Dr. Ole Damm | Rechtsanwalt & Fachanwalt
IT-Recht, IP-Recht und Datenschutzrecht
Aktuelle Beiträge und Urteile
- AG München: Bestehen auf Vertragserfüllung rechtsmissbräuchlich? – Zu niedrige Preisangabe und Anfechtungveröffentlicht am 17. Juni 2011
AG München, Urteil vom 04.11.2009, Az. 163 C 6277/09
§§ 651f, 242 BGBDas AG München hat entschieden, dass die Buchung einer Reise 70% unter dem eigentlich vorgesehen Preis vom Reiseveranstalter nach erfolgter Anfechtung nicht durchgeführt werden muss, wenn es sich bei der fehlerhaften Preisangabe für den Kunden erkennbar um eine Softwarefehler handelte. Dann die Erfüllung des Vertrags zu dem niedrigen Preis zu verlangen, sei nach Ansicht des Gerichts rechtsmissbräuchlich. Dies sei auch dann der Fall, wenn der Kunde mehrfach telefonisch beim Anbieter nachgefragt habe, ob der angegebene (niedrige) Preis tatsächlich der richtige sei. Bei der Telefon-Hotline habe schließlich auch nur der fehlerhaft berechnete Preis vorgelegen. Der ausgewiesene Preis habe jedoch so offensichtlich im Missverhältnis zur angebotenen Leistung gestanden, dass dem Kunden dies durch andere Quellen habe auffallen müssen.
- OLG Hamm: Androhung einer „Gegenabmahnung“ um Erstabmahnung aus der Welt zu schaffen, führt zum Rechtssmisbrauch der später tatsächlich ausgesprochenen Gegenabmahnungveröffentlicht am 22. Mai 2011
OLG Hamm, Urteil vom 20.01.2011, Az. I-4 U 175/10
§ 8 Abs. 4 UWGDas OLG Hamm hat entschieden, dass die Androhung einer Gegenabmahnung mit dem Zweck, den Gegner damit zur Rücknahme einer wettbewerbsrechtlichen Abmahnung zu bewegen, dazu führen kann, dass die später realisierte Gegenabmahnung wegen Rechtsmissbrauchs unzulässig ist. Zu den wesentlichen Entscheidungsgründen (Zitate):
- OLG Hamm: Zum Rechtsmissbrauch bei zu weit gefasster Unterlassungserklärungveröffentlicht am 17. Mai 2011
OLG Hamm, Urteil vom 17.08.2010, Az. I-4 U 62/10
§ 8 Abs. 4 UWGDas OLG Hamm hat entschieden, dass ein Fall von Rechtsmissbrauch vorliegt, wenn der Abmahnende eine Unterlassungserklärung fordert, die a) auch bei einem unverschuldeten Verstoß gegen die Unterlassungserklärung die Vertragsstrafe anfallen lässt, b) einen Verstoß gegen die Unterlassungs- erklärung bei jedweder gesetzwidriger Belehrung des Verbrauchers bestimmt, wenn die ursprüngliche Abmahnung sich auf ganz bestimmte gesetzeswidrige Belehrungen richtete, c) der unzutreffende Eindruck erweckt wird, Unterwerfung und Kostenerstattung gehörten zusammen und d) als Gerichtsstandort für etwaige Vertragsstrafen der Kanzleisitz des Prozessbevollmächtigten des Abmahnenden vorgesehen wird, obwohl der Abmahnende seinen SItz in einem anderen Landgerichtsbezirk unterhält. Interessant ist auch die Frage beantwortet worden, ob eine rechtsmissbräuchliche Abmahnung sich auf eine spätere Vertragsstrafenforderung auswirkt. Zum Volltext der Entscheidung: (mehr …)
- OLG Bamberg: Die Bestellung unterschiedlicher Prozessbevollmächtigter für Streitgenossen mit gleichen Interessen ist rechtsmissbräuchlichveröffentlicht am 10. April 2011
OLG Bamberg, Beschluss vom 17.01.2011, Az. 1 W 63/10
§§ 59; 60; 61 ZPODas OLG Bamberg hat entschieden, dass die Bestellung unterschiedlicher Prozessbevollmächtigter für Streitgenossen mit gleichgerichtetem Interesse rechtsmissbräuchlich ist. Würden zwei einfache Streitgenossen (§§ 59, 60, 61 ZPO) verklagt, stünde es zwar grundsätzlich jedem von ihnen frei, sich von einem eigenen Anwalt vertreten zu lassen mit der Folge, dass im Falle des Obsiegens die jedem Streitgenossen entstandenen Anwaltskosten erstattungsfähig seien (vgl. BVerfG NJW 1990, 2124). Von diesem Grundsatz seien je nach den Umständen des Einzelfalles allerdings dann Ausnahmen zu machen, wenn feststünde, dass ein eigener Prozessbevollmächtigter für eine interessengerechte Prozessführung nicht erforderlich sein werde. In einem solchen Fall sei es rechtsmissbräuchlich, ohne besonderen sachlichen Grund einen eigenen Anwalt einzuschalten, so dass die doppelt geltend gemachten Kosten nicht als notwendig im Sinne von § 91 Abs. 1 ZPO anzusehen und damit auch nicht erstattungsfähig seien (BGH NJW-RR 2004, 536). (mehr …)
- OLG Düsseldorf: Zur Abmahnungsberechtigung, wenn beide Parteien sittenwidrig handelnveröffentlicht am 26. Februar 2011
OLG Düsseldorf, Urteil vom 08.02.2011, Az. I-20 U 116/10
§§ 3 Abs. 1, Abs. 2; 5 Abs. 1 Nr. 3 UWGDas OLG Düsseldorf hatte zu der Frage zu entscheiden, ob sich sog. „Ghostwriter“ (hier: wegen irreführender Inanspruchnahme einer Spitzenstellung) abmahnen dürfen. Hierzu führte das Gericht aus: „Der Senat vermag ein rechtsmissbräuchliches Verhalten des Antragstellers nicht festzustellen. Zwar liegt es nicht ganz fern, dann, wenn jemand, der ein rechtlich missbilligtes Gewerbe betreibt, das Wettbewerbsrecht als Mittel einsetzt, gegen einen Anderen, der ebenfalls das gleiche, rechtlich missbilligte Gewerbe betreibt, vorzugehen, ein rechtsmissbräuchliches Verhalten anzunehmen und den Anspruch zu versagen, denn der Rechtsmissbrauchseinwand kann auch über die Verwirkung hinaus im Wettbewerbsrecht eine Rolle spielen (Köhler a.a.O. Rn. 2.37). (mehr …)
- OLG Frankfurt a.M.: Verein pro Verbraucherschutz e.V. trägt Kosten für Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung wegen Rechtsmissbrauchsveröffentlicht am 21. Februar 2011
OLG Frankfurt a.M., Beschluss vom 01.02.2011, Az. 6 U 239/10
§ 8 Abs. 4 UWG; § 2 Abs. 3 UKlaGDas OLG Frankfurt a.M. hat bestätigt, dass der Verein pro Verbraucherschutz e.V., welchen das Bundesamt für Justiz aus der Liste sog. qualifizierter Einrichtungen gestrichen hatte, bei einer wettbewerbsrechtlichen Abmahnung rechtsmissbräuchlich gehandelt hat. Die Verwendung eines falschen Ausweises anlässlich eines Testkaufs (hier: durch einen Minderjährigen in einer Tankstelle) sei grob rechtsmissbräuchlich, weil der Verkäufer bewusst „ausgetrickst“ werde, um einen vermeintlichen Wettbewerbsverstoß herbeizuführen. Zum Volltext der Entscheidung: (mehr …)
- LG Potsdam: Wer massenhaft mit Stellenanzeigen Testkäufer für Abmahnungen anwirbt und sodann mit deren Hilfe Abmahnungen ausspricht, handelt rechtsmissbräuchlichveröffentlicht am 14. Februar 2011
LG Potsdam, Urteil vom 20.05.2010, Az. 2 O 160/10
§ 8 Abs. 3 Nr. 3, Abs. 4 UWGDas LG Potsdam hat entschieden, dass eine wettbewerbsrechtliche Abmahnung rechtsmissbräuchlich ist, wenn der Verfügungskläger erst seit kurzem (hier: dem 01.04.2010) qualifizierte Einrichtung im Sinne von § 8 Abs. 3 Nr. 3 UWG ist, er aber gleichwohl bereits 97 Stellenanzeigen zur Anwerbung minderjähriger Testkäufer geschaltet hat, während er über einen „Hausjuristen“ (noch) nicht verfügt. Die Stellenanzeigen belegen nach Auskunft der Kammer, dass der Verfügungskläger Testkäufer nicht für den Bereich Berlin/Brandenburg, sondern auch für Magdeburg, Dessau, Erfurt, Leipzig, Dresden, Görlitz, Rostock, Schwerin, Hamburg und Kiel gesucht habe. Diese Umstände legten den Schluss nahe, dass die Existenz des Verfügungsklägers derzeit darauf angelegt sei, massenhaft und großflächig Unternehmen wegen Verstößen gegen das Jugendschutzgesetz wettbewerbsrechtlich abzumahnen bzw. zu verklagen und sich derart Ansprüche auf Rechtsverfolgungskosten gegen diese Unternehmen zu verschaffen. Zum Volltext der Entscheidung: (mehr …)
- LG Bochum: Eine Gegenabmahnung kann bei ungeschickter Formulierung des Rechtsanwalts unzulässig seinveröffentlicht am 7. Februar 2011
LG Bochum, Urteil vom 16.11.2010, Az. 12 O 162/10
§ 8 Abs. 4 UWGDas LG Bochum hat entschieden, dass eine Gegenabmahnung rechtsmissbräuchlich sein kann, wenn sie nur der Erzielung von Gebühren dient. Im Rahmen der „Abmahnungsspirale“ hatte eine Seite fataler Weise folgende Ankündigung zu Papier gebracht: „Aus diesem Grund haben wir Ihrem Rechtsanwalt in der Parallelangelegenheit den Vorschlag unterbreitet, dass man hier wechselseitig auf die Geltendmachung der Rechte aus den Abmahnungen verzichtet und die Kosten gegeneinander aufhebt, was bedeutet, dass jede Seite ihre Anwaltskosten selbst trägt. Wir stellen anheim, dies zu bedenken. Wenn dies für Sie in Betracht kommt und Sie einen entsprechenden Vergleich akzeptieren, würden wir nicht auf die Hereingabe der Unterlassungserklärung bestehen. Hierzu erwarten wir Ihre Stellungnahme ebenfalls innerhalb oben genannter Frist.“ Das Landgericht monierte, dass der Gegenabmahnende mit kaum zu überbietender Deutlichkeit am Ende der Abmahnung selbst ausgeführt habe, dass die Abmahnung nur dem Zweck gedient habe, einen Kostenerstattungsanspruch des Klägers begegnen zu können. Zitat: „Ausdrücklich wird insoweit erklärt, dass im Falle eines Vergleichs über die Kosten keine Unterlassungserklärung mehr gefordert werden würde. Dies heißt nichts anderes, als dass dem Beklagten die Verfolgung der Wettbewerbsverstöße gleichgültig war, solange er für eigene Verstöße nicht bezahlen musste.“ Zu den weiteren Indizien, die nach Auffassung der Kammer für einen Rechtsmissbrauch sprachen, vgl. im Folgenden den Volltext der Entscheidung: (mehr …)
- AG Berlin-Charlottenburg: Wettbewerbsrecht – Regress beim rechtsmissbräuchlich handelnden Rechtsanwaltveröffentlicht am 31. Januar 2011
AG Berlin-Charlottenburg, Urteil vom 13.11.2010, Az. 238 C 171/09
§§ 826 BGB; 8 Abs. 1, 3, 4 Nr. 11 UWGDas AG Berlin-Charlottenburg hat entschieden, dass ein rechtsmissbräuchlich Abgemahnter einen Anspruch auf Schadensersatz gegen den Rechtsanwalt des Abmahners geltend machen kann. Zur Rechtsmissbräuchlichkeit führte das Gericht zusammenfassend aus: „Rechtsmissbräuchlich ist ein Unterlassungsanspruch immer dann, wenn unter Berücksichtigung aller Umstände davon auszugehen ist, dass die gegen den Mitbewerber gerichteten rechtlichen Schritte dazu dienen, gegen ihn einen Anspruch auf Ersatz von Aufwendungen und Kosten der Rechtsverfolgung entstehen zu lassen. Solche Umstände liegen regelmäßig dann vor, wenn der Marktteilnehmer selbst nur geringe Umsätze erzielt, das Wettbewerbsverhältnis zwischen den Parteien nur geringfügig ist, die Abmahnung ungenaue oder unvollständige AGB-Klauseln von geringerer Bedeutung betrifft, nach einem übersteigerten Gebührenstreitwert abgerechnet wird und überdies zahlreiche weitere Mitbewerber, zu denen ebenfalls nur ein marginales Wettbewerbsverhältnis besteht, in gleicher Weise in Anspruch genommen werden.“ Der Rechtsanwalt des Abmahners, dem diese Umstände sämtlichst bekannt waren und der vorsätzlich rechtsmissbräuchlich abmahnte, sei somit zum Ersatz der dem Abgemahnten entstandenen Rechtsanwaltskosten verpflichtet.
- OLG Hamm: Rechtsmissbrauch, wenn die vorgefertigte Unterlassungserklärung bei einer Abmahnung zu weit gefasst istveröffentlicht am 25. Oktober 2010
OLG Hamm, Urteil vom 10.08.2010, Az. I-4 U 60/10
§ 8 Abs. 4 UWGDas OLG Hamm hat entschieden, dass bei einer wettbewerbsrechtlichen Abmahnung, die bereits eine vorgefertigte Unterlassungserklärung für den Abgemahnten enthält, dann ein Rechtsmissbrauch vorliegen kann, wenn diese Erklärung zu weit gefasst ist. Die Klägerin hatte konkrete Verstöße des Widerrufsrechts abgemahnt, in der vorgefertigten Unterlassungserklärung jedoch allgemein gefordert, es zu unterlassen, „bei Fernabsatzverträgen mit privaten Endverbrauchern nicht gesetzeskonform über das Widerrufs- und Rückgaberecht, Bedingungen und Einzelheiten der Ausübung sowie die Widerrufsfolgen zu belehren“. Bei der Gesamtbetrachtung aller Umstände nahm das Gericht einen Rechtsmissbrauch an, da diese dafür sprächen, dass mit der Abmahnung in erster Linie Kosten und Vertragsstrafen generiert werden sollten. Die Abmahnung enthalte in Bezug auf die gerügten Wettbewerbsverstöße eine vorformulierte Unterwerfungserklärung, in der für jeden Fall der Zuwiderhandlung eine Vertragsstrafe von 5.100,00 € vorgeschlagen werde. Diese Vertragsstrafe sei angesichts der in Rede stehenden Wettbewerbsverstöße schon für sich sehr hoch. Es komme hinzu, dass diese Vertragsstrafe ungewöhnlicherweise auch noch bei fehlendem Verschulden verwirkt sein solle. Die Regelung zum Ausschluss des Verschuldens bei der Zuwiderhandlung sei zudem so in die Unterwerfungserklärung eingefügt, dass sie ohne weiteres überlesen werden könne. Zum Volltext der Entscheidung: