Dr. Ole Damm | Rechtsanwalt & Fachanwalt
IT-Recht, IP-Recht und Datenschutzrecht
Aktuelle Beiträge und Urteile
- OLG Karlsruhe: „Enthüllungsroman“ über intime Details verletzt – unabhängig vom Wahrheitsgehalt – das Persönlichkeitsrecht des Betroffenenveröffentlicht am 7. Juni 2012
OLG Karlsruhe, Urteil vom 14.10.2011, Az. 14 U 56/11
§ 1004 Abs. 1 S. 2 BGB, § 823 Abs. 1 u. Abs. 2 BGB; Art. 1 Abs. 1 GG, Art. 2 Abs. 1 GGDas OLG Karlsruhe hat entschieden, dass ein so genannter Enthüllungsroman, der in identifizierender Weise intime Details aus dem Sexualleben des Betroffenen verbreitet, dessen Persönlichkeitsrechte verletzt. Auf die Frage, ob die Schilderungen wahr oder unwahr seien, komme es dabei nicht an, da sie wegen der Berührung des Kernbereichs der Persönlichkeit überhaupt nicht in die Öffentlichkeit gehörten. Die Rechte des Betroffenen überwögen dabei bei weitem die Kunstfreiheit, wobei der Senat in Zweifel zog, ob das streitgegenständliche „Werk“ überhaupt der Kunstfreiheit unterfiele. Zum Volltext der Entscheidung:
- KG Berlin: Berichterstattung mit Fotos eines Wohnhauses im Umbau und Spekulationen über Vermögensverhältnisse verletzt die Privatsphäreveröffentlicht am 10. Mai 2012
KG Berlin, Urteil vom 06.02.2012, Az. 10 U 50/11
§ 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB, § 823 Abs. 1 BGB; Art. 1 Abs. 1 GG, Art. 5 Abs. 1, 2 Abs. 1 GGDas KG Berlin hat entschieden, dass eine Berichterstattung über einen Prominenten unter Ablichtung seines im Umbau befindlichen Wohnanwesens mit Ortsangabe sowie der Gegenüberstellung seiner Lebensverhältnisse mit denen des leiblichen Vaters (Sozialhilfeempfänger) unzulässig ist. Der streitgegenständliche Artikel befasse sich gerade nicht mit der Diskrepanz zwischen der Außendarstellung des Klägers und seinem tatsächlichen Lebensverhältnissen oder betreffe einen anderen „sozial berichtenswerten Umstand“. Thematisiert werde lediglich eine Gegenüberstellung der Lebensverhältnisse des Klägers und der seines leiblichen Vaters und spekuliere über Ursachen eines Zerwürfnisses. Dies müsse der Kläger nicht dulden. Auch die Abbildung seines Wohnhauses unter Nennung des Stadtteils müsse er nicht hinnehmen, da die Gefahr bestehe, dass das Haus in seiner Eignung als Rückzugsbereich individueller Lebensgestaltung beeinträchtigt werde. Zum Volltext der Entscheidung:
- OLG Dresden: Selbstmord ist Privatangelegenheitveröffentlicht am 9. Januar 2012
OLG Dresden, Urteil vom 12.07.2011, Az. 4 U 188/11
§§ 823 Abs. 1 BGB; Art. 1 GG, Art. 2 Abs. 1 GGDas OLG Dresden hat entschieden, dass eine Berichterstattung über den Selbstmord eines nahen Angehörigen (hier: Sohn) einer früheren Landesregierungsangehörigen, die zwischenzeitlich nicht mehr in der Öffentlichkeit steht, den Kernbereich der Privatsphäre betrifft und daher zu unterlassen ist. Dadurch, dass die Klägerin selbst in den Mittelpunkt des Berichts gerückt und namentlich genannt wurde, werde nicht nur der portmortale Achtungsanspruch des Sohnes der Klägerin verletzt, sondern auch sie selbst in ihrem eigenen Persönlichkeitsrecht. Durch die namentliche Berichtserstattung werde zudem das Recht der Klägerin, mit ihrer Trauer allein gelassen zu werden, missachtet. Der Wunsch, in Ruhe gelassen zu werden, sei auch nicht unbeachtlich, weil die Klägerin eine Politikerin sei, die langjährig eine auf Landesebene hervorgehobene Stellung innehatte. Zwar gebe es für Personen des politischen Lebens ein gesteigertes Informationsinteresse, dies gelte nach einem Rückzug aus der Öffentlichkeit jedoch nicht unbegrenzt fort. Auf Grund der Schwere des Verstoßes gewährte das Gericht auch einen Anspruch auf Entschädigung.
- OLG Stuttgart: Die für einen beschränkten Empfängerkreis bestimmte E-Mail darf nicht ohne Einwilligung veröffentlicht werden – soweit das öffentliche Informationsinteresse nicht überwiegtveröffentlicht am 7. Januar 2012
OLG Stuttgart, Urteil vom 10.11.2010, Az. 4 U 96/10 – nicht rechtskräftig
§ 823 BGB, § 1004 BGBDas OLG Stuttgart hat entschieden, dass die Veröffentlichung einer für einen beschränkten Empfängerkreis bestimmten E-Mail auf einer Website grundsätzlich gegen das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Absenders verstößt, im Einzelfall durch das überwiegende öffentlichte Informationsinteresse gleichwohl berechtigt sein kann. Insoweit habe eine Interessenabwägung mit dem Recht des Absenders auf Wahrung seiner Privatsphäre zu erfolgen. Zum Volltext der Entscheidung:
- LG Frankfurt a.M.: Berichtsverbot über schwangere Prominente ist aufzuheben, wenn Prominente bei Filmpremiere ihre Schwangerschaft betont / Zur Unzulässigkeit der „hilfsweisen Erledigung“veröffentlicht am 3. Januar 2012
LG Frankfurt a.M., Urteil vom 24.11.2011, Az. 2-03 O 379/11
§ 823 Abs. 1 BGB, § 1004 BGB, Art. 1 Abs. 1 GG, Art. 2 Abs. 1 GGDas LG Frankfurt a.M. hat entschieden, dass der Persönlichkeitsschutz einer schwangeren Prominenten, welcher zunächst Grund für den Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen eine entsprechende Berichterstattung ist, endet, wenn sich die Prominente zur Bewerbung eines Kinofilms den Medien schwanger zeigt und ihre Schwangerschaft unterstreicht bzw. dabei gegenüber der Presse nicht zum Ausdruck bringt, dass sie ihre Schwangerschaft als Privatangelegenheit betrachte. Zum Volltext der Entscheidung: (mehr …)
- BVerfG: Zur Zulässigkeit der Berichterstattung über das Privatleben Prominenterveröffentlicht am 2. Januar 2012
BVerfG, Urteil vom 08.12.2011, Az. 1 BvR 927/08
Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG
Das BVerfG hat entschieden, dass eine Berichterstattung über die Urlaubsgewohnheiten eines Prominenten im Rahmen eines Berichtes über ein bestimmtes Urlaubsgebiet zulässig sind, auch wenn diese die Privatsphäre der bekannten Person betreffen. So seien die Äußerungen „Dauergast xxx fährt jedes Jahr in Zürs Ski – meist mit Familie. Sie gibt sich unauffällig und trägt deshalb ihre Skier selbst“ und „Dort gibt es wie eh und je Mittagsbüfett mit köstlichen Salaten. Das gehört dazu wie jedes Jahr die hier ganz unauffällig auftretende xxx im Skianzug“ im Rahmen eines 6-seitigen Berichts zum Urlaubsgebiet Arlberg vom Grundrecht der Meinungsfreiheit geschützt. Der Bericht müsse als Ganzes betrachtet werden. Dann sei ersichtlich, dass es um die Urlaubsgewohnheiten der Klägerin nur als Kolorit am Rande gehe und lediglich Belanglosigkeiten beträfen. Demgegenüber bestehe ein Informationinteresse der Leserschaft daran, welche Gäste die Urlaubsregion besuchten, da hier auch eine Vorbildfunktion der prominenten Gäste bestehe. Zum Volltext der Entscheidung:
(mehr …) - LG Köln: „Wie du mir, so ich Dir“ – Paparazzo darf von Promi fotografiert werdenveröffentlicht am 13. Dezember 2011
LG Köln, Urteil vom 09.11.2011, Az. 28 O 225/11
§ 823 BGB, § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB analog; § 22 f. KUG; Art. 1 Abs. 1 GG, Art. 2 Abs. 1 GG
Das LG Köln hat entschieden, dass einem so genannten Paparazzo untersagt werden kann, Fotografien eines inhaftierten Prominenten beim Hofgang zu veröffentlichen, da dadurch eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts des Prominenten vorliegt. Er habe in diesem von der Öffentlichkeit abgeschlossenen Raum nicht damit rechnen müssen, fotografiert zu werden. Andersherum schlug jedoch der Versuch des Paparazzo fehl, dem Prominenten die Veröffentlichung eines Bildes per Widerklage zu untersagen, welches den Paparazzo wartend vor der Wohnung des Prominenten zeigte und von diesem aufgenommen worden war. Der Fotograf habe im Rahmen seiner Berufsausübung gehandelt und sei deshalb lediglich in seiner Sozialsphäre betroffen. Zudem handele es sich bei der „Belauerung“ des Prominenten um ein zeitgeschichtliches Ereignis, an dem ein öffentliches Interesse bestehe. Zum Volltext der Entscheidung: - BGH: Zur Persönlichkeitsrechtsverletzung durch Berichterstattung oder: Wer Pornos dreht, muss auch dazu stehenveröffentlicht am 10. Dezember 2011
BGH, Urteil vom 25.10.2011, Az. VI ZR 332/09
§ 823 Abs. 1 Ah BGB, § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB; Art. 1 Abs. 1 GG, Art. 2 Abs. 1 GG, Art. 5 Abs. 1 GGDer BGH hat entschieden, dass die Berichterstattung über den Lebensgefährten einer Schauspielerin, der zuvor als Pornodarsteller tätig war, dessen Persönlichkeitsrecht nicht verletzt. Der Kläger sei in allen Filmen jeweils für kurze Zeit im Bild zu sehen gewesen; dabei sei auch sein Gesicht erkennbar gewesen. Damit liege durch die Berichterstattung kein Eingriff in seine absolut geschützte Intim- oder Privatsphäre vor. Das Gericht führte aus, dass derartige Filme gerade dazu bestimmt seien, von der interessierten Öffentlichkeit wahrgenommen zu werden, so dass die Mitwirkung an ihrer Produktion nicht als Ausdruck der geschützten freien Entfaltung der Persönlichkeit im Kernbereich höchstpersönlicher, privater Lebensgestaltung angesehen werden könne. Die Bekanntgabe der Tatsache im streitgegenständlichen Bericht, dass der Kläger bei den in Rede stehenden Filmproduktionen kein Kondom verwendet habe, beeinträchtige hingegen sein Persönlichkeitsrecht. Dies habe er allerdings hinzunehmen, da die Äußerungsinteressen der Beklagten hier überwiegendes Gewicht hätten. Zum Volltext der Entscheidung:
- LG Berlin: Verlag hat kein Recht auf Veröffentlichung privater E-Mails, deren Herkunft unsicher istveröffentlicht am 18. Dezember 2010
LG Berlin, Urteil vom 21.09.2010, Az. 27 O 685/10
§§ 823; 1004 BGBDas LG Berlin hat entschieden, dass ein deutscher Zeitungsverlag bei Zeitungsartikeln über einen ehemaligen brandenburgischen Innenminister keine E-Mails verwenden darf, deren Herkunft und Echtheit nicht gesichert, sondern streitig ist, und die Umstände aus dem Privatleben des Ministers zum Inhalt haben. Der Minister müsse sich zwar aufgrund seiner öffentlichen Funktion auch eine kritische Betrachtung von Umständen aus seinem Privatleben gefallen lassen. Im vorliegenden Fall sei das von dem Verlag zur Glaubhaftmachung vorgelegte Material möglicherweise nicht echt, da bereits seine Herkunft zweifelhaft sei. Bei einer solchen bloßen Verdachtslage gehe der Schutz der Privatsphäre dem öffentlichen Informationsanspruch vor.
- KG Berlin: Unerbetene Telefonwerbung gegenüber Verbrauchern ist keine Bagatelle – 30.000 EUR Streitwertveröffentlicht am 12. Juni 2010
KG Berlin, Beschluss vom 09.04.2010, Az. 5 W 3/10
§ 3 ZPODas Kammergericht hat entschieden, dass für unerbetene Telefonwerbung an Verbraucher ein Streitwert in Höhe von 30.000 EUR angemessen ist. Der vorher auf lediglich 5.000 EUR festgesetzte Streitwert rücke die mit den unerwünschten Anrufen verbundene Verletzung der Privatsphäre und des Persönlichkeitsrechts des Verbrauchers zu sehr in den Bagatellbereich und werde dem massiven Angriff auf Verbraucherinteressen nicht gerecht.