Dr. Ole Damm | Rechtsanwalt & Fachanwalt
IT-Recht, IP-Recht und Datenschutzrecht
Aktuelle Beiträge und Urteile
- BGH: Grundsätze der unberechtigten Schutzrechtabmahnung sind nicht auf andersartige rechtliche Abmahnungen übertragbar / Berichtet von Dr. Damm & Partnerveröffentlicht am 23. Dezember 2010
BGH, Urteil vom 22.07.2010, Az. I ZR 139/08
§ 823 Abs. 1 BGB
Der BGH hat indirekt entschieden, dass die Kosten für die anwaltliche Abwehr einer unberechtigten Abmahnung nicht zu den erstattungsfähigen Posten des Abgemahnten gezählt werden, wenn es sich nicht um eine unberechtigte Schutzrechtsverwarnung handelt. Die Rechtslage der unberechtigten Schutzrechtsverwarnung nach § 823 Abs. 1 BGB könne nicht auf andersgeartete rechtliche Abmahnungen übertragen werden. Zitat: „Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs können unberechtigte Schutzrechtsverwarnungen einen rechtswidrigen und schuldhaften Eingriff in das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb nach § 823 Abs. 1 BGB darstellen (BGHZ 164, 1, 2 f. – Unberechtigte Schutzrechtsverwarnung; BGH, Urteil vom 19.01.2006, Az. I ZR 98/02, GRUR 2006, 432 Tz. 20 = WRP 2006, 468 – Verwarnung aus Kennzeichenrecht II) und Ansprüche auf Unterlassung begründen (vgl. BGH, Urteil vom 19.01.2006, Az. I ZR 217/03, GRUR 2006, 433 Tz. 17 = WRP 2006, 579 – Unbegründete Abnehmerverwarnung). Mit dem Widerklageantrag geht die Beklagte aber über Schutzrechtsverwarnungen hinaus, weil der Klägerin allgemein Beanstandungen verboten werden sollen. Von dem Begriff der Beanstandungen erfasst werden Rechtsverletzungen, die die Klägerin der Beklagten über das von dieser installierte VeRI-Programm meldet. Derartige Beanstandungen haben nicht die Qualität einer Schutzrechtsverwarnung und greifen … nicht in das Recht der Beklagten am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb ein.“ Vgl. auch die Grundsatzentscheidung des Großen Senats beim BGH. - AG Osnabrück: Abo-Falle – Verbraucher steht bei Abwehr unberechtigter Forderung ein Anspruch auf Freistellung von den Rechtsanwaltskosten zu / Haftung des Abo-Fallen-Anwalts im Betrugsfallveröffentlicht am 26. November 2010
AG Osnabrück, Urteil vom 19.10.2010, Az. 66 C 83/10
§ 823 Abs. 2 BGB; 263, 23, 27 StGBDas AG Osnabrück hat darauf hingewiesen, dass ein Verbraucher, der sich mit Hilfe eines Rechtsanwalts gegen die Zahlungsaufforderung einer so genannten Abo-Falle wehrt, Anspruch auf Erstattung der ihm entstandenen Rechtsanwaltskosten hat – in diesem Fall sogar direkt gegen den Rechtsanwalt des Abo-Fallen-Betreibers. Der Kläger hatte im Internet eine als kostenlos angepriesene Software herunterladen wollen und sich zu diesem Zweck auf der Internetseite der vom Beklagten vertretenen Firma registriert. Den Hinweis, dass mit Registrierung ein Abonnement abgeschlossen werde, habe er nicht wahrgenommen. Die daraufhin geltend gemachte Forderung wehrte der Kläger mit Hilfe eines Rechtsanwalts ab. Die dafür angefallene Gebühr sei nunmehr vom Beklagten zu erstatten. Mit der vorsätzlich unberechtigten Inanspruchnahme des Klägers habe die Firma einen Betrug i. S. d. § 263 StGB begangen, der zumindest das Versuchsstadium erreicht habe. Der letzte auf eine abschließende Vermögensverfügung zielende Akt, durch den die Zahlung erreicht werden sollte, liege in der Einschaltung des Beklagten mit dem Auftrag, die unbegründete Forderung beizutreiben. Dem Beklagten sei die Unbegründetheit der Forderung bewusst gewesen und er habe sich die Zielvorstellung des Abo-Fallen-Betreibes zu eigen gemacht. Deshalb hafte er auch selbst auf die Erstattung der dem Kläger entstandenen Kosten. Zum Volltext der Entscheidung:
- OLG München: Schadensersatzanspruch bei unberechtigter Beschlagnahme eines Laptops durch Staatsanwaltschaftveröffentlicht am 11. Juli 2010
OLG München, Beschluss vom 23.03.2010, Az. 1 W 2689/09
§ 839 BGBDas OLG München hat entschieden, dass eine Person, deren Laptop zu Unrecht beschlagnahmt wird, ein Anspruch auf Schadensersatz unter dem Gesichtspunkt der Amtshaftung zusteht. Vor dem Hintergrund der heutigen Bedeutung des Internets sei ein internetfähiger Computer mittlerweile zum notwendigen Lebensbedarf eines jeden Privathaushalts zu zählen, so dass ein unrechtmäßiger Entzug einen Entschädigungsanspruch nach sich ziehen müsse. Damit zählt ein Laptop zu den bisher von der Rechtsprechung akzeptierten „Lebensgütern mit zentraler Bedeutung“, wie z. B. Fernseher, Wohnung, Kraftfahrzeug, Kühlschrank und Herd. Reichtümer sind indes nicht zu erwarten: Der Betroffene erhielt 2,77 EUR / Tag Schadensersatz.
- OLG Brandenburg: Schadensersatzpflicht, wenn ein Konkurrent auf Grund einer unberechtigten Abmahnung bei eBay ausgeschlossen wirdveröffentlicht am 20. Juni 2010
OLG Brandenburg, Urteil vom 17.02.2009, Az. 6 U 10/07
§ 823 I BGBDas OLG Brandenburg hat entschieden, dass eine verschuldete, unberechtigte Schutzrechtsabmahnung Schadensersatzpflichten nach sich ziehen kann. Im entschiedenen Fall hatte der Beklagte die Klägerin wegen der Verletzung von Geschmacksmustern abgemahnt. Diese Abmahnung war unberechtigt, da der Beklagte sich auf mangels Neuheit nichtige Geschmacksmuster berufen hatte. Darüber hinaus hatte der Beklagte die angebliche Verletzung seiner Rechte an eBay gemeldet, woraufhin der Account der Klägerin geschlossen worden war. Dies hatte Umsatzeinbußen der Klägerin zur Folge. Das OLG nahm auch ein Verschulden des Beklagten an, da dieser nicht gründlich geprüft habe, ob die von ihm beanspruchten Geschmacksmusterrechte bestehen und er Inhaber derselben sei. Das Gericht bejahte daraufhin einen Schadensersatzanspruch der Klägerin wegen Eingriffs in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb. Dieser Anspruch beziehe sich allerdings nur auf den Ersatz außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten der Klägerin für ein Unterlassungsverfahren gegen den Beklagten. Den entgangenen Gewinn habe der Beklagte nicht zu erstatten, da die Klägerin keine konkreten Angaben zu ihrem Gewinn vor der Schließung des eBay-Accounts getätigt habe.
- OLG Hamm: Wer vorschnell abmahnt, riskiert Schadensersatz / Zur unberechtigten Schutzrechtsabmahnungveröffentlicht am 30. März 2010
OLG Hamm, Urteil vom 11.02.2010, Az. 4 U 75/09
§ 823 Abs. 1 BGBDas OLG Hamm hat entschieden, dass der von einer unberechtigten Schutzrechtsabmahnung Betroffene in der Regel Ersatz des Schadens, der auf Grund dieser Abmahnung enstanden ist, verlangen kann. Im entschiedenen Fall war die nunmehr klagende Firma wegen einer Markenrechtsverletzung im Bereich Schuhe in Anspruch genommen worden. Die streitgegenständlichen Schuhe waren eingesammelt, eingelagert und schließlich – da es sich um nunmehr unverkäufliche Saisonware handelte – vernichtet worden. Dies hatte für die Klägerin Gesamtkosten in Höhe von rund 175.000 EUR verursacht, welche sie nunmehr von der Beklagten erstattet verlangte. Dem Grunde nach gab das Gericht der Klägerin Recht. Die vorausgegangene Abmahnung sei unberechtigt gewesen, da eine Markenrechtsverletzung evident nicht vorgelegen habe. Mit dem Bundesgerichtshof sei davon auszugehen, dass die unbegründete Verwarnung aus einem Kennzeichenrecht ebenso wie eine sonstige unberechtigte Schutzrechtsverwarnung unter dem Gesichtspunkt eines rechtswidrigen und schuldhaften Eingriffs in das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb zum Schadensersatz verpflichten könne. Allerdings habe die Klägerin trotz wiederholter gerichtlicher Hinweise und vielfacher diesbezüglicher Rügen der Beklagten den mit der Klage geltend gemachten Schaden nicht substantiiert dargelegt und belegt, so dass die Klage insgesamt abzuweisen gewesen sei.
- LG Mannheim: Abo-Fallen-Betreiber muss dem Verbraucher Kosten anwaltlicher Verteidigung ersetzenveröffentlicht am 28. Januar 2010
LG Mannheim, Urteil vom 14.01.2010, Az. 10 S 53/09
§§ 280 I, 311 Abs. 2 BGBDas LG Mannheim hat entschieden, dass der Betreiber einer bekannten Abo-Falle einem Nutzer, der sich mit anwaltlicher Hilfe gegen die gestellte Forderung verteidigte, diese Anwaltskosten ersetzen muss. Dabei ging das Gericht davon aus, dass dem Betreiber zumindest fahrlässig bewusst gewesen sein müsse, dass die gestellte Rechnung unberechtigt sei. Ein Vertrag sei nicht zustande gekommen, da die Kostenpflichtigkeit des Angebots verschleiert und dem Kunden nicht bewusst gewesen sei. Der Beklagten sei auch auf Grund zahlreicher Verbraucherbeschwerden bewusst gewesen, dass ihr Angebot missverständlich sei. Auch müsse sie nach Auffassung des Gerichts von der Bedenklichkeit ihres Vorgehens gewusst haben, da sie die Forderung sofort hat fallen lassen, als der Kläger sich per anwaltlichem Schreiben zur Wehr setzte.
- LG Berlin: Zur Frage, wann der Abmahner die Kosten der einstweiligen Verfügung bei sofortigem Anerkenntnis trägtveröffentlicht am 6. März 2009
LG Berlin, Urteil vom 15.01.2009, Az. 27 O 765/08
§§ 823, 1004 BGB, § 93 ZPODas LG Berlin hat darauf hingewiesen, dass eine Abmahnung wegen Verletzung des Persönlichkeitsrechts durch eine Presseberichterstattung nicht konkret die Unzulässigkeit von einzelnen Äußerungen darlegen muss. Eine allgemeine Beanstandung ist ausreichend und berechtigt den Abgemahnten nicht, eine strafbewehrte Unterlassungserklärung zu verweigern. Er hat nach Auffassung des Gerichts nicht den Anspruch, dass der Abmahner ihm außergerichtlich im Einzelnen darlegt, welche Teile der Berichterstattung aus welchem Grund unzulässig seien. Deswegen führt bei Erlass einer einstweiligen Verfügung durch den Abmahner auch ein sofortiges Anerkenntnis des Abgemahnten nicht zu einer Befreiung von der Kostenlast. Dem berechtigt Abmahnenden soll nicht die Erklärungslast auferlegt werden, sondern im Gegenteil hat der Abgemahnte und Urheber der persönlichkeitsrechtsverletzenden Äußerungen die Obliegenheit, deren Berechtigung nachzuweisen.
- AG Frankfurt a.M.: Bei unberechtigtem Mahnschreiben Anspruch auf Unterlassungveröffentlicht am 3. November 2008
AG Frankfurt a.M., Urteil vom 10.10.2008, Az.: 380 C 1732/08 (14)
§§ 823 Abs. 1 BGB, 263 Abs. 2 StGBDas AG Frankfurt a.M. vertritt die Rechtsansicht, dass gegen ein Inkassounternehmen, das Mahnschreiben nicht-existenter Kunden über nicht-existente Forderungen versendet, Unterlassungsansprüche geltend gemacht werden können. Nach Ansicht des Amtsgerichts dienten die fraglichen Mahnschreiben dem Inkassounternehmen allein dazu, „den Empfänger einzuschüchtern, über das Bestehen einer Forderung zu täuschen und ihn zur Zahlung zu veranlassen“.
(mehr …) - BGH: Mit unberechtigten Ansprüchen konfrontiert zu werden, gehört zum allgemeinen Lebensrisiko und löst keinen Erstattungsanspruch für die Rechtsverteidigung ausveröffentlicht am 23. Juli 2008
BGH, Urteil vom 12.12.2006, Az. VI ZR 224/05
§§ 280, 311, 677 ff., 823, 826 BGB, §§ 91 ff. ZPODer BGH ist der Rechtsansicht, dass die Inanspruchnahme wegen einer Geldforderung nicht ohne weiteres einen materiellrechtlichen Kostenerstattungsanspruch des in Anspruch Genommenen nach sich zieht. Im vorliegenden Fall forderte der Beklagte mit Schreiben seines Rechtsanwalts von der Klägerin die Rückzahlung eines Geldbetrages und drohte an, andernfalls Klage zu erheben. Die Klägerin beauftragte nunmehr einen Rechtsanwalt, der den geltend gemachten Anspruch als unbegründet zurückwies. Die angedrohte Klage erhob der Beklagte nicht. Der BGH wies jegliche rechtlichen Beziehungen zwischen den Parteien, die für einen Erstattungsanspruch hätten herangezogen werden können (Vertrag, Verzug, culpa in contrahendo, positive Vertragsverletzung [§§ 280, 311 BGB], Geschäftsführung ohne Auftrag [§§ 677 ff. BGB] oder Delikt [§§ 823, 826 BGB]) zurück und erklärte: „Mit unberechtigten Ansprüchen konfrontiert zu werden, gehört zum allgemeinen Lebens- risiko, soweit nicht die Voraussetzungen einer speziellen Haftungsnorm vorliegen … , wie dies etwa bei … wettbewerbsrechtlichen Verhältnissen der Fall ist“. Zu diesem Thema hat der Carl Heymanns Verlag im Jahr 2004 die Monographie von Thomas Hösl „Kostenerstattung bei außerprozessualer Verteidigung gegen unberechtigte Rechtsverfolgung“ veröffentlicht.