Dr. Ole Damm | Rechtsanwalt & Fachanwalt
IT-Recht, IP-Recht und Datenschutzrecht
Aktuelle Beiträge und Urteile
- OLG Schleswig: Wie häufig muss die Einhaltung einer Unterlassungserklärung zur Meidung einer Vertragsstrafe überprüft werden? / 2023veröffentlicht am 30. März 2023
Vertragsstrafe
OLG Schleswig, Urteil vom 09.03.2023, Az. 6 U 36/22
§ 2 PAngV a. F., § 280 Abs. 1 S. 2 BGBDas OLG Schleswig hat entschieden, dass von einem Unterlassungsschuldner – der sich in Hinblick auf seine Internetangebote zur Vorhaltung eines zuvor fehlenden Links auf die Streitschlichtungs-(OS)-Plattform der EU verpflichtet hat – zur Einhaltung der Unterlassungserklärung nicht mehr verlangt werden kann, als das Einrichten eines klickbaren Links, dessen anschließende Überprüfung und eine weitere Überprüfung im Rahmen routinemäßiger Kontrollen. Hinsichtlich der zeitlichen Kontrolldichte erachtet der Senat einen einmonatigen Kontrollrhythmus für ausreichend. Zum Volltext der Entscheidung: (mehr …)
- LG Karlsruhe: Keine Vertragsstrafe für Fortbestand eines Wettbewerbsverstoßes in der Wayback-Machine / 2023veröffentlicht am 28. März 2023
Vertragsstrafe
LG Karlsruhe, Urteil vom 16.02.2023, Az. 13 O 2/23 KfH
§ 780, § 781 BGBDas LG Karlsruhe hat entschieden, dass es keinen Verstoß gegen eine Unterlassungsverpflichtung darstellt, wenn alte Webseiten-Versionen mit zu unterlassender Werbung, die aus der Zeit vor Zustandekommen eines Unterlassungsvertrags stammen, in einem von Dritten selbständig betriebenen Web-Archiv (hier: Wayback-Machine) weiterhin auffindbar sind, welches von üblichen Internet-Suchmaschinen nicht durchsucht werden kann. Zum Volltext der Entscheidung: (mehr …)
- OVG Münster: Facebook muss Nutzern einstweilen kein Gegenvorstellungsverfahren anbieten / 2023veröffentlicht am 23. März 2023
Gegenvorstellungsverfahren
OVG Münster, Urteil vom 21.03.2023, Az. 13 B 381/22
§ 3b NetzDGDas OVG Münster hat entschieden, dass die Betreiberin des sozialen Netzwerks Facebook nicht verpflichtet ist, Gegenvorstellungsverfahren zu Entscheidungen über die Löschung oder Sperrung strafrechtlich relevanter Inhalte bei sogenannten NetzDG-Beschwerden vorzuhalten. Das soll Nutzern ermöglichen, eine Entscheidung des Anbieters des sozialen Netzwerks darüber, ob er einen bestimmten Inhalt entfernt bzw. den Zugang zu ihm sperrt, durch den Anbieter überprüfen zu lassen. Die Antragstellerin sei, so der Senat, in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union (hier: Irland) ansässig. Sie genieße das Privileg des in der Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr (E-Commerce-Richtlinie) verankerten Herkunftslandprinzips. Dieses bestimme, dass Dienste der Informationsgesellschaft, zu denen auch soziale Netzwerke gehören, grundsätzlich nur dem Recht des Mitgliedstaats unterliegen, in dem der Anbieter niedergelassen ist (hier: Irland). Eine Abweichung vom Herkunftslandprinzip sei nur unter den dafür ausdrücklich vorgesehenen Voraussetzungen zulässig. Diese dürften hier aber schon deshalb nicht erfüllt sein, weil die Bundesrepublik Deutschland die maßgeblichen verfahrensrechtlichen Anforderungen nicht eingehalten habe, was näher ausgeführt wird. Zur Pressemitteilung des Senats: (mehr …)
- LG Berlin: Werbung mit Sternen ohne eine einzige Kundenrezension ist wettbewerbswidrig / 2023veröffentlicht am 21. März 2023
Werbung mit Sternen
LG Berlin, Urteil vom 23.09.2023, Az. 16 O 139/21
§ 5 Abs. 1 UWGDas LG Berlin hat entschieden, dass ein durchschnittlich aufmerksamer und informierter Verbraucher den Zusatz von fünf Sternen bei einem Produkt dahingehend versteht, dass Kunden, die das Produkt bereits erworben haben, es als in jeder Hinsicht positiv beurteilen. Der Gebrauch von „Sternen“ analog zu der bekannten Hotelkategorisierung sei, so die Kammer, im Internet üblich und werde vom Publikum auch so verstanden. Tatsächlich werde der Interessent, der die Übersichtsseite aufrufe, in seiner Erwartung aber enttäuscht, wenn überhaupt keine Kundenrezensionen vorlägen. Der Interessent werde dadurch zu einer geschäftlichen Entscheidung verleitet, die er andernfalls nicht getroffen hätte. Das gelte nicht nur dann, wenn er das Produkt tatsächlich erwerbe, sondern schon dann, wenn er sich infolge des Irrtums weiter mit dem Angebot befasse, bspw. die Liste mit der Ausstattung des Produkts überprüfe. Nach der Rechtsprechung des EuGH sei der Begriff der „geschäftlichen Entscheidung“ weit zu definieren. Erfasst werde nicht nur die Entscheidung über den Erwerb oder Nichterwerb des Produktes, sondern auch damit unmittelbar zusammenhängende Entscheidungen wie insbesondere das Betreten des Geschäfts. Ebenso hat der BGH das Aufrufen eines Verkaufsportals im Internet als eine relevante geschäftliche Entscheidung angesehen. Das Aufrufen einer Produktunterseite, um sich näher mit einem von Kunden vermeintlich besonders gut bewerteten Produkt zu befassen, sei, so die Kammer, dem Betreten eines Geschäfts oder dem Aufruf eines Portals gleichzustellen. Zum Volltext der Entscheidung: (mehr …)
- EuGH-Generalanwalt: Das automatisierte SCHUFA-Scoring-Verfahren verstößt gegen geltendes Recht / 2023veröffentlicht am 20. März 2023
SCHUFA-Scoring
Schlussanträge EuGH-Generalanwalt Pikamae, 16.03.2023, Az. C-634/21
Art. 6 Abs. 1 DSGVO, Art. 22 DSGVODer Generalanwalt beim EuGH, Priit Pikamae, hat die Rechtsansicht geäußert, dass die automatisierte Bewertung der Kreditwürdigkeit einer Person oder eines Unternehmens durch die SCHUFA mittels eines geheimen Algorithmusses gegen geltendes Datenschutzrecht verstößt, da es ein Profiling gem. Art. 22 DSGVO darstellt. Hiervon abgesehen müsse der Bewertete die Möglichkeit haben, zu erfahren, welche seiner persönlichen Daten von der SCHUFA bei der Scoring-Prüfung berücksichtigt werden und wie das Ergebnis methodisch zustande kommt. Dies ist neu, da die deutsche Gerichtsbarkeit den Bewertungsalgorithmus der SCHUFA bislang de-facto als Geschäftsgeheimnis anerkannt haben. Außerdem beanstandete der Generalanwalt, dass die SCHUFA Daten doppelt so lange vorhält wie die zuständigen Registergerichte. So werde die Rückkehr des Schuldenrs ins Wirtschaftsleben nach einem Jahr konterkariert. Zum Volltext des Gutachtens und der Schlusssanträge: (mehr …)
- LG München I: Ein-Sterne-Bewertung unzulässig, wenn kein Vertragskontakt vorlagveröffentlicht am 16. März 2023
LG München I, Endurteil vom 20.11.2019, Az. 11 O 7732/19
§ 823 Abs. 1 BGB, § 1004 Abs. 1 S. 2 BGB, Art. 2 Abs. 1 GG, Art. 5 Abs. 1 GG, Art. 12 Abs. 1 GG, Art. 19 Abs. 3 GGDas LG München I hat entschieden, dass eine Ein-Sterne-Bewertung (hier: einer Rechtsanwaltskanzlei) eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts darstellt, wenn der Bewertende nie Kunde (hier: Mandant der Kanzlei) war. Mit seiner Bewertung behaupte er wahrheitswidrig, so die Kammer, in einer für die Bewertung der angebotenen Leistung der Rechtsanwaltskanzlei relevanten Art und Weise und nicht nur als gegnerische Partei mit dieser in Kontakt gekommen zu sein. Zum Volltext der Entscheidung:
(mehr …) - LG München I: Zur vertragstypologischen Bedeutung einer negativen Lizenz (Freedom to operate) / 2015veröffentlicht am 14. März 2023
Negative Lizenz
LG München I, Urteil vom 08.01.2015, Az. 7 O 28263/13
§ 133 BGB, § 157 BGB, § 242 BGBDas LG München I hat erläutert, dass eine negative Patentlizenz („freedom-to-operate-Lizenz“) sich dadurch auszeichnet, dass der Lizenzgeber keinerlei Verpflichtungen hinsichtlich der Verschaffung der tatsächlichen Nutzungsmöglichkeit und der Aufrechterhaltung des Patentschutzes eingeht. Die schutzrechtliche Interessenlage der Parteien bleibe davon in der Regel aber unberührt, so dass der Lizenznehmer ein Benutzungsrecht dann erlange, wenn seine patentrechtlichen Benutzungshandlungen nach dem Willen der Parteien rechtmäßig sein sollen. Die negative Patentlizenz gelte dann als eine Unterart der einfachen Lizenz und räum ein positives Nutzungsrecht ein. Dies entspreche dem Regelfall. Anderenfalls sei von einem schlichten Nichtangriffspakt auszugehen, einem pactum de non petendo. Was jeweils vorliege, entscheide, so die Kammer, der Einzelfall. Zum Volltext der Entscheidung: (mehr …)
- LG München I: Eine Abgrenzungs- und Vorrechtsvereinbarung kann nicht ordentlich gekündigt werden / 2022veröffentlicht am 13. März 2023
LG München I, Endurteil vom 11.10.2022, Az. 33 O 10784/21
§ 30 MarkenG, § 133 BGB, § 157 BGB, § 314 BGB, § 543 BGB, § 544 BGB, § 581 Abs. 2 BGBDas LG München I hat entschieden, dass eine Abgrenzungs- und Vorrechtsvereinbarung nicht wie ein Lizenzvertrag ordentlich gekündigt werden kann. Zum Volltext der Entscheidung: (mehr …)
- OLG Celle: Streitwert bei Gerichtsverfahren mit einer Verbraucherzentrale kann 3.000 EUR betragen / 2023veröffentlicht am 7. März 2023
Streitwert
OLG Celle, Beschluss vom 21.02.2023, Az. 13 W 5/23
§ 51 Abs. 3 Satz 1 GKG, § 68 Abs. 1 Satz 1 GKGDas OLG Celle hat kürzlich entschieden, dass sich bei zwei Wettbewerbsverstößen (Lebensmittelkennzeichnungspflicht), der Umstand, dass die Beklagte ihren Onlineshop erst wenige Monate vor der Abmahnung der betreffenden Verbraucherzentrale eröffnet und seitdem mit dem Verkauf von Lebensmitteln nur einen Gewinn von 123,77 EUR erzielt hatte, streitwertmindernd auswirkt (§ 51 Abs. 3 Satz 1 GKG). Der Rechtsanwalt der betreffenden Verbraucherzentrale wollte reichliche 30.000 EUR zu Grunde legen, drang hiermit aber nicht durch. Zum Volltext der Entscheidung:
(mehr …) - LG Stuttgart: Anbieten von „Osteopathie“ ohne unbeschränkte Heilpraktikererlaubnis ist wettbewerbswidrigveröffentlicht am 6. März 2023
LG Stuttgart, Urteil vom 27.02.2022, Az. 11 O 52/21
§ 3 UWG, § 5 UWG, § 1 HeilpraktikerGDas LG Stuttgart hat entschieden, dass der Inhaber einer nicht-ärztlich geleiteten Praxis für diese nicht mit den Bezeichnungen „Osteopath“, „Osteopathie“ oder „Vollzeit-Osteopathie-Praxis“ werben darf, wenn er selbst nur Heilpraktiker beschränkt auf die Physiotherapie ist. Bei Osteopathie handele es sich um eine manuelle Form der Therapie, also eine Heilbehandlung, die gem. § 1 HeilpraktikerG nur durch Ärzte oder Heilpraktiker ausgeübt werden dürfe. Dass eine Mitarbeiterin mit einer Arbeitszeit von lediglich neun Wochenstunden auf 450-EUR-Basis über eine uneingeschränkte Heilpraktikererlaubnis verfügt habe berechtige nicht dazu, von einer „Vollzeit-Osteopathie-Praxis“ zu sprechen. Der Inhaber selbst führe auch über seine eigene Qualifikation in die Irre. Eine Berufung gegen das Urteil des LG Stuttgart wurde nach Angaben der Wettbewerbszentrale zurückgenommen. Colorandi causa wies die Kammer darauf hin, dass eine Unterlassungserklärung gegenüber einem Verband, dessen Gründer und 1. Vorsitzender der Inhaber der Praxis war, die Wiederholungsgefahr nicht ausräume. Es handele sich ersichtlich um eine Gefälligkeit des Verbandes, der gegenüber seinem Vorsitzenden voraussichtlich keine Folgeverstöße ahnden oder gar Vertragsstrafen geltend machen würde.