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Dr. Ole Damm | Rechtsanwalt & Fachanwalt

IT-Recht, IP-Recht und Datenschutzrecht

Aktuelle Beiträge und Urteile

  • veröffentlicht am 7. September 2022

    OLG München, Urteil vom 05.08.2021, Az. 29 U 6406/20
    § 242BGB, § 138 Abs. 1 ZPO

    Das OLG München hat darauf hingewiesen, dass ein rechtsmissbräuchliches Verhalten (§ 242 BGB) vorliegen kann, wenn bei einem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung dem Gericht ein außergerichtliches Schreiben des Antragsgegners nicht unaufgefordert und unverzüglich vorgelegt wird. Dies gelte auch dann, wenn das Verfahren bereits in Gang gesetzt worden sei und der außergerichtliche Schriftsatz der Gegenseite erst danach, aber vor einer Entscheidung des Gerichts die Antragstellerseite erreicht habe. Die prozessuale Wahrheitspflicht nach § 138 Abs. 1 ZPO verpflichte den Antragsteller zu vollständiger Erklärung über die tatsächlichen Umstände.  In einem einstweiligen Verfügungsverfahren, das seitens des Gerichts einseitig geführt wird und in dem der Antragsgegner somit keine Gelegenheit hat, sich gegenüber dem Gericht entsprechend dem jeweiligen Verfahrensstand zu äußern, träfen im Übrigen nicht nur das Gericht aus den Grundsätzen der prozessualen Waffengleichheit resultierende Pflichten, sondern auch der Antragsteller habe alles ihm Zumutbare und Mögliche zu unternehmen, um das Gericht in die Lage zu versetzen, eine sachgerechte Entscheidung darüber zu treffen, ob, wann und wie der Antragsgegner vor einer Entscheidung in der Sache einzubeziehen sei. In der Folge wurde eine einstweilige Verfügung aufgehoben und der auf ihren Erlass gerichtete Antrag zurückgewiesen. Zum Volltext der Entscheidung (OLG München: Rechtsmissbräuchliches Verhalten, wenn dem Gericht Korrespondenz mit Gegenseite vorenthalten wird).

  • veröffentlicht am 6. September 2022

    LG Hagen, Urteil vom 16.03.2022, Az. 23 O 57/21
    § 189 ZPO, § 936 ZPO, § 929 Abs. 2 S. 1 ZPO, § 3 UWG, 3a UWG, § 8 Abs. 1 S. 1 UWG, § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG, Art. 10 Abs. 1 HCVO, § 3 Nr. 1 HWG

    Das LG Hagen hat entschieden, dass eine wettbewerbsrechtlich begründete einstweilige Verfüung zwar nicht bei einer Übermittlung per beA zwar nicht regelgerecht zugestellt werde; die Zustellung per beA erfülle jedoch die Voraussetzungen einer Ersatzzustellung und heile die Zustellungsmängel gemäß § 189 ZPO. Zum Volltext der Entscheidung:

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  • veröffentlicht am 5. September 2022

    OLG Brandenburg, Urteil vom 21.07.2022, Az. 10 U 65/22
    § 823 Abs. 1 BGB, § 1004 BGB

    Das OLG Brandenburg hat entschieden, dass die Aufhebung einer eBay-Kontosperre / eBay-Kontokündigung, die auf Grund des Verkaufs illegaler (Microsoft) Product Keys verhängt wurde, jedenfalls nicht im Wege der einstweiligen Verfügung begehrt werden kann, wenn der betroffene Händler mit seinem Verfügungsantrag elf (11) Wochen nach der Kontosperre zuwartet. Der Senat befasste sich, obwohl – worauf er mehrfach hinweist – es hierauf nicht mehr ankam auch inhaltlich mit dem Verfügungsantrag des Klägers. Dabei stellte das OLG Brandenburg u.a. fest, dass die Kündigungserklärung eBays keiner namentlichen Unterschrift bedurft hätte; insoweit reichte die Unterzeichnung „eBay GmbH“ der juristischen Person, mit welcher das Vertragsverhältnis eingegangen worden war. Ein rechtswidriger Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb liege nicht vor. Es bestünden „Zweifel an der Betriebsbezogenheit des Eingriffs“, denn der Verfügungskläger habe nur eine Vertragsverletzung seitens der Verfügungsbeklagten gerügt, und die von dieser vorgenommene Sperrung habe auch nur zwei von drei Nutzerkonten betroffen. Zum Volltext der Entscheidung (OLG Brandenburg: Die Sperre des eBay-Kontos und die prozessrechtlichen Feinheiten ihrer Aufhebung per Gerichtsbeschluss).


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  • veröffentlicht am 1. September 2022

    OLG Düsseldorf, Urteil vom 07.02.2019, Az. 20 U 101/18
    § 5a UWG

    Das OLG Düsseldorf hat darauf hingewiesen, dass eine einstweilige Verfügung nicht gemäß § 172 ZPO an den Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin zugestellt werden muss, wenn dieser sich noch nicht für das – zukünftige – Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung bestellt. Der Rechtsanwalt hatte im vorliegenen Fall der Antragstellerin lediglich mitgeteilt, dass die Antragsgegnerin ihn mit der Wahrnehmung ihrer rechtlichen Interessen beauftragt habe. Daraus sei, so der Senat, nicht eindeutig hervorgegangen, ob dies nur für die vorgerichtliche Auseinandersetzung oder auch für ein etwaig sich daran anschließendes gerichtliches Verfahren gelten solle. Eine Bestellung bloß für die vorgerichtliche Korrespondenz reiche nicht aus, um die Wirkungen des § 172 ZPO herbeizuführen. Solle eine Bestellung auch für ein späteres gerichtliches Verfahren erfolgen, müsse dies eindeutig erfolgen (vgl. auch OLG Düsseldorf, Urteil vom 15.03.2018, I-20 U 133/17). Zum Volltext der Entscheidung (OLG Düsseldorf: Wer sich als Anwalt außergerichtlich bestellt, bestellt sich nicht automatisch auch für das Gerichtsverfahren).

     

     

     

     

  • veröffentlicht am 31. August 2022

    KG Berlin, Beschluss vom 04.08.2016, Az. 23 U 94/15
    § 308 BGB, § 309 BGB, Art. 5 Nr. 3 Brüssel-I-Verordnung, Art. 5 Abs. 2 EGV 593/2008, Art. 6 Abs. 1 lit. b EU-VO 593/2008, Art. 6 Abs. 2 S. 2 EU-VO 593/2008

    Das KG Berlin hat entschieden, dass für eine Unterlassungsklage gegen ein ausländisches Unternehmen wegen Verwendung rechtswidriger Allgemeiner Geschäftsbedingungen gemäß Art. 5 Nr. 3 Brüssel-I-Verordnung deutsche Gerichte zuständig sind. Zu den unerlaubten und den diesen gleichgestellten Handlungen im Sinne dieser Vorschrift gehörten auch Angriffe auf die Rechtsordnung durch die Verwendung missbräuchlicher Klauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen. Insoweit komme es nicht darauf an, nach welcher Rechtsordnung die angegriffene Handlung materiellrechtlich zu beurteilen sei. Neben der Zulässigkeit prüfte der Senat auch die Anwendbarkeit deutschen Rechts und entschied: Auf den geltend gemachten Unterlassungsanspruch finde auch deutsches Sachrecht Anwendung. Dies ergebe sich für Verträge, die nach dem 11.01.2009 geschlossen worden seien, aus Art. 4 Abs. 1 EU-VO 864/2007 vom 11.07.2007 über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Rom-II-VO). Für vor dem 12.01.2009 geschlossene Verträge ergebe sich die Anwendbarkeit deutschen Sachrechts aus Art. 40 Abs. 1 EGBGB. Allerdings ergebe sich aus der Tatsache, dass der geltend gemachte Unterlassungsanspruch deutschem Sachrecht unterliege, nicht zwangsläufig, dass auch die Wirksamkeit der angegriffenen Klausel nach deutschem Recht zu beurteilen sei. Es sei vielmehr eine gesonderte Anknüpfung vorzunehmen. Für die Beurteilung der Wirksamkeit von Allgemeinen Geschäftsbedingungen sei das jeweilige Vertragsstatut maßgeblich. Das Vertragsstatut war im vorliegenden Fall auf Grund der in den AGB der Beklagten enthaltenen Rechtswahlklausel das Recht von England und Wales. Die (durch Art. 5 Abs 2 der Rom-I-VO eingeschränkte) Zulässigkeit einer Rechtswahl ergibe sich, so der Senat, im vorliegenden Fall unmittelbar aus der Bestimmung des Art. 6 Abs. 4 Buchst. b Rom-I-VO. Hinweis: Eine Nichtzulassungsbeschwerde hat der BGH verworfen (BGH, 21.03.2018, Az. X ZR 88/16). Zum Volltext der Entscheidung:

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  • veröffentlicht am 30. August 2022

    OLG Nürnberg, Endurteil vom 30.03.2022, Az. 12 U 1520/19
    § 43 Abs. 1 GmbHG

    Das OLG Nürnberg hat entschieden, dass ein Geschäftsführer einer GmbH persönlich haften kann, wenn er es versäumt, ein Compliance Management System einzurichten und durch die entsprechend fehlende Überwachung Straftaten oder sonstige Fehlhandlungen von Mitarbeitern ermöglicht oder auch nur erleichtert werden. Der Geschäftsführer sei gemäß § 43 Abs. 1 GmbHG dem Wohl der Gesellschaft verpflichtet. Er habe daher für eine nachhaltige Rentabilität der Gesellschaft Sorge zu tragen und Verluste tunlichst zu vermeiden. Die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsführers gebietet hierbei – gerade, wenn der Geschäftsführer nicht sämtliche Maßnahmen selbst beschließt und selbst durchführt -, eine interne Organisationsstruktur der Gesellschaft zu schaffen, die die Rechtmäßigkeit und Effizienz ihres Handelns gewährleistet. Insoweit konkretisiert die Sorgfaltspflicht sich zu Unternehmensorganisationspflichten. Der Geschäftsführer muss das von ihm geführte Unternehmen so organisieren, dass er jederzeit Überblick über die wirtschaftliche und finanzielle Lage der Gesellschaft hat. Dies erfordert ggf. ein Überwachungssystem, mit dem Risiken für Unternehmensfortbestand erfasst und kontrolliert werden könnten. Aus der Legalitätspflicht folge die Verpflichtung des Geschäftsführers zur Einrichtung eines Compliance Management Systems, also zu organisatorischen Vorkehrungen, die die Begehung von Rechtsverstößen durch die Gesellschaft oder deren Mitarbeiter verhinderten. Dabei sei der Geschäftsführer nicht nur verpflichtet, den Geschäftsgang so zu überwachen oder überwachen zu lassen, dass er unter normalen Umständen mit einer ordnungsgemäßen Erledigung der Geschäfte rechnen könne; er müsse vielmehr weitergehend sofort eingreifen, wenn sich Anhaltspunkte für ein Fehlverhalten zeigten. Zwar hafte der Geschäftsführer nicht für fremdes Verschulden. Eine Pflichtverletzung liege jedoch schon dann vor, wenn durch unzureichende Organisation, Anleitung bzw. Kontrolle Mitarbeitern der Gesellschaft Straftaten oder sonstige Fehlhandlungen ermöglicht oder auch nur erleichtert würden, so der Senat. Diesbezüglichen müsse der Geschäftsführer geeignete organisatorische Vorkehrungen treffen, um Pflichtverletzungen von Unternehmensangehörigen hintanzuhalten. Das OLG Nürnberg verweist in seiner Entscheidung verschiedentlich auf Präzedenzfälle des Bundesgerichtshofs. Zum Volltext der Entscheidung:


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  • veröffentlicht am 29. August 2022

    BVerfG, Beschluss vom 24.03.2022, Az. 1 BvR 375/21
    § 93a Abs. 2 BVerfGG, Art. 3 Abs. 1 GG, Art. 20 Abs. 3 GG

    Das BVerfG hat sich in dieser Sache abschließend mit einer Verfassungsbeschwerde des Betreibers der Internethandelsplattform www.amazon.de befasst, die gegen eine einstweilige Verfügung des LG München I zu Gunsten eines Händlers gerichtet war, der sich mit einer Kontosperrung durch Amazon konfrontiert sah. Amazon sah das Recht auf Waffengleichheit durch die fehlende Anhörung vor Erlass der einstweiligen Verfügung verletzt. Der Senat entschied jedoch, dass der Verfassungsbeschwerde das notwendige Feststellungsinteresse fehle. Die Anhörung sei einmalig ausgeblieben. Für eine Wiederholungsgefahr, die ein Feststellungsinteresse begründen würde, sei nichts vorgetragen worden, was darauf schließen ließe, dass die mit kartell- und lauterkeitsrechtlichen Sachverhalten befassten Kammern des Landgerichts die aus dem Grundsatz der prozessualen Waffengleichheit folgenden Anforderungen an die Handhabung des Prozessrechts im einstweiligen Verfügungsverfahren grundsätzlich verkennen und in ständiger Praxis ohne vorherige Anhörung der Antragsgegnerin entscheiden würden. Im Übrigen fehle es an der Darlegung eines schweren, grundrechtlich erheblichen Nachteils, der durch die Schadensersatzpflicht nach § 945 ZPO nicht aufgefangen hätte werden können. Dem Schutz des Antragsgegners im einstweiligen Verfügungsverfahren werde – systemimmanent – durch die Schadensersatzpflicht gemäß § 945 ZPO Rechnung getragen: Komme es infolge der Vollziehung einer von Anfang an ungerechtfertigt erlassenen einstweiligen Verfügung zu Schäden beim Antragsgegner, seien diese vom Antragsteller verschuldensunabhängig zu ersetzen. Es müsse von der Antragstellerin schon dargelegt werden, dass durch die Reaktivierung des Händlerkontos bis zur Entscheidung in der Hauptsache ein irreparabler Schaden entstünde. Allein das Insolvenzrisiko der Antragstellerin, das sie in jedem Fall zu tragen habe, reiche hierfür nicht aus. Zum Volltext der Entscheidung: (mehr …)

  • veröffentlicht am 26. August 2022

    BVerfG, Beschluss vom 16.03.2021, Az. 1 BvR 375/21
    Art. 3 Abs. 1 GG, Art. 20 Abs. 3 GG, § 32 Abs. 1 BVerfGG

    Das BVerfG hat den Antrag Amazons auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gerichtet gegen eine einstweilige Verfügung des LG München I abgelehnt. Die Münchener Kammer hatte entschieden, dass die Deaktivierung des Verkäuferkontos verknüpft mit der Einbehaltung von Guthaben (Amazon-Kontosperrung) aufgrund nicht offengelegter Verdachtsmomente zu manipulierten Kundenbewertungen aufgrund der damit verbundenen Folgewirkungen unter vertragsrechtlichen wie auch wettbewerbs- und kartellrechtlichen Gesichtspunkten rechtswidrig sei. Sie stelle jedenfalls einen unlauteren Behinderungswettbewerb zu Lasten der Antragstellerin im Sinne des § 4 Nr. 4 UWG, und §§ 19, 20 GWB dar. Amazon rügte daraufhin eine Verletzung in ihrem grundrechtsgleichen Recht auf prozessuale Waffengleichheit aus Art. 3 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG. Das Landgericht habe bewusst von einer Anhörung Amazons abgesehen. Der Senat führte aus, für den Verfügungsantrag Amazons fehle es an einem schweren Nachteil im Sinne des § 32 BVerfGG. Dafür, dass die Beschwerdeführerin einen irreparablen Schaden erlitte, wenn sie das Verkäuferkonto der Antragstellerin erst nach Abschluss des fachgerichtlichen Verfahrens wieder deaktivieren könne, werde nichts vorgetragen oder sei sonst ersichtlich. Es sei auch nicht ersichtlich, dass das LG München I weiterin von jeglicher Anhörung des Antragsgegners vor Erlass einer einstweiligen Verfügung absehen werde. Zum Volltext der Entscheidung:

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  • veröffentlicht am 25. August 2022

    LG München I, Endurteil vom 06.10.2020, Az. 31 O 17559/19
    § 305c Abs. 2 BGB, § 307 BGB

    Das LG München I hat entschieden, dass der Internethandelsplattform Amazon ein Zurückbehaltungsrecht des von dem Verkäufer eingenommenen Kaufpreises selbst dann nicht zusteht, wenn der Verdacht besteht, dass durch den Verkauf von Raubkopien einer Software (hier: der Microsoft Corp.) ein Verstoß gegen das Urheber- und Markenrecht vorliegt und damit zugleich gegen die Amazon-Nutzungsbedingungen verstoßen wurde.  Ein Zurückbehaltungsrecht könne nur bestehen, solange ein billigenswerter Bedarf der Beklagten einer Zurückbehaltung bestehe. Denn das Guthaben stehe dem Händler zu, nicht der Beklagten. Zweck und Gesamtschau der Regelung ergäben, dass das Zurückbehaltungsrecht nach billigem Ermessen ausgeübt werden müsse und davon abhänge, dass die Zurückbehaltung aus Sicht der Beklagten bei vernünftiger Betrachtungsweise zu ihrem Schutz oder dem Schutz anderer Nutzer erforderlich erscheine, insbesondere weil sie einem finanziellen Risiko ausgesetzt sei. Diese Voraussetzung sei vorliegend nicht gegeben. Finanzielle Risiken wegen der beklagtenseits behaupteten Lizenzverletzungen gegenüber Microsoft müsse die Beklagte nicht fürchten. Die Beklagte sei gegenüber Microsoft nicht für die behaupteten Lizenzverletzungen verantwortlich. Die Beklagte habe auch weder substantiiert dargelegt noch Beweis dafür angetreten, dass sie in noch nicht abgeschlossenen Fällen von anderen Nutzern auf Rückzahlung eines an die Klägerin gezahlten Kaufpreises in Anspruch genommen werde. Über die Identität der Klägerin wiederum bestehe kein Streit. Die Beklagte habe auch nicht behauptet, dass eine Zurückbehaltung zur Gewährleistung der Sicherheit der Systeme der Beklagten notwendig ist. Bei vernünftiger Betrachtung sei die Zurückbehaltung des Guthabens auch nicht zum Schutz anderer Nutzer geboten. Die Beklagte habe zwar mit nachgelassenem Schriftsatz vom 01.09.2020 ein Schreiben der Microsoft Corporation, USA vorgelegt, in dem Microsoft den Verkauf gefälschter Ware durch die Klägerin behaupte. Dargelegt sei insoweit aber lediglich, dass Microsoft den Händler beanstandet habe. Noch zu klärende Kundenbeschwerden lägen, so die Kammer, nicht vor. Die Vorwürfe lägen auch teilweise bereits Jahre zurück. Aus Sicht der Beklagten sei geklärt, dass insoweit Urheberrechtsverletzungen vorliegen. Die Beklagte selbst sei an keinem Streit beteiligt. Eine Zurückbehaltung des Geldes sei bei vernünftiger Betrachtungsweise aus Sicht der Beklagten gerade nicht geboten. Streitigkeiten in Verbindung mit dem Händlerkonto oder einer damit in Verbindung stehenden Transaktion, an denen die Beklagte nicht beteiligt sei und wegen derer sie keinem finanziellen Risiko ausgesetzt sei, rechtfertigten eine Zurückbehaltung aus vernünftiger Sicht der Beklagten nicht. Ein Zurückbehaltungsrecht ergebe sich auch nicht aus einer Verweigerung der Klägerin, im Kundenschutzprogramm der Beklagten zu kooperieren.  ihre Kooperation im Kundenschutzprogramm nicht verweigert. Zwar sehe Ziffer 3.5.1 der Nutzungsbedingungen vor, dass die Beklagte einen Betrag zurückhalten könne, bis eine Beschwerde geklärt sei, wenn ein Käufer eine Beschwerde im A bis Z-Kundenprogramm einreiche. Soweit die Beklagte substantiiert zu Kundenbeschwerden Stellung genommen habe, seien die Beschwerden geklärt. Eine noch ungeklärte Beschwerde eines Käufers der Klägerin habe die Beklagte hingegen nicht dargelegt. Die Microsoft Corporation sei kein Käufer der Klägerin. Aus Sicht der Beklagten seien die in der Beschwerde der Microsoft Corporation genannten Fälle zudem geklärt. Ein Zurückbehaltungsrecht kam auch vor einer Klärung – unterstellt, die Testkäufer hätten am Beschwerdeprogramm teilgenommen – nur betreffend des insoweit streitigen Kaufpreises in Betracht. Der Kaufpreis sämtlicher konkret geschilderter Fälle, in denen angeblich nicht lizenzierte Ware geliefert worden sei, habe sich insgesamt lediglich auf 120,04 EUR belaufen. Hier finden Sie näheres zur Amazon-Kontosperre. Zum Volltext der Entscheidung (LG München I: Amazon darf Händler-Guthaben nicht grundlos einbehalten / Guthabensperre).


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  • veröffentlicht am 24. August 2022

    LG Hannover, Beschluss vom 22.07.2021, Az. 25 O 221/21
    Art. 7 Nr. 1 EuG VVO, Artikel 4 EU-VO 2019/1051, § 19 Abs. 2 Nr. 1 GWB, § 33 Abs. 1 Alt. 2 GWB, § 3 UWG, § 3a UWG, § 12 Abs. 2 UWG

    Das LG Hannover hat in diesem Fall eine einstweilige Verfügung gegen Amazon erlassen, mittels derer es Amazon untersagt wurde, das Amazon-Konto des betroffenen Händlers (Antragstellers) zu sperren und dessen Lagerbestand in den Logistikzentren zu vernichten. Die letztere Verfügung gegen die Amazon-Kontosperre begründete das LG Hannover damit, dass der Händler nicht zur Stellung eines Remissionsauftrages in der Lage sei. Er habe derzeit keinen Zugriff zu dem Verkäuferkonto, weil dieses noch gesperrt sei und auf einen per E-Mail gestellten Antrag habe er seitens Amazons keine Reaktion erhalten. Beachtlich ist, dass die Hannoveraner Kammer einen kartellrechtlichen Unterlassungsanspruch als gegeben ansah und den Gegenstandswert auf 100.000 EUR festsetzte. Zum Volltext der Entscheidung:

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