Dr. Ole Damm | Rechtsanwalt & Fachanwalt
IT-Recht, IP-Recht und Datenschutzrecht
Aktuelle Beiträge und Urteile
- OLG Koblenz: Kein Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Gesellschaft durch Angriff auf ihre Gesellschafterveröffentlicht am 29. November 2011
OLG Koblenz, Beschluss vom 19.04.2010, Az. 4 W 183/10
§ 1004 Abs. 1 BGB, § 823 Abs. 1 BGB; Art. 1 GG, Art. 2 Abs. 1 GGDas OLG Koblenz hat entschieden, dass nicht jeder öffentliche Angriff auf Gesellschafter eines Unternehmens auch eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Gesellschaft darstellen kann. Vorliegend war eine umfassende Berichterstattung über ein Strafverfahren gegen den Vorstand einer Gesellschaft erfolgt. Um eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts der Gesellschaft anzunehmen, hätte diese jedoch als Wirtschaftsunternehmen in ihrem sozialen Geltungsanspruch (unmittelbar) berührt sein müssen. Dies käme insbesondere dann in Betracht, wenn der Gesellschafter oder Betriebsangehörige in dieser Eigenschaft oder wegen Tätigkeiten angegriffen werde, mit denen die Verkehrsauffassung auch die Gesellschaft identifiziere. Dies sei jedoch vorliegend nicht der Fall gewesen. Zum Volltext der Entscheidung:
- LG Köln: Forumsbetreiber haftet für Übernahme eines rechtswidrigen Presseartikelsveröffentlicht am 26. Oktober 2011
LG Köln, Urteil vom 11.05.2011, Az. 28 O 72/11
§ 823 Abs. 1 BGB, § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGBDas LG Köln hat entschieden, dass der private Betreiber eines großen Meinungsforums für die Übernahme eines rechtswidrigen Artikels aus einer Onlinezeitung haftet. Eine einstweilige Verfügung, die die Verbreitung des Artikels untersagt, sei zu Recht ergangen. Insbesondere könne sich der Betreiber des Forums nicht auf das so genannte Laienprivileg (d.h. keine Prüfungspflicht von Privatleuten hinsichtlich des Wahrheitsgehalts eines Presseberichts, s. auch KG Berlin) berufen, da er sich als Betreiber eines weit beachteten Forums (60.000 Einträge) schon seit längerer Zeit mit der auch im Pressebericht thematisierten Problematik auseinandersetze. Insofern sei unbeachtlich, dass er dies ausschließlich in seiner Freizeit betreibe. Eine haftungsmäßige Privilegierung als Forumsbetreiber komme hier auch nicht in Betracht, da der Beklagte den streitgegenständlichen Artikel selbst auf die Internetseite des Forums gestellt habe. Eine ausreichende Distanzierung zum Inhalt sei ebenfalls nicht erfolgt. Update: Das OLG Köln hat den Streitwert der Angelegenheit von 40.000,00 EUR auf 30.000,00 EUR reduziert, dem Verfügungsbeklagten das Laienprivileg zuerkannt und der Verfügungsklägerin 1/3 der Verfahrenskosten auferlegt (vgl. hier). Zum Volltext der Entscheidung des LG Köln:
- LG Arnsberg: Die Werbung „Wir fertigen unsere Geräte seit 1984 …“ ist unzulässig, wenn Unternehmen aus der Insolvenz gekauft wurde / Alterswerbungveröffentlicht am 24. August 2011
LG Arnsberg, Urteil vom 21.04.2011, Az. 8 O 104/10
§ 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 UWGDas LG Arnsberg hat entschieden, dass die Werbung „Wir fertigen unsere Geräte seit 1984 in …“ unlauter und damit wettbewerbswidrig ist, wenn das betreffende Unternehmen aus einer Insolvenz hervorgegangen ist. Der Hinweis auf das Alter eines Unternehmens, so die Kammer, suggeriere Kontinuität. Daher müsse eine wirtschaftliche Fortdauer während der behaupteten Jahre vorliegen. Das gegenwärtige Unternehmen müsse trotz aller im Laufe der Zeit eingetretenen Änderungen noch mit dem früheren Unternehmen als wesensgleich angesehen werden können, damit die Werbung mit dessen Gründungsjahr sachlich gerechtfertigt sei. Erforderlich sei dafür grundsätzlich Geschäftskontinuität, während die bloße Namenskontinuität nicht ausreiche. Die Beklagte sei aber nicht schon im Jahr 1984, sondern erst im Jahr 2001 gegründet worden. Der Geschäftsbetrieb der vormaligen GmbH sei zum 30.04.2004 eingestellt worden. Die Betriebs- und Geschäftsausstattung sei zwar an die Beklagte verkauft worden. Gleichwohl begründe das keine Geschäftskontinuität. Denn mit der Insolvenz und der anschließenden Liquidation sei der wirtschaftliche Fortbestand des Unternehmens beendet worden. Zum Volltext der Entscheidung: (mehr …)
- „Porno-Versicherung“ – Großer Versicherungskonzern mahnt wegen Verletzung des Unternehmenspersönlichkeitsrechts abveröffentlicht am 4. August 2011
Wie die W&V hier berichtet, lässt sich der Versicherungskonzern Ergo nicht alles gefallen: Ein Münchner Verlag hatte auf seiner Internet-Plattform Begriffe wie „Porno-Versicherung“ verwendet. Dieser Verlag wurde nun von den Anwälten der Ergo Direkt Versicherung wegen „übler Schmähung“ und Verletzung des Unternehmenspersönlichkeitsrechts kostenpflichtig abgemahnt. Nicht auf den Mund gefallen, soll der abgemahnte Verlag Alternativ-Formulierungen vorgeschlagen haben, die zum Teil noch derber als die abgemahnten Formulierungen ausfallen und sich dem Vernehmen nach um Prostitution drehen sollen. Hintergrund dieser Schlammschlacht ist, dass die Ergo-Tochter HMI dem Vernehmen nach rund 100 verdiente Vertriebsmitarbeiter und Top-Manager zu einer Sex-Party nach Budapest eingeladen haben soll und die Kosten von rund 83.000 Euro anschließend beim Finanzamt als Betriebskosten geltend machte. Ob der abgemahnte Verlag gut versichert ist, ist diesseits nicht bekannt.
- OLG Brandenburg: Das gesetzliche Widerrufsrecht kann auch freiwillig eingeräumt werdenveröffentlicht am 4. Juli 2011
OLG Brandenburg, Urteil vom 06.04.2011, Az. 7 U 137/10
§§ 355; 357; 738 Abs 1 BGBDas OLG Brandenburg hat entschieden, dass das für Verbraucher bestehende Widerrufsrecht auch freiwillig, nämlich vertraglich Unternehmen eingeräumt werden kann. Das Problem ist alt bekannt. Die Versuche, die Widerrufsbelehrung dann durch einen entsprechenden Zusatz nur auf Verbraucher zu beschränken, haben in der jüngeren Vergangenheit ungewollte Konsequenzen gehabt (vgl. LG Kiel, hier). Zum Volltext der Entscheidung, für welche die Revision zugelassen wurde: (mehr …)
- OLG Köln: Herbe Kritik an einem Unternehmen kann gegen das Unternehmer-Persönlichkeitsrecht verstoßenveröffentlicht am 1. Juni 2011
OLG Köln, Urteil vom 30.05.2011, Az. 15 U 194/10
§§ 1004, 823 Abs. 1 BGBDas OLG Köln hat entschieden, dass die Kritik an einem Geschäftsbetrieb eine Verletzung des Unternehmer-Persönlichkeitsrechts bedeuten kann. Dies ist allerdings für jeden Einzelfall zu prüfen, da grundsätzlich Kritik an Geschäftsbetrieben zulässig ist. Vorliegend hatte die Beklagte einen Artikel über die Klägerin, ein Restaurant, in einem Restaurantführer veröffentlicht. Dieser Artikel bestand im Wesentlichen aus subjektiven Wertungen („enttäuschend“, „leicht bitterer Nachgeschmack“, „ausdruckslos“ u.a.). Grundsätzlich sei zwar dem „Tester“ ein weiter Spielraum auch für die Darstellung negativer Beurteilungen zu setzen, selbst wenn diese geeignet seien, sich schädigend auf das beurteilte Unternehmen bzw. dessen gewerblichen Betrieb auszuwirken, es müsse aber im Rahmen einer Abwägung festgestellt werden, ob der Rahmen sachlich gerechtfertigter Kritik verlassen werde. Im Hinblick auf das vorliegend als ganz erheblich einzuordnende Ausmaß materieller und immaterieller Beeinträchtigungen, die der Klägerin auf Grund der Veröffentlichung der Kritik im Restaurantführer der Beklagten drohten, habe die Beklagte hohe Anforderungen an die Zuverlässigkeit der Testesserin, deren Bericht sie übernommen und verbreitet habe, hinsichtlich ihrer journalistischen Pflichterfüllung stellen müssen. Der einzige Besuch einer einzigen Testesserin rechtfertige im Hinblick auf die Folgen für die Klägerin nicht die Veröffentlichung des Berichts in der erschienenen Form. Zum Volltext der Entscheidung:
- KG Berlin: Wird lediglich der Geschäftsführer eines Unternehmens erfolglos abgemahnt, gibt das Unternehmen selbst keinen Anlass zur Klageerhebungveröffentlicht am 5. Mai 2011
KG Berlin, Beschluss vom 08.03.2011, Az. 5 U 155/10
§§ 93, 99 Abs. 2 ZPODas KG Berlin hat entschieden, dass die erfolglose Abmahnung des Geschäftsführers eines Unternehmens nicht dazu führt, dass das Unternehmen als juristische Person nunmehr Anlass zur Klageerhebung bzw. zur Stellung eines Antrags auf einstweilige Verfügung gegeben hätte. Die vorherige Abmahnung habe sich lediglich persönlich an den Geschäftsführer des Unternehmens gewandt, ohne auf dessen Stellung als Geschäftsführer einzugehen. Im umgekehrten Fall, wenn ein Unternehmen erfolglos abgemahnt werde, könne eine weitere Abmahnung eines Organs des Unternehmens (z.B. Geschäftsführer) überflüssig erscheinen. Auf den vorliegenden Fall sei dies jedoch nicht übertragbar. Zum Volltext der Entscheidung:
(mehr …) - OLG Brandenburg: Die unsubstantiierte Verdächtigung eines Unternehmens löst Unterlassungsansprüche aus dem Gesichtspunkt des Ehrenschutzes ausveröffentlicht am 28. April 2011
OLG Brandenburg, Urteil vom 24.01.2011, Az. 1 U 3/10
§§ § 823 Abs. 1, Abs. 2; 1004 Abs. 1 BGB; § 185 StGB; Art 5 Abs. 1 S. 1 GGDas OLG Brandenburg hat entschieden, dass auch juristische Personen in ihrer Rechtspersönlichkeit Ehrenschutz genießen (Art. 2 Abs. 1, Art. 19 Abs. 3 GG). Ein mangels Fundierung in der Menschenwürde (Art. 1 Abs. 1, Art. 19 Abs. 3 GG) geringeres Schutzniveau könne lediglich Abwägungsrelevanz entfalten. Vorliegend war einem Unternehmen vorgeworfen worden, bei einem öffentlichen Vergabeverfahren unrechtmäßig bevorzugt worden zu sein. Allerdings sah der Senat hierin (mit beachtlichen Gründen) noch eine zulässige Meinungsäußerung. Zum Volltext der Entscheidung: (mehr …)
- BGH: Zur Nacherfüllung im Kaufrecht / Käufer muss Camping-Faltanhänger von Frankreich nach Deutschland zurückbringen, um Gewährleistungsarbeiten durchführen zu lassenveröffentlicht am 14. April 2011
BGH, Urteil vom 13.04.2011, Az. VIII ZR 220/10
§ 269 Abs. 1 BGBDer BGH hat laut seiner Pressemitteilung Nr. 60/2011 entschieden, dass die Frage, an welchem Ort der Verkäufer einer mangelhaften Sache die zur Mangelbeseitigung geschuldete Nacherfüllung vornehmen muss, mangels spezieller Regelung im Kaufrecht gemäß § 269 Abs. 1 BGB nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalls bestimmt werden muss, wenn – wie hier – vorrangige Parteivereinbarungen nicht getroffen worden sind. Zwar hatte der Verkäufer den Anhänger zur „Selbstabholung“ ausgewiesen, dann aber doch ins Ausland (Frankreich) versandt. Zur Bestimmung des Ortes der Nacherfüllung sind die Ortsgebundenheit und die Art der vorzunehmenden Leistung sowie das Ausmaß der Unannehmlichkeiten zu berücksichtigen, welche die Nacherfüllung für den Käufer mit sich bringt. Letzteres folge, so der VIII. Zivilsenat, aus den Vorgaben der europäischen Verbrauchsgüterkaufrichtlinie, nach deren Art. 3 Abs. 3 die Nacherfüllung ohne erhebliche Unannehmlichkeiten für den Verbraucher erfolgen müsse. Zum Fall: (mehr …)
- LG München I: Unternehmen haftet nicht für Filesharing-Aktivitäten des Mitarbeiters im Betriebveröffentlicht am 29. Oktober 2010
LG München I, Urteil vom 04.10.2007, Az. 7 O 2827/07
§§ 97 Abs. 1, 100 UrhG; 831 Abs. 1 Satz 1 BGBDas LG München I hat entschieden, dass ein Unternehmen, dessen Mitarbeiter – der für die Pflege der Internetpräsenz zuständig war – seinen PC-Arbeitsplatz zum Filesharing nutzt, nicht als Störer haftet. Vorliegend sei es der Klägerin nach Auffassung der Kammer nicht zuzumuten, ohne konkrete Anhaltspunkte, dass dies notwendig sein könnte, den Zugriff eines Mitarbeiters auf Internetinhalte durch Filterprogramme oder gar durch Abschalten des Internetzugangs zu beschränken, denn dies könne dazu führen, dass auch erwünschte und legale Internetinhalte, die für die Internetpräsenz der Klägerin bestimmt gewesen seien, herausgefiltert worden wären. Ferner liege auf der Hand, dass der Klägerin eine ständige manuelle Kontrolle der Tätigkeit des Mitarbeiters, dem die Pflege des Internetauftritts der Klägerin alleinverantwortlich anvertraut war, nicht zuzumuten sei. Ein fahrlässiges Organisationsverschulden der Organe der Klägerin liege auch aus dem Grund nicht vor, da im Zeitraum bis zu den staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen keinerlei Anhaltspunkte dafür vorlagen, dass der Mitarbeiter Musikdateien über Filesharing-Programme austauschte. Zum Volltext der Entscheidung: