Dr. Ole Damm | Rechtsanwalt & Fachanwalt
IT-Recht, IP-Recht und Datenschutzrecht
Aktuelle Beiträge und Urteile
- OLG Jena: Neue Argumente für die Rechtsmissbräuchlichkeit einer wettbewerbsrechtlichen Abmahnungveröffentlicht am 11. Oktober 2010
OLG Jena, Urteil vom 15.09.2010, Az. 2 U 386/10
§ 8 Abs. 4 UWGDas OLG Jena hat sich beachtlich umfassend zu der Frage erklärt, wann eine wettbewerbsrechtliche Abmahnung wegen Rechtsmissbrauchs unzulässig ist. Entscheidungserheblich waren demnach 1) eine hohe Anzahl von Abmahnungen, 2) abmahnende Tätigkeit auf einem Feld, in dem sich vermeintliche Wettbewerbsverstöße ohne Schwierigkeiten und ohne großen Aufwand in großer Zahl auffinden lassen, 3) Missverhältnis zwischen nicht Umsatz und Prozesskostenrisiko der Abmahnungen, sondern Netto-Gewinn und Prozesskostenrisiko der Abmahnungen, 4) Kostenfreistellung durch den Prozessbevollmächtigten der abmahnenden Kanzlei, 5) weit überhöhter Streitwert, 6) Aufgabe des zunächst gewählten Gerichtsorts Leipzig, nachdem dort Fragen der Rechtsmissbräuchlichkeit problematisiert wurden und 7) Verlust der Übersicht über die ausgesprochenen Abmahnungen. Der relevante Entscheidungstext im Volltext (Hervorhebungen durch uns): (mehr …)
- OLG Saarbrücken: Gleiches Recht für alle – Berufsverband, der nur Nicht-Mitglieder abmahnt, handelt rechtsmissbräuchlichveröffentlicht am 29. September 2010
OLG Saarbrücken, Urteil vom 23.06.2010, Az. 1 U 365/09 – 91
§ 8 Abs. 4 UWGDas OLG Saarbrücken hat entschieden, dass ein Berufsverband (hier: im Bereich des Gewinn- und Glücksspielwesens), der ausschließlich Nicht-Mitglieder wegen Wettbewerbsverstößen abmahnt und die Verstöße eigener Mitglieder ignoriert, rechtsmissbräuchlich handelt. Ein Missbrauch ergebe sich insbesondere daraus, wenn die Geltendmachung von Unterlassungsansprüchen maßgeblich von der Absicht getragen sei, den Verletzer im Wettbewerb zu behindern. Zwar sei es grundsätzlich nicht zu beanstanden, wenn der Anspruchsberechtigte nur gegen einen oder einzelne von mehreren Verletzer vorgehe, da es den in Anspruch Genommenen freistehe, ihrerseits gegen die anderen Verletzer vorzugehen. Etwas anderes gelte aber, wenn die Auswahl der/s in Anspruch Genommenen diskriminierend erfolge. Dies sei dann anzunehmen, wenn ein Verband grundsätzlich nur gegen Außenstehende und nicht gegen eigene Mitglieder vorgehe, vielmehr deren Wettbewerbsverstöße planmäßig dulde. Dies sei vorliegend der Fall gewesen.
(mehr …) - LG Hamburg: Der Ausspruch einer Gegenabmahnung als „Retourkutsche“ ist nicht rechtsmissbräuchlichveröffentlicht am 19. August 2010
LG Hamburg, Urteil vom 09.07.2010, Az. 406 O 232/09
§ 8 Abs. 4 UWG
Das LG Hamburg hat entschieden, dass weder die Ausnutzung des fliegenden Gerichtsstandes noch die Tatsache, dass eine Abmahnung „eine Reaktion auf die zunächst von Antragsgegnerseite erfolgte Abmahnung darstellt“ ein Indiz dafür ist, dass die Rechtsverfolgung missbräuchlich ist. Es sei im Gegenteil das gute Recht des Abgemahnten, den Abmahnenden seinerseits auf Unterlassung von Wettbewerbs verstößen in Anspruch zu nehmen. Ebenso entschieden das OLG Bremen und das OLG Hamm. Das KG Berlin hingegen sah die Gegenabmahnung zumindest als „nicht unbedenklich“ an. - LG Hamburg: Die AGB-Klausel „Ist der bestellte Artikel nicht verfügbar, liefern wir gleichwertigen Artikel!“ ist wettbewerbswidrigveröffentlicht am 18. August 2010
LG Hamburg, Urteil vom 05.09.2003, Az. 324 O 224/03
§§ 3; 4 Nr. 11 UWG; §§ 307 Abs. 1; 308 Nr. 4; 475 Abs. 1 BGBDas LG Hamburg hat in einer älteren Entscheidung darauf hingewiesen, dass die Klausel „Sollte ein bestimmter Artikel nicht lieferbar sein, senden wir Ihnen in Einzelfällen einen qualitativ und preislich gleichwertigen Artikel (Ersatzartikel) zu.“ gegen §§ 307 Abs. 1; 308 Nr. 4; 475 Abs. 1 BGB und gegen das Wettbewerbsrecht verstößt. Zitat: (mehr …)
- KG Berlin: Die durch einen Prozessfinanzierer finanzierten Massenabmahnungen sind rechtsmissbräuchlichveröffentlicht am 17. August 2010
KG Berlin, Beschluss vom 03.08.2010, Az. 5 U 82/08
§ 8 Abs. 4 UWG
Das KG Berlin hat der „Rosinen-Theorie“ im Abmahnwesen eine Absage erteilt, nach welcher der Abmahnende an den (von einem Prozessfinanzierer gestellten) Rechtsanwaltskosten nicht beteiligt war, aber an einer etwaigen Vertragsstrafe partizipierte. Das Kammergericht erachtete es in diesem Fall für erwiesen, dass die Abmahnungen vorwiegend dazu dienten, gegen den Abgemahnten einen Anspruch auf Ersatz von Aufwendungen oder Kosten der Rechtsverfolgung entstehen zu lassen. Zum Volltext der Entscheidung: (mehr …) - OLG Düsseldorf: Dringlichkeitsfrist für einstweilige Verfügung beträgt „auch ohne besondere Umstände“ zwei Monateveröffentlicht am 11. August 2010
OLG Düsseldorf, Urteil vom 31.01.2008, Az. I-20 U 151/07
§ 12 Abs. 1 UWGDas OLG Düsseldorf hat in diesem Urteil darauf hingewiesen, dass die Dringlichkeit für die Erhebung einer einstweiligen Verfügung „auch ohne besondere Umstände jedenfalls zwei Monate betragen“ darf. Zitat: „Zwar ist die Dringlichkeitsvermutung des § 12 Abs. 2 UWG für den Hauptantrag nicht widerlegt. Nach der Rechtsprechung des Senats darf die Zeitspanne zwischen Kenntniserlangung und Einreichung des Verfügungsantrags auch ohne besondere Umstände jedenfalls zwei Monate betragen (Senat, NJWE-WettbR 1999, 15; Berneke, Die einstweilige Verfügung in Wettbewerbssachen, 2. Aufl., Rn 76, Rn 77). Die Dringlichkeit kann auch bezüglich des erstrangigen Hilfsantrags nicht verneint werden. Der Hilfsantrag orientiert sich an dem von der Antragsgegnerin vorgetragenen Gesprächsverlauf. Dass das Gespräch in Einzelheiten anders verlaufen ist, als von Antragstellerin behauptet, ändert nichts daran, dass es sich immer noch um das verfahrensgegenständliche Gespräch handelt, welches aus den gleichen Gründen wettbewerbswidrig gewesen sein soll, der Streitgegenstand hat sich folglich nicht geändert. Der stärker an die konkrete Verletzungsform angenäherte Hilfsantrag stellt sich lediglich als eine jederzeit mögliche Teilrücknahme dar.“ (mehr …)
- OLG Frankfurt a.M.: Bei Verwendung eines nicht bekannten Kennzeichens liegt keine wettbewerbsrechtliche Irreführung vorveröffentlicht am 26. Juli 2010
OLG Frankfurt a.M., Urteil vom 10.06.2010, Az. 6 U 53/10
§ 5 Abs 2 UWGDas OLG Frankfurt hat entschieden, dass eine wettbewerbsrechtlich relevante Irreführung durch Benutzung eines fremden Kennzeichens einen gewissen Bekanntheitsgrad des betroffenen Kennzeichens voraussetzt. Nur dann bestehe tatsächlich eine Verwechslungsgefahr. Diese Voraussetzunge habe im entschiedenen Fall nicht vorgelegen, weil die Antragstellerin zu einer früheren Verwendung der streitgegenständlichen Bezeichnungen in der konkreten Wortkombination durch sie selbst oder einen anderen Mitbewerber nichts vorgetragen habe.
- OLG Köln: Übertreibende Werbung ist keine Irreführung, wenn Werbeaussage subjektiv gefällt istveröffentlicht am 8. Juni 2010
OLG Köln, Urteil vom 18.09.2009, Az. 6 U 57/09
§ 5 UWGDas OLG Köln hat entschieden, dass die Werbeaussage für einen Brotaufstrich „Schmeckt wie frische Frucht auf Brot“ keine Irreführung enthält. Das Gericht konnte sich der Auffassung der Klägerin, dass der Verbraucher bei dieser Aussage annehme, dass frische Früchte zur Verarbeitung gekommen seien und dass der Geschmack des Brotaufstriches dem Geschmack frischer Früchte gleichkomme, nicht anschließen. Die Klägerin sah darin eine Irreführung des Verbrauchers, da unstreitig tiefgekühlte Früchte zur Verarbeitung gekommen seien und dies geschmacklich hinter frischen Früchten zurückbleibe. Das Gericht führte aus, dass die beanstandete Werbung keine Angaben über das Verfahren zur Herstellung der Ware beinhalte. Eine Irreführung läge jedoch nur dann vor, wenn der Verkehr die angegriffenen Werbeaussagen dahin verstehen würde, dass die Herstellung des Brotaufstriches auf der Verwendung frischer Früchte beruhe. Dies sei jedoch nicht der Fall. Die Werbung nehmen lediglich auf den Geschmack des Produkts Bezug. Der Verbraucher habe daher keinen Anhaltspunkt anzunehmen, dass der bislang unerreichte Frische-Geschmack auf der Verwendung frischer Früchte beruhe. Auch liege keine Irreführung in der Behauptung, der Geschmack des angebotenen Brotaufstriches sei genauso gut wie der von frischen Früchten. Hierbei handele es sich um eine subjektiv gefällte Aussage und nicht um eine Angabe im Sinne des § 5 UWG, dass eine geschmackliche Identität zu frischen Früchten bestehe. Der Geschmack eines Produkts werde von jeder Person anders beurteilt, so dass der Verbraucher die werbliche Übertreibung erkennen und dementsprechend bewerten werde.
- BGH: Verstoß gegen Steuerrecht ist kein Wettbewerbsverstoßveröffentlicht am 25. Mai 2010
BGH, Urteil vom 02.12.2009, Az. I ZR 152/07
§§ 3 Abs. 1, 4 Nr. 11 UWG (2008); 65 Nr. 3 AODer BGH hat entschieden, dass der Verstoß gegen steuerrechtliche Vorschriften grundsätzlich nicht gleichzeitig einen Wettbewerbsverstoß darstellt. Ein Wettbewerbsverstoß könne nur dann angenommen werden, wenn einer gesetzlichen Regelung zuwider gehandelt werde, die gleichzeitig eine so genannten Marktverhaltensregelung darstelle. D.h. die Regelung müsse gerade dem Zweck dienen, im Interesse der Marktteilnehmer gleiche Voraussetzungen für die auf dem Markt tätigen Wettbewerber zu schaffen. Dies treffe auf steuerrechtliche Regelungen nicht zu. Ihr Zweck beschränke sich im Normalfall darauf, die Finanzierung des Gemeinwesens zu ermöglichen. Steuerrechtliche Vorschriften regelten insoweit nicht das Marktverhalten, sondern lediglich das Verhältnis zwischen dem Hoheitsträger und dem Steuerpflichtigen. Sie bezweckten grundsätzlich auch nicht den Schutz der Interessen der Marktteilnehmer.
- LG Stuttgart: Zum Vertrieb von Getränken ohne Zulassung nach der europäischen Novel-Food-VOveröffentlicht am 23. Mai 2010
LG Stuttgart, Urteil vom 04.12.2009, Az. 31 O 117/09 KfH
§§ 3, 4 Nr. 11, 8 UWG; Verordnung (EG) Nr. 258/97 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. Januar 1997 über neuartige Lebensmittel und neuartige Lebensmittelzutaten (Novel-Food-Verordnung)
Das LG Stuttgart hat entschieden, dass der Online-Vertrieb von Lebensmitteln wettbewerbswidrig ist, wenn eine Zulassung nach der EU-Novel-Food-Verordnung nicht gegeben ist. Der Beklagten hatte das Getränk „… Guanabana“ im geschäftlichen Verkehr ohne Zulassung nach dieser Verordnung beworben bzw. verkauft. Die im Getränk enthaltene Frucht Guanabana falle jedoch in den Anwendungsbereich dieser Verordnung und habe keine Zulassung der zuständigen Behörde. Die Guanabana-Frucht aus Mittel- und Südamerika bzw. Lebensmittel daraus seien nicht in nennenswertem Umfang für den menschlichen Verzehr in der EU verwendet worden. Die Frucht werde in einschlägigen Lexika zu Lebens- oder Nahrungsmitteln selbst mit aktuellem Stand nicht aufgeführt. Unter diesen Umstände gebe es keine Erfahrungen darüber, dass der Genuss des Saftes unbedenklich sei. Der Konsum der Frucht in außereuropäischen Ländern sei für die Frage eines nennenswerten Verzehrs innerhalb der EU unerheblich.