Dr. Ole Damm | Rechtsanwalt & Fachanwalt
IT-Recht, IP-Recht und Datenschutzrecht
Aktuelle Beiträge und Urteile
- LG Hamburg: Zur Frage, wann der Journalist sich eigene Recherche durch Verweis auf fremde Presseberichterstattung ersparen kann / Agenturprivilegveröffentlicht am 14. Januar 2012
LG Hamburg, Urteil vom 11.11.2011, Az. 324 S 8/11
§ 823 BGB, § 1004 BGBJournalisten kommt das Privileg zu, Agenturmeldungen in ihrer Berichterstattung übernehmen zu dürfen, ohne dass jede einzelne Information auf ihre Richtigkeit überprüft werden muss. Ist die Agenturmeldung unzutreffend, haftet der berichterstattende Journalist nicht (sog. „Agenturprivileg“). Eine Ausnahme soll nach Auffassung des LG Hamburg dann gelten, wenn die Agenturmeldung darauf hinweist, dass sie ihrerseits lediglich den Bericht eines anderen Zeitungsverlags wiedergibt. Zitat: (mehr …)
- EuGH: Bei Persönlichkeitsrechtsverletzung kann Gericht am Wohnsitz des Betroffenen im jeweiligen EU-Mitgliedsstaates angerufen werdenveröffentlicht am 26. Oktober 2011
EuGH, Urteil vom 25.10.2011, Az. C-509/09 und C-161/10
EU-VO Nr. 44/2001Der EuGH hat entschieden, dass die Opfer einer mittels des Internets begangenen Persönlichkeitsverletzung wegen des gesamten entstandenen Schadens die Gerichte ihres Wohnsitzmitgliedstaats anrufen können. Dabei darf der Betreiber einer Website, für die die Richtlinie über den elektronischen Rechtsverkehr gilt, jedoch in diesem Staat keinen strengeren als den im Recht seines Sitzmitgliedstaats vorgesehenen Anforderungen unterworfen werden. Zur Pressemitteilung des EuGH 115/11 vom 25.10.2011: (mehr …)
- BGH: Neue Haftungsregeln für Hostprovider, welche die anonyme Führung von Blogs ermöglichen / Googleveröffentlicht am 26. Oktober 2011
BGH, Urteil vom 25.10.2011, Az. VI ZR 93/10
§ 823 BGB, § 1004 BGBDer BGH hat die Verantwortlichkeit von sog. Hostproviders für rechtswidrige Blogeinträge neu definiert. Es ging in diesem Fall darum, dass die Beklagte „mit Sitz in Kalifornien“ technische Infrastruktur und den Speicherplatz für eine Website und für die unter einer Webadresse eingerichteten Weblogs (Blogs) zur Verfügung stellte. Hinsichtlich der Blogs, journal- oder tagebuchartig angelegten Webseiten, fungierte die Beklagte als Hostprovider. Ein von einem Dritten eingerichteter Blog enthielt unter anderem eine Tatsachenbehauptung, die der Kläger als unwahr und ehrenrührig beanstandete. Da der Kläger des Dritten allerdings nicht ohne Weiteres habhaft wurde, trat er an den Hostprovider heran. Dieser ist auch, nach Auffassung des BGH, unter bestimmten Umständen für die Entfernung des Eintrags verantwortlich, wenn folgende Voraussetzungen vorliegen (aus der Pressemitteilung 169/11 des BGH vom 25.10.2011): (mehr …)
- LG Berlin: Kein Schutz gegen Google Street View, wenn noch gar keine Bilder gemacht wurdenveröffentlicht am 14. Juni 2011
LG Berlin, Beschluss vom 13.09.2010, Az. 82 O 836/10
§§ 823, 1004 BGB; 32 ZPO; Art. 1, 2 Abs. 1 GGDas LG Berlin hat entschieden, dass der Eigentümerin eines Einfamilienhauses kein vorbeugender Rechtsschutz gegen die Betreiber von Street View wegen noch nicht gefertigter Bilder zusteht. Grund für den Antrag der Eigentümerin war die Befürchtung, dass der Privatbereich des Vorgartens und der Wohnräume und Aufnahmen von ihr bzw. ihrer Familie auf den zur Veröffentlichung bestimmten Lichtbildern zu sehen sein würden. Die Antragstellerin habe aber nicht glaubhaft machen können, dass die Rechtsverletzung in der Zukunft tatsächlich eintreten werde. Soweit die Kammer sich die im Internet abrufbare Demonstrationsversion für Street View stichprobenartig angesehen habe, erschienen diese Befürchtungen der Antragstellerin eher unbegründet. Ebenfalls unwahrscheinlich erscheine die Aufnahme der Antragstellerin auf der Straße vor ihrem Haus, da es sich in der kurzen Zeit der Aufnahme um einen größeren Zufall handeln würde, sollte sie sich gerade dann dort aufhalten. Zudem habe die Antragstellerin auch die – von Street View eigens eingeräumte – Möglichkeit, Gesichter, die bei Aufnahme ihres Hauses erfasst wurden, unkenntlich machen zu lassen.
- AG Hamburg: Plagiatsvorwurf verletzt Persönlichkeitsrecht, wenn er ohne hinreichende Anknüpfungspunkte erfolgtveröffentlicht am 30. Mai 2011
AG Hamburg, Urteil vom 21.02.2011, Az. 36A C 243/10
§§ 823, 242, 1004 Abs. 1 BGB; Art. 5, 1, 2 GGDas AG Hamburg hat entschieden, dass der Vorwurf des Plagiats ohne nähere Anknüpfungspunkte eine Persönlichkeitsrechtsverletzung des als Plagiator bezeichneten Autors darstellt. Zwar sei vorliegend der Plagiatsvorwurf in einem wissenschaftlichen Werk getätigt worden, so dass die Äußerung grundsätzlich der Wissenschaftsfreiheit unterfalle. Dazu wäre jedoch für die Zulässigkeit dieser Textpassagen sowohl als Verdachtsberichterstattung als auch als Meinungsäußerung Voraussetzung, dass hinreichende Anknüpfungspunkte für ein Plagiat im Tatsächlichen bestünden, die dies belegten. Sei dies nicht der Fall, so würden die Rechte der Beklagten auf Wissenschaftsfreiheit und Meinungsfreiheit hinter den Rechten des Klägers zurückstehen. Dem als Plagiator bezeichneten Autor stünden dann Auskunfts- und Schadensersatzansprüche zu.
- BGH: Zu der Zuständigkeit deutscher Gerichte für im Internet begangene Persönlichkeitsrechtsverletzungen im Auslandveröffentlicht am 12. Mai 2011
BGH, Urteil vom 29.03.2011, Az. VI ZR 111/10
§ 32 ZPODer BGH hat entschieden, dass ein deutsches Gericht für im Ausland begangene Verletzungen des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts nicht bereits dadurch zuständig ist, dass der Verletzte den fraglichen Bericht an seinem deutschen Wohnsitz abrufen konnte und der Bericht einzelnen Geschäftspartnern des Verletzten bekannt geworden ist. Vielmehr sei auch zu berücksichtigen, in welcher Sprache und Schrift (hier: Kyrillisch) der Artikel gehalten sei. Letzteres könnte gegen einen Inlandsbezug sprechen. Zum Volltext der Entscheidung:
- LG Köln: Keine Rückruf-Aktion für Bücher, die nur eine falsche Tatsachenbehauptung enthaltenveröffentlicht am 14. Oktober 2010
LG Köln, Urteil vom 04.08.2010, Az. 28 O 636/09
§§ 823, 1004 BGBDas LG Köln hat entschieden, dass ein Satz in einem Buch, der eine falsche Tatsachenbehauptung darstellt, unterlassen werden muss. Die Frage, ob sich diese Verpflichtung nur auf künftige Exemplare des Buches bezieht oder ob ein Rückruf bereits gedruckter Exemplare erfolgen muss, machte das Gericht von der Schwere der Persönlichkeitsrechtsverletzung abhängig. Im entschiedenen Fall bezog sich der Anspruch der Klägerin auf einen einzigen Satz, dessen Behauptung zudem viele Jahre strittig gewesen sei. Unter Abwägung aller Umstände, insbesondere der Zumutbarkeit einer Rückrufaktion für den betroffenen Verlag, kam das Gericht zu dem Schluss, dass die Änderung/Entfernung der streitigen Passage nur in zukünftig noch zu druckenden Exemplaren erfolgen müsse.
- LG Berlin: Streitwert von 10.000 EUR für Veröffentlichung von Gerüchten mit heimlich gefertigten Fotos angemessenveröffentlicht am 16. Juni 2010
LG Berlin, Urteil vom 30.03.2010, Az. 27 S 23/09
§§ 823, analog 1004 Abs. 1 S. 2 BGB; 22 f. KUG; Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG
Das LG Berlin hat entschieden, dass für eine Veröffentlichung heimlich gefertigter Fotos (Paparazzi-Aufnahmen) und einem aus Gerüchten bestehenden Textbeitrag ein Streitwert in Höhe von 10.000 EUR gerechtfertigt ist. Inhaltlich ging es um die Spekulation, dass die Klägerin immer noch die „heimliche Geliebte“ eines Politikers und möglicherweise (erneut) von diesem schwanger sei. Bei der Bemessung des Streitwerts hat das Gericht die hohe Auflage der beklagten Zeitschrift sowie die Platzierung des Artikels als „Aufmacher“ auf der Titelseite berücksichtigt. Demzufolge hatte die Beklagte der Klägerin auch Rechtsanwaltskosten aus einem Gegenstandswert von 10.000 EUR zu erstatten. - LG Düsseldorf: Zur Haftung des Forumsbetreibersveröffentlicht am 20. November 2009
LG Düsseldorf, Urteil vom 27.06.2007, Az. 12 O 343/06
§§ 823 Abs. 1, 1004 BGB analog
Das LG Düsseldorf hat entschieden, dass der Betreiber eines Diskussionsforums im Internet nicht für persönlichkeitsrechtsverletzende Äußerungen haftet, wenn er den ihm obliegenden Prüfungspflichten nachgekommen ist. Anderenfalls werde die Störerhaftung über Gebühr auf Dritte erstreckt. Inhaltlich beziehen sich die Prüfungspflichten nach Aussage des Gerichts ausdrücklich nicht darauf, allgemein zu überwachen und nachzuforschen, ob überhaupt rechtswidrige Inhalte auf der betriebenen Plattform enthalten sind. Foren mit Beiträgen, die oft in die Tausende gehen, würden den jeweiligen Betreiber bei Zugrundelegung einer solchen allgemeinen Pflicht in technischer, wirtschaftlicher und persönlicher Hinsicht überfordern und das Betreiben von Internetforen in letzter Konsequenz unmöglich machen. Aus diesen Gründen sei der Forumsbetreiber erst ab Kenntniserlangung eines rechtswidrigen Beitrags verpflichtet, diesen umgehend zu entfernen. Eine Unterlassungserklärung sei ebenfalls nicht erforderlich, da die Wiederholungsgefahr bereits durch die Löschung und die Versicherung, das Forum zukünftig auf solche Verletzungshandlungen zu überwachen, ausgeräumt sei.