Dr. Ole Damm | Rechtsanwalt & Fachanwalt
IT-Recht, IP-Recht und Datenschutzrecht
Aktuelle Beiträge und Urteile
- OLG Koblenz: Anfechtung und Schadensersatz bei Live-Auktion im Internetveröffentlicht am 20. September 2011
OLG Koblenz, Beschluss vom 24.06.2011, Az. 2 U 37/11
§ 122 BGB, § 281 BGBDas OLG Koblenz hat entschieden, dass bei einer versehentlichen Ersteigerung im Rahmen einer Live-Auktion (Mitbieten per Videofunktion in Echtzeit) auf einem Internetportal der Vertrag angefochten werden und der Betreiber des Auktionsportals sodann lediglich den sog. Vertrauensschaden ersetzt verlangen kann. Vorliegend konnte ein Gebot – nach Anmeldung und Registrierung – mit lediglich einem Mausklick abgegeben werden, was dem Beklagten versehentlich passierte, da er davon ausging, dass für die Gebotsabgabe mehrere Klicks erforderlich seien. Eine Anfechtung seines Gebots, welches den Zuschlag erhielt, sei somit wirksam möglich gewesen. Zu ersetzen sei in der Folge der Schaden, der dadurch entstanden sei, dass der Empfänger auf die Gültigkeit der Erklärung vertraut habe. Dazu gehöre jedoch nicht ein Provisionsanspruch in Höhe von 3% bei einem Zuschlagspreis von 150.000 EUR.
- AG Geldern: Kein eigenmächtiger Abzug der Umsatzsteuer bei grenzüberschreitendem Kaufvertragveröffentlicht am 9. September 2011
AG Geldern, Urteil vom 17.08.2011, Az. 4 C 27/09
Art. 8, Art. 39 CISG; § 13 a UStGDas AG Geldern hat entschieden, dass bei einer innergemeinschaftlichen Warenlieferung (hier: Niederlande – Deutschland) der Käufer nicht einfach einen Umsatzsteuerbetrag vom vereinbarten (Brutto-)Preis abziehen darf. Der Käufer hatte vom vereinbarten Kaufpreis von 18.900,00 EUR für Mais lediglich 17.663,00 EUR gezahlt. Die Differenz habe er an das deutsche Finanzamt abgeführt. Auf Anschreiben und Mahnungen des Verkäufers sei keine Reaktion erfolgt. Das Gericht verurteilte den Käufer zur Zahlung des Restbetrages, da der vereinbarte Preis als der zu zahlende Preis auszulegen sei. Soweit der Verkäufer die Rechnung fehlerhaft ausgestellt habe, sei dies vom Käufer rechtzeitig zu rügen gewesen. Eine Rüge in einer Klageerwiderung aus dem Jahre 2009 sei für eine Rechnung aus 2007 in jedem Falle nicht rechtzeitig. Zum Volltext der Entscheidung:
(mehr …) - „Porno-Versicherung“ – Großer Versicherungskonzern mahnt wegen Verletzung des Unternehmenspersönlichkeitsrechts abveröffentlicht am 4. August 2011
Wie die W&V hier berichtet, lässt sich der Versicherungskonzern Ergo nicht alles gefallen: Ein Münchner Verlag hatte auf seiner Internet-Plattform Begriffe wie „Porno-Versicherung“ verwendet. Dieser Verlag wurde nun von den Anwälten der Ergo Direkt Versicherung wegen „übler Schmähung“ und Verletzung des Unternehmenspersönlichkeitsrechts kostenpflichtig abgemahnt. Nicht auf den Mund gefallen, soll der abgemahnte Verlag Alternativ-Formulierungen vorgeschlagen haben, die zum Teil noch derber als die abgemahnten Formulierungen ausfallen und sich dem Vernehmen nach um Prostitution drehen sollen. Hintergrund dieser Schlammschlacht ist, dass die Ergo-Tochter HMI dem Vernehmen nach rund 100 verdiente Vertriebsmitarbeiter und Top-Manager zu einer Sex-Party nach Budapest eingeladen haben soll und die Kosten von rund 83.000 Euro anschließend beim Finanzamt als Betriebskosten geltend machte. Ob der abgemahnte Verlag gut versichert ist, ist diesseits nicht bekannt.
- OVG Nordrhein-Westfalen: Autoradio eines Senioren-Beförderungsautos GEZ-befreitveröffentlicht am 31. Juli 2011
OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 15.06.2011, Az. 8 A 2570/10
§ 5 Abs. 7 S. 1 RGebStVDas OVG Nordrhein-Westfalen hat entschieden, dass für ein Autoradio in einem Fahrzeug, welches ausschließlich der Beförderung von Bewohnern eines Seniorenzentrums dient, keine Rundfunkgebühren gezahlt werden müssen. Eine Ausnahmeregelung für „Einrichtungen der Altenhilfe“ gelte auch für die dafür genutzten Kraftfahrzeuge, die unselbständige Teile dieser Einrichtungen seien. Zum Volltext der Entscheidung:
- LG Itzehoe: Anwaltliche Kosten für die Anfrage bei der Rechtsschutzversicherung nach Deckungsschutz sind nicht erstattungsfähigveröffentlicht am 6. Juli 2011
LG Itzehoe, Urteil vom 15.03.2011, Az. 7 O 318/10
§ 249 BGBDas LG Itzehoe hat entschieden, dass die anwaltlichen Kosten für die Einholung einer Deckungszusage bei einer Rechtsschutzversicherung keinen erstattungsfähigen Schadensersatz darstellen. Zitat:
- LG Itzehoe: Bei der Weiterleitung von Phishing-Geldern ist der weiterleitende Kontoinhaber dem Geschädigten zum Schadensersatz verpflichtetveröffentlicht am 4. Juli 2011
LG Itzehoe, Urteil vom 04.11.2010, Az. 7 O 16/10
§ 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB, §§ 261 Abs. 2, Abs. 5; 263a StGBDas LG Itzehoe hat entschieden, dass derjenige Kontoinhaber, der die nach einer sog. Phishing-Attacke erbeuteten Gelder an einen Dritten auf dessen Weisung weiterleitet, auf Schadensersatz haftet. Bemerkenswert ist allerdings, dass das Landgericht den Kontoinhaber in Schutz nimmt. Zitat: „Dem Vortrag der Klägerin, dass dies Anlass für Zweifel bei dem Beklagten hätte dahingehend begründen müssen, dass das Angebot nicht seriös sein kann, da jeder, der mit einem Computer umgehe und zweifelhafte Angebote per E-Mail bekomme, mit unlauteren Machenschaften rechnen müsse, insbesondere wenn sich der Geschäftspartner hinter einer ausländischen E-Mail verberge und der Arbeitsvertrag nicht von diesem Geschäftspartner, sondern einer New Yorker Gesellschaft, welche entsprechend ihres von einem interessierten Bewerber zu berücksichtigenden Internetauftrittes mit Kunst handle, kann indessen nicht gefolgt werden.“ und weiter: „... da der Beklagte weder vorsätzlich noch leichtfertig handelte.“ Anderswo spricht man im Zusammenhang mit derartigen Schadensersatzzahlungen wohl richtiger von einer „Deppen-Steuer.“ Zum Volltext der Entscheidung:
- OLG Frankfurt a.M.: „Outlets.de GmbH“ keine zulässige Firmenbezeichnung nach dem HGB für Internet-Marketing-Gesellschaftveröffentlicht am 10. Juni 2011
OLG Frankfurt a.M., Beschluss vom 13.10.2010, Az. 20 W 196/10
§ 18 Abs 1 HGBDas OLG Frankfurt hat entschieden, dass die Umfirmierung einer GmbH zu der Bezeichnung „Outlets.de GmbH“ unzulässig ist. Eine Firma müsse zur Kennzeichnung des Kaufmanns bzw. der Gesellschaft geeignet sein und Unterscheidungskraft besitzen. Dies sei bei der Bezeichnung „Outlets.de GmbH“ nicht der Fall. Der Firmenbestandteil „Outlets“ stelle sich nach dem allgemeinen Sprachgebrauch als eine bloße beschreibende Gattungsbezeichnung für Fabrik- oder Lagerverkäufe dar, und es fehle ihm deshalb an der originären Unterscheidungskraft. Diese werde auch nicht durch die weiteren Zusätze „.de GmbH“ erreicht. Zum Volltext der Entscheidung:
- Späht sofortueberweisung.de übereifrig die letzten Geldbewegungen auf den Konten der Kunden aus? / Presseerklärung von Payment Network AGveröffentlicht am 1. Juni 2011
Nach einem Bericht von Golem, der auf Recherchen des NDR Bezug nimmt, soll die Firma Payment Network AG als Betreiber des Bezahldienstes sofortueberweisung.de die Konten ihrer Nutzer ausgespäht haben. Dabei sollen ohne vorherige Einwilligung der Kunden Kontobewegungen, Umsätze der letzten 30 Tage, der Dispositionskredit sowie die Stände anderer Konten erfasst worden sein. Payment Network habe gegenüber dem NDR erklärt, man führe eine „Kontodeckungsabfrage“ und prüfe den „verfügbaren Rahmen“. Die Payment Network AG hat auf die Berichterstattung reagiert und folgende Erklärung veröffentlicht (auch hier):
(mehr …) - AG Bremen-Blumenthal: GEZ-Mitarbeitern darf Hausverbot erteilt werdenveröffentlicht am 19. April 2011
AG Bremen-Blumenthal, Urteil vom 23.08.2010, Az. 42 C 43/10
§§ 823 Abs. 1; 1004 Abs. 1 S. 2 BGBDas AG Bremen-Blumenthal hat entschieden, dass Mitarbeitern und Rundfunkgebührenbeauftragten einer Rundfunkanstalt (von einem Gewerbetreibenden) ein Hausverbot erteilt werden kann. Das Gericht vermochte eine Gefährdung des Fortbestands des öffentlich-rechtlichen Rundfunks als Institution nicht zu erkennen. Dies war von der Beklagten eingewandt worden, wenn in Folge der Schaffung eines Präzedenzfalls jeder Hausbesitzer ein wie hier geartetes Hausverbot aussprechen und hierdurch die gesetzlich festgeschriebene Kontrollfunktion der Beklagten leerlaufen lassen könne. Zum Volltext der Entscheidung:
(mehr …) - Wird das Urheberrechts-Referat der EU-Kommission demnächst von einer ehemaligen Lobbyistin der Musikindustrie geleitet?veröffentlicht am 8. April 2011
Die spanische Rechtsanwältin Maria Martin-Prat wird laut Heise am 16.04.2011 dass Urheberrechts-Referat der EU-Kommission übernehmen. Damit ist sie zukünftig maßgeblich an Projekten wie der Überarbeitung der EU-Richtlinie 2004/48/EG zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums (IPRED) oder dem Abschluss des Anti-Piraterie-Abkommens (ACTA) verantwortlich. Pikant: Die Juristin war jahrelang für den Internationalen Verband der Musikindustrie (IFPI) tätig, seit 2004 dort sogar direkt mit Lobby-Arbeit befasst. Ihr sind Ausführungen zuzuordnen wie „Control of private copying is key for the fight against piracy (in particular on-line piracy) and for the development of new businesses models (e.g. pay per listen, pay to keep for a week, etc).“ (ALAI-Konferenz 2001). Der Europaparlament-Abgeordnete Christian Engström (schwedische Piratenpartei) hat mit der Europaparlamentarierin Marietje Schaake (D66, holländische Liberale) eine offizielle Anfrage bei der EU-Kommission nach der Verträglichkeit einer solcher Personalie gestellt („Does the Commission not see any problems in recruiting top civil servants from special interest organisations, especially when being put in charge of dossiers directly related to their former employers? If not, why not?“). Engström selbst konstatiert resigniert: „Welcome to the European Union, where the big business lobby organizations are calling most of the shots at the Commission, and where citizens are just seen as a nuisance to be ignored. I guess the only real news is that they don’t even bother to try to hide it any more.„