Dr. Ole Damm | Rechtsanwalt & Fachanwalt
IT-Recht, IP-Recht und Datenschutzrecht
Aktuelle Beiträge und Urteile
- LG Wuppertal: Werbeflyer mit Bestellkarte müssen vollständige Widerrufsbelehrung enthaltenveröffentlicht am 11. August 2015
LG Wuppertal, Urteil vom 21.07.2015, Az. 11 O 40/15 – nicht rechtskräftig
Art. 246a § 3 EGBGBDas LG Wuppertal hat in einem Musterverfahren der Wettbewerbszentrale entschieden, dass in Printwerbung (Werbeprospekt mit Bestellkarte) eine Widerrufsbelehrung sowie das Musterwiderrufsformular enthalten sein muss. Ein Hinweis lediglich auf das Bestehen eines Widerrufsrechts genüge nicht. Eine Ausnahme wegen begrenzter Darstellungsmöglichkeiten sei vorliegend nicht angebracht, da der Werbende seine Printwerbung selbst gestalte und den notwendigen Platz schaffen könne. Selbst verursachter Platzmangel könne nicht zur Erleichterung bei Pflichtinformationen führen.
- LG Hamburg: Zum Wertersatz für psychologische Gutachten auf Internet-Partnerbörsen, wenn der Vertrag widerrufen wirdveröffentlicht am 29. Juli 2014
LG Hamburg, Urteil vom 22.07.2014, Az. 406 HK O 66/14
§ 346 BGB, § 357 BGBDas LG Hamburg hat entschieden, dass die Online-Partnerbörse parship.de Nutzern, die von ihrem fernabsatzrechtlichen Widerrufsrecht Gebrauch machen, nicht Wertersatz in Höhe von bis zu 75 % des für die gesamte Laufzeit vereinbarten Entgeltes berechnen darf, auch wenn der Nutzer über die Online-Partnervermittlung der Beklagten bereits Kontakte hatte, zumal nicht jeder Kontakt erfolgreich sei. Vielmehr bemesse sich der Wertersatz „nach dem objektiven Wert der empfangenen Leistung, begrenzt durch das vertraglich vereinbarte Entgelt“. Zum Volltext der Entscheidung: (mehr …)
- LG Berlin: Ein Widerrufsrecht kann auch bei einem vorhergehenden Ladenbesuch möglich seinveröffentlicht am 22. Juli 2014
LG Berlin, Urteil vom 12.03.2013, Az. 83 S 52/12
§§ 312 ff BGBDas LG Berlin hat entschieden, dass ein fernabsatzrechtliches Widerrufsrecht auch dann bestehen kann, wenn der Verbraucher vorher das Geschäftslokal des Verkäufers aufgesucht hat. Vorliegend hatte der Kunde (über telefonische Bestellung im Internet) eine Lederjacke erworben, welche er bereits 2 Monate zuvor im Geschäftslokal des Händlers gesehen hatte. Das Gericht sah die Rückgabe der Jacke als vom fernabsatzrechtlichen Widerrufsrecht gedeckt an, da bei einem Kleidungsstück die aktuelle Information (z.B. passende Größe) relevant sei. Innerhalb von 2 Monaten könnten Änderungen am Körper auftreten, die ein nochmaliges Anprobieren erforderlich machten.
- AG München: Für das Bestehen eines Widerrufsrechts im Fernabsatz muss der Verbraucher als solcher erkennbar seinveröffentlicht am 12. Mai 2014
AG München, Urteil vom 10.10.2013, Az. 222 C 16325/13
§ 312 d BGB, § 13 BGBDas AG München hat entschieden, dass ein Widerrufsrecht für Verbraucher nur dann besteht, wenn der Verbraucher als solcher erkennbar war. Bestelle ein Verbraucher ein Produkt über das Internet und gebe bei den Kundeninformationen eine Unternehmensbezeichnung (hier: Physiotherapiepraxis) an und verwende auch die E-Mail-Adresse des Unternehmens, sei für den Verkäufer nicht erkennbar, dass eine private Bestellung vorliegen solle. Ein Widerruf dürfe daher vom Verkäufer zurückgewiesen werden. Zur Pressemitteilung vom 28.04.2014:
- EuGH: Verbraucherin aus Österreich kann deutschen Autohändler wegen Pkw-Mangel auch ohne Fernabsatzvertrag in Österreich verklagenveröffentlicht am 12. September 2012
EuGH, Urteil vom 06.09.2012, Az. C-190/11
Art. 15 Abs. 1 Buchst. c EU-VO Nr. 44/2001Der EuGH hat entschieden, dass ein Verbraucher den in einem anderen Mitgliedsstaat ansässigen Gewerbetreibenden (hier: ein Autohändler aus Hamburg) auch dann vor seinem Heimatgericht, also am Wohnort des Verbrauchers verklagen kann, wenn der Vertrag nicht im Fernabsatz geschlossen wurde (sondern, wie hier, vor Ort in Hamburg). Notwendig ist allein, dass (1) der Gewerbetreibende seine berufliche oder gewerbliche Tätigkeit im Mitgliedsstaat des Verbrauchers ausübt oder sie auf irgendeinem Wege auf diesen Mitgliedsstaat ausrichtet (hier: Ausrichtung der Verkaufswebsite auf den jeweiligen EU-Staat) und (2) der streitige Vertrag in den Bereich dieser Tätigkeit fällt. Die derzeitige europäische Regelung verlange nicht, dass der Verbraucher die zum Abschluss des Vertrages erforderliche Rechtshandlung in seinem Wohnsitzland vorgenommen habe. Zum Volltext der Entscheidung: (mehr …)
- OLG Frankfurt a.M.: Zur Berechtigung einer Vorkasseforderung des Onlinehändlers, wenn zum Zeitpunkt der Zahlung noch kein Vertrag geschlossen worden istveröffentlicht am 11. September 2012
OLG Frankfurt a.M. Beschluss vom 29.08.2012, Az. 6 W 84/12
§ 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB, § 308 Nr. 1 BGB, § 4 Nr. 11 UWGDas OLG Frankfurt a.M. hat entschieden, dass eine AGB-Klausel, nach welcher eine Zahlung zu einem Zeitpunkt zu veranlassen ist, in dem noch gar kein Vertrag zwischen den Parteien besteht, unwirksam ist und damit gegen das Wettbewerbsrecht verstößt. Eine solche Geschäftsbedingung sei mit wesentlichen Grundgedanken des allgemeinen Schuldrechts nicht vereinbar. Zum Volltext der Entscheidung: (mehr …)
- BGH: Eine Internetapotheke in der EU, die auch nach Deutschland liefert, hat die deutsche Arzneimittel-Preisbindung zu beachtenveröffentlicht am 25. August 2012
BGH, Beschluss vom 22.08.2012, Az. GmS-OGB 1/10
§ 1 AMPreisV, § 3 AMPreisV, § 73 Abs. 1 S.1 Nr. 1a AMGDer BGH hat laut Pressemitteilung Nr. 135/12 vom 22.08.2012 entschieden, dass auch EU-Versandapotheken der deutschen Arzneimittelpreisbindung unterliegen. Die klagende Partei hatte argumentiert, Festpreise dienten der Abwehr von Gefahren für den Patienten. Wenn der Patient erst einmal Preise vergleiche, könne unter Umständen mit der Behandlung erst später begonnen werden. Was wir davon halten? Wenn man davon ausgeht, dass der Preisvergleich von den Patienten mit amtlicher Geschwindigkeit durchgeführt wird, könnte den Bedenken der Klägerin noch Rechnung getragen werden; im Übrigen ist dieses „Argument“ natürlich Unsinn: Ein Preisvergleich findet heute anhand unzähliger Preissuchmaschinen binnen Sekunden statt und auch die Anrufe, bei drei oder vier Apotheken, führt nicht im Entferntesten dazu, dass „mit der Behandlung erst später begonnen werden“ kann. Die deutsche Rechtslage, die demnächst mit einer Ergänzung des Arzneimittelgesetzes zementiert werden soll, widerspricht unseres Erachtens diametral der europäischen Rechtslage (vgl. Art. 28 – 30 EGV). Die Ankündigung des Europäischen Verbandes der Versandapotheken, in dieser Angelegenheit die EU-Kommission anzurufen (hier), ist daher nur zu verständlich und erfolgt vor dem Hintergrund von Art. 27 lit. b EGV. Eine die Regulierung rechtfertigende Ausnahme nach Art. 30 S. 1 EGV sollte nicht vorliegen, da allein die Preisbindung nicht, jedenfalls nicht effektiv dem „Schutze der Gesundheit und des Lebens von Menschen“ dienen kann; eher im Gegenteil. Zum Volltext der Pressemitteilung: (mehr …)
- LG Bielefeld: Widerrufsrecht gilt auch für Kursangebote im Internet – Keine Anwendung von Ausnahmeregelungenveröffentlicht am 22. August 2012
LG Bielefeld, Urteil vom 05.06.2012, Az. 15 O 49/12
§ 8 Abs. 1 UWG, § 3 UWG, § 4 Nr. 11 UWG; § 312c Abs. 1 BGBDas LG Bielefeld hat auf eine Klage des Verbraucherzentrale Bundesverbands entschieden, dass das fernabsatzrechtliche Widerrufsrecht für Verbraucher auch für das Angebot von Online-Kursen im Internet (hier: Sportbootführerschein) gilt. Entgegen den Einwänden des Kursanbieters greife nicht die Ausnahmeregelung für „die Erbringung von Dienstleistungen im Bereich der Freizeitgestaltung mit Verpflichtung zur Leistungserbringung zu einem bestimmten Zeitpunkt/innerhalb eines genau angegebenen Zeitraums“. Für diese Ausnahme komme es darauf an, dass der Unternehmer nur eine begrenzte Anzahl von Kunden zur gleichen Zeit bedienen könne und daher die Leistungszeit im voraus genau festgelegt werde, so dass freiwerdende Plätze kaum aufgefüllt werden könnten. Dies treffe bei dem Online-Kursangebot des Beklagten jedoch nicht zu. Zum Volltext der Entscheidung:
- AG Stuttgart: Wer die Domina bestellt, muss auch dafür zahlen – Kein Widerrufsrecht bei Sex-Dienstleistungenveröffentlicht am 13. Juni 2012
AG Stuttgart, Urteil vom 07.03.2012, Az. 50 C 6193/11
§ 312b Abs. 3 Nr. 6 BGBDas AG Stuttgart hat entschieden, dass für im Internet ersteigerte Dienstleistungen des „horizontalen Gewerbes“ kein Widerrufsrecht nach den Vorschriften über den Fernabsatz besteht. Vorliegend hatte der Kläger auf einer Erotikplattform die Dienstleistung zweier [sic!] Dominas ersteigert, sich dann allerdings kurzfristig anders entschieden und die Damen wieder abbestellt. Der Betreiber der Erotik-Plattform forderte trotzdem die vereinbarte Provision – zu Recht, wie das AG Stuttgart entschied. Bei Freizeit-Dienstleistungen im Internet sei ein Widerrufsrecht des Verbrauchers bereits gesetzlich nicht vorgesehen (vgl. § 312b Abs. 3 Nr. 6 BGB). Wir wollen nicht ausschließen, dass die Damen allein wegen ihrer Zurückweisung die gebuchte Leistung nunmehr nachholen und den Beklagten nach Strich und Faden verprügeln.
- LG Krefeld: Zum Widerrufsrecht des Verbrauchers bei telefonisch verkauften Wertpapierenveröffentlicht am 21. Februar 2011
LG Krefeld, Urteil vom 14.10.2010, Az. 3 O 49/10
§§ 346 Abs. 1, 357 Abs. 1 S. 1, 398 S. 2 BGBDas LG Krefeld hat entschieden, dass dem Verbraucher, der telefonisch Wertpapiere erwirbt und hierzu ein Wertpapierdepot nebst Verwaltung einrichten lässt, ein Widerrufsrecht zusteht. Es liege ein Fernabsatzvertrag gemäß § 312 b Abs. 1 BGB vor, da der telefonische Vertragsabschluss ein Abschluss unter ausschließlicher Verwendung von Fernkommunikationsmitteln sei. Eine Ausschlussregelung greife vorliegend nicht. Die Beklagte betreibe zwar ihren Geschäftsbetrieb überwiegend in ihren niedergelassenen Filialen, doch habe sie zweifellos ihren Geschäftsbetrieb so ausgestaltet, dass sie Vertragsschlüsse im Hinblick auf ihre Finanzdienstleistungen auch unter ausschließlicher Verwendung von Fernkommunikationsmitteln (Telefon, Internet, etc.) abwickeln könne. Ein Ausschluss gemäß § 312 b Abs. 4 BGB komme ebenfalls nicht in Betracht. Hiernach finden „die Vorschriften über Fernabsatzverträge bei Vertragsverhältnissen, die eine erstmalige Vereinbarung mit daran anschließenden aufeinander folgenden Vorgängen oder eine daran anschließende Reihe getrennter, in einem zeitlichen Zusammenhang stehender Vorgänge der gleichen Art umfassen, nur Anwendung auf die erste Vereinbarung“. Der streitgegenständliche Erwerb der X-Zertifikate sei jedoch kein auf eine erstmalige Vereinbarung folgender oder daran anschließender Vorgang im Sinne des § 312b Abs. 4 Satz 1 BGB, sondern ein eigenes, eigenständiges Rechtsgeschäft, so dass ein Ausschluss des Widerrufsrechts nicht in Betracht komme.