Dr. Ole Damm | Rechtsanwalt & Fachanwalt
IT-Recht, IP-Recht und Datenschutzrecht
Aktuelle Beiträge und Urteile
- EuGH: Gebrauchte Software darf weiterverkauft werden / Urheberrechtlicher Erschöpfungsgrundsatz gilt auch für Software, die im Wege eines Downloads erworben wurdeveröffentlicht am 3. Juli 2012
EuGH, Urteil vom 03.07.2012, Az. C-128/11
Art. 4 Abs. 2 und Art. 5 Abs. 1 EU-RL 2009/24Der EuGH hat entschieden, dass Software, die im Wege des kostenpflichtigen Downloads erworben wurde, vom Erwerber ohne Einwilligung des Herstellers weiterveräußert werden kann. Notwendig sei allein, dass mit dem erfolgreichen Download eine Kopie der Software in den Verkehr gebracht worden sei, ferner, dass die Lizenz dem Ersterwerber ursprünglich vom Rechtsinhaber ohne zeitliche Begrenzung und gegen Zahlung eines Entgelts überlassen worden sei, „das es diesem ermöglichen soll, eine dem wirtschaftlichen Wert der Kopie seines Werkes entsprechende Vergütung zu erzielen„. Zum Volltext der Entscheidung: (mehr …)
- EuGH: Weder die Funktionalität eines Computerprogramms noch die Programmiersprache noch sein Dateiformat sind urheberrechtlich geschütztveröffentlicht am 22. Mai 2012
EuGH, Urteil vm 02.05.2012, Az. C?406/10
Art. 1 Abs. 2 und Art. 5 Abs. 3 EU-RL )1/250; Art. 2 lit a EU-RL 2001/29Der EuGH hat entschieden, dass weder die Funktionalität eines Computerprogramms noch die Programmiersprache oder das Dateiformat, die im Rahmen eines Computerprogramms verwendet werden, um bestimmte Funktionen des Programms zu nutzen, urheberrechtlich geschützt sind. Ferner dürfe die Person, die im Besitz einer lizenzierten Kopie eines Computerprogramms sei, das Funktionieren dieses Programms ohne Einwilligung des Rechteinhabers beobachten, untersuchen oder testen, um die einem Programmelement zugrunde liegenden Ideen und Grundsätze zu ermitteln. Allerdings schränkte der EuGH dieses Recht mit der wenig wegweisenden Formulierung ein „wenn sie von dieser Lizenz umfasste Handlungen sowie Handlungen zum Laden und Ablaufen vornimmt, die für die Benutzung des Computerprogramms erforderlich sind, und unter der Voraussetzung, dass diese Person die Ausschließlichkeitsrechte des Inhabers des Urheberrechts an diesem Programm nicht verletzt.“ Zum Volltext der Entscheidung: (mehr …)
- BGH: Ein Computerprogramm kann nur patentiert werden, wenn auch die zum Ablauf benutzte Hardware eine „technische Neuigkeit“ darstelltveröffentlicht am 8. April 2011
BGH, Urteil vom 26.10.2010, Az. X ZR 47/07
Art. 52 Abs. 2 Buchst. c. und d; 56; 138 Abs. 1 Buchst. a EPÜ; Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 1 IntPatÜbkGDer BGH tut sich mit der Patentierung von Software schwer. Die Patentierung von „Programmen für Datenverarbeitungsanlagen“ ist gemäß § 1 Abs. 3 Nr. 3 PatG ausgeschlossen. Es schien, als sehe der BGH den sittlichen Nährwert dieser gesetzlichen Vorgabe nicht ein, denn in jüngster Zeit ergingen zwei Entscheidungen, welche für den Patentschutz von Computerprogrammen einen „Karlsruher Workaround“ enthielten: Das Programm sollte zwar per se patentrechtlich weiterhin nicht geschützt sein, anders aber, „wenn der Ablauf eines Datenverarbeitungsprogramms, das zur Lösung des Problems eingesetzt wird, durch technische Gegebenheiten außerhalb der Datenverarbeitungsanlage bestimmt wird oder wenn die Lösung gerade darin besteht, ein Datenverarbeitungsprogramm so auszugestalten, dass es auf die technischen Gegebenheiten der Datenverarbeitungsanlage Rücksicht nimmt.“ (vgl. Siemens). Mit anderen Worten: Jedes von einer IT-Plattform (z.B. Intel-PC) abhängige Computerprogramm war im Ergebnis patentiertbar. In einer weiteren Entscheidung zu Gunsten von Microsoft reduzierte der BGH seine Rechtsansicht auf die Formel: „Nach der gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs muss eine Anmeldung, die ein Computerprogramm oder ein durch ein Datenverarbeitungsprogramm verwirklichtes Verfahren zum Gegenstand hat, über die für die Patentfähigkeit unabdingbare Technizität hinaus verfahrensbestimmende Anweisungen enthalten, die die Lösung eines konkreten technischen Problems mit technischen Mitteln zum Gegenstand haben„ Mit der vorliegenden Entscheidung verfestigte der BGH seine Rechtsprechung, wonach die Rücksichtnahme auf die technischen Gegebenheiten der Datenverarbeitungsanlage nicht mehr ausreichte. In diesem Verfahren befand der BGH, dass das Patent für ein Navigationsgerät mit softwaregesteuerter 3D-Darstellung wegen Nichtigkeit zu löschen sei, da dieses keine Neuheit darstelle. Zum Verhängnis geriet dem Patentinhaber, dass die Hardware bekannt, also nicht neu war, sondern lediglich die Software. Es seien eben, so der Senat, nur diejenigen Anweisungen zu berücksichtigen, „die die Lösung des technischen Problems mit technischen Mitteln bestimmen oder zumindest beeinflussen.“ Hierzu sei nicht die Steuerungssoftware zu zählen, so dass der erfinderischen Tätigkeit insgesamt der patentrechtliche Schutz versagt wurde. Hiernach wäre die frühere Siemens-Entscheidung (s. oben) falsch gewesen. Denn der PC, auf dessen technische Gegebenheiten die Software Rücksicht genommen hatte, war eine seit Jahrzehnten bekannte Technik. Zum Volltext der neuen Entscheidung: (mehr …)
- BGH: Die Zulässigkeit des Vertriebs gebrauchter Software wird vom EuGH entschieden / UsedSoftveröffentlicht am 3. Februar 2011
BGH, Beschluss vom 03.02.2011, Az. I ZR 129/08
§ 69c Nr. 1 UrhG; Art. 5 Abs. 1 2009/24/EG-RLDer BGH hat laut eigener Pressemitteilung Nr. 21/2011 dem Gerichtshof der Europäischen Union Fragen zur urheberrechtlichen Zulässigkeit des Vertriebs gebrauchter Softwarelizenzen zur Vorabentscheidung vorgelegt. Zitat: „Die Klägerin entwickelt Computersoftware, die sie ganz überwiegend in der Weise vertreibt, dass die Kunden keinen Datenträger erhalten, sondern die Software von der Internetseite der Klägerin auf ihren Computer herunterladen. In den Lizenzverträgen der Klägerin ist bestimmt, dass das Nutzungsrecht, das die Klägerin ihren Kunden an den Computerprogrammen einräumt, nicht abtretbar ist. Die Beklagte handelt mit „gebrauchten“ Softwarelizenzen. Im Oktober 2005 bot sie „bereits benutzte“ Lizenzen für Programme der Klägerin an. Dabei verwies sie auf ein Notartestat, in dem auf eine Bestätigung des ursprünglichen Lizenznehmers verwiesen wird, wonach er rechtmäßiger Inhaber der Lizenzen gewesen sei, diese nicht mehr benutze und den Kaufpreis vollständig bezahlt habe. Kunden der Beklagten laden nach dem Erwerb einer „gebrauchten“ Lizenz die entsprechende Software von der Internetseite der Klägerin auf einen Datenträger herunter. (mehr …)
- EuGH: Kein Urheberrechtsschutz für die grafische Benutzeroberfläche eines Computerprogramms? / Berichtet von Dr. Damm und Partnerveröffentlicht am 21. Januar 2011
EuGH, Urteil vom 22.12.2010, Az. C?393/09
Richtlinie 91/250/EWGDer EuGH hat entschieden, dass die grafische Benutzeroberfläche eines Computerprogramms keinem urheberrechtlichen Schutz als Ausdrucksform eines Programms unterliegt. Streitig war, ob die Ausstrahlung einer grafischen Benutzeroberfläche im Fernsehen eine öffentliche Wiedergabe eines urheberrechtlich geschützten Werkes im Sinne der EG-Richtlinie 2001/29 darstelle. Dies verneinte das Gericht. Die grafische Benutzeroberfläche sei eine Interaktionsschnittstelle, die eine Kommunikation zwischen dem Computerprogramm und dem Benutzer ermögliche. Daher ermögliche es die grafische Benutzeroberfläche nicht, das Computerprogramm zu vervielfältigen, sondern stelle lediglich ein Element dieses Programms dar, mittels dessen die Benutzer die Funktionen dieses Programms nutzen. Zum Volltext der Entscheidung:
- EuGH: Die grafische Benutzeroberfläche eines Programms ist nicht als „Computerprogramm“ geschützt, möglicherweise aber als „urheberrechtliches Werk“ / Berichtet von Dr. Damm und Partnerveröffentlicht am 6. Januar 2011
EuGH, Urteil vom 22.12.2010, Az. C?393/09
Art. 1 Abs. 2 EU-RL 91/250; Art. 3 Abs. 1 EU-RL 2001/29Der EuGH hat entschieden, dass eine grafische Benutzeroberfläche keine Ausdrucksform eines Computerprogramms im Sinne von Art. 1 Abs. 2 der Richtlinie 91/250/EWG des Rates vom 14.05.1991 über den Rechtsschutz von Computerprogrammen darstellt. Demgemäß könne sie nicht den urheberrechtlichen Schutz für Computerprogramme nach dieser Richtlinie genießen. Eine solche Schnittstelle könne jedoch nach der Richtlinie 2001/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22.05.2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft urheberrechtlich als Werk geschützt sein, wenn sie eine eigene geistige Schöpfung ihres Urhebers darstelle. Ferner entschied das höchste europäische Gericht, dass die Ausstrahlung einer grafischen Benutzeroberfläche im Fernsehen keine öffentliche Wiedergabe eines urheberrechtlich geschützten Werkes im Sinne von Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29 darstelle.
- OLG Köln: Filesharing – Mehr als 5.000 EUR Schadensersatz für den Down-/Upload eines Computerprogrammsveröffentlicht am 22. September 2010
OLG Köln, Urteil vom 23.07.2010, Az. 6 U 31/10
§§ 97 Abs. 1 S. 1, 19a, 69a UrhG i.V.m. §§ 249, 683 S. 1, 670 BGBDas OLG Köln hat in der Berufungsinstanz entschieden, dass Schadensersatz in Höhe von über 5.000,00 EUR sowie Anwaltskosten in Höhe von über 1.000,00 EUR für das Filesharing eines Computerprogramms angemessen ist. Die Rechteinhaberin hatte vorgetragen, dass die Lizenzen des streitgegenständlichen Programms am Markt mit ca. 4.000,00 EUR angeboten würden, der Beklagte gestand immerhin einen Preis von 1.250,00 EUR zu. Aufgrund der Verbreitung des Programms in einer Tauschbörse an eine unbekannte Anzahl von Nutzern sei nach den Ausführungen des Gerichts auch ein Vielfaches des Entgelts für eine Einzellizenz als Schadensersatz angemessen. Der Beklagte drang mit seinen Einwendungen nicht durch. Er hatte bestritten, das Programm heruntergeladen zu haben; durch auf seinem PC gefundene Registry-Einträge konnte jedoch eine Nutzung des Programms nachgewiesen werden. Die Behauptung, Vorbesitzer des gebraucht erworbenen PCs oder ein Virus/Trojaner sei für die Installation des Programms bzw. für die Registry-Einträge verantwortlich, sei nicht stichhaltig vorgebracht worden. Die Zuverlässigkeit von Internet-Recherchen hinsichtlich der IP-Adressen sei ebenfalls lediglich pauschal vorgetragen worden. Zum Volltext der Entscheidung:
- LG Hamburg: 20.000 EUR Streitwert für das Filesharing eines Computerprogrammsveröffentlicht am 13. September 2010
LG Hamburg, Beschluss vom 05.07.2010, Az. 308 O 246/10
§§ 53 Abs. 1 Nr. 1 GKG; 3 ZPODas LG Hamburg hat für das Filesharing eines Computerprogramms einen Streitwert von 20.000,00 EUR festgelegt. Die Antragsgegnerin hatte nach den Feststellungen des Gerichts ein Computerspiel in einer vollständig funktionstüchtigen Datei zum Download angeboten. Dies beruhte auf Daten und Angaben eines Ermittlers der Logistep AG, die zur Zufriedenheit des Gerichts dargelegt wurden. Die Antragsgegnerin haftete nach den Grundsätzen der Störerhaftung, obwohl nicht sie selbst, sondern ihr minderjähriger Sohn für die Tauschbörsennutzung verantwortlich war. Dieser sei nicht ausreichend über die Nutzung des Internets und die Vermeidung von Urheberrechtsverletzungen instruiert worden. Der hohe Streitwert ergibt sich aus wohl aus der Tatsache, dass eine Software betroffen war und diese vollständig zur Verfügung gestellt wurde. Das LG Hamburg hatte in der Vergangenheit für den Upload eines Films bereits einen Streitwert von 30.000,00 EUR angenommen, die Streitwerte für Musikstücke bewegen sich im Bereich von ca. 400,00 EUR pro Titel (LG Köln) über zu 5.000,00 EUR (OLG Hamburg) bis hin zu 10.000,00 EUR (LG Leipzig).
- AG Magdeburg: Über 1.000,00 EUR Schadensersatz für das Filesharing eines Computerprogrammsveröffentlicht am 10. September 2010
AG Magdeburg, Urteil vom 04.08.2010, Az. 140 C 2640/09 (140)
§§ 19a; 97 UrhGDas AG Magdeburg hat entschieden, dass für den Down-/Upload eines Computerprogramms in einer Filesharing-Tauschbörse ein Streitwert von 20.000,00 EUR angemessen ist. Daraus resultierte, dass die Beklagte Kosten des abmahnenden Rechtsanwalts in Höhe von 1.059,80 EUR ersetzen musste. Das Gericht erachtete den angesetzten Streitwert nicht als zu hoch, wenn man das Interesse der Klägerin berücksichtige, Rechtsverletzungen durch Filesharing-Systeme zu unterbinden, insbesondere in Hinblick auf drohende Umsatzeinbußen, wenn die von der Klägerin vetriebene Software kostenlos in Tauschbörsen verteilt werde. Deshalb komme auch eine Beschränkung der Rechtsanwaltsgebühren auf 100,00 EUR gemäß § 97 a Abs. 2 UrhG nicht in Betracht. Ein einfach gelagerter Fall liege nicht vor; der Einwand der Beklagten, nicht gewerblich zu handeln, rechtfertige keine abweichende Entscheidung. Glück im Unglück für die Beklagte: Die Klägerin bestand lediglich auf Ersatz der Rechtsanwaltskosten, auf einen weitergehenden Schadensersatz von 5.000,00 EUR, der außergerichtlich zunächst gefordert wurde, verzichtete sie.
- Große Beschwerdekammer des Europäischen Patentamts: Wann ist Software patentierbar?veröffentlicht am 29. Mai 2010
EPA (Große Beschwerdekammer), Beschluss vom 12.05.2010, Az. G3/08
Art. 52 Abs. 2 lit c, Abs. 3 EPÜDie Große Beschwerdekammer des Europäischen Patentamts hat auf insgesamt vier im Jahr 2008 von der damaligen Präsidentin des EPA eingereichte Vorlagefragen entschieden, dass die (bislang kaum erhellende) Entscheidungspraxis des Europäischen Patentamtes zur Patentierbarkeit von Software keiner Harmonisierung bedarf. Soweit sich bei den unterschiedlichen Beschwerdekammern jeweils eine unterschiedliche Entscheidungspraxis eingestellt habe, entspräche dies nur einer steten Fortentwicklung der Rechtsprechung. Das Problem, unter welchen Umständen eine Software patentierbar ist, ist damit keineswegs gelöst. (mehr …)