bewertung der Kreditwürdigkeit (Zahlungsfähigkeit und -willigkeit) der Betroffenen verwendet werden. Zudem ist hinsichtlich bestimmter Datenverarbeitungen durch Auskunfteien in der Praxis eine gewisse Rechtsunsicherheit zu erkennen. Aufgrund der mitunter sehr weiten Auslegungs- und Bewertungsspielräume der geltenden datenschutzrechtlichen Regelungen wird die Zulässigkeit bestimmter Datenverarbeitungen, mitunter auch von den Datenschutz-Aufsichtsbehörden der Länder, unterschiedlich beurteilt. Der Gesetzentwurf verfolgt das Ziel, die Transparenz der Verfahren zu verbessern und gleichzeitig mehr Rechtssicherheit und damit bessere Planungsmöglichkeiten für die Unternehmen zu schaffen.“ (mehr …)
- LG Bochum: Streitwert von 25.000 EUR für die Abmahnung 7 unwirksamer AGB-Klauselnveröffentlicht am 22. Oktober 2008
LG Bochum, Urteil vom 22.03.2006, Az. 13 O 128/05
§§ 2 Abs. 1 Nr. 3, 3, 8 Abs. 3 Nr. 1, 12 Abs. 1 S. 2 UWG, §§ 307 ff. Abs. 2 Nr. 2, 309 Nr. 5 b,309 Nr. 5b, 7a, 439 Abs. 1, 449 Abs. 2, 475 Abs. 2 BGBDas LG Bochum ist der Rechtsansicht, dass bei einer Verwendung von sieben unwirksamen AGB-Klauseln für die Abmahnung und einstweilige Verfügung ein Streitwert von 25.000,00 EUR anzusetzen sei. Nach ständiger Rechtsprechung der Kammern für Handelssachen des LG Bochum sei bei durchschnittlichen wettbewerbsrechtlichen Streitigkeiten von einem Gegenstandswert von 10.000,00 EUR für die einstweilige Verfügung und von 15.000,00 EUR für das Hauptsacheverfahren auszugehen.
- Beweiswert von IP-Adressen höchst zweifelhaftveröffentlicht am 21. Oktober 2008
Die von sog. Anti-Piracy-Ermittlungsfirmen (z.B. Logistep, MediaProtector, Zarei, Ipoque, Evidenza, Gedast) häufig verwendete und angeblich beweissichere Ermittlung von IP-Adressen ist offensichtlich nicht ganz so „beweissicher“ wie behauptet. So veröffentlichte ein Team des Departement of Computer Science and Engineering der University of Washington am 01.06.2008 im University of Washington Technical Report den englischsprachigen Artikel „Challenges and Directions for Monitoring P2P File Sharing Networks – or – Why My Printer Received a DMCA Takedown Notice“ (UW-CSE-08-06-01). Die Autoren Michael Piatek, Tadayoshi Kohno und Arvind Krishnamurthy banden einen Netzwerkdrucker und einen WLAN-Router, denen eine eigene IP-Adresse zugeteilt worden war, in das populäre BitTorrent Filesharing-Netzwerk ein. Diese automatisch funktionierenden Geräte wurden dann fälschlicherweise als Raubkopierer identifiziert und erhielten eine sog. „takedown notice“ nach dem Digital Millenium Copyright Act (DMCA), die US-amerikanische Form der Abmahnung zur Geltendmachung von Unterlassungsansprüchen. Diese Resultate zeigen, dass die Ermittlung der IP-Adresse nicht zwingend einen Urheberrechtsverstoß belegt.
- Bundesregierung sieht keine Notwendigkeit, gegen Abmahnungsmissbrauch einzuschreitenveröffentlicht am 21. Oktober 2008
In einer Fragestunde des Deutschen Bundestages im Februar 2008 hat die Bundesregierung verlauten lassen, dass sie einstweilen keine konkreten Schritte gegen missbräuchliche Abmahnungen einleiten werde. (? Klicken Sie bitte auf diesen Link, der JavaScript verwendet: Antworten der Bundesregierung). Mit § 12 Abs. 1 S. 2, 4 UWG seien ausreichende Mittel zur Verfügung gestellt worden, um dem Abmahnungsmissbrauch Einhalt zu gebieten. Die Bundesregierung werde aber „das Instrument der Abmahnung und seine Anwendung in der Praxis aber darüber hinaus weiter intensiv beobachten und im Zusammenhang mit einer Evaluierung von UWG-Regelungen auf den Prüfstand stellen“. Anzumerken ist, dass mit der anstehenden Novellierung des UWG im Rahmen der sog. UGP-Richtlinie eher eine Verschärfung der Abmahnsituation zu befürchten ist, als eine Abschwächung, da nach dieser neuen Regelung auch eine Vielzahl bagatellhafter Verstöße abmahnfähig sind (? Klicken Sie bitte auf diesen Link, der JavaScript verwendet: UGP-RL). Eine Abmahnerliste wurde von der Bundesregierung in Ermangelung der Sinnhaftigkeit abgelehnt: „Eine Liste, in der alle natürlichen und juristischen Personen aufgeführt werden, die in der Vergangenheit Abmahnungen ausgesprochen haben, würde keine Aussage darüber enthalten, ob die entsprechenden Abmahnungen rechtsmissbräuchlich waren. Die Beantwortung dieser Frage hängt von den Umständen des jeweiligen Einzelfalls ab.“ (mehr …)
- OLG Oldenburg: Ein Geschäftsführer, der auf eine Rechtsberatung durch Dritte verzichtet, kann für die Folgen der unterbliebenen Beratung persönlich haftenveröffentlicht am 21. Oktober 2008
OLG Oldenburg, Urteil vom 01.06.2006, Az. 1 U 34/03
§§ 52 Abs. 1, 25 Abs.1 Nr. 2 MitbestG, § 90 Abs. 4 AktG, § 43 Absatz 1 GmbHGDas OLG Oldenburg hat darauf hingewiesen, dass ein Geschäftsführer für Schäden der GmbH persönlich haften kann, wenn er im Rahmen seines Entscheidungsspielraums diesen überschreitet. Ein Indiz hierfür sei, dass „ein von Verantwortungsbewusstsein getragenes, ausschließlich am Unternehmenswohl orientiertes, auf sorgfältige Ermittlung der Entscheidungsgrundlagen beruhendes unternehmerisches Handeln [fehle], wenn die Bereitschaft, unternehmerische Risiken einzugehen, in unverantwortlicher Weise überspannt [werde] oder wenn das Verhalten des Geschäftsführers aus anderen Gründen als pflichtwidrig gelten [müsse]“. Im vorliegenden Fall hatte der Geschäftsführer der Übernahme einer insolventen Klinik zugestimmt, ohne ausreichende Informationen von Fachleuten einzuholen und ohne den Aufsichtsrat vollständig zu informieren, insbesondere ohne entscheidungswesentliche Unterlagen vorzulegen. „Bei den vorhandenen Ungereimtheiten und Unsicherheiten in den vorhandenen betriebswirtschaftlichen Daten des vorherigen Klinikträgers, der Verlustlage beim vorausgegangenen Klinikbetreiber, einer eindeutig negativen Prognose nach den eigenen Ermittlungen der Geschäftsführer im November 1999 und dem hier vorhandenen Erwerb aus einer Insolvenz wäre jedenfalls vor der abschließenden Kaufentscheidung seitens der Beklagten eine umfassende Überprüfung … unter Einsatz unbeteiligter, objektiver Fachleute (z.B. von Wirtschaftsprüfern) erforderlich gewesen, um eine hinreichend abgesicherte Grundlage für die zu treffende unternehmerische Entscheidung zu haben und die vorhandenen Risiken zumindest in einem gewissen, mit zumutbarem Aufwand erreichbaren Umfang zu begrenzen.“ Dies war nicht geschehen. Die persönliche Haftung des Geschäftsführers betrug konkret ca. 2,9 Mio. EUR. Zum Volltext der Entscheidung:
(mehr …) - OLG Schleswig: Regelstreitwert von 10.000 EUR selbst bei einfachen wettbewerbsrechtlichen Verfahrenveröffentlicht am 21. Oktober 2008
OLG Schleswig, Beschluss vom 27.05.2008, Az. 6 W 9/08
§§ 8 Abs. 1, Abs. 3 Ziffer 1, 3, 4 Nr. 11 UWG, § 312c BGB
Das OLG Schleswig hat verkündet, dass es Regelstreitwerte annimmt, wenn es sich um einfache bis durchschnittliche wettbewerbsrechtliche Unterlassungsstreitigkeiten handelt. Bei Verfahren der einstweiligen Verfügung, die ein Wettbewerber mit dem Ziel der Unterlassung betreibt, betrage der Regelstreitwert 10.000,00 Euro. In gleicher Weise hatte sich das OLG Koblenz (Beschluss vom 13.06.2007, Az. 4 W 393/07) erklärt, allerdings zu einem Zeitpunkt, in dem bei deutschen Gerichten selbst für unterdurchschnittliche wettbewerbsrechtliche Verfahren generell hohe Streitwerte Akzeptanz fanden.
(mehr …) - OLG Köln: Werbung mit dem Begriff „Testsieger“veröffentlicht am 20. Oktober 2008
OLG Köln, Urteil vom 28.05.2008, Az. 6 U 19/08
§ 5 UWGDas OLG Köln hat entschieden, dass eine Werbung mit dem Begriff „Testsieger“ auch dann zulässig ist, wenn das werbende Unternehmen nicht den ersten Platz des in der Werbung angesprochenen Testes belegt hat. Es kommt entscheidend darauf an, dass das fragliche Unternehmen nicht fälschlicherweise behauptet, wider den tatsächlichen Gegebenheiten der Erstplatzierte des Testes zu sein. In dem dem Gericht vorliegenden Fall warb das beklagte Unternehmen mit dem Satz (abgekürzt): „Als eines von nur drei Instituten erhielt xyz das Urteil GUT – und gehört damit zu den Testsiegern.“ Nach Ansicht des Gerichts wurde mit diesem Slogan nicht über eine unzutreffende Erstplatzierung getäuscht, sondern es wäre für den Verbraucher klar ersichtlich, das die Formulierung „gehört zu den Testsiegern“ auf mindestens den zweiten Platz einer Bewertung hindeutet.
- Die 30 „neuen“ abmahngefährdeten Todsünden des UWGveröffentlicht am 20. Oktober 2008
BMJ: 1. Gesetz zur Änderung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb; UGP-RL / EU-Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken
Das Bundesministerium der Justiz (BMJ) hat einen Gesetzesentwurf der Bundesregierung zur Änderung des des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb veröffentlicht. Das „Erste Gesetz zur Änderung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb“ dient u.a. der seit dem 12.06.2007 längst überfälligen Umsetzung der Richtlinie 2005/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11.05.2005 über unlautere Geschäftspraktiken im binnenmarktinternen Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen und Verbrauchern (sog. UGP-RL). Entsprechend weist das Änderungsgesetz dreißig Geschäftspraktiken auf, die per gesetzlicher Bestimmung unlauter sind. Beachtung dürfte finden, dass das Änderungsgesetz an sich keine Bagatellgrenze aufzeigt, also auch unerhebliche Beeinträchtigungen des Verbrauchers unlauter sind. Dies gilt insbesondere für die dreißig Geschäftspraktiken, die in Anhang zu § 3 Abs. 3 des Änderungsgesetzes aufgeführt sind (s. unten): (mehr …)